Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Der Schuh

Hallo, Welt!
Heute fand im Seminarraum die dritte Gesprächsrunde der Mediation statt. Während ich am vergangenen Wochenende noch 100 Euro darauf verwettet hätte, dass dieses Projekt heute mit Funkenflug und Donnerhall auseinanderfliegt, zeigte sich heute, dass meine beiden Medianten sich gerade erstmals in der Erhellungsphase befinden: „Ah… so ist das bei dir…“ Ich bin unruhig und besorgt, weil ich mich noch immer nicht strikt an die Regeln des Mediationsverfahrens halte. Heute ging es darum, dass eine Partei das Gesagte der anderen Partei als Vorwurf aufnahm: „Aber ich bin doch daran nicht schuld…“

Die nächste halbe Stunde habe ich dann zwischen den beiden gestanden und das Passepartout eines ausrangierten Bilderrahmens zwischen ihnen gehalten. „Das ist der Film von Person A., und er hat nichts mit Dir zu tun. Nein, du redest ja auch nicht mit George Cloney auf der Leinwand, wenn er im Kino eine Rolle spielt…“
Ach, wie schwer ist es doch, den Schuh im Raum stehen zu lassen und nicht anzuziehen. Unser System regiert mit Schuld und Scham, mit Zuschreibungen und Höhenunterschieden. Wie tragisch, dass wir in aller Regel nicht hören können, dass der andere einfach etwas von sich erzählt, und wir in dieser Geschichte höchstens der Auslöser sind, aber nie und nimmer der Grund oder die Ursache…

Ich habe selber die fatale Neigung, mir jeden Schuh anzuziehen, der im Raum steht. An einer Stelle der Mediation habe ich dann heute meinen Budapester Slipper ausgezogen und in die Zimmermitte geschubst: „Den ziehst du dir doch auch nicht an… dann brauchst du dir jetzt auch nicht anzuziehen, was der andere über sein Erleben sagt…“ Ich wünschte, dass ich das für mein eigenes Leben häufiger beherzigen könnte…

Gestern war ich bei meiner Mutter, um Bankangelegenheiten zu erledigen. Kurz vor meinem Eintreffen war die zarte alte Dame schwer gestürzt. Der Pflegedienst war da und kümmerte sich um sie, aber wir waren dann gemeinsam beim Zahnarzt und in der Notaufnahme des Krankenhauses. Dort wollte sie mich fast mit Gewalt nach Hause schicken. „Du fährst doch nicht gern im Dunklen. Ich bin doch dafür verantwortlich, dass du gut nach Hause kommst…“ Hallo? Ich bin 55 Jahre alt und muss schon selbst entscheiden, wann ich fahre… Aber diese ungesunde Verantwortlichkeit habe ich aus meiner Familie intensivst übernommen. Neulich hatte ich Besuch von einem Freund, der wichtigen Papierkram zu erledigen hatte und im Vorfeld meinte, es sei wohl für ihn leichter, das sozusagen unter Aufsicht zu machen. Doch jedes Mal, wenn ich ihn fragte, wie er vorankäme, sagte er Dinge wie „keine Kontrollfragen, bitte!“ Irgendwann änderte er seinen Text und fragte: „warum genau willst du das wissen?“. Ich brach in Tränen aus, weil ich plötzlich spürte, dass ich mich für die Erledigung seines Papierkrams verantwortlich fühlte. Was für eine Bürde!

In der Rückmeldung, die mir Gerhard und Kirsten kürzlich gegeben haben, ging es im weitesten Sinne auch um den Schuh im Raum. Ich bin nicht zuständig, ich bin nicht verantwortlich. Ein neuer Textbaustein. Noch drehe ich ihn immer mal wieder erstaunt hin und her. Mensch, stimmt ja. Ich bin Auslöser, nicht Ursache. Und DU fühlst …, weil Du … brauchst…

Möge der Tag kommen, an dem ich diesen Teil der GfK im direkten Zugriff habe, und nicht erst mühsam aus dem externen Speicher laden muss!

So long!
Ysabelle

Kraut und Rüben (16)

Hallo, Welt!
Der Blick auf das letzte Posting erschreckt mich! So viel Leben ist inzwischen passiert und es hat nicht mal ein halbes Stündchen zwischendurch gegeben, um Euch auf dem Laufenden zu halten. Hier mal ein paar Stichpunkte.

Meine erste Mediation hier im Haus läuft und ich weiß nicht, ob ich darüber lachen oder weinen soll.
Als mein Sohn 1982 zur Welt kommen wollte, sagte ich nach drei Stunden Wehen, „wenn es so bleibt, kann ich das gut aushalten…“. Nach 38 Stunden wurde es dann doch ein Kaiserschnitt. Was die Mediation angeht, hoffe ich nach einem tollen Start mittlerweile bestenfalls auf eine Zangengeburt, vielleicht kommt auch etwas ganz anderes dabei heraus oder die Medianten erdrosseln das Neugeborene. Ich fühle mich hilflos und traurig, weil mein Bedürfnis nach Beitragen und Unterstützung nicht erfüllt ist, OBWOHL ich mein Schönstes, Bestes gebe. Ach, wie gern würde ich die beiden darin begleiten, einen Weg zueinander zu finden. Heute scheint es mir leider so, dass alle Wege vermint und mit NATO-Draht gespickt sind.

Mein Vater hat vorigen Dienstag seine letzte Ruhe gefunden. Eine merkwürdige Veranstaltung, die mir verdeutlicht hat, dass ich so nicht beigesetzt werden möchte.

Die Woche davor war ich wieder als Assistentin in der Jahresgruppe im Osterberg-Institut. Eine spannende Erfahrung. Ich habe diverse Feedbacks für meine Zertifizierung eingesammelt und auch von Gerhard und Kirsten hilfreiche Rückmeldungen erhalten. Die im vorigen Beitrag angekündigte Minipause vor dem dritten Block erwies sich als Farce. Noch im Zug zu meinem Kurzurlaub meldete sich ein Bildungsträger bei mir und fragte, „können Sie auch Kommunikation?“ Und so sitze ich nun seit dem 3. September vier Tage die Woche in einem Klassenzimmer und unterrichte arbeitslose Jugendliche im Alter zwischen 15 und 30 Jahren in GfK, Umgang mit Konflikten, Feedback-Regeln und den richtigen Umgang mit Geld. Ironie des Schicksals… ausgerechnet ich erzähle was über den Umgang mit Geld… die sollten mal meinen Sohn einladen.

Nebenbei kümmere ich mich um den Schriftkram meiner Mutter, von der Abrechnung mit der Krankenkasse über die Abwicklung von Sterbegeld und anderen Fisimatenten. Könnte ja sonst langweilig werden in meinem Leben.

Und es gibt einen Stern an meinem Himmel.
Vor einigen Tagen erreichte mich eine Mail vom CNVC in Albuquerque, USA. Darin hieß es:

We have checked in with the Rosenbergs (wanting to keep them included in the process) and I am happy to enter into conversation with Ysabelle to invite her to be the organizer and share details with her.

Konkret heißt das: Ich darf für das CNVC das IIT in der Schweiz organisieren! Leute, was für ein Geschenk! Ich habe noch keine Detailinfos, weil sich beim Center noch alles um das Intensivtraining in Polen im Dezember dreht. Aber in der Giraffengemeinschaft so eine Aufgabe zu übernehmen ist ein großer Traum von mir. Diese Nachricht nährt erneut mein Vertrauen darin, dass alles einen Sinn hat, auch wenn ich ihn nicht zu jeder Zeit erkennen kann.

So. Und jetzt bereite ich eine Unterrichtseinheit über Sauberkeit im Kühlschrank vor.

So long!
Ysabelle

Filz und Leichtigkeit

Hallo, Welt!
Es ist heiß! Und während unseres grandiosen Filzseminars war es heiß! Wie gut, dass wir die Terrasse beschatten konnten! Und wie gut, dass es nicht geregnet hat! Alles das, was wir gemütlich im Garten machen konnten (frühstücken, Mittag essen, grillen, Einzelarbeit, Gruppenarbeit) war so viel entspannter als im Haus. Jedenfalls ist es zu fünft im Übungsraum voll. Und im Garten ist es locker.
Wir haben allerlei basic GfK angeguckt und ansonsten wurde fleißig gefilzt. Zunächst haben die Teilnehmer mit einem Flächenfilz angefangen. Das ging allen flott von der Hand, und eine Teilnehmerin hatte ohnehin schon viel Vorerfahrung. Während die einen filzten, habe ich jeweils das Essen vorbereitet, die Küche wieder klariert oder eben auch zugeschaut. Samstagnachmittag ging es dann an die größeren Teile, für die die Teilnehmer ja Freitag schon an den Entwürfen für die Motive gearbeitet hatten. Es entstanden zwei Meditationskissen Das erste mit einem Spiralmotiv. Auf der Papierskizze hatte es schon die leuchtende Mitte gegeben, aber der dynamische Mix mit dem Blau ergab sich erst im Umgang mit dem Material. Das zweite Meditationskissen war dagegen ganz gegenständlich im Motiv. Es hatte ein leicht abgewandeltes Ying Yang: Himmel und Wasser Besonders begeisterte mich dabei der Wal mit seinem weißen Bauch und eine Qualle, die zartrosa Tentakel hatte. Wunderbar! Und daneben wuchs der Teppich für einen Seminarraum. Das war natürlich superspannend zu beobachten: Zunächst wurden die einzelnen Teile vorbereitet und auf Papier ausgelegt. Wie bitte sieht ein Wolf aus? Und wo hat die Giraffe ihre Tupfen? Es wurde gezupft, gelegt, umgelegt, noch mal gezupft, und später dann gewalkt, geknetet, massiert, mit den Füßen gestampft und manchmal auch laut Musik gehört. Dazwischen gab es Zeit für ein Lebendigkeitsbad, allerlei Input zum Thema Camouflage in der Sprache, eine berührende Einzelarbeit zum Thema „Strategien und Opferenergie“ sowie diverse köstliche Mahlzeiten. Was mir gut gefallen hat, war dass ich mit Leichtigkeit von meinem Konzept abweichen konnte, als erkennbar war, dass keiner der Teilnehmer eine konkrete Bitte formulieren wollte, sondern andere Dinge gebraucht wurden. Als es keine Begeisterung dafür gab, Vorwürfe zu übersetzen, haben wir halt Komplimente übersetzt, was abends um neun auf der Terrasse bei einem Glas Wein deutlich mehr Spaß machte als in einem Seminarraum bei Kunstlicht. Die Abschlussrunde am Sonntag gegen 16 Uhr zeigte, dass alle sehr zufrieden mit dem Wochenende waren. Das alles hat nur einen winzigen Schönheitsfehler. Insgesamt waren es mit Vorbereitung und allem Drum und Dran fünf Tage Arbeit. Übrig bleiben für jede von uns Trainerinnen je 189 Euro. Das drückt den Stundenlohn auf osteuropäische Verhältnisse.
Trotzdem bin ich nicht unzufrieden. Zum einen sind wirklich wunderbare und inspirierende Werke entstanden. Zum anderen war eine zertifizierte Trainerin als Teilnehmerin dabei. Sie wird mir für meine Zertifizierung ein Trainer-Feedback geben und hat sich auch warm und wohlwollend über die Qualität meines Handouts geäußert. Und es sind Seminarvorbereitungen durchgearbeitet, die ich immer wieder brauchen werde. Und nun kann ich einfach die Schublade aufziehen und darauf zurückgreifen. Oder den Drucker anwerfen.
Heute nun bin ich total erschöpft. Ich hatte erst überlegt, ob ich nicht doch zum Thema „Work – Life“ etwas schreiben sollte, weil mir das Thema im Moment sehr nahe ist. Aber dann dachte ich, einige von Euch wollen bestimmt wissen, wie das Wochenende gelaufen ist. Ich werde heute versuchen, nur so viel zu tun, wie ich den tiefsten Drang verspüre: Geschirrspüler ausräumen, Katzenklos, Wäsche aufhängen, Seminarsachen wegräumen. Ansonsten versuche ich, nichts zu tun, also vielleicht zu schlafen. Ab Morgen möchte ich drei Tage Urlaub/Pause einlegen. Donnerstag Abend um 18 Uhr endet die Pause, dann bereite ich die Übungsgruppe vor. Aber bis da hin: Piano! Die nächsten 14 Tage werden noch einmal hart… Vielleicht kann ich dann Mitte September eine Woche Urlaub machen…

So long!

Ysabelle

Habe fertig!

Hallo, Welt!
Das Seminar kann los gehen! Eben habe ich die letzten Seiten meiner Vorbereitung ausgedruckt und bin jetzt hoch zufrieden mit meiner Planung. Zum einen steht der Ablaufplan, zum zweiten sind alle Seminarunterlagen vollständig und ich habe gleich noch einige Übungsbögen dazu entwickelt. Die kann ich natürlich auch bei anderen Gelegenheiten gut verwenden. So wird es einen Übungsbogen zum Thema „Du-Botschaften übersetzen“ geben, einen zum Übersetzen von Interpretationsgefühlen. Es gibt Input zum Thema „Angst vor Selbstoffenbarung und Camouflage“ und ich stelle die vier Seiten einer Nachricht von Schulz von Thun vor. Obwohl ich sie schon lange kannte, fand ich es spannend, mich noch einmal damit zu beschäftigen.

Ach, wie schön, einfach nur in meine Seminartasche zu greifen und 140 Gefühle auf laminierten Kärtchen herauszuziehen… 20 fiese Vorwürfe, die wir zusammen übersetzen können… Jetzt gibt es auch einen Übungsbogen zum Thema „Bitten“. Ist das wirklich eine Bitte? Wozu sagt dein Gegenüber JA, falls er zu deiner Bitte nein sagt? Tirili! Ich freu mich auf morgen!
Um eins heute Mittag dachte ich, ich bin so erschöpft, ich kann gar nichts mehr vorbereiten für das Seminar. Dann bin ich ins Bett gegangen, habe vier Stunden geschlafen, bin von meinem Vogelzwitscher-Wecker geweckt worden, hatte zwei Stunden Übungsgruppe, die extrem inspirierend und bereichernd war, und konnte dann jetzt noch locker zwei Stunden Texte schreiben und Unterlagen lochen, zusammenstellen und jetzt in eine Sammelbox zu sortieren. Es kann los gehen, ich fühle mich gut vorbereitet. Äh, was ich das Gefühl? Zufrieden, sicher, klar, entspannt, zuversichtlich, erwartungsfroh. Wie gut, dass ich nicht den Filz-Teil moderieren muss. Da wäre ich aufgeschmissen. Wenn Hilke filzt, werde ich kochen, Obstsalat schnippeln, den Grill anwerfen und mich daran freuen, dass wir dieses Seminar zu zweit machen.

So long!

Ysabelle

Mystische Zahlenspiele aus D-Mark-Zeiten

Hallo, Welt!
Gestern sind mein Sohn und ich zur Trauerfeier für meinen Vater aufgebrochen. Junior kam morgens zu mir, damit wir in einem Auto unterwegs sind. „Wo hast du Schuhputzzeug?“, fragte er mich, weil er noch mal über die guten Schwarzen bohnern wollte. Wenig später hörte ich ihn im Wirtschaftsraum kichern. „Du und deine Vorratshaltung! Diese Marmelade ist von 2003 und die Adresse auf dieser Konserve hat sogar noch eine vierstellige Postleitzahl…
Heute habe ich einen kurzen Blick auf besagtes Regal geworfen. Tatsächlich: Marmelade von 2003. Zwei Gläser Rotkohl, deren Mindesthaltbarkeitsdatum mit Oktober 2007 angegeben war. Eine China-Sauce von 1999 habe ich leichten Herzens der Tonne übergeben. Beim Rotkohl fiel mir das deutlich schwerer, und die Marmelade habe ich zurück ins Regal gestellt. Ein Glas Schwarzwurzeln war noch mit D-Mark ausgezeichnet. Das habe ich dann auch entsorgt.
Als mein Sohn sich über die Vorratshaltung mokierte, spürte ich Unbehagen, ja so etwas wie Schuldgefühle. Als wollte ich die ganze Familie mit abgelaufenem Essen ausrotten. Ertappt, als hätte ich etwas Verbotenes getan. Scham. Ach ja, Scham war das.

Als ich heute davor stand, fest entschlossen, alle abgelaufenen Lebensmittel wegzuwerfen, fühlte es sich ganz anders an. „Die schönen Sachen… das kann man doch alles noch essen… da ist doch nichts mit los… oh, ja, diese Marmelade… die habe ich von dem Besuch in XY mitgebracht… Das schlechte Gewissen von „willst du uns alle umbringen“ hatte sich verändert in „du willst doch nicht etwa Lebensmittel wegwerfen, die noch gut sind…?!“
Anscheinend gibt es zu dem Thema zwei Wahrheiten in mir. Der eine Teil ist so stolz auf das gefüllte Vorratsregal. Bei mir muss keiner verhungern. Und wenn Morgen eine Busladung voller Leute vor der Tür steht, ich kriege sie alle satt. Die Dosen sind nicht verbeult oder aufgebläht, der Rotkohl sieht nach wie vor prima aus. Und Mindesthaltbarkeitsdatum ist eh eine Erfindung der Industrie.
Der andere Teil möchte auf einen besonders effizienten Umgang mit Lebensmitteln an den Tag legen. First in, first out. Keinen Mais nachkaufen, wenn noch vier Dosen Mais im Regal stehen. und beim Einräumen fällt mir auf, ach, es war ja gar nicht Mais, was fehlt, sondern Champignons… Und dann diese grandiose Saisonware… Nur jetzt… amerikanische Wochen, asiatische Wochen… Glasnudeln… komisch, damit koche ich nie, aber ich erliege der Versuchung.

Anscheinend gibt es ein Lernfeld, das heißt: Empathische Vorratshaltung. Wie viele Dosen, Gläser, Marmelade (Mist, wieso habe ich den holländischen Sirup weggeworfen, der war doch erst 2010 abgelaufen!), Senf, Tütenpürree (ich schwöre, nur für den Notfall), Thunfisch und Prinzessbohnen brauche ich, um mein Bedürfnis nach Sicherheit zu erfüllen? Denn dass es nicht um das Bedürfnis nach Nahrung geht, ist mir sehr klar. Ich denke, das ist ein Erbe der Kriegsgeneration, die einfach nichts hatte, und die alles hortete, egal, was es war. Wenn man es selbst nicht aß, konnte man es aber wenigstens tauschen… Diese Haltung war bei uns in der Familie ganz tief verankert. Komisch, in den Schränken meiner Mutter findet sich aber heute gar nichts mehr. Sie scheint das irgendwie überwunden zu haben. In ihrem großen Kühlschrank langweilen sich ein paar Medikamente, zwei Flaschen Wasser, eine Dose Sprühsahne, eine Bisquitrolle und zwei Sahnepuddings. Aber: Als wir 1978 den Haushalt meiner Großmutter auflösten, fanden wir noch eingeweckte Schattenmorellen von 1963… Solchen Zeiträumen nähere ich mich auch…

Also: Vorratshaltung erfüllt mir ein Bedürfnis nach Sicherheit. Selbst Vorräte mit deutlich abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum erfüllen dieses Bedürfnis. Sie erfüllen das Bedürfnis auch, wenn die Adresse auf dem Etikett noch eine vierstellige Postleitzahl hat. Und gleichzeitig hätte ich gern neue neue Strategie, mit der ich mir dieses Bedürfnis erfüllen kann, ohne missbilligende Blicke anderer Menschen zu kassieren. Mal sehen, was mir da bis Weihnachten einfällt. Eine Strategie könnte sein, erst mal sehr bewusst mit den „alten“ Sachen zu kochen, also vielleicht die alten weiter nach vorn zu schieben oder gezielt nach leckeren Rezepten für diese Zutaten zu suchen. Mal ehrlich, bei 30 Grad im Schatten, die jetzt endlich kommen sollen, ist mir überhaupt nicht nach Rouladen mit Rotkohl…

So long!

Ysabelle

Eine Form der Camouflage…

Hallo, Welt!
Ich liege in den finalen Vorbereitungen für das GfK-und Filzseminar am Wochenende. Es scheint, dass das Wetter mitspielt. Das ist Klasse, denn dann können wir draußen arbeiten und abends grillen.
Für ein wenig Inspiration habe ich dann noch mal bei der Konkurrenz nachgelesen, was Schulz von Thun über Störungen und Klärungen schreibt. Dabei stieß ich auf einen Aspekt, den ich im Prinzip wusste, aber überhaupt nicht parat hatte: Er nennt das Kapitel: „Sprachliche Hilfsmittel zur Selbstverbergung“ und zählt einige besonders beliebte auf. Und danach sind zum Beispiel Du-Botschaften vermiedene Ich-Botschaften (wir werden im Seminar üben, sie zu übersetzen). Sie zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass mein eigener Ich-Zustand im Verborgenen bleibt. Gern übrigens auch vor mir selber… Wenn ich so richtig schön mit Du-Botschaften unterwegs bin, weiß ich oft nicht, wie es mir eigentlich gerade geht. Heute Abend war ich wieder beim Bridgespielen und habe so schöne Du-Botschaften gehört – am liebsten hätte ich sie mitgeschrieben.

Da das gerade nicht ging, habe ich eine Bitte an Euch!
Gibt es eine Du-Botschaft, die Ihr wiederkehrend benutzen möchtet? Zum Beispiel: Nie bist du pünktlich! Her damit! Gibt es eine Du-Botschaft, die Ihr besonders schwer hören könnt? Zum Beispiel: Du bist ja immer so schwer zu erreichen… Her damit! Ich hätte gern für das Seminar Beispiele aus dem wahren Leben. Und nur Beispiele aus meinem Leben haben eben auch eine Färbung, die speziell mit meinem recht groß gerateten Kritik-Ohr etwas zu tun hat. Das ist doch auf Dauer langweilig…

Zur Belohnung noch schnell ein paar weitere Selbstverbergungsstrategien: „Man“-Sätze, „Wir“-Sätze (wie geht es uns denn heute?…), Fragen (wieso hast du dir dieses Kleid gekauft?), die Verwendung von „es“ (es war langweilig), demonstrative Selbstverkleinerung (ich hab von der Materie keine Ahnung), und mangelnde Kongruenz, Authentizität. Dazu gehören gespielter Gleichmut, aufgesetzte Freundlichkeit, vermeintliches „Da steh ich drüber“. Leute, runter mit dem Tarnanzug! Nichts ist schöner als echte Verbindung!

So long!

Ysabelle

Der schießt auf mein Tor!

Hallo, Welt!

Ein Wort, das mir in den vergangenen Jahren sehr ans Herz gewachsen ist, lautet „Ichbezogenheit“. Und damit meine ich etwas ganz anderes als Egoismus. Jemand, den wir mit dem Etikett „Egoist“ bedenken, wird von Wikipedia wie folgt beschrieben:

Egoismus (griechisch /lateinisch ego ‚ich‘) bedeutet „Eigennützigkeit“. Das Duden-Fremdwörterbuch beschreibt Egoismus als „Ich-Bezogenheit“, „Ich-Sucht“, „Selbstsucht“, „Eigenliebe“.
Egoismen (Plural) sind demnach Handlungsweisen, bei denen einzig der Handelnde selbst die Handlungsmaxime bestimmt. Dabei haben diese Handlungen zumeist uneingeschränkt den eigenen Vorteil des Handelnden zum Zweck.

Mir geht es darum, dass jemand/ich die Handlungen, Unterlassungen oder Aussagen anderer Menschen mit sich, mit seinem eigenen Verhalten oder seinen eigenen Werten in Beziehung setzt. Stets, immer, ständig. Gabriel ruft mich nicht an, weil er sich über mich geärgert hat.
In den letzten Tagen prasselten eine Fülle von Beispielen auf mich herab, ein guter Grund, dazu ein paar Worte zu verlieren.

In einer Erziehung, in der das Kind dafür verantwortlich gemacht wird, das Mutti traurig ist und Papa ärgerlich, fühlt sich das Kind auf ungesunde Weise als Nabel der Welt. Es ist allmächtig, denn es kann die Gefühle von Mama und Papa beeinflussen. Aber mehr als das, es ist auch dafür verantwortlich… Was für ein leise träufelndes Gift!

Im Zusammenhang mit dem Trauerfall in unserer Familie hörte ich von einem Mann eine kleine Geschichte.
Sein Schwiegersohn hatte ein Gespräch mit Dritten über eine Erb-Auseinandersetzung. In diesem Gespräch sagte er zu der dritten Person: „Aber ein Anrecht auf den Pflichtteil hast du doch immer!“ Diese Aussage hat den Mann so sehr erschreckt, dass er fortan den Kontakt mit seinem Schwiegersohn auf ein Minimum beschränkte. Seine Befürchtung war, dass er nach dem Tod seiner Ehefrau das gemeinsam bewohnte Häuschen würde verkaufen müssen, um Tochter und Schwiegersohn auszuzahlen. Angesprochen hat er seine Angst den beiden gegenüber nicht. Allein, das Verhältnis war zerrüttet.

In einem Gespräch zwischen Mutter und Tochter hörte ich dieser Tage, wie die Tochter sich beschwerte: „Immer kritisierst du an mir rum! Ich komme gut allein klar, ich bin nicht mehr 17, sondern 37!“ Die Mutter war völlig konsterniert. Sie sah ihr Verhalten keineswegs als Kritik. „Ich habe große Hochachtung vor dem, was du alles auf die Beine stellst. Aber ich bin auch in Sorge, weil du dir keine Pause gönnst! Wie kann ich meine Sorge denn ausdrücken, ohne dass sie bei dir als Kritik ankommt?“

Und in einem dritten Fall ging es um ein Paar, das eine Verabredung fürs Kino miteinander hatte. Als sie ihn sehr gehetzt von der Arbeit abholte und berichtete, was ihr alles am Tag widerfahren war und welche Erledigungen noch zu machen waren, „hörte“ er, aufgrund der Belastung könne der geplante Kinoabend nicht stattfinden. Als er dann voller Schmerz zurückfragte: „Heißt das, wir gehen nicht ins Kino?“, war sie wiederum total enttäuscht und frustriert, dass ihr Committment, den Abend zusammen zu verbringen, anscheinend in Frage gestellt wurde. Wo sie doch gerade so große Anstrengungen unternommen hatte, damit sie gemeinsam ein paar unbeschwerte Stunden verbringen konnten…

Ich habe noch ein eigenes Beispiel beizusteuern.
Gestern war ich bei meiner Mutter. Mit dem Mann vom Beerdigungsinstitut haben wir die Details für die Trauerfeier festgelegt. Meine Mutter wird ja nach einer schweren Erkrankung per Sonde ernährt, weil sie nicht mehr kauen und nur mühsam schlucken kann. Da ich mir Sorgen mache, dass sie in diesen Tagen völlig vom Fleisch fällt, brachte ich ihr einen frischen Green Smoothie mit. Ihre Reaktion schockte mich. Da kam ein Wortschwall, wie widerlich diese grüne Pampe sei, und wenn sie nur auf die Flasche schaue, müsse sie schon kotzen…
Uff. Das konnte ich schwer hören. Es dauerte mehrere Stunden, bis es mir gelang, den Stachel der Abwertung meiner Person und meines schönen Bemühens aus diesen Worten zu entfernen und sie als das zu hören, was sie sind: Mein Gegenüber sagt einfach nur: Ich bin im Schmerz, denn ich habe ein brennendes unerfülltes Bedürfnis. Und DAS hat gerade mal nichts mit mir zu tun.

in unserem Leben begegnen uns immer wieder Menschen, die mit ihrem Verhalten oder ihren Aussagen genau auf unsere wunden Stellen treffen. Sagt jemand etwas, das uns nicht tangiert, bleiben wir ganz gelassen. Trifft uns aber eine Aussage, ist das ein Indiz dafür, dass wir, um mal ins Fußballer-Deutsch zu verfallen, unseren Kasten nicht sauber halten. Louise Hay beschreibt es in einem ihrer Bücher so nett: Wir würden uns mit Sicherheit nicht angesprochen fühlen, wenn jemand ständig zu uns sagen würde, „du bist eine lila Kuh, du bist eine lila Kuh.“. Aber wenn jemand sagt, „du bist schon wieder zu spät“, gehen wir ab wie „Schmidts Katze“. Wir hören, wir hätten etwas falsch gemacht, bei uns kommt nur Tadel und Unmut an. Wir beziehen die Reaktion unseres Gegenübers auf uns. Mit mir ist was falsch, weil ich meiner Mutter einen Green Smoothie mitgebracht habe… Nein, Freunde der Gewaltfreien Kommunikation! Meine Mutter hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie ein brennendes unerfülltes Bedürfnis hat. Und es gibt keine Veranlassung, daraus einen Schuh zu machen und ihn mir anzuziehen. Es reicht vollkommen, wenn ich die Dornenranke sanft von meinem Pulli pflücke und mir ins Bewusstsein rufe: Meine Ich-Bezogenheit wird in den Hintergrund treten. Ihre Aussage hat nichts mit mir zu tun. Mein Gegenüber teilt mir lediglich etwas über seinen Seelenzustand mit. Kein Grund, das auf dem Kritikohr zu hören! Stattdessen kann ich mich auf zwei Dinge besinnen: Zum einen kann ich mich fragen: Was löst das bei mir aus, wenn ich das höre? Und zum zweiten: Was ist in meinem Gegenüber lebendig, wenn er auf diese Weise reagiert? Alles kein Grund, auf den anderen einzuschlagen. Ich suche die Verbindung mit mir (hey, warum war das ein „Autsch“?), und danach bin ich frei, die Verbindung zum anderen herzustellen. Kein Ball im Tor, just am Seitenpfosten vorbei…

So long!

Ysabelle

Mein erstes Mal

Hallo, Welt!

Heute hat meine erste echte Mediationssitzung stattgefunden. Und die beiden Menschen werden wieder kommen. Ein Konflikt, der länger als zehn Jahre schwelt, lässt sich nicht in 90 Minuten auflösen. Falls diese Mediation gelingt, also zu einem Ergebnis führt, mit dem beide Seiten gut leben können, war das ein superschöner Auftakt. Beide haben Interesse daran, das Verhältnis zu klären. Beide sind bereit, sich ein wenig führen zu lassen. Damit meine ich: Ich darf sie unterbrechen. Sie lassen sich gegenseitig ziemlich aussprechen. Und zum Teil reden sie sogar schon miteinander. Zum Ende habe ich gefragt, ob denn schon alles auf dem Tisch sei, was es braucht, um den Konflikt zu lösen. Hm. Anscheinend noch nicht. Aber wir haben schon mal ein paar Bedürfnisse gesammelt. Von beiden Konfliktparteien hat es warme Wertschätzung für die Gestaltung und den Ablauf gegeben. Sie lobten den ansprechenden Seminarraum, sogar das Gäste-WC (!). „Es war mehr als ich erwartet habe“, meinte die Ältere zum Schluss.

Fasziniert hat mich, dass beide nicht die Frage beantworten konnten: „Wie geht es Ihnen, wenn Sie das hören? Von beiden kamen Erklärungen, Geschichten, wie es damals mal war oder ähnliches, aber nichts in Richtung Befindlichkeit. Leute, sind wir denn alle so sehr abgeschnitten von uns uns unserer Lebendigkeit, dass wir nicht einmal erkennen, was wir fühlen?
Insgesamt ist es ganz schön anstrengend. Also, zwei derartige Sitzungen an einem Tag traue ich mir im Moment noch nicht zu. Zum einen fehlt mir ja aber auch noch die Routine. Zum zweiten bin ich im Augenblick sowieso ziemlich erschöpft. Mir fehlen Erholung und Schlaf. Jetzt ist es halb zwei. Nachdem die Medianten um kurz nach zwölf gegangen waren, habe ich selbst schnell ein bisschen Obst und Gemüse eingekauft, den Seminarraum aufgeklart, das Geschirr abgeräumt und eben eine Runde Smoothies gerührt. Heute mit den Blättern von Mairübchen, einer Drittel Gurke, einigen Aprikosen, ganz viel Petersilie, einem Apfel, zwei Bananen und ein paar Erdbeeren. Eine Flasche voll will ich meiner Mutter mitnehmen, die ja per Sonde ernährt wird. Vielleicht hat sie Lust auf etwas Frisches. Und trinken kann sie ja. Ach ja, die Betten sind auch schon bezogen, heute Morgen um halb neun. Die Wäsche tummelt schon im Trockner. Ich bin sehr froh über die Idee, das Work-Life-Balance-Büchlein zu führen. Es hilft mir anzuerkennen, dass ich wirklich etwas tue und meine Zeit sinnvoll verbringe. Was für eine Mitgift, die ich da herumschleppe… Nur „Arbeit“ zählt. Na, wäre ja auch langweilig, wenn ich mit 55 an mir kein Wachstumspotenzial mehr ausmachen könnte…

So long!

Ysabelle

Schlüsselunterscheidungen, mal wieder.

Hallo, Welt!

Heute habe ich das zweite Mal eine Unterrichtseinheit zum Thema Schlüsselunterscheidungen gegeben. Könnt Ihr das lesen? Es ist ein Zitat von Garri Kasparow, dem früheren Schachweltmeister, der etwas über erfolgreiche und katastrophale Strategien sagt. Ausgangspunkt war eine Diskussion, warum einige Teilnehmer des Projekts einen Vortrag halten sollen. Das Halten eines Vortrags war in diesem Fall eine Strategie, die Bedürfnisse, die damit erfüllt werden sollten, waren Wachstum und Lernen. uiuiuiuiuiiiiiii…. das sahen einige Leute aber ganz anders. Ich hatte geglaubt, wenn ich nur den Unterschied zwischen Bedürfnis und Strategie erläutere, wird klar, dass sie eine andere Strategie vorschlagen können, die ebenfalls Bedürfnisse nach Lernen und Wachstum erfüllt. Aber bei einigen Teilnehmern kam das ganz anders an. Die rede war von Zwang und Druck und anderen interessanten Gedanken.

Wenn ich diese Argumente höre, werde ich ganz müde. Ich bin doch nicht der Entertainer, der zur Unterhaltung der Teilnehmer abgestellt ist. Ich mache Angebote, und ich bin offen für andere Vorschläge. Die Idee lautet aber nicht, ich will das nicht, und das auch nicht, und das auch nicht, und eigentlich will ich gar nichts… Ich will hier einfach nur sitzen… so viel Loriot vertrage ich nicht an einem Tag. Leute, Arsch hoch und auf die Beine! Raus aus der Komfortzone! Gelernt wird in aller Regel nicht da, wo es kuschelig ist. Gelernt wird da, wo meine eingefahrenen Strategien nicht greifen. Gelernt wird da, wo es piekt. Ich will bestimmt niemanden in Panik versetzen mit einer Aufgabe, die den einzelnen in einer Weise belastet, dass er oder sie nicht mehr klar denken kann. Aber ein bisschen Gehirnschmalz darf schon investiert werden. Wozu gehe ich sonst in so ein Projekt?

Ach, Leute! Wie sehr liebe ich heute die unendlichen Open-Space-Sitzungen von GfK’lern! Wenigstens sagen die Leute, was sie wollen, und sie stehen für ihre eigenen Vorschläge ein. Aber diese Haltung des Schweigens und Totstellens finde ich einfach lähmend und zutiefst frustrierend.

Für heute hatte ich genug.

-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.

Nachsatz:
… Mein Vater ist heute Nachmittag friedlich eingeschlafen. Ich bin froh, dass ich ihn Montag noch gesehen habe, dass wir ein gutes Gespräch hatten. Und ich bin dankbar, dass ihm Hospiz und Palliativstation erspart bleiben. Er ist ein bescheidener Mann. Ich werde ihn vermissen. Er gehört zu den Menschen in meinem Leben, die mir wirklich immer nur Gutes wollten. Ich bin dankbar, dass Du in meinem Leben eine wichtige Rolle übernommen hast.

So long, Daddy…

Ysabelle

Der Tod schleicht sich an

Hallo, Welt!
Die vergangenen 14 Tage waren sehr anstrengend. Urlaubsvertretung in dem Arbeitslosenprojekt, Vertretung in der Übungsgruppe in Hamburg, Unterrichtsvorbereitung, vergangenen Samstag eine sehr schöne Grillparty hier im Haus, Vorbereitung für das „Gewaltfrei-filzen“-Seminar in der kommenden Woche. Da erreichte mich die Nachricht, dass mein (Stief)-Vater im Krankenhaus liegt. Gestern war ich dort und habe während des Besuchs und im Nachhinein der Höheren Macht gedankt, dass ich in den vergangenen Jahren so viel über das Wesen der Empathie lernen durfte. Es tat so gut, mich selbst immer wieder „leer“ zu machen und einfach nur aufnahmefähig für das zu sein, was er ausdrücken wollte. Selbst die Botschaft meiner Mutter, „es ist alles in Ordnung, du brauchst dir keine Gedanken zu machen“ konnte nicht ankommen bei ihm. Er war gar nicht auf diesem Gleis unterwegs. Und sie war auch nicht bei IHM, sondern bei dem, was sie ihm gern mit auf den Weg geben wollte, denn die Ärzte haben unmissverständlich gesagt, dass es für diese Krankheit keine Heilung gibt.

Empathie! Wir alle brauchen einfach nur Empathie! Als zwei Ärzte an seinem Bett standen und Dinge über seine Krankheit und das weitere Vorgehen (Palliativstation oder Hospiz?) besprachen, konnte er aufgrund seiner Schwerhörigkeit nicht folgen. Ich habe die Ärzte unterbrochen, seine Hände genommen und ihn gefragt: Ist bei Dir angekommen, was die Ärzte gesagt haben? „Nein“, sagte er. Und ich habe noch einmal langsam übersetzt. Von den drei anderen hat zu meinem großen Schmerz niemand realisiert, dass er, um den es doch eigentlich ging, abgehängt war. Als höflicher und bescheidener Mensch wollte er nicht unterbrechen, versuchte sich aus Wortfetzen und Mimik ein Bild zu machen. Niemand ist mit seiner/ihrer Aufmerksamkeit ganz bei ihm, alle sind mit eigenen Dingen, Sorgen, Befürchtungen, Diagnosen, Angelegenheiten beschäftigt. Das finde ich sehr schmerzvoll zu erleben. Leute, bitte lernt Empathie! es ist das kostbarste Geschenk, das wir einander machen können.

Ich gehe gleich mit einer Freundin frühstücken und ich bin sicher: Auch für mich wird es dabei ein Stück Empathie geben.

So long!

Ysabelle

Giraffensaft

Hallo, Welt!
Nach der Übungsgruppe am Dienstag hatte ich einen Teilnehmer gebeten, mir eine Rückmeldung zu geben. Er hat sie heute Nacht geschrieben und ich fand sie heute als Morgengruß um 5.45 Uhr. Schöner kann man nicht wach werden! In schönstem GfK hat der Teilnehmer einen riesigen Becher Giraffensaft eingeschenkt „and it feels damn good!“
Unter anderem heißt es (anonymisiert) in der Mail:

Etwas schwärmerisch formuliert gehöre ich zu der Fraktion derjenigen, die glauben, dass du auf alle möglichen Situationen / Konstellationen ein vorbereitetes Paket aus einer deiner Mappen ziehen kannst. Im Ernst halte ich das für eine echtes Plus, das für Aufmerksamkeit und Spannung sorgt. Was (mir) viel bedeutet in so einer Phase.

Schön war, dass die Anliegen von A, B und C, das Anliegen von D, auch meins auf eine selbstredende Art einen Einstieg gefunden haben um dann weiter ausgebreitet zu werden. Gut gefallen hat mir auch, dass wir alle leicht mitarbeiten konnten / die Aufmerksamkeit von allen über lange Zeit hoch war, was mit dieser Form der Übung zusammenhing.

Richtig warm ums Herz geworden ist es mir bei der Anliegenarbeit von C. Ich hatte am Anfang den Eindruck, dass jetzt hier etwas _gefixt_ werden sollte. Und mir war kurzzeitig auch unklar, ob du die Zeit im Blick hattest (wenn ja, dann passte das perfekt), aber dann kam auf dein vorsichtiges wie stetiges Insistieren hin doch noch ein Durchbruch, an den ich (auch) jetzt gerne erinnere.

Liebe Freunde der Gewaltfreien Kommunikation, ich bin so berührt, beschenkt, dankbar für diese Rückmeldung und auch mir selbst, dass ich gewagt habe, darum zu bitten. Oh, sie erfüllt mein Bedürfnis nach Klarheit, nach Wertschätzung, nach Gesehen werden, Verbindung, unterstützender Gemeinschaft, Wärme, Respekt und Wachstum.

Im Augenblick erfahre ich aus verschiedenen Ecken ganz viel (unerwartete) Wertschätzung. So habe ich gestern mit einem Freund Mittag gegessen, der voller Wärme unsere Verbindung feiern konnte. „Ich möchte unsere Beziehung wertschätzen“. Und dann hatte ich vor einer halben Stunde einen Anruf, ob ich mir vorstellen könne, Mitte August in der kleinen Stadt XY die Urlaubsvertretung in einem Projekt zu übernehmen für sieben Tage… Zumindest einige Leute scheinen zufrieden mit dem zu sein, was ich tue!
Ich bin so erfüllt von Dankbarkeit und Freude! Dinge geschehen. Ich brauche nur einfach jeden Tag mein Bestes zu geben. Meine Freundin Hilke, mit der ich demnächst den coolen Filz-Workshop geben werde, sagte im Mai, „und es ist faszinierend, wie das alles einfach auf dich zukommt…“. Und genau so erlebe ich es auch. Ich stehe hier mit offenen Händen und Dinge geschehen. *D*A*N*K*E*

So long!
Ysabelle

Selbst + Wert = Gefühl?

Hallo, Welt!
Gestern Abend habe ich wieder vertretungsweise eine Übungsgruppe geleitet. Zu meinem Erstaunen waren wir zu siebt. Ich nehme das als Zeichen von Wertschätzung und *öhöm* Kompetenz. Wenn ich das gar nicht hinkriegen würde, kämen die Leute wohl nicht wieder. Also: Wenn das eine Abstimmung mit den Füßen ist, bin ich mit dem Ergebnis zufrieden.
Mit großer Begeisterung habe ich zu Beginn meine neueste Errungenschaft geteilt: Eine Klangdusche mit einem ganz wunderbaren Klangspiel, das ich mir zum Geburtstag geschenkt habe. Dabei hatte ich die Fantasie, dass es die Leute ganz doof finden, dass ich da auf dem Stuhl sitze und „pling-plang“ mache.
Und dann sind wir ins Arbeiten gekommen. Es stellte sich heraus, dass die Teilnehmer Säcke voller Anliegen dabei hatten: Ein super-anstrengendes Wochenende mit den Kindern, Stress mit den Behörden, Verliebung als Strategie oder Bedürfnis, plötzlicher Verlust der Giraffenohren… Beim Zuhören dachte ich, „Oh, Shit, wie sollst du diese ganzen dicken Anliegen denn unter einen Hut kriegen – in zwei Stunden…?“

Wir haben mit den großen Bedürfniskarten gespielt. Die Teilnehmer haben ihren Bedürfnissen nachgespürt, sie sortiert, gewichtet. Und dann haben sie sich gegenseitig ihre unerfüllten Bedürfnisse benannt und zum Teil nach Strategien gesucht, um sie zu erfüllen. Ich hatte zwischendurch immer den Gedanken, ich müsse doch jetzt irgendetwas Schlaues tun. Aber mir fiel nichts „Schlaues“ ein, und so begnügte ich mich damit, diesem Impuls nachzuspüren. Beitragen war eines der dringendsten Bedürfnisse. Es kamen Impulse, Dinge in Ordnung bringen zu wollen oder mithilfe einer Geschichte Fingerzeige zu geben, was man denn jetzt tun könnte. Mein innerer Gut-Achter war der Ansicht, als TvD (Trainer vom Dienst) müsse ich irgendwelche genialen Wendungen finden, damit die Probleme aller Leute im Handumdrehen gelöst seien. In solchen Aufwallungen habe ich versucht, mir kurz Einfühlung zu geben, um dann wieder für die Teilnehmer präsent zu sein. Meist ist das auch gut gelungen.
Nach zwei Stunden kam es einigermaßen organisch zum Ende. Und zu meinem Erstaunen hörte ich von mehreren, wie hilfreich und bereichernd sie den Übungsabend erlebt haben. „So tiefe Arbeiten“ seien das gewesen, es wurde „mehr Klarheit“ und „Verstehen“ gefeiert und auch die eine oder andere entdeckte Strategie noch mal benannt. Für eine Giraffen-Hotline wurden Telefonnummern ausgetauscht. Und nach dem Abschluss kamen drei Menschen und fragten, wo man das Klangspiel kaufen kann, das ihnen so gut gefallen hätte…
Das, was in meinem Kopf an Warnungen gesendet wurde, hatte anscheinend nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Die Teilnehmer äußerten Zufriedenheit, das Klangspiel hatte ihnen gefallen, was will man mehr? Nach wie vor ist es für mich eine anspruchsvolle spirituelle Übung, mich selbst wahrzunehmen und mich zu erinnern, dass mein Wert als Mensch inhärent ist, von der Höheren Macht als Geburtsrecht geschenkt. Und dann ist das Gefühl nicht mehr Unsicherheit, Angst und Scham, sondern Leichtigkeit, Freude und Kraft.

So long!

Ysabelle

Gelbe Warnlampe

Hallo, Welt!
Am Wochenende ist auch Bügel-Zeit. Dank einer grandiosen Bügelstation ging mir der Stapel mit vier Hosen und dutzenden Shirts flott von der Hand. Ich genieße es, beim Bügeln DVD’s von Marshall zu gucken. Aktuell habe ich einen Workshop in Arbeit, in dem es um GfK und Kinder geht. Also, im Grunde ist das nur ein Titel, der Inhalt des Videos hat nicht so richtig viel mit Kindern zu tun. Aber es gibt eine tolle Passage, in der Marshall einer Mutter demonstriert, was es mit Empathie auf sich hat. Überhaupt geht es viel um Empathie. Marshall gibt auch für alle eine Übungssituation vor: Stell dir vor, du isst mit jemandem zum Mittag, der erst vor kurzer Zeit nach Deutschland eingewandert ist. Und er sagt: Ich begreife nicht, wie ihr jemanden wie Tony Blair zum Premierminister wählen konntet!
Nun gebe dieser Person Einfühlung.

Schon lustig, was da im ersten Anlauf als „Empathie“ formuliert wird. Ich vergesse zwischendurch immer wieder, wie schwierig Empathie gerade für Newcomer ist… Einige Teilnehmer bieten prompt als erstes an, dass Blair nicht deutscher Preminierminister sei, sondern englischer. Hier mahnt Marshall: „First (give) empathy, then correction“, das von mir so geschätzte „Erst Einfühlung, dann Belehrung!“. Mehr Wohlwollen von Marshall fand jemand, der fragte: Bist du besorgt, weil Blair nicht genug für deine Sicherheit tut? Aber der Meister wies dann darauf hin, dass das eine fiese Falle ist, in die Babygiraffen nur zu leicht tappen. Bist du frustriert, weil ich…? Oh, nein! Ich bin frustriert, weil mein Bedürfnis nach XY nicht erfüllt ist! Ein weiteres Angebot bezog sich nur auf Gefühle. Bist du ärgerlich? Und Marshall erläutert: Verbinde immer das Gefühl mit dem Bedürfnis! Sonst ist es wie beim gelben Licht auf dem Armaturenbrett im Auto. Dann kannst du auch mit dem Wagen reden: Bist du in Not? Kann es sein, dass dir was fehlt? Ja! sagt das Auto. Sieh doch die gelbe Warnlampe! Aber erst wenn wir fragen, brauchst du Benzin?, dann kommt die Erlösung. Ja, genau das ist es, was mir fehlt! Und dann kann aus der Empathie etwas Heilsames erwachsen. In diesem Fall vermutlich ein Besuch bei einer Tankstelle…

So long!

Ysabelle

Und immer wieder: Verbindung…

Hallo, Welt!
Vor ein paar Wochen hatte ich einige Leute gebeten, ob ich mich ihrer Übungsgruppe anschließen dürfe. Just zu meinem Geburtstag kam die Absage. Man brauche einen geschützten Raum zum Üben und Lernen, ein erfahrener GfK’ler störe da nur (frei übersetzt).
Ich habe eine Woche gebraucht, um diese Mail lesen zu können und mich mit den wunderbaren Absichten hinter dieser Nachricht zu verbinden. Ich habe dann schwer darum zu ringen, nichts „falsch gemacht“ zu haben, oder, schlimmer noch, falsch zu sein. Und da grüßt sie schon wieder, die Scham! Es dauert jedenfalls immer ein bisschen, bis ich aus diesem Loch herausgekrabbelt bin. Die Absage wirkte auf mich wie eine Tür, die ins Schloss fällt, auch noch feste von innen zugehalten wird. Und beim Bebrüten der Nachricht ist mir klargeworden, dass nicht die Absage an sich am meisten schmerzt. Es kann ja viele gute Gründe geben, warum man in der bisherigen Konstellation weiter machen möchte. Was so schwierig ist, ist dass es keine Verbindung gibt. Heute erkläre ich den Satz:
„Wie geht es dir damit?“
für den wichtigsten in der deutschen Sprache. Denn er – aus dem Herzen gesprochen – besagt: Du bist mir wichtig. Deine Bedürfnisse sind mir nicht egal. Er versüßt das Nein, indem ein JA zur Verbindung bleibt. Beim Nachdenken über diese Zusammenhänge komme ich mit einer tiefen Traurigkeit in Kontakt. Wie sehr hat mir das in meinem Leben gefehlt, die Schleife vom „Was brauche ich UND was brauchst du? Wie geht es mir UND wie geht es dir?“ Wenn keine Verbindung besteht, spüre ich schnell eine tiefe Not, einen Schmerz, eine Verzweiflung, die mit Sicherheit ihren Ursprung nicht in 2012 hat sondern eher 1960. Und da war „kein Kontakt“ auch immer mit akuter Lebensgefahr verbunden. Meine schwer kranke Mutter war damals oft wie betäubt, nicht ansprechbar, und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie angstbesetzt das war, wenn sie sich nicht bewegte, kein Lebenszeichen von sich gab.

Ich habe ein paar Freunde, die ich nur selten sehe oder spreche. Einer lebt nahe München. Manchmal hören wir ein halbes Jahr nichts voneinander. Aber ich habe keine Angst, dass unsere Beziehung darunter leidet. Sie ist gesetzt. Da hat es einmal ein Erlebnis gegeben, wo dieser Mann in einer Situation für mich da war, in der ich wahrscheinlich eher nicht ans Telefon gegangen wäre. Und wenn ich in den vergangenen zehn Jahren Angst um die Stabilität der Beziehung hatte, erinnerte ich mich an diese Situation und konnte mich wieder entspannen. Auch meinen Freund Helmuth sehe und höre ich nur alle Jubeljahre. Und gleichzeitig weiß ich: Wenn bei mir die Hütte brennt, ihn kann ich immer anrufen, mich zumuten. Erfreulicherweise geht es mir auch mit meiner Freundin Tabasco so. Gerade neulich habe ich sie überfallen: Kann ich Morgen Nacht bei dir schlafen? Hurra, das klappt! Und dann gibt es Menschen, die tauchen einfach unter, sind weg, so unerreichbar als lebten sie auf Beteigeuze. Selbst wenn ich sie anrufe, bekomme ich keinen Kontakt, selbst wenn sie auf eine SMS antworten, gibt es keine Verbindung. *kreisch* . Das macht was mit mir!
Bei Helmuth, Tabasco, Berliner Freunden und einigen anderen Menschen habe ich den Eindruck, die Tür zu ihnen ist immer auf, auch wenn wir nichts voneinander hören. Bei anderen habe ich den Eindruck, die Tür ist fest verrammelt. In meinem Gehirn rappelt es gerade: Was ist die Beobachtung dazu? Vielleicht, wenn Anfragen nicht oder nur einsilbig beantwortet werden. Wenn es auf der anderen Seite (gerade in diesem Moment) keine Offenheit gibt, aber eben auch keine Verbindung. Also: Wenn der andere nichts von sich preisgibt: Warum ist es gerade so mit mir? Ich will dir ermöglichen, das zu verstehen. Ich erlebe das als Bedrohung, und fast bin ich wieder das kleine Mädchen, das sagt, Mami, mach doch mal die Augen auf…
Heute ist es nicht einmal mehr meine Lieblingsstrategie, gerade von diesen „verschlossenen“ Menschen gesehen und gehört zu werden. Es ist eine erprobte Strategie, vermutlich ein verzweifelter Versuch, die Wunden der Kindheit zu heilen. Aber statt mich an Menschen abzuarbeiten, mit denen ich keine verlässliche Verbindung, keine offene Tür etablieren kann, habe ich heute die Wahl, mich dorthin zu wenden, wo es für mich immer einen Platz gibt. Es fällt mir nur an manchen Tagen so schwer, daran zu glauben…

So long!
Ysabelle

Kraut & Rüben (15)

Hallo, Welt!
Eben habe ich wieder mal etwas für Gesundheit und Wohlbefinden getan. Bitte nicht von der Beobachtung auf den Geschmack schließen. Der „Green Smoothie“ des heutigen Samstags besteht aus einer halben Salatgurke, je zwei Nektarinen, Äpfeln und Bananen und sechs sehr großen Wirsingkohl-Blättern. Ich vermisse die leichte Petersilien-Note der vergangenen Woche. Na, Morgen wieder…

Mein Laminiergerät hat sich verabschiedet. Das zweite innerhalb eines Jahres. Ich bin gefrustet. Statt glänzender Folien mit putzigen Bildern drin kommen Zieharmonikas raus, die Florian Silbereisen alle Ehre machen würden. Schade, dabei war ich grad so schön in Schwung, 60 Folien für ein neues Kennenlernspiel zu braten. Nachts um halb 2 trat dann das Gerät in Streik. Ich habe bei der Firma, bei der ich gekauft habe, angefragt, ob sie einen Tipp für mich haben, oder bereit wären, das Gerät zurückzunehmen, aber leider hat noch keiner geantwortet. Nun gut. Ich kann meinen Blick auf den Mangel richten (Laminiergerät kaputt), oder auf den Reichtum. Heute also ein verschärfter Blick auf all den Reichtum, der in dieser Woche zu mir gekommen ist.

Mittwoch wurden die Geburtstagsgeschenke meiner Eltern geliefert. Ein unglaublicher Profi-Drucker sowie ein grandioser Laptop. Whow, ich springe hier hin und her und freue mich! Donnerstag habe ich dann erstmals Seminar-Handouts doppelseitig bedruckt, gelocht und beringt, so dass ich nun zunächst über 12 Handouts verfüge. Das hat mich allein 2 Stunden gekostet, denn dieses Doppelseitige auf vorgedrucktem Briefpapier brachte einiges an Versuch und Irrtum mit sich. Gleichzeitig ist mir klargeworden, dass ich in den kommenden Monaten noch hunderte Dokumente konvertieren muss von Indesign auf PDF. Sonst sind sie für mich verloren. Wie hieß der Typ, der immer einen Stein einen Berg hinaufrollen musste? Sisyphos.

„Und weiter sah ich den Sisyphos in gewaltigen Schmerzen: wie er mit beiden Armen einen Felsblock, einen ungeheuren, fortschaffen wollte. Ja, und mit Händen und Füßen stemmend, stieß er den Block hinauf auf einen Hügel. Doch wenn er ihn über die Kuppe werfen wollte, so drehte ihn das Übergewicht zurück: von neuem rollte dann der Block, der schamlose, ins Feld hinunter. Er aber stieß ihn immer wieder zurück, sich anspannend, und es rann der Schweiß ihm von den Gliedern, und der Staub erhob sich über sein Haupt hinaus.“
– Homer: Odyssee 11. Gesang, 593–600. Übersetzung Wolfgang Schadewaldt

Irgendwie nimmt die Arbeit nie ein Ende.
Meine Aufzeichnungen bezüglich meiner Work-Life-Balance erfüllen mein Herz nicht mit Freude. Ich werde mit allerlei Glaubenssätzen in Bezug auf die Arbeit konfrontiert. Arbeiten, die ich früher nach der Arbeit gemacht habe, zählen nicht als Arbeit. Wa? Also: Waschen, Bügeln, Kochen, Putzen – das ist alles keine Arbeit, weil ich das ja früher nach oder vor oder neben der Arbeit gemacht habe, oder zusätzlich zur Arbeit. Hm. Wie sagt meine Freundin Byron Katie? Ist das wirklich wahr?
Nein, ist es nicht. Fühlt sich aber so an. Also: Das Gefühl ist Scham. Ach… da ist sie ja wieder…

Mittlerweile nimmt auch das Thema „Mediation“ in meiner Aufmerksamkeit einen größeren Raum ein. Zum einen bat mich eine Kollegin, die schon seit zehn Jahren mediiert, um eine Intervision (eigentlich wollte sie Supervision, aber darin fühle ich mich nicht fit. Ja…. ich weiß… kein Gefühl. Gefühl ist unsicher, besorgt, zögerlich). Es könnte sein, dass sich aus dieser Angelegenheit ein Auftrag für ein Kommunikationstraining in einer Firma ergibt. Zum anderen bin ich angefragt, in einer Familiensache zu mediiieren. das klingt spannend für mich.

Dankbar bin ich heute vor allem für die Unterstützung, die ich durch meine Eltern erfahren durfte. Dankbar bin ich auch für eine Rückmeldung, die ich gestern in einem Telefonat bekam. Eine GfK-Freundin hatte eigentlich „nur“ Kontakt halten wollen, und daraus wurde ganz unvermutet eine Anliegen-Arbeit am Telefon. Das Ergebnis war für die Freundin so beglückend, dass sie sich anschließend ganz erfrischt, belebt und gestärkt wahrnahm. „Eigentlich brauche ich gar keinen Urlaub mehr…“. Das sind doch wunderbare Worte, oder? Dankbar bin ich auch für mein schönes Zuhause und für die Gesichtsmassage, die mir gestern zuteil wurde. Nach wie vor ist es schwer für mich, mir schöne Dinge zu gönnen oder sie zuzulassen. Seit einem halben Jahr liegt ein Verwöhngutschein für ein Hamburger Kosmetikhaus in meiner Schublade. Es gab noch nicht mal den Gedanken, ihn einzulösen…
Ich bin meiner Partnerin in der Übungsgruppe dankbar, dass sie mich heute formvollendet davon entbunden hat, zu ihrer Feier zu kommen. Ich nehme mich dermaßen unter Druck wahr, dass ich wahrscheinlich nur mit Bauchschmerzen dort gesessen hätte. Ich bin Christel und meinem Freund Helmuth dankbar, die den Eindruck hatten, ich bräuchte Unterstützung, und die mich einfach angerufen haben. Wie bereichernd! Das erfüllt meine Bedürfnisse nach Gesehen und Gehört werden, nach Empathie, Gemeinschaft und Vertrauen. Ich bin auch dankbar dafür, dass ich ab Montag wieder in Heide zum Einsatz komme. Zwei Wochen Giraffenohren-Urlaubsvertretung – ich freu mich!
So sieht’s aus. Und was ist bei Euch los?

So long!
Ysabelle

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