Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Die unausgesprochenen Worte (2)

Hallo, Welt!
Auf meiner Seminarmitschrift vom Workshop mit Arnina Kashtan am vergangenen Wochenende findet sich der grandiose Satz: Wer wärest du ohne diese deine Geschichte?
Das erste Mal bin ich über diese Frage durch Eckart Tolle gestolpert. Der erzählt auf einer CD von einer Frau, die immer über ihren schrecklichen Mann klagte. Ihr ganzes Sein rankte sich nur darum, wie schlecht er sie behandelte. Irgendwann fragte Tolle die Frau, wie es wäre, diese Geschichte aufzugeben und sie antwortete nach einigem Nachdenken: Aber wer bin ich dann?
Es geht also darum zu erkennen, welche Geschichten wir uns selbst erzählen. Das Tragische ist, dass wir oft selbst nicht wissen, was wir uns erzählen. Einigen meiner Geschichten bin ich inzwischen auf die Spur gekommen. Auswahl gefällig?

  • Selbstständig arbeiten ist kompliziert.
  • Ich kann keine Aufträge akquirieren.
  • Ich bin zu doof, die Rechtslage für Selbstständige zu verstehen.
  • Meine Mutter wird mich nie so verstehen, wie ich es wirklich brauche.
  • Bei Schnee und Eis kann ich nicht Auto fahren.
  • Ich schlafe nur ein, wenn ich vorher noch gelesen/einen Film auf Arte gesehen/einen Artikel auf „Spiegel online“ konsumiert habe.
  • Die Einkommenssteuer kann nur ein Steuerberater verstehen und für mich ausfüllen.
  • Ich kann nicht mit der Bohrmaschine umgehen.
  • Ich kann nicht zeichnen (stimmt!)
  • Ich kann nicht schreiben (stimmt nicht, denke ich trotzdem oft).

 
Ihr merkt schon, worum es geht: Überzeugungen, die wir von uns selber haben. Vor ein paar Jahren, ich hatte noch meinen alten Polo, nahm ich an einem Verkehrssicherheitstraining teil. Ich selber hatte den Eindruck, ich könne überhaupt nicht angemessen mit dem Auto umgehen. Der Fahrtrainer meinte allerdings, ich würde exzellent reagieren und wäre mit meinem Altauto viel besser davor als die Kollegen, die sich alle auf ESP und ABS und sonst was für technische Unterstützung verließen.

Ich glaube also etwas über mich, und das führt dazu, dass ich bestimmte Dinge nicht mache, mir nichts zutraue, mich vielleicht überschätze. Und wenn wir einen Glauben (s-Satz) haben, findet das Gehirn dafür Beweise. Auch das ist ein Satz aus dem Seminar von Arnina. Zum Beispiel gibt es in mir den aus meiner Kindheit übernommenen und dann abgewandelten Glaubenssatz, meine jeweiligen Ausbildungstrainer würden mich nur akzeptieren, wenn ich mich in bestimmter Weise verhalte. Mein Gehirn wird dafür Beweise finden, wenn ich den Suchmodus aktiviere. Aber mal gfk-like gefragt: Was ist die Beobachtung dazu?
Die Beobachtung ist, dass ich in vorauseilendem Gehorsam meine Lebendigkeit unterdrücke, weil ich befürchte, wenn ich so bin, wie ich bin, dann würde ich abgelehnt werden. Das kenne ich nämlich aus meiner Ursprungsfamilie: Sei nicht so wie du bist. Also versuche ich mich so zu verhalten, wie ich denke, dass mich die Trainer wollen.
Das hat gar nichts mit einer bewussten Angst vor Autoritäten zu tun. Wenn ich bewusst drüber nachdenke, was da los ist und wie es mir damit geht, merke ich, dass mir meine Authentizität total wichtig ist. Und gleichzeitig geht es mir auch um Respekt für den Stil des anderen, um Anerkennung der Erfahrung. Immer und immer sind wir hierarchisch organisiert, Lehrer, Schüler, Vorgesetzte und Untergebene, Auftraggeber und Auftragnehmer, Mächtige und Ohnmächtige. ich kann gar nicht erkennen, wo wir eine Kultur der Augenhöhe und der Gleichwertigkeit haben. Und das geht weit über Gleichstellung der Frau oder ähnliches Gedöns hinaus. Mir geht es auch um die Beziehung zwischen Eltern und Kindern oder Experten und Laien. Augenhöhe ist anscheinend mein Wort des Jahres 2013. Augenhöhe… vielleicht kann ich es mir einfach noch öfter ins Bewusstsein rufen…

Ich wäre neugierig, auch etwas über die Geschichten zu erfahren, die Ihr Euch erzählt. Ein Freund berichtete gestern, eine seiner Geschichten laute: Ich muss alles tun, um andere zufrieden zu stellen, damit sie mich lieb haben und mich nicht anschreien…

Der Freund ist 61 Jahre alt. Ist das nicht schrecklich, erst auf intensives Nachfragen dahinter zu kommen, welche Geschichten uns steuern? Seit über 60 Jahren…?

So long!
Ysabelle

Die ungesprochenen Worte (1)

Hallo, Welt!
Dieses Wochenende habe ich auf einem Workshop von Arnina Kashtan verbracht, der von Matthias Albers organisiert wurde. Meine dringende Empfehlung: Wer das Geld zusammenkratzen kann und am kommenden Wochenende noch nicht gedatet ist: Fahrt nach Berlin, wo es einen zweiten Workshop zu diesem Thema gibt. Ich habe selbst ja schon viel Glaubenssatz-Arbeit gemacht, aber diese Erfahrung war einfach noch mal eine ganz andere. Arnina verbindet Ideen von „The Work“ von Byron Katie mit gewaltfreier Kommunikation. Der Workshop ist nichts von beidem und doch so viel mehr. Für mich ist in diesen drei Tagen etwas ganz Besonderes, etwas unglaublich Tiefes geschehen. In Gegenwart anderer Trainer hatte ich bisher immer innerlich eine angezogene Handbremse, eine Mahnung „sei nicht so wie du bist“. Die Stimmen sagten Dinge wie „Reiß dich zusammen“ oder „spiel dich bloß nicht auf“. Mir steigen sofort wieder die Tränen in die Augen bei der Erinnerung, WIE willkommen all meine Beiträge waren. Es gab zwei Situationen, in denen ich nicht auf der gleichen Spur war wie Arnina. Und die Art, wie sie dann für IHRS ging, war so liebevoll und komplett ohne Backlash, ohne dass bei mir auch nur im entferntesten so etwas wie Unmut von ihr über die „Störung“ oder Stirnrunzeln über meine Fehldeutung ankam – das gehört sicher zu einem der größten Erlebnisse in meinem Leben. Ich glaube, so ungefähr fühlt sich bedingungslose Annahme an. Ooooohhhh! Da möchte ich auch hinkommen! Das möchte ich meinen Teilnehmern auch schenken können!

Zum einen hat das sicher mit meinen eigenen Filmen zu tun: What are you telling yourself? Welche Geschichten erzählst du dir? Das war eine der Kernfragen in diesem Workshop. Und das Gegengift zur Eigenlähmung lautet: „Ich höre mich selbst zu mir sagen…“ Die Geschichten, mit denen wir aufgewachsen sind, die Definitionen dessen, wie wir zu sein haben oder wie wir sind. Ich bin beispielsweise mit der Botschaft aufgewachsen, ich sei „stinkefaul“. Und wie ja neulich bereits berichtet, künstlerisch komplett unbegabt. Wisst Ihr, was ich in diesem Workshop getan habe? Ich habe 2,5 Tage an der Flipchart mit protokolliert. Ich kann selbst noch gar nicht fassen, was ich da gemacht habe! Das Gehirn habe ich noch abgemalt von einer Grafik aus dem Internet. Aber meine anderen Illustrationen entstanden freihändig, verbunden mit einer gehörigen Portion Scham und der Selbst-Versicherung: Anything worth doing is worth doing poorly. Den Satz habe ich aus einer Erzählung von Marshall aufgeschnappt und es geht darum, dass man nicht Sachen unterlassen soll, nur weil man sie vermeintlich nicht „gut“ macht. Jemand, der anfängt Klavier zu spielen, spielt anfangs „poorly“ im Vergleich zu einem Konzertpianisten. Sollte er es deshalb gar nicht erst versuchen? Ich kann es nicht gut, also mache ich es nicht? Das wäre „altes Denken“ und davon möchte ich mich verabschieden.
So versuchte ich mich an einem Elefantenkopf, an einem Stoppschild, Messer und Gabel (Rechtfertigungen und Erklärungen füttern die Schuldgefühle) und einer Illustration, wie man einem Hund und sich selbst Einfühlung geben kann. Ich habe ungefragt eine wichtige Rolle in diesem Workshop übernommen und es war – unbeschreiblich. Heute Morgen bekam ich dazu von einer Seminarteilnehmerin eine Rückmeldung:

ich bin so dankbar über deine Seminarmitschrift. Üblicherweise bin ich eine „dauernd Mitschreiberin“ und diesmal hatte ich die Gelegenheit meine Hände ruhig zu halten und mich auf ganz andere Dinge zu konzentrieren ohne „mitzuschreiben“.
Das war eine großartige Erfahrung und vermutlich hätte ich nicht gedacht, dass es für mich doch so einen großen Unterschied macht. Also vielen Dank, dass ich das durch deine Unterstützung erleben konnte.
Gleichzeitig bewundere ich deine Ruhe und gleichmäßige Schrift, ich wünschte ich könnte dies auch über 2 1/2 Tage schaffen.
Es hat mir Spaß gemacht bei deinem Kunstwerk zusehen zu können und ich konnte teilweise erleben, welche Inputs von Arnika dich besonders berührt haben. Du bist dann „aufgesprungen“ und hast manches so passend für mich in deinen Worten niedergeschrieben. Ja so ging es mir damit. Danke

Arnina bat mich (und Matthias), ob wir diese deutschen Sätze von den Flipcharts für sie übersetzen könnten. Und in der Abschlussrunde teilte sie, dass sie fast ihr ganzes Leben damit zu tun hatte, „nichts zu wissen“. Und nun, als alle Wände des Seminarraums zugepflastert waren mit quietschbunten Flipcharts, werde ihr (noch mal) ganz deutlich, wie viel sie wisse… Da haben sich wohl an diesem Wochenende zwei gesucht und gefunden…

Jetzt sitze ich hier vor 13 Seiten „Perlen der Weisheit von Arnina Kashtan“ und habe damit wunderbares Futter für den Blog für die kommenden Tage. Ich bleibe dran, versprochen. Und für alle, die es irgendwie einrichten können, die dringende Empfehlung: Geht nach Berlin!

So long!

Ysabelle

Lasten fallen von Ihren Schultern…

Hallo, Welt!

Ich bin Herrin der Beringung. Gestern Abend um 21.40 Uhr habe ich mein Zusammengeschreibsel und MiteinanderverPDFung meiner Zertifizierungsunterlagen abgeschlossen und daraus ein 60-Seiten-Heft verfertigt. Für meine eigenen Unterlagen habe ich anschließend noch einmal die PDF ausgedruckt und auf der zweiten Seite einen Tippfehler gefunden, den ich mir nicht verzeihen kann.

Meine Bedürfnisse gestern Abend: Feiern. Das Exemplar binden, es genießen, dass diese Mammutarbeit abgeschlossen ist. Durchatmen. Auf dem Nachtspaziergang mit dem Hund meine Erleichterung spüren. Mir war geradezu übel, so erleichtert fühlte ich mich. Ich hatte mal eine Kassette mit einer Meditation von Luise Hay, da sagte die deutsche Stimme: Lasten fallen von Ihren Schultern, und genau so fühlte sich das an gestern Abend.

Heute wurde ich um 6.40 Uhr wach (Hallo? Es ist Ostersamstag…!) und tappte ins Bad. Auf dem Weg sah ich meinen Umschlag an Marianne und wusste:
Heute Morgen ist mein Bedürfnis Schönheit. Und Struktur.

Ich habe den Umschlag aufgerissen und werde gleich meinen wunderbaren Hochleistungsdrucker noch einmal brummen lassen. Das System, das ich mir bezüglich der Seitenzahlen ausgedacht hatte, funktioniert nicht und ist damit einfach verwirrend. Und in mir summt und singt es. Das ist fast so gut wie Seminarunterlagen basteln. Dinge schön machen! Ey, Leute, wisst Ihr, dass ich in meiner Ursprungsfamilie für meine kreativen Gestaltungen ganz oft ausgelacht wurde? Ich habe mal im Kindergarten für meine Mutter zu Weihnachten einen Aschenbecher getöpfert. Als sie ihn auspackte, hat sie sich fast nass gemacht vor Lachen. So war es in meiner Erinnerung auch mit anderen Sachen, die ich gemalt, geklebt und geknetet habe. So kam ich zu dem Schluss, ich hätte keine Gabe zur kreativen Gestaltung. Das habe ich dann eine Weile sogar vergröbert auf „ich habe keinen Geschmack“. Ich werde ganz traurig, wenn ich daran denke. Mit der Digitalisierung wurde es dann besser. Als ich die ersten Dokumente in QuarkXpress layouten konnte, war das ein Geschenk des Himmels, endlich eine Möglichkeit mich auszudrücken.
Im Januar habe ich ja bei Christel Sohnemann einen Visualisierungskurs gemacht und versuche seither, ansprechende Flipcharts zu produzieren. Ey, Leute, ich bin aber auch anspruchsvoll mit mir selbst! Nun also die Zertifizierungsunterlagen. Was ich gestern Abend gemacht habe, ist mir heute schon nicht mehr gut genug. Also: Mit dem zweiten Anlauf erfülle ich mir die Bedürfnisse nach Struktur und Klarheit (Seitenzahlen), nach Schönheit (nicht alles so gedrängt) und Kreativität. Mal ehrlich, dafür kann man das ganze Gefummel mit der Bindemaschine doch ruhig noch mal machen, oder?

So long!

Ysabelle

Würdigung des Lebenswerkes von Marshall Rosenberg

„Lebenswerkfülletopf – love in action – estime pour Marshall“

Diese Nachricht erreichte mich aus der GfK-Trainergruppe bei Yahoo und ich möchte sie gern weiter geben.

Liebe Freundinnen und Freunde der Gewaltfreien Kommunikation,

wir hatten die Idee einen „Lebenswerkfülletopf“ für Marshall und seine Familie einzurichten und alle einzuladen von Herzen in diesen einzuzahlen, was jede und jeder geben möchte.

Wir sind eine Gruppe von Frauen und Männern, die sich auf dem TrainerInnentreffen im Oktober 2012 in Niederkaufungen in Deutschland zusammen gefunden haben. Wir haben von Irmtraud Kauschat (Mitglied im CNVC-Vorstand) von Verhandlungen zwischen dem CNVC-Vorstand und Marshall und Valentina Rosenberg gehört und haben unsere Vermutungen über die Hintergründe dieser Verhandlungen in einem Schriftwechselmit den Rosenbergs überprüft. Es war unsere Annahme, dass die Verhandlungen u.a. das Ziel hatten, für Marshall eine finanzielle Anerkennung seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Trainer und Berater für das CNVC zu ermöglichen.Wir freuen uns sehr, direkt von Valentina in einer Mail am 13.01.2013 zu lesen, dass alle materiellen und physischen Bedürfnisse von Marshall derzeit erfüllt werden und sie beide keinerlei finanzielle Unterstützung benötigen. Unsere Idee eines Lebenswerkfülletopfes hat sie beide sehr begeistert – Marshall ist sehr berührt und dankbar, dass wir sein Lebenswerk anerkennen möchten und bittet uns, diese Idee weiter zu tragen und finanzielle Beiträge, die daraus entstehen mögen, dem CNVC oder GFK-Gemeinschaften zu spenden. „Such gifts would meet our spiritual needs for celebration of life, contribution, and warmth.“ Unsere ursprüngliche Idee möchten wir nun entsprechend dieser Bitte hiermit veröffentlichen.

Die Idee des Lebenswerkfülletopfes erfüllt uns mit Freude, weil er Menschen, die von der Gewaltfreien Kommunikation inspiriert sind, ermöglicht zu würdigen, was Marshall uns mit seinem Lebenswerk gegeben hat. Hierbei können sich unbegrenzt viele auf unkomplizierte Art so weit sie wollen beteiligen. Diese Aktion – auch bekannt unter Namen wie „Lebenswerkfülletopf – love in action – Estimepour Marshall“ bedeutet finanzielle Unterstützung für das, was Marshall am Herzen liegt – den Aufbau von regionalen Netzwerken, die den sozialen Wandel im Sinne seiner Haltung leben.

Wenn ihr, wie wir, denWunsch habt, auf diese Weise eure Dankbarkeit Marshall gegenüber auszudrücken, für das, was ihr durch sein Lebenswerk erhalten habt, dann laden wir euch dazu ein, das zu geben, was ihr von ganzem Herzen geben mögt. Wir sammeln ab sofort bis zum 31. Dezember 2013 und veröffentlichen die Gesamtsumme, die gespendet wurde, aktuell in einem Spendenbarometer auf der Website von D-A-CH e.V.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten Geld für diese Aktion zu spenden:

1) CNVC oder D-A-CH e.V. Bitte teilt uns mit, wenn ihr das Geld an CNVC spenden möchtet; D-A-CH leitet dies dann zwecks Kostenreduktion gesammelt weiter. Die Kontodaten sind nachfolgend vermerkt. (Bei Spenden an D-A-CH e.V. ist eine Spendenbescheinigung [gültig nur für deutsche Finanzämter] ab einem Betrag über 100 € möglich, wenn ihr diese per Mail (an: buero@gfk-dach.de) mit euren kompletten Daten anfordert.)

D-A-CH für GFK e. V.
GLS-Bank – BLZ 43060967
IBAN: DE56430609677005957700
Konto-Nr. 7005957700
BIC: GENO DE M 1 GLS

2) Einem GFK-Projekt/einer GFK-Gemeinschaft in eurer Region/eurem Land. Bitte teilt uns den Betrag und den Empfänger in einer Mail (buero@gfk-dach.de) mit. Dann wird dies im Spendenbarometer mitgezählt.

3)Ihr wählt selbst einen anderen Zweck, der entsprechend Marshalls Wunsch dem Aufbau von GFK-Gemeinschaften dient und der eure Unterstützung, materiell oder ideell, gut gebrauchen könnte und teilt uns diesen mit. Auch diese Infos werden wir regelmäßig transparent machen auf der Website von D-A-CH.

Auf folgender Seite könnt ihr euch über den aktuellen Stand der Initiative informieren: www.gewaltfrei-dach.eu

Wir wünschen uns, dass unsere Initiative euch zudem anregt, in euren Kreisen darüber nachzudenken, obes noch andere Formen gibt, wie Marshalls Lebenswerk gewürdigt werden kann und diese in die Welt zu bringen. Auf dass unser aller Tun uns als Gemeinschaft nähren und stärken möge. Dieser Brief wird von uns auch ins Englische und Französische übersetzt und wir hoffen auf seine weltweite Verbreitung. Wir laden alle ein, uns dabei zu unterstützen.

In diesem Sinne grüßen euch:

Annett Zupke (Berlin), Christiane Welk (Darmstadt), Doris Schwab (Stuttgart), Iris Kus (Frankfurt), Irmtraud Kauschat (Darmstadt), Jochen Hiester (Koblenz), Lorna Ritchie (Berlin), Michael Dillo (Solothurn), Vivet Alevi (Berlin)

Feed me!

Hallo, Welt!
In diesen Tagen trudeln diverse Feedbacks bei mir ein. Es wird ernst in Sachen Zertifizierung. Gerade las ich eins, das meine Freundin Anke mir gestern Abend mitbrachte.
http://www.youtube.com/watch?v=0a9gCN2NBcs
Und wie die Pflanze Audrey II aus dem Musical „Little Shop of Horrors“ möchte ich rufen: Feed! Me! Bei mehreren Kolleginnen habe ich schon nachgefragt, ob sie nicht noch was Negatives hätten. „Da muss doch was sein, was dir nicht so gut gefällt oder was ich verbessern kann…“ Und nur auf mein Drängen hat meine Freundin B. noch aufgenommen, dass sie sich Sorgen um meine Gesundheit macht, weil ich es mit den Pausen ja nicht so habe. Und auch Anke meinte gestern Abend, „ich hätte höchstens mit rein schreiben können, dass ich fürchte, du übernimmst dich. Aber das muss da ja nicht zwingend mit rein…“

Also, ICH sehe mich da viel kritischer. Es ist ja nett, dass Ihr mir so warme Rückmeldungen gebt. Aber wieso schreibt Ihr da nicht rein, dass ich noch immer zu viel rede? Und dass es Situationen gibt, in denen ich Lösungsvorschläge mache, statt Empathie zu geben? Und dass es Momente gibt, da schmolle ich erst mal ne Runde… Ihr wisst das doch alle! Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Leute immer das kriegen, was sie wollen. Ich denke, ich weiß es und lauf dann schon mal los. Und gelegentlich bin ich zu schnell. Hallo! Wieso schreibt das keiner ins Feedback? Das sieht ja nachher womöglich so aus, als hätte ich ein paar Klatschaffen gebeten, mir ein Feedback zu geben…

Ihr merkt es schon. Hier ist ein Wolf am Start. Und zwar einer, der mit Wertschätzung überhaupt nicht umgehen kann. Der Gläser grundsätzlich halb leer findet. Zu meinen Aufgaben gehört ja auch, diese Feedbacks einzuordnen. Mal sehen, was mir dazu noch einfällt. Das Erstellen der Trainingsliste ist ja auch von einer lästigen Pflicht zur Jubelveranstaltung mutiert. Wer weiß, vielleicht feiere ich auch noch die Rückmeldungen… Im Moment brüte ich noch immer über den Schlüsselunterscheidungen. Und das macht mir Freude. Tatsächlich!

So long!

Ysabelle

Hinter jeder Sucht stecke eine Sehnsucht

Hallo, Welt! Ein Buch mit eben diesem Titel steht bei mir im Seminarraum im Regal. Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich es gelesen habe, aber es ist noch immer aktuell.

Zurzeit habe ich einen kleinen Hund in Pflege. Wenn er seine Ohren spielen lässt, könnte ich dahin schmelzen. Er ist freundlich, verträgt sich mit den Katzen und genießt Spaziergänge um den Hafen. Ein Teil von mir begrüßt es sehr, dass Wauwi jetzt gerade hier ist, denn so erfülle ich mir die Bedürfnisse nach Struktur, Bewegung und frischer Luft. Und gleichzeitig nehme ich wahr, dass der Hund mich an dem hindert, was ich im Moment viel lieber machen würde: Arbeiten.
Am liebsten wäre es mir, ich könnte um acht am Schreibtisch sitzen und abends um zehn den Computer schlafen schicken. Meine Katzen sind es gewohnt, dass sie mich hier nicht weg kriegen. Manchmal greifen sie zum Äußersten und legen sich auf die Tastatur. Ich mag nicht essen, weil das nur aufhält, und wenn sich dann irgendwann doch der Hunger schneidend meldet, stopfe ich irgendetwas in mich hinein. Bloß keine Störung von der Arbeit…
AAS, die Anonymen Arbeitssüchtigen, schreiben auf ihrer Seite:

Sind dir einige der folgenden Symptome vertraut?
Du hast Angst vor der Arbeit und brauchst lange, um endlich anzufangen.
Du kannst dich nicht auf die Arbeit konzentrieren und verzettelst dich oft.
Du nimmst dir viel zu viel vor und arbeitest bis zur völligen Erschöpfung.
Du beurteilst dich und deinen Tag fast ausschließlich nach der Menge der geleisteten – mehr noch der nicht geleisteten – Arbeit.
Dein Perfektionsanspruch lähmt dich oft völlig bei der Arbeit.
Du weist Kontakte, Einladungen und Unternehmungen mit dem Hinweis auf „zuviel Arbeit“ zurück.
Du kannst zwischen Freizeit und Arbeitszeit nicht trennen und denkst auch in der Freizeit dauernd an die Arbeit (und umgekehrt).
Du stehst häufig unter Zeitdruck.
Du möchtest möglichst viel in kurzer Zeit und mit geringem Aufwand erreichen.
Du glaubst, „erst etwas leisten“ zu müssen und dir dein Lebensrecht durch Arbeit beweisen zu müssen.
Du schämst dich deiner Arbeitsschwierigkeiten oder Arbeitssucht und magst mit niemandem darüber sprechen.
Jeder von uns kennt eines oder mehrere dieser Symptome. Wir versuchen deshalb, unseren Schwierigkeiten gemeinsam zu begegnen und stützen uns dabei auf das Zwölf-Schritte-Programm der anonymen Selbsthilfegruppen (mit Einverständnis der AA Grapevine).

ich habe sechs Treffer. Besonders spricht mich an:

Du glaubst, „erst etwas leisten“ zu müssen und dir dein Lebensrecht durch Arbeit beweisen zu müssen.

Gestern hatte ich mit einer Kollegin eine wundervolle Arbeit. Dabei sind wir auf eine Reise in mein Inneres gegangen und haben dort allerlei Neues erfahren. Unter anderem meldete sich meine Großmutter, um mich zur Arbeit anzutreiben. Und in einem Gespräch mit Simran vor einigen Wochen ist mir noch einmal ganz deutlich geworden, wie kostbar mir Gemeinschaft ist und dass es in mir den Glaubenssatz gibt, ich müsse permanent Höchstleistungen liefern, um dieser Gemeinschaft anzugehören. Und wenn ich meinen eigenen Ansprüchen nicht genüge, macht das nur wieder neuen Druck…

In diesen Tagen sitze ich über der Vervollständigung meiner Zertifizierungunterlagen und stöbere daher intensiv in alten Papierstapeln und Tagebüchern. Ich kann sehen, dass dieses Muster über 30 Jahre alt ist. Nach der Geburt meines Sohnes kämpfte ich mit Leistungsanforderungen: Wie muss eine perfekte Mutter sein? Und was bin ich für eine Versagerin, dass ich das nicht hinkriege. Ich habe mich und das Kind mit diesem Druck total wuschig gemacht… Und es gibt genug andere Beispiele aus den letzten 30 Jahren, die diesen Druck illustrieren.

Heute merke ich die Veränderung, die durch die GfK in mein Leben gekommen ist. Und ich sehe mit Schrecken, wie un-bewusst ich früher mit diesem Druck umgegangen bin. Ich hatte gar keine Möglichkeit, ihn anzuschauen, zu prüfen, wie möchte ich denn gern damit umgehen? Heute stelle ich fest: Boah… da ist Druck! Und dann versuche ich herauszufinden, welches wunderbare Bedürfnis da gerade befriedigt werden möchte. Immer wieder stoße ich dabei auf meine Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Manchmal ist es auch so, dass ich durch die Arbeit einfach in Flow komme und es genieße. Und das ist auch in Ordnung. Was ich ändern möchte, ist dieser Druck zu arbeiten. Ich möchte freiwillig und freudig arbeiten, vor allem aber auch Pausen machen oder mit guten Gewissen entscheiden: Das mache ich nicht, und das ist auch ok so…
Ein Lernfeld! Und gleichzeitig bin ich dankbar für die Bewusstheit, die ich durch das alltägliche Praktizieren der GfK entwickeln durfte. Wenigstens merke ich jetzt, was los ist…
Und da sitzt ein kleiner Hund im Sessel und dreht die Ohren wie Radarschüsseln. Ich glaube, er würde es genießen, jetzt eine Runde zu laufen. Scheint eine gute Idee zu sein. Und hinterher vervollständige ich die Texte fürs Handout vom Hamburger Institut für Gewaltfreie Kommunikation, das allmählich Fahrt aufnimmt. Und dann geht es wieder an die Schlüsselunterscheidungen. Habt Ihr eine Vorstellung, was eine idiomatische Giraffe ist? Ich halte Euch auf dem Laufenden 😉

So long!

Ysabelle

Kraut & Rüben (18)

Hallo, Welt!
Es gibt Neuigkeiten, Dinge zu feiern und Dinge zu betrauern… Die vergangenen Wochen waren gepackt voll, ich habe es nicht geschafft, Euch auf dem Laufenden zu halten. Am Freitag habe ich mein Printprojekt abgeliefert. Pünktlich, obwohl ich noch vier Tage mit schwerer Erkältung im Bett lag.

Dann bin ich nach Bremen weiter gefahren. Dort fand an diesem Wochenende das Abschluß-Modul der Mediationsausbildung statt. Sonntagnachmittag bin ich mit einem schönen Zertifikat wieder abgereist. Ich wünschte ich hätte die Zeit, genüsslich durch meinen Mediationsordner zu blättern und mich an den vielen Informationen zu freuen. Die Anfrage, die ich zwischenzeitlich wegen einer Mediation hatte, ist vor zwei Stunden abgesagt worden. Ich bin nicht traurig drum. Erstens war das ein dickes Brett und zweitens kann ich im März keine Termine mehr annehmen. Ich arbeite an meinen Zertifizierungsunterlagen. Am besten Tag und Nacht.

Gestern endete der wunderbare Einführungskurs in Elmshorn. Selten hat mir ein Kurs so viel Freude gemacht wie gerade dieser in der Selbsthilfegruppe. Und ich konnte viel von Christels Visualisierungskurs umsetzen. Ich merke, dass es mir hilft das Seminar zu strukturieren, wenn ich zuvor die Flipcharts vorbereite und mir auf diese Weise Gedanken mache, wie ich die Themen aufbereiten will. Hier mal ein kleines Beispiel:


Die Teilnehmer haben mir zum Abschied einen wunderbaren Frühlingsstrauß geschenkt und zwei Menschen haben mir ins Ohr geflüstert, sie würden gern weiter machen.

Für Bremen hatte ich übrigens eine Abschlussarbeit zum Thema „Interpretationsgefühle“ angefertigt. Auch noch… Unsere Seminarleiterin hatte die Idee, dass ich meine Gedanken zu einzelnen Worten dann der Gruppe vorlese. Stammleser dieses Blogs kennen diese „Interpretationsgefühle“ schon aus der Rubrik „Wortschätzchen“. Zu meinem großen Erstaunen haben mich mehrere Teilnehmer geradezu ermutigt, aus diesen Wortschätzchen Podcasts zu machen. Wie findet Ihr die Idee?
Ach ja… auch ein Grund zu feiern. Diesen Blog gibt es jetzt seit 2010. In dieser Zeit habe ich rund 650 Postings verfasst. Und JETZT hatten wir den 100 000. Klick. Nahezu 20000 Besucher waren auf dieser Seite und rund 100000 Page Impressions hat der Zähler festgehalten. Leider habe ich in den vergangenen Tagen auch wieder an die 100 Spam-Kommentare weggelöscht. Wie mühsam…

… und dann kommt der morgige Tag. Ich werde meine Mutter aus dem Krankenhaus abholen und nach Hause bringen. „Austherapiert“ ist anscheinend das Fachwort. Ich bin wie paralysiert vom Verhalten der Ärzte. Wie „cool“ sie einer Patientin sagen, sie kann nie wieder Kaffee trinken und nie wieder ein Stück Schokolade essen… nie wieder auf der Seite schlafen… Genauer gesagt sagen sie das gar nicht. Sie sagen solche Sachen wie: Sie kommen ja mit der PEK gut zurecht… Das ist die Magensonde, mit der meine Mutter seit drei Jahren künstlich ernährt wird. Und wenn man dann nachliest, was das Ärztekauderwelsch eigentlich bedeutet, findet man Infos wie:

Präoperativ

Schon vor der Operation sollten die durch den Verlust der Stimme zu erwartenden Kommunikationsschwierigkeiten angesprochen werden. Dabei wird im Vorfeld festgestellt, wie sich der Patient am besten mitteilen kann. Beispielsweise können schon Schreib- oder Symboltafeln bereitgehalten werden, oder es werden bestimmte Gesten, Klopf- oder Fingerzeichen als Code vereinbart und dokumentiert.

Pneumonieprophylaxe
Ultraschallvernebler

zur Pneumonieprophylaxe:

Bronchialsekret über Tracheostoma regelmäßig absaugen, da es nicht abgehustet werden kann
Um das Atemwegssekret flüssig zu halten, wird die Atemluft über Inhaliergeräte oder per Ultraschallvernebler angefeuchtet, da die physiologische Befeuchtung über die oberen Luftwege entfällt.

Da bei zähem Schleim die Kanüle noch häufiger verschmutzt, sich dadurch das Lumen verengt und in Folge dessen ein noch häufigerer Kanülenwechsel ansteht, ist der Einsatz solcher Geräte sinnvoll.

Komplikationen

Bei einem Tracheostoma mit liegender Trachealkanüle können folgende Probleme oder Komplikationen auftreten:

Dislozierung
Dekanülierung
Infektion des Tracheostomas
Druckulzera (Zu starker Cuff-Druck über längere Zeiträume oder schlecht sitzende Kanülen)
Hautemphysem (Entweder durch falsche Kanülenposition oder durch eine zu kleine Kanüle bedingt)
Trachealstenosen
Tracheomalazie (Durch den lange anhaltenden Druck von Kanüle/Cuff auf den Knorpel)

Notfall

Atemnot oder Blutungen sind Komplikationen, die bei Patient und Angehörigen zu Angst oder sogar Panik führen können. Daher ist es ratsam, diese möglichen Problematiken schon im Vorfeld mit allen Beteiligten anzusprechen und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen bzw. bereitzustellen:

– Eine Anleitung zur geeigneten Lagerung mit praktischer Übung sollte in der gewohnten Umgebung des Patienten stattfinden.
– Die im Notfall benötigten Geräte (z.B. zum Absaugen), Instrumente, sedierende Medikamente und blutstillende Materialien sollten sich immer in unmittelbarer Nähe zum Aufenthaltsort des Patienten befinden, so dass Helfer den Raum nicht verlassen müssen.

Der Patient sollte sich frühzeitig mit der Frage auseinandersetzen, wie weit operative und intensivmedizinische Maßnahmen gehen sollen oder ob im Ernstfall eine Sedierung bis zum Eintritt des Todes gewünscht wird. Die jeweilige Entscheidung sollte respektiert und als Patientenverfügung dokumentiert werden. Unrealistische Vorstellungen bezüglich medizinischer Möglichkeiten sollten allerdings einfühlsam ausgeräumt werden, damit es in kritischer Situation nicht zu unangemessenen Diskussionen kommt.

Betont werden sollte, dass die beschriebenen Notfallsituationen eher die Ausnahme am Lebensende sind. In den meisten Fällen kommt es zu einem friedlichen Sterben, z.B. im Rahmen einer langsam fortschreitenden Anämie bei anhaltenden Sickerblutungen.

Herzlichen Dank!
Die Stimmung am Krankenbett ist sehr gedrückt. Ich denke in diesen Tagen viel an Marshall. „Come and play with my pain…“. Ich versuche einfach nur für meine Mutter da zu sein. Dienstag habe ich sogar dem Arzt Einfühlung gegeben. Den Job möchte ich auch nicht haben… Insgesamt bin ich am Ende meiner Kraft. Dienstag ist mir am Krankenhaus noch ein Motorroller-Fahrer ins Auto gerutscht, wieder mal ein Blechschaden. Also noch mal in die Werkstatt, die Versicherung… ich bin müde.

So sieht es gerade aus bei mir. zum Glück habe ich tatkräftige Unterstützung und Montagabend hat mir Simran K. Wester persönlich Einfühlung gegeben. Seitdem geht es mir mit einem meiner Antreiber ein bisschen entspannter.

Das wars für heute als Update. Ihr Lieben, die Ihr in diesen Tagen nach meinem Wohlergehen gefragt habt: Danke dafür! Es geht doch nichts über eine wärmende Giraffengemeinschaft.

So long!

Ysabelle

…wir machen uns alle Sorgen!

Hallo, Welt!
Meine Mutter ist gestern ins Krankenhaus gekommen. Sie musste dringend ärztlich versorgt werden und jetzt besteht der Verdacht, dass ihre Krebserkrankung zurückgekehrt ist.
Ich habe eben mit ihr gesprochen und versucht, ihr Einfühlung zu geben. Dabei geht es um solche Themen wie „man hat meinen Koffer nicht ausgepackt, ich habe nicht mal meine Hausschuhe“ und der fehlende Kontakt zur Außenwelt. Kein Telefon am Bett… und das Handy mag sie nicht benutzen und hat es mir vor einigen Monaten zurückgegeben.
Sie gab mir dann den Auftrag, ein paar Leute zu informieren, dass sie eben zurzeit im Krankenhaus liegt und auch die nächsten Tage nicht erreichbar sein wird. So rief ich eben bei dem Pflegedienst an, der sie üblicherweise betreut. Die Mitarbeiterin trug mir auf: „Sagen Sie ihr, wir machen uns alle Sorgen um sie…“
Ich musste lachen. „Das werde ich ihr mit Sicherheit nicht sagen. Dann fühlt sie sich auch noch schlecht, weil sie Ihnen Sorge bereitet!“ „Da haben Sie eigentlich Recht…“, sagte die Mitarbeiterin überrascht. Und ich schlug vor: „Ich werde ihr sagen, dass Sie ihr alle die Daumen drücken und sich freuen, wenn sie wieder zu Hause ist.“ Spürbare Erleichterung am anderen Ende des Telefons: „Ja, das sagen Sie mal! Das ist ja auch viel schöner…“
Fazit: Wir brauchen mehr Gewaltfreie Kommunikation in der Welt.

So long!

Ysabelle

Lokis bange Minuten

Hallo, Welt!
Gerade schnupperte ich mal wieder bei Bild online vorbei. Wenn ich in meinem erlernten Beruf unterwegs bin, ist die Nachrichtensuche noch immer eingebaut. Dabei stieß ich auf die Schlagzeile:

VERABSCHIEDUNG IM SCHLOSS BELLEVUE
Schavans schwerste Minuten

Und ich dachte bei mir: Was denkt denn wohl Frau Schavan über sich oder über diese ganze Affäre, dass das jetzt ihre schwersten Minuten sein sollten? Fühlt sie sich schuldig (das ist übrigens kein Gefühl, Leute)? Oder spürt sie Scham? Ich persönlich glaube ja nicht, dass sie irgendjemanden absichtlich getäuscht hat. Sie war halt extrem lässig mit den Zitaten. Ich erinnere mich an die 70er Jahre an der Uni. Ey, da hat man manches nicht so eng genommen. Aber egal: Wenn man ihr nicht gerade im Schloss Bellvue zwei Sack Kartoffeln um den Hals hängt, können das ja nur dann ihre schwersten Minuten sein, wenn sie etwas „Schweres“ denkt…

Vor vielen, vielen Jahren stand im Stern mal ein Witz, über den ich mich noch heute schwindelig lachen kann. Ich habe ihn gern meinen Volontären in der Ausbildung erzählt, weil er die Presselandschaft so schön illustriert.

Zur Zeit, als Helmut Schmidt noch Bundeskanzler war – weiland in Bonn – lud er die Bundespressekonferenz zu einer Fahrt auf einem Rheindampfer ein. In Höhe der Loreley schwang er sich über die Reling und wandelte über das Wasser.

Die Schlagzeilen der Presse am nächsten Tag:
Bild: Kanzler kann nicht schwimmen
Deutsche Verkehrszeitung: Kanzler behindert Rheinschifffahrt
Bayernkurier: Der Kanzler kehrte auf halbem Wege um
Die Zeit: Kanzlers Rheinüberquerung: Mythos und Analyse
Das neue Blatt: Lokis bange Minuten

Ich liebe es! Das ist die Regenbogenpresse. Sie bricht die Geschichte runter auf Gefühle. Oder Pseudogefühle.
Loki hatte nach diesem Witz wohl deshalb bange Minuten, weil sie fürchtete, ihr Helmut könne Schaden nehmen. Und Frau Schavan? Wieso hat sie gerade ihre schwersten Minuten? Nach Mutmaßung von Bild online wahrscheinlich deshalb, weil sie einen Job aufgeben muss, den sie sehr gern gemacht hat.

Mal unter uns: Frau Schavan ist 57 Jahre alt und geht jetzt mit rund 11000 Euro in Rente. Leute, davon lässt’s sich doch leben… Unter diesen Umständen finde ich so einen Abschied nicht besonders schwer. Und das Getöse um ihre Schummelei? Der Hund bellt, die Karavane zieht weiter. Irgendwann kräht da kein Hahn mehr nach. Den Leuten in ihrem Wahlkreis scheint das eh schnuppe zu sein, die haben sie jedenfalls wieder aufgestellt. Nach dem Abschied ist vor der Wahl… Und am Wahlabend gibt es dann wieder „bange Minuten“…

So long!

Ysabelle

Kraut & Rüben (17)

Hallo, Welt!
Schon wieder sind mindestens 15 wichtige Postings nicht geschrieben. Deshalb heute ein „Kraut & Rüben“, um Euch ein Update zu geben.

Seit fast zwei Wochen habe ich nun wieder einen Bürojob. Erfreulich ist, dass Geld rein kommt. Und mein Auftraggeber schrieb mir gestern:

Ich bin der Meinung, dass die einzige Meinung auf die ich Wert lege, Deine ist. Du bist der Kopf des Projektes – und wenn Dein Dienstleister Scheiße auftischt, dann muss das auch als Scheiße benannt werden. Oder zumindest als nicht passend vor dem Hintergrund des Briefings.
Herantasten gut und schön – aber Du hast glaube ich ja eine ganz gute Vorstellung von dem, was Du sehen willst und das sollte er dann auch umsetzen nach der kritischen Auseinandersetzung. Innerlich entsetzt reicht nicht, spring ihm ins Gesicht 🙂 Du musst da wirklich nicht zurückhaltend sein, Du bist die Fackel, die den anderen den Weg leuchtet.

Das berührt mich schon sehr. Ich habe nicht die Absicht, jemandem ins Gesicht zu springen. Aber dieses Vertrauen meines Auftraggebers löst in mir Wärme, Freude, auch ein bisschen Trauer aus. Erfüllte Bedürfnisse: Wertschätzung, Gesehen werden, Vertrauen. Ein paar unerfüllte sind auch dabei, zum Beispiel hätte ich auch gern Respekt für meinen Dienstleister. Und MEIN Bedürfnis nach Verbindung erfüllt sich auf diese Weise nicht so wirklich.

Anyhow, die halbe Zeit meiner Anstellung ist vorbei, ich bin gut im Zeitplan und hoffe, dass wir ein attraktives Ergebnis erzielen.

Am vergangenen Wochenende war ich zum Netzwerktreffen in München. Leute, davon habe ich mich noch nicht wieder erholt! Mein Leben ist bereichert durch den intensiven Austausch mit einem alten Freund, der mir für die Münchner Tage sein Schlafzimmer spendiert hat. Ich bin dankbar, dass sich Gudrun Haas die Zeit genommen hat, mit mir über das Vertragswerk vom CNVC zu sprechen. 16 Seiten über die Aufgaben und Verpflichtungen eines Organizers – das hat mich lange geradezu paralysiert. Aber nach dem Austausch mit Gudrun konnte ich „schwups“ den Rest zu Ende durcharbeiten und hatte die Klarheit, die ich brauchte, um dem Center „yes“ zuzurufen.
Dann ist mir ein neues GfK-Buch ins Haus geflattert. Es ist eigentlich ein altes:
In einer der Runden zitierte Ingrid Holler diesen Titel. Wie ich jetzt weiß, hat sie 2006 das Vorwort dazu geschrieben. Anscheinend war es das erste GfK-Buch, das jemals auf deutsch erschienen ist. Ich habe gestern Abend reingeguckt und bin beglückt. Wayland Myers hat bei Marshall gelernt und seine Erfahrungen mit der GfK beschrieben. Zum einen bleibt er wertschäzend gegenüber seinem früheren Kommunikationsstil, zum anderen ordnet der die GfK ein. Und das erinnerte mich gestern Abend sehr an meine Diskussionen in München. GfK wie ICH sie verstehe… Da gab es nämlich einige Runden, wo heftig darüber diskutiert wurde, wie Marshall etwas sieht. Und in manchen Momenten kam ich mir vor wie in einem Bibel-Interpretationskurs. Ich erinnerte mich, wie ein Freund von einer Bewegung namens „What would Jesus do“ erzählte. Vielleicht sollte ich mir ein Giraffenfell umschnallen, um mich immer wieder fragend daran zu erinnern, was Marshall jetzt wohl tun oder sagen würde… *S*C*H*E*R*Z*
Zum einen weckt diese Diskussion in mir den Wunsch, es möge eine Interviereihe mit Marshall geben, in der seine Jünger (ey, wie einst bei Baghwan…) Fragen stellen können und der erleuchtete Meister gibt Antworten. Was reden wir uns die Köpfe heiß, was Marshall unter Spiritualität oder sozialem Wandel versteht? Leute, NOCH kann er gefragt werden! Zum zweiten kann ich nicht so ganz sehen, dass wir uns in einem zementierten Kanalbett bewegen. Das ist Marshalls Weg und das ist Marshalls Ansicht und du kannst hier nur aktiv sein, wenn du auf seiner Schleimspur unterwegs bist… Wa? Ich glaube nicht!
Mit Dominik Barter sitzt zum Beispiel jemand im Board vom CNVC, der durchaus seinen eigenen Weg in Bezug auf Gefühle und Bedürfnisse hat. Und er sitzt nicht etwa dort, weil er papageiengleich nachplappert, was Marshall sagt. Leute, lasst uns nicht das Denken an der Garderobe abgeben. Die Welt verändert sich, und wenn wir in Marshalls Schuhen stehen bleiben, werden wir einbetoniert. Wir müssen uns bewegen, in seinem Sinne, nach den Werten, die die spirituelle Seite der GfK ausmachen. Mit Abziehbildern ist uns nicht gedient. So seh ich das.

Am Montag hatten wir außerdem eine Tagung des Hamburger Instituts für Gewaltfreie Kommunikation. 2014 wird es eine Jahresausbildung geben. Jetzt laufen die Vorbereitungen an. Außerdem arbeiten wir am Handout (Leute, das wird klasse!) und am Webauftritt. Wie bereits mehrfach ausgeführt: Mir ist nicht langweilig.

Ich bin außerdem total dankbar für die Dienstagsgruppe, die ich zurzeit unterrichten darf. Elf Männer und vier Frauen waren es voriges Mal. So viele Männer in einer GfK-Gruppe… hu! Es ist schön! Wunderschön! Ich merke, wie ich voller Freude noch nachts neue Folien laminiere, die Dinge, die Christel mir im Visualisierungskurs aufgezeigt hat, anzuwenden versuche. Ja! Da geht mein Herz auf! Das Seminar erfüllt mein tiefes Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit und Beitragen.

Noch eine Info: Der Webshop von Bridget Belgrave, eine der Erfinderinnen des GfK-Tanzparketts, hat gerade Ausverkauf. Wer also noch auf der Suche nach Puppen oder Ohren ist, kann hier vielleicht ein Schnäppchen machen.

Ach… ehe ich es vergesse: Die neuen Bedürfniskarten Kompakt sind da. Tatsächlich waren 1000 Stück innerhalb eines Jahres ausverkauft. Ende vorigen Jahres hatte ich zwei große Bestellungen – eine für eine Schule, die ich dann kostenlos verdoppelt habe – und eine für eine Trainerin (200 Stück, das war’s dann…). Nun haben wir eine 2013-Farbe. Ihr könnt also wieder bestellen. Der Preis ist geblieben: Eine Karte ein Euro plus Porto, ab zehn Karten Portofreier Versand.

Und bei Euch?

So long!
Ysabelle

Grüße aus der Welt der Arbeit

Hallo, Welt!
In meinen Verhandlungen in Bezug auf den neuen Job bin ich an einem Wendepunkt angekommen. Gestern erreichte mich eine Mail, die ich nur schwer lesen konnte. Mit viel gutem Willen erkenne ich, dass mein Auftraggeber gerade sehr unter Druck ist, sich Leichtigkeit und Effizienz wünscht. Aber mein Vorname ist Ysabelle und nicht „Melanie“, und wenn ich Rückfragen zu meinem Arbeitsvertrag habe, möchte ich nicht gespiegelt bekommen, solche Anfragen seien jetzt gerade mal irrelevant.
Ich konnte schnell die Bedürfnisse benennen, die da bei mir gerade im Mangel sind: Respekt, Anerkennung, Wertschätzung, Augenhöhe, Schutz, Klarheit. Ich konnte auch die Gefühle benennen: Erschrocken, frustriert, hilflos oder vielleicht sogar ohnmächtig, verwirrt, besorgt und ärgerlich. Trotzdem blieb ich gestern tagsüber in einer seltsamen Verfassung hängen, müde, lethargisch, ohne Antrieb.
Gestern Abend schenkte mir das Schicksal eine Skype-Sitzung mit Gabriel. Oh, wie schön! Danach konnte ich ein paar Dinge klarer benennen und entdeckte für mich die ersten Anzeichen einer Richtung, in die ich mich vielleicht bewegen könnte. Der Knüller kam aber erst heute Morgen, als ich eine Mail von Gabi Klenke aufmachte, die mich gerade beim Thema „Schlüsselunterscheidungen“ unterstützt. Folgende Zitate füllten sofort wieder Energie in meinen Tank:

*1.**Selbstempathie – Ausagieren, Unterdrücken oder Schweigen in Gefühlen*

Selbstempathie bedeutet für mich, bewusst wahrzunehmen, was gerade lebendig ist, welche Gefühle und Bedürfnisse da sind. Durch diese Klarheit erreiche ich innere Entspannung und kanndann ehrlich
ausdrücken, was ich brauche. Wenn ich meine Lebendigkeit nicht wahrnehme, werde ich in automatischen Reaktionen feststecken, z. B. Herausschreien von Äußerungen, Schweigen und Rückzug, Opfer sein.

und die zweite:

*Respekt vor Autorität* *Angst vor Autorität*

Ich höre die Gefühle und Bedürfnisse meines Gegenübers und nehme meine eigenen Gefühle und Bedürfnisse wahr, kann mich bewusst äußern und behalte meine Freiheit.

Ich nehme meine Gefühle und Bedürfnisse nicht wahr, reagiere unbewusst und verliere meine Freiheit.

Jaaaa!!! Ich bin kein Opfer! Ich habe Handlungsoptionen! Ich muss keineswegs alles schlucken, was mir vorgesetzt wird. Ich kann für mich einstehen UND in Verbindung bleiben. Ich kann mich bewusst für ein neues Verhalten entscheiden, ich muss nicht unbewusst durch mein Leben taumeln, sondern kann mich für die Dinge einsetzen, die mir wichtig sind!

Und das Ergebnis?
Ich habe mir keine Monatskarte gekauft, um täglich zu meinem Ein-Monats-Job zu kommen. Ich habe eine Hinfahrkarte gekauft. Und nun werden wir sehen, was sich ergibt. Ich bin nicht hilflos, ich stehe nicht mit dem Rücken zur Wand. Das fühlt sich gut an.

Ich habe die Wahl!

So long…
Ysabelle

Frohes Schaffen… Mythos Arbeit

Hallo, Welt!
Neulich Abend wurde in der ZDF-Sendung „Aspekte“ der Film „Frohes Schaffen“ vorgestellt, der mich sehr nachdenklich gestimmt hat. Im vergangenen Jahr habe ich mich recht intensiv mit dem Mythos Arbeit auseinandergesetzt, denn seit 1983 war meine Arbeit mein Leben, meine tägliche Herausforderung, meine Struktur, meine Belohnung. Arbeit als Strategie lieferte mir Lebensunterhalt, Gemeinschaft mit Kollegen, gelegentlich Wertschätzung und Verbindung, an einem Strang ziehen und Sinnhaftigkeit. Seit ich im Januar 2012 von meinem langjährigen Arbeitgeber auf Null gesetzt wurde, stand diese Strategie auf dem Prüfstand.
Der Film stellt die These auf, dass wir entwicklungsgeschichtlich eigentlich nur auf drei Stunden Arbeit pro Tag ausgerichtet sind. Alles darüber hinaus ist Mythos, Religion, hierarchischer Druck. Da ich ja auch in einem Arbeitslosenprojekt unterrichte, erlebe ich hautnah mit, wie es ist, wenn man über Jahre ausgesteuert ist aus diesem System…
Ich merke, dass das Thema Arbeit total schambesetzt ist. „Man“ muss doch 40 Stunden die Woche arbeiten, wenn man ein nützliches Mitglied der Gesellschaft sein will. „Man“ kann doch nicht einfach die Erwerbstätigkeit einstellen! Es gibt doch einen Grund, warum Männer in eine schwere Sinnkrise geraten, wenn sie in Rente gehen. Ich hatte unlängst im Coaching einen Burnout-Patienten, der verzweifelt darum ringt, wieder „arbeitsfähig“ zu sein. Und eine junge Mutter, die an sich den Anspruch stellt, stets eine perfekt geputzte Wohnung zu haben und immer Zeit und Geduld für die Kinder. Denn wenn sie das nicht „leistet“, hat sie kein Recht darauf, zu Hause zu sein.

Was für eine irre Vorstellung, nur noch zu tun, was ich will! Ich würde nicht mehr in öden Meetings rumsitzen, in denen ich nicht gesehen und gehört werde. Ich müsste keine Belege mehr fürs Finanzamt sortieren. Ich müsste nicht mehr solche unerfreulichen Telefonate mit dem Jobcenter führen wie das von heute Nachmittag. Ich würde ein tieferes Gespür dafür entwickeln, was mir wirklich Freude macht. Ich würde immer noch meine Blusen bügeln, denn ich bügele gern. Ich würde immer noch Schnee schippen, denn ich möchte, dass Menschen heil nach Hause kommen. Ich würde auch bei meiner alten Nachbarin fegen, denn sie unterstützt mich das ganze Jahr, indem sie meine Post annimmt. Ich würde nicht putzen, denn Putzen ist für mich ganz schrecklich. Vielleicht kann ich Bügeln gegen Putzen tauschen? Und trotzdem…. bei dem Gedanken, nie wieder einen festen Job zu finden, wird mir ganz beklommen. Ich muss doch mein Obdach bezahlen, mein Essen, Haarshampoo, Internet… Und der Preis dafür? Dinge tun, die mir keine Freude machen. Mehr arbeiten als mir gut tut. Faule Kompromisse eingehen… Da muss es doch noch etwas anderes geben!

Ich bin an Eurer Meinung zu dem Thema interessiert. Lebt Ihr, um zu arbeiten? Oder arbeitet Ihr, um zu leben? Welchen Stellenwert hat die Arbeit in Eurem Alltag, in Eurem Leben?

So long!

Ysabelle

Wortschätzchen: Bockig & andere Feinheiten

Hallo, Welt!
In der vergangenen Woche ist mir noch einmal sehr deutlich geworden, welchen Beitrag unsere Sprache zum Frieden leisten kann. Vielleicht habe ich auch einfach nur festgestellt, wie weit ich mich schon vom normalen Sprachgebrauch entfernt habe.

Auslöser war die Aussage: „Der Mann war bockig“, die ich in einem Gespräch aufgeschnappt habe.
Na, wie fühlte sich vielleicht ein Mensch, der von anderen als „bockig“ wahrgenommen wird? ich biete an:
angespannt
bitter
durcheinander
einsam
empört
eventuell eine Prise frustriert
genervt
kribbelig
streitlustig
unwohl/unbehaglich
unter Druck
widerwillig

mal so als erster Wurf. Natürlich kann das je nach Situation variieren.
Hinter einer diagnostizierten „Bockigkeit“ verbergen sich natürlich unerfüllte Bedürfnisse, sowohl beim „Bock“, als auch beim Gärtner.
Ich habe keine klare Idee, um welche Situation es sich handeln könnte, wo jemand sich „bockig“ verhält, aber ich mache mal ein paar Angebote, welche Bedürfnisse unerfüllt sein könnten:
Autonomie
Wirksamkeit
Beteiligung
Unterstützung
Gesehen werden
Verbindung
Verständnis & Verstehen
Schutz.

Und vielleicht erfüllt er sich mit eben diesem Verhalten das Bedürfnis nach
Echtheit
Autonomie
Schutz
Kongruenz/Authentizität.

So weit, so gut.
Jetzt aber wird es wirklich spannend: Was braucht denn die Person, die beim anderen Bockigkeit konstatiert?
Ich tippe mal auf

Verbindung
Verstehen
Gemeinschaft
und vielleicht so etwas wie Klarheit.

StammleserInnen des Blogs erinnern sich vielleicht: Im vorigen August habe ich mit meiner Kollegin Hilke ein Seminar „Gewaltfrei filzen“ veranstaltet. Dabei ging es zum einen um das handwerkliche Herstellen eines Filzkissens oder Teppichs, aber auch um verfilzte Sprache. Diesertage ist mir aufgefallen, dass die so genannten Interpretations- oder Gedankengefühle eigentlich auch so etwas wie Filz-Werkstücke sind. Es gibt einzelne Schichten, die dann allerdings durch den Filzvorgang zu einem einzelnen Werkstück (Bewertung) zusammen gefügt werden. Das Urteil „bockig“ setzt sich vermutlich zusammen aus den Beobachtungen von Körperhaltung, Gesichtsausdruck, dem Gesprächspartner zu- oder abgewandt, Blickkontakt ja/nein und anderen non-verbalen Wahrnehmungen. Indem ich diese Informationen im Kopf zusammenrechne, erscheint das Ergebnis: Bockig. Doch Vorsicht! Zum einen kann diese Zusammenrechnung eine Fehlkalkulation sein und vielleicht ist der andere einfach unsicher oder ich habe eine Projektion am Laufen, weil mein Opa immer so geguckt hat, wenn er nicht tun wollte, was die Oma gerade vorgeschlagen hat. zum zweiten kann dieses Rechenergebnis war „rechnerisch“ richtig sein. Aber was mache ich denn damit? Dient es der Verbindung, den anderen als „bockig“ einzuordnen? Wäre es nicht viel zielführender, beispielsweise zu denken: Uih… starrer Blick, hochgezogene Schultern, geballte Fäuste – was braucht mein Gegenüber? Oder noch schöner: Was brauche ich? In wie weit beeinflusst mich das Gesehene in meiner Haltung?

In Gesprächen ist mir aufgefallen, dass manche andere Menschen solche Überlegungen schwer hören können. Sie entnehmen diesen „Wortklaubereien“ von mir ein neues „Richtig“ oder „Falsch“. Sie rechnen zusammen, heraus kommt ein Bild. Und schon ist es viel schwerer, die einzelnen Farben, die einzelnen Bestandteile zu erkennen, zu benennen, in Rechnung zu stellen.
Dieses Zusammenrechnen, Zusammenwalken von Beobachtungen zu einer Bewertung hat aus evolutionstechnischer Sicht einen wunderbaren Sinn: Wenn dem Höhlenmenschen ein anderer Höhlenmensch mit erhobener Keule gegenüber steht, ist das vielleicht genug Signal, um die eigene Keule zu heben oder die Beine in die Hand zu nehmen. Das schnelle Einschätzen und der kompetente Umgang in Gefahrensituationen sichert unser Überleben. Gleichzeitig hat es in den vergangenen Jahrtausenden genug „Tod durch Versehen“ gegeben, einfach weil gleiche Gesten in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich interpretiert werden. Nicht einmal die Bedeutung von „Ja“ und „Nein“ ist in allen Kulturen auf der heutigen Erde gleich.

Ich plädiere daher für ein Ent-Filzen, für ein genaueres Beobachten. Dieses grandiose Bild zum Thema Beobachtung entdeckte ich heute Morgen in meinem Lieblingscafe. Ich hätte es gern gekauft, aber… die Künstlerin Elke Wagner gibt es nicht her. Was ist denn meine Beobachtung, wenn ich sage, ich fühle mich:

ungeliebt
ausgegrenzt
ausgeliefert
abgestempelt
unbeliebt

Die Liste dieser „Gefühle“ lässt sich sicher nahezu beliebig erweitern. Und ich höre noch einen Teilnehmer meiner Übungsgruppe, mit dem ich über „Ich fühle mich provoziert“ diskutierte: „Ich weiß doch, was ich fühle..!“ In diesem speziellen Fall mal eindeutig nicht.

Ein Aspekt dieser Wortklauberei möchte ich noch erwähnen. Wenn ich bereit bin, meine zusammengerechneten Wörter wie bockig, provoziert, ausgegrenzt oder übergriffig zu entfilzen, die einzelnen Schichten zu betrachten, dann erschließt sich mir eine völlig neue Welt. Ich bin sozusagen ein Goldgräber in Sachen Verbindung. Denn so finde ich einen Zugang zu meinen eigenen (oft unerfüllten) Bedürfnissen und zu den Bedürfnissen meines Gegenübers. Und auf dieser Ebene wird es so viel leichter, im Gespräch zu bleiben – auch wenn der andere gerade bockig ist 😉

So long!
Ysabelle

Gesund mit GfK?!?

Hallo, Welt!
In den vergangenen Tagen werde ich immer wieder mit dem Thema GfK und Gesundheit konfrontiert. Am Samstag hatte ich einen netten Menschen zum Coaching. In vier Stunden ging es im wahrsten Sinne des Wortes schön zur Sache… Dabei tauchte die Frage auf, ob das nicht geradezu ein therapeutisches Tun sei, was ich dort veranstalte.
Und heute hatte ich einen Anruf von einem Menschen, der noch mit den Folgen einer Burnout-Erkrankung laboriert. Auch dieser Mensch war gerade fassungslos, wie schnell und wie tief man mit der GfK an die Lebensthemen kommt.
Und dann gibt es noch die Anfrage einer Selbsthilfe-Gruppe, die ein GfK-Seminar bei mir buchen will. Nach der großen Freude über diesen Auftrag kam dann das jähe Erwachen: Die Gruppe braucht für die Bezuschussung durch die Krankenkasse ein Seminarkonzept, so wurde es jedenfalls kommuniziert. Da die Seminarbuchung über einen kleinen Bildungsträger erfolgt, kann ich nicht irgendetwas zusammenschreiben, sondern der Bildungsträger muss seinen Segen geben.

Also habe ich nun annähernd zwei Tage damit zugebracht herauszufinden, was denn wohl eine Krankenkasse von einem Seminarkonzept erwartet und bin dabei auf folgende Infos gestoßen: Offensichtlich gibt es für Kurse, die die Krankenkasse bezuschusst, eine Art Qualitätsmanagement. Besonders leicht kommt man über diese Hürde, wenn man anscheinend Yoga oder Abnehmen anbietet. Ich schätze mal, mit meinen 55 Jahren bin ich inzwischen zu alt für eine Yogalehrerausbildung. Jedenfalls fühle ich mich so steif, dass ich mir nicht vorstellen kann, längere Zeiten auf dem Fußboden zuzubringen, es sei denn, ich verbringe den Nachmittag mit meiner Enkeltochter, so wie gestern Nachmittag (Foto)… Um sich mal mit diesem Thema zu befassen, empfehle ich diesen Leitfaden
Wissenswertes über die Registrierung gibt es in diesem schlichten Flyer und die Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Schleswig-Holstein schreibt auf ihrer Webseite:

Qualitätsprüfungen für Kursleiter aus dem Bereich der Primärprävention

Sie bieten Kurse im Bereich der Primärprävention an und möchten, dass Ihr Angebot von den Krankenkassen anerkannt wird?
Sie möchten es Ihren Teilnehmerinnen und Teilnehmern ermöglichen, evtl. einen Zuschuss zum Teilnehmerbeitrag von der Krankenkasse zu erhalten?

Dann lassen Sie Ihr Angebot vom Qualitätsprüfungsservice der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung prüfen und zertifizieren.
Die oben genannten Krankenkassen kooperieren mit der Landesvereinigung und erkennen die durch den Qualitätsprüfungsservice geprüften Kursangebote an. Das ermöglicht die Zahlung eines Zuschusses zu den Kursgebühren für Ihre Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer.

Mensch, ist ja klasse, dachte ich gestern voller Begeisterung. Anfangs. Denn inzwischen habe ich den Eindruck, wenn ich nicht gerade Yogalehrerin, Ernährungsberaterin oder Krankenschwester bin, habe ich keine Chance auf eine Registrierung als Kursleiter in der Primärprävention. Dabei bin ich überzeugt, dass die Gewaltfreie Kommunikation wesentlich dazu beiträgt, gesund zu bleiben oder – besonders mit seelischen – Belastungen fertigzuwerden. Also habe ich heute in mein Konzept geschrieben:

Ziel des Seminars
Mit einer Einführung in die „Gewaltfreie Kommunikation nach Dr. Marshall Rosenberg “ an vier
Abenden sollen die Teilnehmer befähigt werden, ihre psychosozialen Gesundheits-Ressourcen zu
stärken. Dazu gehören
✓Informationen über ihre Stimmung
✓Handlungs- und Effektwissen
✓Soziale Kompetenz
✓Stressabbau
✓Schlüsselunterscheidungen:
Beobachtung ./. Bewertung,
Gefühl ./. Interpretation
Bedürfnis ./. Strategie
Bitte ./. Forderung
Die neuen Erkenntnisse und Handlungsmuster können einen Beitrag dazu leisten, dass die Teilnehmer
leichter mit Missbefindens-Zuständen zurecht kommen, alternative Coping-Strategien entwickeln, neue
Formen der Konfliktbewältigung erproben und besser mit Alltagsbelastungen zurecht kommen.

Da bin ich doch mal gespannt, ob die Krankenkasse darauf einsteigt. Vielleicht wissen die einfach noch nicht, wie gut das tut, mit sich selbst und anderen verbunden zu sein…

So long!

Ysabelle

Gott fügt alles wunderbar

Ein König hatte einen Minister, der bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit sagte: „Gott fügt alles wunderbar.“ Nach einiger Zeit hatte der König diesen Satz so oft gehört, daß er ihn nicht mehr ertragen konnte. Die beiden sind auf der Jagd. Der König schießt einen Hirsch. Minister und König sind hungrig, machen Feuer, grillen den Hirsch, der König beginnt zu essen und schneidet sich in seiner Gier einen Finger ab. Der Minister sagt auch dieses mal: „Gott fügt alles wunderbar.“

Jetzt reicht es dem König. Wütend entlässt er den Minister aus seinen Diensten und befiehlt ihm, sich fortzuscheren. Er wollte ihn nie wiedersehen. Der Minister geht. Der König, vom Hirschbraten gesättigt, schläft ein. Wilde Räuber, Anhänger der Göttin Kali, überfallen und fesseln ihn, wollen ihn ihrer Göttin opfern und – verspeisen. Im letzten Moment bemerkt einer der Kali-Anhänger den fehlenden Finger. Die Räuber beratschlagen sich und befinden: „Dieser Mann ist unvollkommen. Ihm fehlt ein Körperteil. Unserer Göttin darf nur Vollkommenes geopfert werden.“ Sie lassen ihn laufen.

Der König erinnert sich an die Worte des Ministers: „Gott fügt alles wunderbar“ und begreift: Genau so ist es. Auch in diesem Fall. Er fühlte sich schuldig, weil er den Minister verbannt hat, und lässt ihn suchen. Nach langer Zeit wird er gefunden. Der König entschuldigt sich und bittet ihn, wieder in seine Dienste zu treten.

Der Minister entgegnete: „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich bin dankbar, dass du mich fortgeschickt hast. Mich hätten die Räuber geopfert. Mir fehlt kein Finger. Gott fügt alles wunderbar.“

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