Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Norwegen und die Frage der Schuld

Hallo, Welt!

Heute stolperte ich über ein Zitat des Dichters Khalil Gibran.

Und noch ein Wort, wenngleich es schwer auf euren Herzen lasten wird: Der Ermordete ist an seiner eigenen Ermordung nicht unschuldig. Der Beraubte wird nicht ohne Mitschuld beraubt.
Der Rechtschaffene stets auch ein wenig der Komplize des Übeltäters. Und nur weil unsere Hände sauber sind, dürfen wir uns doch nicht rühmen, keine Schuld an den Missetaten des Bösen zu tragen. Ja, der Schuldige ist bisweilen das erste Opfer des Unrechts. Und sehr häufig trägt der Verurteilte die Last der Strafe anstelle all jener, die nicht bestraft werden und sich keiner Schuld bewusst sind.

Ich kann das zurzeit schwer lesen, weil ich in diesen Tagen so oft an die getöteten Kinder und Jugendlichen in Norwegen denken muss, und an den Mann, der anscheinend so viel Angst vor dem Fremden/Anderen hatte, dass ein Massenmord die beste Strategie war, die ihm zur Verfügung stand.

Sicher – als Gesellschaft tragen wir alle die Verantwortung für alle unwidersprochenen Aussagen wie die von Thilo Sarrazin oder Henryk M. Broder. Aber welche Verantwortung tragen die Menschen, die in Oslo erschossen oder zerbombt wurden?

Ich kenne einige GfK’ler, die es schon heute schaffen würden, dem Attentäter Empathie zu geben. Ich ringe noch immer damit, nicht in den Kategorien von Schuld und Strafe zu denken. Ich fürchte, mein Weg ist noch lang.

So long!

Ysabelle

Besser gut geklaut… Babys teilen gern!

Heute entdeckte ich im Stern online einen Artikel, der mich schwer beeindruckt hat. Gleichzeitig dachte ich, darüber hast du doch schon mal geschrieben…??? Ich schätze, ich dachte dabei an diesen Artikel hier aus dem Blog. Das Thema ist ähnlich, aber es scheint um einen anderen Versuch zu gehen. 😉
Bevor die Zeilen wieder im Nirwana verschwinden, hier der Artikel aus dem Stern, der mir so wichtig ist.

Verhaltensforschung: Erst wird geholfen, dann geteilt

Hilfst Du mir, helf ich dir: Das gilt schon für Kleinkinder. Sie teilen ihre Spielsachen umso lieber mit anderen Kindern, wenn die ihnen vorher geholfen haben. Schimpansen machen diesen Unterschied nicht.

Schon bei Dreijährigen beobachten Forscher, dass sie beim Teilen gerecht vorgehen: Anderen Kindern geben sie eher etwas von ihrem Spielzeug ab, wenn diese ihnen zuvor geholfen haben, es zu ergattern. Wer sie nicht unterstützte, ging auch leer aus, berichten Wissenschaftler um Katharina Hamann vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Es handelt sich offenbar um ein zutiefst menschliches Verhalten, denn Schimpansen machen diesen Unterschied nicht, schreiben die Forscher im Fachblatt „Nature“. Das deute darauf hin, dass es sich hierbei um ein Erbe unserer Vorfahren handeln könnte, die gelernt hatten, nach der gemeinsamen Nahrungssuche ihre Beute untereinander gerecht aufzuteilen. Zwar machen auch Schimpansen manchmal in Gruppen gemeinsame Jagd auf andere Affen. Ihre Beute teilen sie anschließend aber nicht friedlich untereinander auf. Vielmehr werden sie durch aggressive Artgenossen dazu genötigt, etwas abzugeben.
Je älter, desto gerechter

Menschenkinder hingegen teilen schon früh mit anderen Altersgenossen, schreiben die Forscher. Je älter sie werden, desto gerechter gehen sie dabei vor. Unerforscht war bisher, inwieweit dieses Verhalten angeboren ist oder durch Erziehung erlernt wird. Ebenfalls unklar war, ob kleine Kinder gerechter teilen, wenn die „Beute“ das Ergebnis einer vorherigen Zusammenarbeit ist.

Um dies zu untersuchen, führten die Forscher verschiedene Experimente mit Kleinkindern durch. In einem Versuch waren zum Beispiel jeweils zwei Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren allein in einem Raum. Dort fanden sie ein längliches Brett, an dessen Enden jeweils ein Seil befestigt war. Auf dem Brett lagen ebenfalls an beiden Enden jeweils zwei kleine Spielzeuge.

Die Kinder wussten aus vorherigen Experimenten, dass sie gemeinsam an den Seilenden ziehen mussten, um die Spielzeuge in ihre Reichweite zu holen. Sobald sie das taten, rutschte allerdings ein Spielzeug von einer Seite auf die andere, sodass eines der beiden Kinder schließlich drei Spielzeuge nehmen konnte. Das andere bekam nur eins. Würde der Glückspilz nun eins seiner Spielzeuge abgeben, so dass beide Kinder zwei haben würden?

In einem Kontrollversuch waren die Spielzeuge bereits beim Betreten des Raumes nach dem 3-zu-1-Muster verteilt. Die Kinder mussten für die Belohnung nicht gemeinsam etwas leisten. Das Ergebnis: Die Kinder gaben tatsächlich von ihrem Besitz ab, um das Missverhältnis auszugleichen – und zwar deutlich häufiger, wenn sie vorher zusammengearbeitet hatten, um an die Spielsachen zu gelangen. Spätestens mit drei Jahren haben Kinder ein Gespür für gerechtes Teilen entwickelt und belohnen die Zusammenarbeit, schlussfolgern die Forscher.
Primaten denken erst an sich

In ähnlichen Experimenten untersuchten die Wissenschaftler auch das Verhalten von Schimpansen. Dabei zeigte sich, dass die Primaten grundsätzlich eher an sich denken und ihr Futter nicht freiwillig mit anderen teilen. Dabei spielte es keine Rolle, ob sie zufällig an das Futter gekommen waren oder ob ihnen ein Artgenosse geholfen hatte, es zu erlangen.

Bei den Menschen hat sich das gerechte Teilen dagegen als Überlebensstrategie entwickelt: Eine gemeinsame Nahrungssuche erfordert naturgemäß einen Partner. Artgenossen, die eine gemeinsam erzielte Beute nicht teilten, würden künftig keine Partner mehr finden. Auf diese Weise habe sich das gerechte Teilen im Verlauf der Evolution womöglich durchgesetzt, erläutern die Wissenschaftler.

Autobahnen verlassen

Hallo, Welt!

… und Hallo, Markus!
Danke noch mal für den Hinweis, dass es manchmal schwer ist, sich mit unseren Automatismen auszusöhnen.

Ich arbeite mich im Moment durch einen fünftägigen Vortrag von Eckhard Roediger: Einführung in die Schematherapie. Er schreibt auf seiner Homepage: Die Schematherapie fokussiert auf die von emotionalen Prozessen gesteuerten Verhaltensweisen, die wir im Laufe unseres Lebens zum Teil unbewusst entwickelt haben. Zum Zeitpunkt ihrer Entstehung in der Kindheit und Jugend stellten diese Verhaltensweisen zunächst einen zumindest teilweise erfolgreichen Bewältigungsversuch dar. Werden sie starr beibehalten, engen sie zunehmend die weitere Entwicklung ein.
In seinem Vortrag schlägt er vor, tagtäglich gegen die eigenen Automatismen anzulernen und sagt sinngemäß: Wenn Sie morgens aus dem Bett springen wollen und das normalerweise zuerst mit dem rechten Bein tun, dann nehmen Sie heute einfach mal das linke. Wenn Sie beim Anziehen sonst zuerst in die Unterhose und dann ins Hemd steigen, machen Sie es heute umgekehrt. Und wenn Sie am Frühstückstisch das Glas Nutella anlacht, sagen Sie einfach, nein, meine Süße, heute kommt Marmelade dran. Diese Übung können Sie ständig machen, um sich Ihrer Gewohnheiten bewusst zu werden und sie in Frage zu stellen, und Sie brauchen dafür überhaupt keine (zusätzliche) Zeit…
Im letzten Modul der GfK-Fortbildung haben wir eine Übung gemacht, die ich schon kannte, aber noch nicht in dieser Mächtigkeit ausprobiert hatte. Wir haben sie „Der heiße Stuhl“ genannt. Jeder von uns hat ja den einen oder anderen Satz, den er schwer hören kann. Beim „Heißen Stuhl“ wird nun einer der Teilnehmer geradezu bombardiert mit solchen Sätzen und versucht, mit GfK darauf zu antworten.
Probiert doch mal selbst empathische Antworten auf

Das schaffst du nie…

Letztes Jahr hast du aber noch in das blaue Kleid gepasst

Ich dachte, Sie hätten das im Griff

Du kannst hier nicht stehen!

Du machst immer alles so kompliziert!

Muss das sein?

Das kann so nicht bleiben!

Immer dieses Genörgel!

Diese Liste ließe sich sicherlich kilometerlang fortsetzen. Vielleicht habt Ihr Lust, ein paar Antworten zu probieren, entweder als empathische Entgegnung oder als Selbstoffenbarung (wenn ich höre… fühle ich mich… weil mir… wichtig ist…). Mit dieser Übung können wir versuchen, die automatisierten Reaktionen (oft Angriff oder Verteidigung) zu unterbrechen. Wir können üben, uns auch in schwierigen Situationen aus der Welt von Richtig oder Falsch zu verabschieden.

Heute Morgen bot sich mir eine besondere Gelegenheit zum Üben…
Im Zug setzte sich mir ein Ehepaar gegenüber. Die Dame war an Krücken. Als die Schaffnerin kam, beschwerte sich der Herr, wieso die Fahrkarte seit dem vorigen Mal fast doppelt so teuer geworden sei. Die Schaffnerin prüfte den Fahrschein und sagte, „Sie haben eine Gruppenkarte gekauft. Das ist für Sie nicht der beste Fahrschein für diese Strecke. Bitte unterschreiben Sie die Karte noch hier unten.“ Mit diesen Worten reichte sie dem Mann die Karte und einen Kugelschreiber. Die Ehefrau riss dem Mann die Karte aus der Hand und sagte erregt: Ich unterschreibe gar nichts. Dann fing sie an, auf russisch schnell und anscheinend ärgerlich zu reden. Die Schaffnerin zuckte mit den Achseln und setzte ihren Kontrollgang fort. Und ich überlegte die nächsten 20 Kilometer, was in diesem Fall eine empathische Antwort gewesen wäre und welche Gefühle wohl in meiner Tischnachbarin lebendig waren. Eine spannende Beschäftigung, mit der ich gleichzeitig trainieren kann, in schwierigen Situationen empathisch zu bleiben. Zu allererst mal mit mir. Und mich hat diese Unruhe, die Lautstärke und das Verhalten ziemlich gestört…

So long!

Ysabelle

Trampelpfade im Hirn

Hallo, Welt!

Mein Kopf ist so voll mit wunderbaren Erkenntnissen, die ich so gern mit Euch teilen möchte. Heute geht es um die Frage: Wenn ich doch die vier Schritte der GfK im Nu begriffen habe, sie als bereichernd und sinnvoll in mein Leben integrieren will – warum fällt mir dann in schwierigen Situationen kein GfK ein?

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass wir darauf angewiesen sind, als Babys und Kleinkinder von unseren Bezugspersonen ernährt und gespiegelt werden. Kinder, die keinerlei Ansprache haben, sterben. Das ist leider sogar im Experiment bewiesen.
Diese frühkindliche Abhängigkeit von anderen führt dazu, dass wir uns völlig unbewusst ihren Werten fügen. In aller Regel wachsen wir auf in einer Welt von Richtig und Falsch.

Zwei Kräfte sind in uns besonders lebendig: Der Explorationstrieb, der uns dazu inspiriert, Dinge auszuprobieren und unsere Autonomie zu entdecken, und unser Bindungsverhalten. Kleinkinder müssen sich ständig rückversichern, ob ihre Bezugsperson noch da ist. Nur wer sicher gebunden ist, kann auch entspannt seinem Explorationstrieb nachgehen.

Im Spiegel unserer Bezugspersonen erleben wir, was erwünschtes und unerwünschtes Verhalten ist. Wir formen uns praktisch selbst nach den Normen, die uns vorgegeben, vorgelebt werden. Dabei entstehen in unserem Gehirn neuronale Vernetzungen.
Ursprünglich haben wir nur mit Gefühlen, mit Botschaften aus dem – evolutionär betrachtet – ältesten Teil des Gehirns zu tun, dem limbischen System und dem Mandelkern, der Amygdala. Wenn wir heranwachsen, kommt der Verstand dazu, der vorn in der Stirn zu Hause ist, im präfrontalen Cortex.

Im Verlauf unseres Aufwachsens lernen wir unreflektiert bestimmte Verhaltensweisen, die uns zum damaligen Zeitpunkt und im damaligen System wichtige Bedürfnisse erfüllt haben. Wenn wir hören. „ein Junge weint nicht“, dann hätte es unter Umständen für uns sehr unerfreuliche Folgen, wenn wir als Junge oder Mann dann eben doch weinen würden. Oder wenn wir als Mädchen unsere Wut oder unsere Aggressionen zeigen. Stattdessen trainieren wir Verhaltensweisen, die sozial erwünscht sind oder uns zumindest als geeignete Strategie im Überlebenskampf erscheinen. Mit diesen erwünschten Verhaltensweisen sichern wir die Bindung zu unseren Bezugspersonen.

So entstehen im Gehirn geradezu neuronale Autobahnen, tief eingegrabene Verhaltensmuster, die bei Bedarf sofort aktiviert werden. Unsere Reaktionen kommen dann aus dem „Autopiloten“. Mit einem schönen Gruß vom Mandelkern. Hier gibt es ein schönes Beispiel dafür, dass wir sicher alle kennen…

Das Wunder des Ärgerns

Wenn wir nun anfangen, GfK zu lernen, geschieht das zunächst im präfrontalen Cortex. Wir erfassen die GfK intellektuell. Wenn jedoch eine schwierige Situation entsteht, wenn wir unter Stress geraten oder mit Dingen konfrontiert sind, die wir schon hundert Mal auf bestimmte Weise gelöst haben, schaltet sich der Autopilot zu. Also: Es werden wie in dem netten Video-Beispiel bei Otto Waalkes Botenstoffe ausgeschüttet, der Blutdruck steigt, die Faust ballt sich. Und über die schon in Kindertagen angelegten neuronalen Autobahnen im Gehirn reagieren wir wie ein Automat. So wie wir immer reagiert haben…

Manchmal dauert es Wochen, bis einem einfällt: Mensch, in dieser oder jener Situation hätte ich ja auch mit GfK reagieren können…
Es geht also darum, auf längere Sicht vor die alten sechsspurigen Autobahnen einen Schlagbaum anzubringen. Wir rasen dann immer seltener durch die Schranke und hinterlassen Holzsplitter, sondern wir halten und überprüfen, was in der aktuellen Situation eine angemessene Verhaltensweise wäre. So entstehen nach und nach neue Verhaltensmuster, die sich ganz allmählich vom kaum sichtbaren Trampelpfad zur komfortablen Schnellstraße ausbauen lassen.

Mit der Zeit gelingt das immer häufiger und immer schneller. Wir nehmen sozusagen einen Gangwechsel vor. Wir kuppeln aus und überlegen neu, in welchem Gang wir weiter fahren möchten. Dann legen wir einen neuen Gang ein und weiter geht die Fahrt.

Um das tun zu können, brauchen wir Achtsamkeit. Wir müssen dafür lernen, den Signalen unseres Körpers zu lauschen, unsere Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen. Erst dann gelingt es uns immer öfter, dass der präfrontale Cortex entscheidet, wie wir reagieren wollen, und nicht das uralte limbische System mit seinen Steinzeitmustern…

Wie Marshall so schön sagt: Die ersten 40 Jahre sind die schwersten…

Mich würde interessieren, ob diese Erläuterung für Euch irgendwie von Nutzen war.

So long!

Ysabelle

Kraut & Rüben (8)

Hallo, Welt!
Kann man gleichzeitig zufrieden und frustriert und müde und aufgekratzt sein?

Ich bin traurig, dass mir zur Zeit im Alltag keine Zeit bleibt, um Blogbeiträge zu schreiben. Dabei gäbe es so schöne Themen…

Zum Beispiel hatte ich eine Freundin gebeten, wegen eines bestimmten Verhaltens ihr Bedürfniskärtchen zu Rate zu ziehen. Sie antwortete mir:

> 1. ich habe mir mein Bedürfnis erfüllt, meine Kinder über eine
> > >>> wunderbare (Angelegenheit) zu informieren.
> > >>> mein Bedürfnis: angeregt, darunter
> > >>> aufgeregt,berührt,beschwingt,energiegeladen, hoffnungsvoll,
> > >>> 2……….., meine Kinder daran Anteil haben zu lassen, dass
> > >>> (diese Angelegenheit) mir geholfen hat.mein
> > >>> Bedürfnis: wie oben, und sicher, zufrieden, zuversichtlich
> > >>> 3………. mein Bedürfnis erfüllt, meinen Kindern eine
> > >>> Möglichkeit zur Hilfestellung zu geben, sollte eine
> >> Voraussetzung
> > >>> bei ihnen vorliegen.mein Bedürfnis:
> > >>> motiviert,optimistisch, hoffnungsvoll

So kann es also komplett in die Hose gehen, wenn ein Bedürfniskärtchen zwei Seiten hat und wir uns der Unterschiede zwischen Gefühlen und Bedürfnissen nicht bewusst sind.

Was gibt es Neues?
Meine zweite Augen-Operation ist erfolgreich gewesen und jetzt kann ich wieder richtig weit und klar gucken. Nur die Nähe und damit auch der Rechner ist noch nicht scharf, dazu wird es in 14 Tagen eine Lesebrille geben.

Meine Umbauten schreiten voran und sind ein Quell der Freude und Dankbarkeit für mich.
Vorige Woche erlebte ich eine große Überraschung, als ich von der Arbeit nach Hause kam. Es stand etwas in meinem Garten, was ich vorher da noch nie gesehen habe. Ich war vollständig geplättet und spürte tiefe Dankbarkeit und kindliche Freude (ich wiederhole mich, aber genau so fühlte es sich an). 400 Kilo mal eben heimlich hier einzuschmuggeln ist ja nicht so ganz ohne… Meine erfüllten Bedürfnisse? Gesehen werden, Gemeinschaft, Unterstützung, Spiritualität.

Der Auslöser, heute Abend meine Erschöpfung zu ignorieren und hierher zu kommen ist ein Paket, das jetzt bei mir in der Küche liegt. Es ist eine Sendung von Amazon, die gestern bei Nachbarn für mich abgegeben wurde. Ich habe den Karton aufgemacht und darin ist etwas in Geschenkpapier, versehen mit dem Aufdruck: Erst am XXX öffnen. Das macht was mit mir! ich bin neugierig und aufgeregt und verblüfft und durcheinander. Ein Präsent – für mich? Von wem? Vielleicht ein Plattenspieler oder ein UFO oder eine Giraffe zum Zusammenbauen… Ich habe nicht die geringste Ahnung!

Es gibt noch jemanden, der dringend auf ein Lebenszeichen von mir wartet: Die Jungs von der Volkszählung. Nicht nur der Blog kriegt kein Futter, auch die vielen Fragen sind noch immer unbeantwortet und ich merke, wie sehr mich das bedrückt. Dabei wollte ich doch heute eigentlich nur ganz früh ins Bett gehen… Aber nun sieht es doch wieder nach Nachtschicht aus.

Liebe Freunde der Giraffenohren,
dieser Blog ist nicht tot. Er ist zur Zeit nur ein bisschen in seinen vitalen Funktionen eingeschränkt.

So long!

Ysabelle

P.S.: Es hat ziemlich genau acht Minuten gebraucht, den Fragebogen zum Zensus online auszufüllen. Gegrault habe ich mich deshalb zwei Monate. Also doch früh ins Bett heute 😉

Gewaltfreie Kommunikation als Lebenshaltung

Zentrale Commitments (Bekenntnisse)
Von Miki Kashtan
inoffizielle Übersetzung: Heike Krüger & Gerhard Rothhaupt

1. Lieben – wen oder was auch immer: Selbst wenn meine Bedürfnisse ernsthaft nicht erfüllt werden, so will ich mein Herz geöffnet halten. Wenn ich bemerke, dass ich Urteile fälle, wütend bin oder getriggert bin, so will ich Unterstützung suchen, um meine Be-/Verurteilungen umzuwandeln und Anderen in Liebe zu begegnen.

2. Unschuldsvermutung: Selbst wenn die Worte oder Handlungen anderer für mich keinen Sinn machen oder mich erschrecken, so will ich davon ausgehen, dass dahinter eine menschliche, bedürfnisorientierte Absicht steht. Wenn ich mich selbst dabei beobachte, andere Motive zu unterstellen, oder die Handlungen Anderer zu analysieren, so will ich Unterstützung darin suchen, mich selbst wieder zu erden in dem Wissen, dass jede menschliche Handlung ein Versuch ist, Bedürfnisse zu erfüllen, die sich von den meinen nicht unterscheiden.

3. Offenheit mir selbst gegenüber: Selbst wenn ich mich auf eine Art verhalte, die ich wirklich nicht mag, so will ich mein Herz mir selbst gegenüber offen halten. Wenn ich mich in Selbstverurteilung wieder finde, so möchte ich Unterstützung darin suchen, mich wieder mit mir selbst zu verbinden.

4. Offenheit für die ganze Bandbreite der Gefühle: Selbst wenn meine Gefühle sich für mich unangenehm anfühlen, so will ich präsent bleiben und mein Herz weiterhin geöffnet halten für die Fülle meiner emotionalen Erfahrungen. Beobachte ich, dass ich meiner Erfahrung ausweiche, erstarre oder mich verschließe, so will ich Unterstützung darin suchen, meine Schutz-/Verteidigungshaltung los zu lassen und mich für das zu öffnen, was ist.

5. Gleichgewicht: Selbst wenn ich die Versuchung spüre, mich zu überfordern (auch bei der Beachtung eines dieser commitments), so will ich aufmerksam bleiben in Bezug auf die Grenzen meiner Kapazitäten – in jedem Moment. Wenn ich bemerke, dass ich mich selbst bedränge, so will ich Unterstützung darin suchen, die natürliche Weisheit meines Organismus anzunehmen und darin zu vertrauen, dass das Bleiben innerhalb meiner gegenwärtigen Grenzen mich in der Verbesserung meiner Fähigkeiten im Laufe der Zeit unterstützen wird.

6. Mich meiner Bedeutung stellen: Selbst wenn ich voller Zweifel bin, will ich mich der Welt vollständig zeigen und anbieten. Wenn ich beobachte, dass ich denke, ich sei nicht wichtig oder meine Handlungen seien bedeutungslos, so will ich Unterstützung darin suchen, mich daran zu erinnern, dass meine Gegenwart und meine Fähigkeiten von Bedeutung sind.

7. Authentizität und Verletzlichkeit: Selbst wenn ich Angst habe und mich unsicher fühle, so will ich die in mir lebende Wahrheit mit anderen teilen, während ich Sorge und Mitgefühl für andere und mich selbst aufrechterhalte. Wenn ich bemerke, dass ich mich verstecke oder schütze, so will ich Unterstützung darin suchen, die Gelegenheit zu umarmen, mein Selbstempfinden zu erweitern und Scham zu verwandeln.

8. Verantwortung: Selbst wenn ich überwältigt bin von Hindernissen oder schwierigen Gefühlen, so will ich die volle Verantwortung für meine Gefühle, meine Handlungen, und mein Leben übernehmen. Wenn ich bemerke, dass ich meine Macht abgebe an andere Menschen, größere Gewalten oder analytischen Kategorien, wie meine Vergangenheit oder irgendwelche Etiketten die ich mir selbst gegeben haben, so will ich Unterstützung darin suchen, den Urgrund meiner Wahlmöglichkeit zu finden, um so zu leben, wie ich will.

9. Erreichbarkeit für Feedback: Selbst wenn ich gesehen und akzeptiert werden will, will ich mich dafür öffnen, Feedback von anderen anzunehmen, um zu lernen und zu wachsen. Wenn ich bemerke, dass ich in Rechtfertigungshaltung oder Selbsturteile abgleite, so will ich Unterstützung darin suchen, die Schönheit und das Geschenk in dem zu finden, was mit mir geteilt wird.

10. Empathische Präsenz: Selbst wenn andere im Schmerz sind, von sich selbst getrennt, Intensität ausdrückend, oder im Urteilen gefangen, will ich eine entspannte Präsenz mit ihrer Erfahrung aufrechterhalten. Wenn ich bemerke, dass ich versuche etwas zu reparieren, Ratschläge anbiete, mechanisch Empathie gebe oder meine Aufmerksamkeit anderswohin lenke, so will ich Unterstützung darin suchen, meinen Glauben an die verwandelnde Kraft und das Geschenk des einfachen Da-Seins zurück zu gewinnen.

11. Dialogische Grundhaltung: Selbst wenn ich sehr auf ein bestimmtest Ergebnis fokussiert bin, will ich offen bleiben für die Veränderungen meiner Haltung im Rahmen eines Dialogs. Wenn ich bemerke, dass ich eine Position verteidige, oder versuche, jemanden von seiner Position abzubringen, so will ich Unterstützung darin suchen, mich aus der Anhaftung zu lösen, mich mit meinen Bedürfnissen und den Bedürfnissen Anderer zu verbinden, und nach für beide Seiten unterstützenden Strategien zu suchen, welche aus der Verbindung mit Bedürfnissen entstehen.

12 Großzügigkeit: Selbst wenn ich Angst oder wenig Energie habe, will ich mich dafür öffnen, mich anderen anzubieten und auf ihre Bitten zu antworten. Wenn eng vor Angst ist und ich nicht bereit bin, zu geben, so will ich darin Unterstützung suchen, sämtliche Gedanken an Mangel loszulassen und die Gelegenheit zu geben umarmen.

13. Selbstfürsorge: Selbst wenn ich gestresst, überfordert oder von mir getrennt bin, will ich meine Selbstverpflichtungen für mein Wohlbefinden aufrechterhalten, und so handeln, dass ich mein Leben nähre. Wenn ich beobachte, dass ich Strategien, die mein Leben bereichern, unterlasse (wie z. B. Sport, Essen, wie ich will, Empathie und Unterstützung erhalten, wie ich sie brauche, angenehme Tätigkeiten oder alles andere, von dem ich weiß, das es mir gut tut), so will ich Unterstützung darin suchen, mich in der Kostbarkeit meines eigenen Lebens und in meinem Wunsch, mich selbst zu nähren, zu erden.

14. Auflösung von Konflikten: Selbst wenn ich große Schwierigkeiten habe, mit jemandem in Kontakt zu kommen, möchte ich dafür zur Verfügung stehen, die Probleme zwischen uns mit Unterstützung zu lösen. Wenn ich bemerke, dass ich jemanden aufgebe, so will ich darin Unterstützung suchen, mich an die Magie des Dialogs zu erinnern und mich dem Prozess der Heilung und Versöhnung anzuvertrauen, um wieder Verbindung herzustellen.

15. Das Leben feiern: Selbst wenn ich mit Schwierigkeiten konfrontiert bin, seien sie persönlich, zwischenmenschlich, oder global, so will ich eine Einstellung der Anerkennung und Dankbarkeit dazu aufrechterhalten, was das Leben mir bringt. Wenn ich beobachte, dass ich zynisch werde, oder nur Schmerz und Verzweiflung spüre/erfahre, so will ich Unterstützung darin suchen, mein Herz mit der Schönheit und den Wundern zu verbinden, die das im Leben sogar unter den schrecklichsten Umständen bereithält…


Die US-amerikanische Trainerin Miki Kashtan hat diese 15 Commitments aufgestellt, um ein Leben in Harmonie mit den Grundannahmen der Gewaltfreien Kommunikation zu führen. Sie sind auch Grundlage eines Netzwerks, der Conscious transformation community, die Miki Kashtan aufbaut. Mehr Informationen und engl. Original unter HYPERLINK „http://ctc.learnnvc.com/“http://ctc.learnnvc.com/. Mehr Informationen zu Miki und ihrer Arbeit unter HYPERLINK „http://www.baynvc.org“ http://www.baynvc.org /.

Kundendienst-Hotline

Hallo, Welt!

Freitagmittag habe ich bei einem großen Versender von Elektronik-Bauteilen fünf Einbau-Bodenstrahler gekauft und 24-Stunden-Lieferservice angekreuzt. Im Verlauf des Bestellvorgangs war dann auf einmal nicht mehr die Rede davon. Mit Entsetzen sah ich gestern bei genauem Nachforschen, dass ich eine Mail bekommen soll, wenn die Strahler versandt sind und natürlich ist auch diese Mail noch nicht eingetroffen. Also habe ich eben die Hotline des Unternehmens angerufen.

Meine Gefühle? Besorgnis, Unruhe, Aufregung. Ein Wolfsrudel, charmanterweise gegen das Unternehmen (wie bescheuert bauen die denn ihren Shop auf? Das müssen die doch deutlicher anzeigen, dass bei einer Bezahlung mit Paypal kein 24-Stunden-Service möglich ist und einen „Zurück-Button“ einbauen…) und natürlich gegen mich (du hast doch gesehen, dass da keine Sofort-Lieferung mehr angegeben war, du hättest den Bezahlvorgang abbrechen müssen, du warst nur zu faul, für eine neue Bestellung alle Daten noch mal einzugeben…)

Puh – wenn ich all diesen Wölfen zuhöre, wird mir wirklich eng in der Brust und innerlich ganz schwer.
Um Punkt neun hatte ich also den Kundendienst (natürlich eine 01805-Nummer…) an der Strippe. Nein, die Ware ist im Versand, da können wir nichts machen, das lässt sich nicht nachträglich beschleunigen, sie kommt am Donnerstag bei ihnen an… (zu spät… viel zu spät…)
In allen Fasern spürte ich die Verlockung, dem Unternehmen die Schuld zu geben: Sie haben Ihre Internetseite… und unter Aufbietung aller Kräfte ist es mir gelungen, bei Gefühlen, Bedürfnissen und Strategien zu bleiben. Sind in Hamburger Geschäften des Versenders diese Strahler vorrätig? Ist es möglich, die in einer Filiale zusammenzufassen? Ich konnte auch sagen: „Es ist meine Verantwortung, dass diese Bestellung schiefgegangen ist, denn ich habe im Verlauf des Bestellvorgangs gesehen, dass die 24-Stunden-Lieferung weg war, aber ich habe es nicht verstanden, was das bedeutet.“
Meine Gesprächspartnerin stimmte sich schließlich auf mich ein und wir haben uns geeinigt, dass sie mein Konto belastet und die Strahler heute noch mal im 24-Stunden-Eilservice rausschickt. Dann sind sie wenigstens morgen da. Übermorgen dann die nächsten fünf… und die soll ich einfach zurückgehen lassen: Annahme verweigert. Drei Wochen später hätte ich dann von Paypal mein Geld zurück…
Noch immer eine gute Gelegenheit, mich fertigzumachen.

Mein aktueller Wahlspruch:

Man kann sich über vieles wolfen,
aber man ist nicht verpflichtet dazu!

Und ich erinnere mich an die DVD, die ich gestern Abend gesehen habe:

Rudi Ballreich/Gerald Hüther
Du gehst mir auf die Nerven!
Neurobiologische Aspekte der Konfliktberatung

erschienen im Auditorium Verlag und günstig geschossen bei Jokers.de

Rudi Ballreich erläutert im ersten Teil des Vortrags unter anderem, was im Körper passiert, wenn er unter Stress gerät und benutzt dazu eine leichte Abwandlung des Lernzonen-Modells, hier mal zitiert nach Wikipedia:

Lernzonenmodell

In dem Lernzonenmodell wird der Prozess der Lernens durch den Wechsel unterschiedlicher Zonen verdeutlicht. Die innere, sogenannte Komfortzone ist gekennzeichnet von Alltäglichem, das ohne herausragende Herausforderungen abläuft: „Sicherheit, Geborgenheit, Ordnung, Bequemlichkeit, Entspannung, Genuss“ (Michl 2009). Die Lernzone, die auch „Wachstumszone“ (Michl) genannt wird, stellt eine besondere Herausforderung, die das Bestehende erweitern kann, in Frage stellt oder modifiziert. Lernen finde statt, wenn die Lernenden entsprechend begleitet und unterstützt werden. Motivation und angemessene Aufgabenstellung wirken dabei lernförderlich: „Abenteuer, Unbekanntes, Unsicherheit, Problem, Herausforderung, Unerwartetes, Risiko, Unplanbares“ (Michl). In der äußeren, sogenannten „Panikzone“ setzt eine Blockade ein: „Notfall, Verletzung, objektive Gefahr, Unfall“ (Michl). Verunsicherungen und Panik können entstehen, verhindern Lernen und können auch das Gegenteil bewirken. „In diesem Bereich können wir nicht lernen, sondern bleiben immer nur frustriert. Alles, was darin liegt, ist unserer Persönlichkeit zu fern und zu fremd und nicht zu bewältigen“ (Senninger). Berufsschulnetz.de hat dazu eine schöne Grafik:

Ballreich nennt die Lernzone oder Wachstumszone STRESSZONE. Ich konnte wirklich deutlich spüren, wie ich unter Stress war, als ich bei der Hotline anrief, und wie der Stress sich verstärkte, als keine der vorgeschlagenen Strategien zu greifen schien. Je mehr Stress ich wahrnahm, desto größer wurde der Wunsch, nach dem anderen (verbal) zu schlagen: Was haben SIE für eine doofe Internetseite! Was ist das für ein doofer Laden! Sie sind aber auch gar nicht hilfsbereit…

Wie in einer Parallelspur im Kopf waren diese (alten) Töne zu hören und gleichzeitig konnte ich einigermaßen auf der Giraffenspur bleiben. Ich habe deutlich gemerkt, dass es eine Anstrengung war. Aber ich möchte feiern und dankbar sein, dass es mir gelungen ist. Ganz offensichtlich habe ich also die kuschelige Komfortzone verlassen, in der alle Bedürfnisse erfüllt sind oder keine unerfüllten Bedürfnisse spürbar. Ich war in der Stresszone, in der Lernen und Wachstum erfolgen können, und ich durfte spüren, dass ich wirklich neue Strategien, Worte und Handlungsweisen zur Verfügung habe, auch wenn es extrem anstrengend und herausfordernd ist, auf der Giraffenspur zu bleiben.

Mich erschreckt die Gewalt, die auf der Parallelspur in meinem Gehirn anrollt. Meine eigene Verzweiflung und die Kraft, andere abzuwehren, abzuwerten, zu kämpfen… So viel Energie ist da unterwegs. Und sie dient nicht dem Leben. ich bin dankbar, dass ich das heute so klar erkennen darf und dankbar für alle Fortschritte, die ich im Jahr 5 mit GfK feiern darf.

So long!

Ysabelle

Der bessere Chef ist die Chefin. Manchmal.

Hallo, Welt!

Gestern entdeckte ich im Spiegel einen Artikel, der mich sehr angesprochen hat. Ein hochrangiger Mitarbeiter bei Microsoft hat sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen. Vorher galt er in seiner Abteilung als harter Hund, als Frau jedoch findet der neue Führungsstil dieser Person großen Anklang.
Zitat:
Obwohl diese Frage-Antwort-Sitzungen (Erläuterung: in denen die Betroffene vorab die Mitarbeiter über die geplante Geschlechtsumwandlung persönlich informierte) nicht immer einfach waren, betrachtet Wallent sie jetzt als wichtigen Bestandteil ihrer inneren Wandlung. „Hinterher kamen viele Leute auf mich zu und erzählten mir unglaublich persönliche Geschichten von eigenen Erlebnissen, die eine ähnlich tief greifende Auswirkung auf ihr Leben gehabt hatten“, erinnert sie sich. Letztendlich, so glaubt sie, hat ihr neuer Managementstil nicht so viel mit den Östrogentabletten zu tun, die sie täglich einnimmt. Ihrer Meinung nach handelt es sich dabei um ein Nebenprodukt dieser sehr intimen Gespräche mit ihren Kolleginnen und Kollegen. „Diese Gespräche haben mir klargemacht, wie wichtig ein authentischer Führungsstil ist und dass man seinen Mitarbeitern sein wahres Ich zeigen muss – ohne jede Einschränkung“, sagt sie. „Dann fühlen sie sich in ihrem Job wohler.“
Mich haben diese Worte sehr angesprochen. In den vergangenen Monaten habe ich in Abteilungskonferenzen mehrmals darüber gesprochen, wie es mir mit bestimmten Dingen geht, welche Bedürfnisse bei mir unerfüllt sind. Der Kollege, der die Sitzungen leitete, reagierte oft sehr „angefasst“. Ich war selber wegen meines Verhaltens in Sorge. War das noch loyal? im Anschluss an die Sitzungen konnte ich meinem Kollegen oft Empathie geben. Am erstaunlichsten war für mich die Reaktion der anderen Kollegen. Es entstand eine neue Intimität zwischen uns. Wir konnten offener miteinander umgehen, wir haben deutlich mehr Spaß in unseren Konferenzen. Meine Ehrlichkeit schien den Weg freigemacht zu haben für die größere Ehrlichkeit der anderen.
In meinem Erleben ist es bisher nicht so gewesen, dass Ehrlichkeit oder Offenheit im Geschäftsleben besondere Tugenden sind. Ein Professor, der vor einigen Jahren in unserer Abteilung eine Fortbildung leitete, gab mir in der Mittagspause die Rückmeldung, er erlebe mich als unglaublich authentisch. Und damals war ich mir absolut nicht sicher, ob ich das wirklich als Kompliment auffassen sollte oder dürfte. Hieße das nicht zugleich, ich würde mich nicht an dem Maskenball der Geschäftswelt beteiligen? Und war das nicht eine Voraussetzung für erfolgreiches Führen?
Ich persönlich glaube das nicht. Sich zu zeigen, sich verletzlich zu machen ist eine Stärke. Das haben nur die noch nicht erkannt, die über ihre eigenen Verletzlichkeiten noch nichts wissen. So scheint es mir manchmal. Und daraus folgt: Manager brauchen Empathie. Genau wie Mitarbeiter!

So long!

Ysabelle

Über die Liebe

Hallo, Welt!

Dieser Tage erinnerte mich eine Freundin daran, dass Marshall der Ansicht ist, Liebe sei ein Bedürfnis und kein Gefühl. Gelesen habe ich diesen Gedanken schon öfter, auch hier vertreten. Doch zur Zeit beschäftigt mich die Frage: Wenn Liebe kein Gefühl, sondern ein Bedürfnis ist, welche Gefühle habe ich dann, wenn ich sage, ich fühle Liebe? Das ist doch das, was man landläufig sagt: Ich liebe dich…

Ich habe verstanden, dass ich mein Bedürfnis nach Liebe auf verschiedene Weise erfüllen kann. Vielleicht mit einer Schmusestunde, mit einem empathischen Gespräch, die Füße beim anderen unter die Bettdecke stecken, sich ankuscheln, im Kino an einer spannenden Stelle Hände halten… – das und vieles mehr kann mir mein Bedürfnis nach Liebe erfüllen. Aber was sind das für GEFÜHLE, die bisher immer mit Liebe umschrieben wurden?

Meine so hoch geschätzte Liste der Gefühle und Bedürfnisse gibt dazu Folgendes her:
Wenn mein Bedürfnis nach Liebe erfüllt ist, fühle ich mich je nach Verfassung

angenehm
angeregt
ausgeglichen
behaglich
berührt
beschwingt
bewegt
ekstatisch
energiegeladen
enthusiastisch
entspannt
entzückt
erfreut
erfüllt
ergriffen
erstaunt
friedlich
froh
gebannt (im Sinne von fasziniert)
gelassen
gerührt
geschützt (ist das ein Gefühl oder ein Interpretationsgefühl?)
glücklich
heiter
hellwach
inspiriert
kraftvoll
klar
lebendig
leicht
lustvoll
satt
selbstsicher
selig
sicher
still
strahlend
überwältigt
unbeschwert
wach
zärtlich
zuversichtlich.

So weit mal die Liste der Gefühle bei erfüllten Bedürfnissen. Das sind so gut 4/5 aller Gefühle auf der Liste.
Bei den Gefühlen bei unerfüllten Bedürfnissen springt mich eigentlich nur Schmerz an.

Ich bin mit dieser Aufzählung unzufrieden, weil ich spüre, dass all diese Worte nicht das beschreiben, was ich fühle, wenn ich in der Vergangenheit gesagt habe, ich liebe dich.
Wie fühlen sich weiche Knie an? Was ist mit dieser tiefen Freude der Verbundenheit? Ist nicht Liebe ein gefühlter Mix aus den verschiedensten erfüllten Bedürfnissen? Respekt, Wertschätzung, Nähe, Verbindung, Wärme, erotische Anziehung, Intimität, Spiritualität? Der Eindruck, gesehen, erkannt zu sein, angenommen. Den anderen anzunehmen, ihn genau so zu akzeptieren, wie er ist, in diesem einen kostbaren Moment. Vielleicht kann ich es am ehesten beschreiben, wenn ich wirklich versuche, bei den Körpersensationen zu bleiben, die ausgelöst werden, wenn mein Bedürfnis nach Liebe erfüllt ist. Oder ist muss noch mal mit Marshall sprechen, wie es sich das genau vorgestellt hat. Kann Liebe nicht beides sein, ein Gefühl und ein Bedürfnis?

So long!

Ysabelle

William Shakespeare
Sonett No. 116

Let me not to the marriage of true mindes
Admit impediments, love is not love
Which alters when it alteration findes,
Or bends with the remover to remove.

O no, it is an ever fixed marke
That lookes on tempests and is never shaken;
It is the star to every wandring barke,
Whose worths unknowne, although his hight be taken.

Lov’s not Times foole, though rosie lips and cheeks
Within his bending sickles compasse come,
Love alters not with his breefe houres and weekes,
But beares it out even to the edge of doome:

If this be error and upon me proved,
I never writ, nor no man ever loved.

116

Was man sich treu gelobt, wenn man sich liebt,
gilt ausnahmslos. Denn wahre Liebe, die
weicht nicht vom Weg, wo es sich grad ergibt,
mag auch der Wind sich drehn, sie dreht sich nie.

O nein, sie bleibt auf festgelegter Bahn,
steht auch bei Stürmen fest am Firmament,
und dient als Leitstern dem verirrten Kahn,
unschätzbar, selbst wenn man die Höhe kennt.

Sie ist nicht an Vergänglichkeit gebunden,
wenn auch der Wangen Rot verfallen mag,
sie ändert nicht in Wochen oder Stunden,
sie bleibt bestehen bis zum jüngsten Tag.

Wenn man mir dies als falsch beweisen kann,
wär ich kein Dichter, liebte nie kein(’n) Mann.

Ich hätte gern eine Tüte Empathie!

Hallo, Welt!

das mit der Empathie ist noch viel komplizierter als ich sowieso schon immer dachte.
Neulich kam es in der Übungsgruppe zu einer Diskussion, ob der Satz „Was ist passiert?“ empathisch sei oder nicht.

ich bin superempfindlich beim Thema Empathie. Ich bin gern mit der Heimwerkermütze unterwegs, will immer alle Probleme lösen. Nichts habe ich schneller auf den Lippen als einen natürlich großartigen Vorschlag, wie man die Situation zum Besseren verändern kann. Und gleichzeitig merke ich, je mehr ich in die GfK einsteige, wie GIFTIG das ist. ich mag mit bestimmten Leuten überhaupt nicht mehr über meine Probleme reden, weil deren Reaktionen in mir einen Vulkan an Abwehr triggern. Zu diesen Bemerkungen gehören neben vielen anderen „wann hat das angefangen?“ und „was ist passiert?“. ICH erlebe es so, dass diese Bemerkungen zu einem intellektuellen Verstehen führen, und das ist nicht der Sinn von Empathie wie wir sie in der Gewaltfreien Kommunikation auffassen.

Hier mal ein schönes Beispiel, wie Empathie eben nicht funktioniert.

Ich schrieb an eine Bekannte:

So. Eben habe ich ganz viel Geld für meine Neuanschaffungen von der Bank abgeholt *schnief*

und sie antwortete:
denk nicht an das geld, sondern an die neuanschaffungen! du wirst es schön haben und hoffentlich habt ihr im norden auch so herrliches wetter und du kannst dann (…) alles genießen.

Das erfüllt nicht mein Bedürfnis nach Verbindung und Wertschätzung. Ja, ich WEISS, dass es lieb gemeint ist. Und trotzdem geht es mir auf den Keks!
Ich bin jetzt auf ganz dünnem Eis.
Es gibt kein Richtig und kein Falsch, von daher kann auch so ein Satz wie „denk nicht an das geld, sondern an die neuanschaffungen“ weder richtig noch falsch sein. Ich sage von mir, dass ich mich nicht verstanden fühle, dass ich keine Verbindung spüre, wenn jemand das zu mir sagt.

Vor einem Jahr hat es einen ziemlichen Knall in meinem Leben gegeben, an den ich mit Unbehagen zurückdenke. Im Rahmen der Jahresgruppe waren wir jeweils zu viert oder fünft in Empathiegruppen eingeteilt. Diese Gruppen trafen sich nicht nur während der Zeit der Fortbildungsmodule, sondern auch zwischen den Modulen, um sich gegenseitig zu unterstützen, aber auch um Empathie zu üben. In einer dieser Übungssituationen berichtete einer der Teilnehmer von seinen vielschichtigen familiären Herausforderungen. Eine GfK-Freundin fing an nachzufragen: „ich habe das nicht verstanden. Und das Kind ist von Dir?“ Er antwortete, es entspann sich ein Zwiegespräch und ich bin irgendwann einfach explodiert und habe geblafft, „das ist keine Empathie!“ Ich war in dem Moment total verzweifelt und unter Druck, aber eben nicht wirklich mit mir in Verbindung, sonst wäre ich vielleicht weggegangen und hätte mich erst mal neu sortiert.
Wir haben als Gruppe ziemlich lange gebraucht, um die Scherben meines Ausbruchs zu beseitigen. Der Befragte erzählte später, er habe sich bei den informatorischen Fragen der GfK-Freundin wie bei der spanischen Inquisition gefühlt, total unbehaglich, und er hätte aus den Fragen auch eine Bewertung rausgehört. Als hätte sie gesagt, wie, was sind denn das für Zustände??? Sie hatte es nicht gesagt, aber er hatte es so wahrgenommen. Und die Freundin war einfach nur total verwirrt und glaubte, sie müsse überhaupt erst mal verstehen, worum es sich bei dem Problem handele, um dann Empathie geben zu können. DAS ist aber nicht das, was Marshall unter Empathie versteht. Empathie ist Präsenz, und für Präsenz brauche ich NICHTS zu wissen.

Letzten Endes geht es aber um die Haltung, und nicht um Worte. im Idealfall kann ich jemandem Empathie geben, der nur Kisuaheli spricht und weinend auf einem Bahnsteig sitzt. Ich brauche nicht zu wissen, ob er seinen Zug verpasst hat oder ein geliebter Mensch nicht angekommen oder gerade weggefahren ist. Scheißegal. Ich kann mich mit dem Menschen verbinden und seine Hand halten. ich muss seinen Kummer nicht zu meinem machen, ich muss sein Problem nicht lösen, ich muss ihn nicht mal verstehen. Es reicht, beim anderen zu sein. Und wenn es Momente gibt, in denen das Gegenüber sich gesehen und gehört und unterstützt und begleitet fühlt durch den Satz „was ist passiert?“, dann ist dieser Satz in dieser Situation perfekt.

Das will ich mir in meiner heutigen Verzweiflung ins Gedächtnis rufen, wenn ich mit Sätzen zu dealen habe die da lauten:

Ich finde, dass der Kommentar, gemessen an unserer Situation nicht angebracht war.
Da hätte ich gern eine Tüte Empathie.

Vielleicht klinke ich mich heute Abend noch in die NVC-Hotline ein.

So long!

Ysabelle

Bitten als Geschenk: Memnoon

Hallo, Welt!

Auch dieses Thema ist geklaut von Gewaltfrei im Norden. Wäre doch schade, wenn es dort unter tausenden von Terminpostings untergeht…

So long!

Ysabelle

– Memnoon Energy ist ein libanesisches Wort und heisst „Segen“. Die Story dazu: Marshall traf in einem IIT eine Frau, die im Rollstuhl war und staendig Unterstuetzung benoetigte. Als er einmal mit ihr spazieren ging, fragte er sie, ob es nicht fuer ihren Partner schwer sei, ihr immer zu helfen und ob es ihr nicht schwer falle, ihn immer wieder um Hilfe zu bitten. Sie sagte, nein, ihr Partner tippe sich immer mit der Hand auf das Herz und sage „Memnoon“, wenn sie ihn um etwas bitte, und damit wolle er sagen, dass er es als Segen fuer sich selbst empfinde, das Erbetene fuer sie tun und damit zu ihrem Wohlbefinden beitragen zu koennen. Marshall bezeichnet dies als die schoenste Art „you’re welcome“ (also „bitte“ auf ein „danke“ hin) zu sagen.

Diese Beschreibung, die mein Herz berührt, fand ich unter

http://www.anne-m-dietrich.net/9730.html?*session*id*key*=*session*id*val*

Weiter unten dann der Hinweis:

http://www.puresync.com/article090807.htm


Requests

Once we identify what our needs are we can make a request. There are two important aspects of making requests. The first aspect is to distinguish whether your request is in the positive or the negative. The second aspect is differentiating requests form demands. If we want to cast blame onto the other party, we will have difficulty making requests.

To make a request in the positive means you are asking for something to be done verses asking for something not to be done. When a request is made in the negative it does not give clear direction regarding the actions which would enrich each person’s life. Often when a request is stated in the negative there is an aim at controlling a situation. Rosenberg states, “The objective of NVC is not to change people and their behavior in order to get our way; it is to establish relationships based on honesty and empathy that will eventually fulfill everyone’s needs.” When making requests it is important to keep in mind that there may be other options that will be more fulfilling to all parties involved.

Stating a request in the positive helps it to be heard as a request verses a demand. Although you do not know if a request is truly a request until it receives a no. The rejection of a request is the test to see if it really is a demand. When a demand is heard, the person hearing it has only two choices, to submit or to rebel. When a person acts from a place of submission or rebelling, they are acting from a place of having no authority. It is important, if you perceive a demand to find the needs behind it and then find other solutions to meet these needs. By doing this, you have expanded a perceived demand into a perceived request, and then you are free to choose what feels best to you.

Requesting may be the last stated step in the NVC model, but that does not mean that after a request is stated that the process is over. We request strategies to meet our needs and it is important to be open to our needs being met in a multitude of ways. Rosenberg suggests that we interpret no’s to be memnoons. A memnoon is a request that blesses the one who is asked. It is helpful to realize that as we empathize with the feelings behind the “no” the person who is saying the “no” will be developing a stronger sense of trust for us and will be more likely to agree with another request or even offer one that you did not even think of. When a “no” is received as a memnoon or as an opportunity to serve, our intent is clear of demands and focussed on fulfilling needs.

Ich finde es sehr bereichernd zu entdecken, dass es auch andere als kaufmännische Aspekte gibt, um Menschen zu unterstützen: Ich gebe dir und du gibst mir…
Ich mache etwas für Dich, um anerkannt und geliebt zu werden…
Keine erfüllenden Gründe! Vielmehr begebe ich mich in die Marionetten-Fäden, werde abhängig von der Anerkennung anderer.
Schon cool, wenn man die Fäden durchtrennen kann und Memnoon oder Mizwa übt…

So long!

Ysabelle

Mizwa – Bitten als Geschenk

Hallo, Welt!
Hier ein Posting, das ich aus dem Forum „Gewaltfrei im Norden“ geklaut habe. Die Info passt so gut zum Thema „Sorgen als Geschenk“, dass ich nicht widerstehen konnte.

So long!

Ysabelle

In den IIT-CD’s von Marshall Rosenberg kommt neben dem Wort Memnoon (arabisch sinngemäß für: es ist mir eine Ehre und Freude, dies für Dich tun zu dürfen) auch der Begriff Mizwa für die gleiche Sache vor. Hier der Versuch, mich Mizwa zu nähern. Ergänzungen sind sehr willkommen.

Von der Homepage
http://www.mizwa.de/mizwa.html

G-tt gab uns Gebote, die Ihm lieb sind und die essentiell sind für Seinen ewigen Weltenplan. Wenn wir eine Mizwa (ein Gebot) ausüben, tun wir etwas für Ihn. Etwas das Er unendlich wünscht, das Ihn in Ewigkeit berührt.

Wir dienen Ihm, anstatt anzustreben, dass wir von Ihm bedient werden. Die Gelegenheit zu dienen bietet einen Ausweg aus dem Narzismus indem sie uns über uns selbst hinausträgt. Das Wesentliche ist nun die Tat, nicht die Person. Ist die Tat gut? Das ist die Frage. Ist sie richtig? Auch wenn ich nicht zur Gänze gut bin, kann ich das wahrhaft Gute tun. Wenn du eine Mizwa machst, ist das gut, unabhängig davon, wer oder was du sonst bist. Diese garantierte Gelegenheit bringt wirkliche Freude ins Leben. Daher heisst es „Diene G-tt mit Freude“, denn Dienen ist hier das einzige Mittel zur Freude. <...> Nicht weniger signifikant ist die Tatsache, dass wir geboren sind für diese Mizwot. G-tt hat uns für dieses Projekt geschaffen. Es ist daher gerade unser wahrstes „Selbst“, das die Mizwot ausübt, und nicht etwa Selbstverleugnung.

Die Homepage schreibt nicht „Gott“, sondern statt des o einen Bindestrich. Ich finde es verwirrend, aber um der Authentizität willen lasse ich es so.

Wikipedia vermeldet:

Mitzwa

Eine Mitzwa (so die sefardische Aussprache; aschkenasisch Mitzwo, hebr. מצוה; Mehrzahl: sefardisch Mitzwot, aschkenasisch Mitzwauss oder Mitzwojss) ist ein Gebot im Judentum, welches entweder in der Tora genannt wird oder von den Rabbinern festgelegt wurde.

Auf dieser sehr ansprechend gemachten Homepage gibt es Mizwa-Minuten, auf denen man güt die einzelnen Mizwas kennen lernen kann

http://www.de.chabad.org/library/article_cdo/aid/834627/jewish/Mizwa-Minuten.htm

Da geht es unter anderem um Gastfreundschaft, Wohltätigkeit und Nächstenliebe.

Die Seite scheint mir ganz spannend, um mehr über das Judentum und die Glaubensgrundsätze kennen zu lernen.
Unter anderem sind die zehn Grund-Mizwa (?) aufgezählt, hier ein Ausschnitt:

Als eine Verbindung zwischen G-tt und den Menschen – als eine Brücke zwischen dem Schöpfer und seiner Schöpfung – hat eine Mizwa eine kosmische Bedeutung. Sie ist eine Tat von unendlichem Wert. Der Rebbe zitierte oft Maimonides: „Eine einzelne Person, wenn sie auch nur eine Mizwa tut, kann es schaffen, die gesamte Welt zur Erlösung zu bringen.“

Deshalb erging sein Ruf an alle Juden: Selbst wenn du nicht vollständig ein Leben nach der Tora lebst, – tu trotzdem etwas. Starte mit irgendeiner Mizwa! Der Wert deiner Tat wird nicht geschmälert, nur weil du eine andere Mizwa nicht erfüllst.

Der Rebbe schlug zehn mögliche “Mizwot für Anfänger” vor. Sie sind zugleich Grundsätze der Tora, geradezu ideal für Menschen, die zum ersten Mal mit Mizwot in Berührung kommen.

<...>

5. Zedaka (Wohltätigkeit)
Geben Sie täglich Zedaka (kleine Spende). Wenn Sie Bedürftigen geben, sind Sie G-ttes Gesandter und erhalten seine Schöpfung am Leben. Ihr Zuhause gleicht einem Klassenraum. Denn wenn Sie dort eine „Puschka“ (Spendenbox) aufbewahren und täglich ein paar Münzen hineinstecken, lehren Sie Ihre Kinder den noblen Wert regelmäßigen Gebens.

Marshall sagt, in den verschiedenen Kulturen sind ca. acht Prozent der Bevölkerung solch einem Konzept wie Mizwa oder Memnoon verpflichtet, dies ließe sich statistisch nachweisen.

Sorgen als Geschenk

Hallo, Welt!

Gestern bin ich auf ein seltsames Phänomen gestoßen.
Es gibt Menschen, mit denen mag ich über meine Sorgen sprechen und mit anderen nicht. Eine Binsenweisheit?
Seit einigen Monaten gibt es einen Menschen in meinem Leben, der sich sehr präsent zeigt. Regelmäßige Mails, Facebook-Kommentare, Anrufe. Ich erfahre nur Freundlichkeit aus dieser Verbindung. Doch obwohl mich mein Gegenüber geradezu drängt, mag ich nicht wirklich tiefer erzählen, wie es mir geht. Ich spüre gerade, dass es vielleicht an den Reaktionen liegt. Sie sind immer mir zugewandt, aber versehen mit Ratschlägen und Beschwichtigungen a la „das muss man nicht so ernst nehmen“ oder „lass dich doch davon nicht so niederdrücken“.
Samstag Abend hatte ich einen überraschenden Anruf von einer GfK-Freundin, mit der ich 2009 zusammen beim IIT (international intensive Training) in der Schweiz war. Ihre zweite Frage nach der Begrüßung war, „wie geht es dir?“, und innerhalb von drei Minuten hatte ich den Eindruck, ich wäre auf der Couch. Dafür, dass wir ein halbes Jahr nichts voneinander gehört haben, ging mir das zu schnell, zu tief. Es brauchte ganz viel Verbindung zu mir selbst, dafür einen angemessenen Umgang zu finden.
Und heute morgen habe ich verstanden, dass es ein Geschenk an andere Menschen ist, wenn ich ihnen von meinen Sorgen erzähle. Ich zeige damit mein Vertrauen, Nähe, Verbindung und Sicherheit. Es ist ein Signal: Bei dir fühle ich mich warm und geborgen, ich fürchte keine Kommentare und keine Bewertungen. Danke an meine Freunde Arbitrium und Tabasco, dass sie für mich offene Ohren haben.

So long!

Ysabelle

Kraut & Rüben (7)

Hallo, Welt!
Wenig los hier in den vergangenen Wochen. Es ist nicht so, dass es keine Themen gibt. Ich schaffe es nur nicht mehr bis in den Blog. Tagsüber kommen die zündenden Ideen und wenn ich abends nach Hause komme, bin ich einfach nur platt. Ist das das Alter?

 

Gestern Vormittag habe ich ein bisschen Bettwäsche aus der Heißmangel geholt. Ich war total müde und schlapp und sagte zu der Dame an der Kasse: „Ich bin gestern erst 22.20 Uhr von der Arbeit gekommen.“ Mit einer Art Schnauben entgegnete sie: „So lange arbeite ich immer. Erst hier im Laden und dann der Haushalt.“ Und ich dachte, puh, was ist hier denn los? Ich hätte gern so etwas gehört wie „das ist auch wirklich spät“ oder „doof, wenn man am nächsten Tag wieder früh raus muss“. Stattdessen „hörte“ ich ihre Antwort als „es ist normal, lange zu arbeiten. Stell dich nicht so an! Ich arbeite noch viel härter als du…“ und wieder einmal war ich fasziniert, was ich so alles wahrnehme, wenn ich Beobachtung und Gefühl voneinander trenne. Ich war allerdings zu erschöpft, um der Dame Einfühlung zu geben und habe wahrscheinlich nur hohl geguckt.

 

Dann kam der Termin bei der Fußpflege. 10 Uhr. Ich war pünktlich. Nach einer Minute kam sie aus der Kanine und sagte, „das dauert noch einen Moment!“ Dann stutzte sie, sah auf die Nagelfeile in meiner Hand uns sagte, „was ist das für eine Feile?“ Ich antwortete, „Von Alessandro“. Sie entgegnete, „und was soll ich damit?“ Und ich sagte: Gar nichts. Ich will mir die Fingernägel feilen.

 

Der „Moment“ dauerte dann 20 Minuten und ich hatte reichlich Gelegenheit, meinen Gefühlen und Bedürfnissen nachzuspüren.
Uff. Verspätungen ind ja eine großartige Gelegenheit, nach innen zu horchen. Denn auch „Pünktlichkeit“ steht nicht auf Marshalls Bedürfnisliste. Ich fand, dass mein Bedürfnis nach Autonomie im Mangel war. Ich möchte gern frei entscheiden, was ich mit meiner Zeit mache. Und ich brauchte Klarheit. Wie lange dauert ein Moment? Es hatte auch etwas mit Wertschätzung zu tun. Für die Kundin in der Kabine war Zeit, für mich anscheinend nicht. Noch nicht.
Als ich dann mit 22 Minuten Verspätung dran kam, habe ich gesagt, wie es mir geht: Ich bin richtig in Stress gekommen, weil meine Zeit Samstagmorgens immer sehr knapp bemessen ist. Ich muss noch zur Änderungsschneiderei, zum Friseur und ein paar anderen Stellen, und hier werden mittags die Bürgersteige hochgeklappt. Ich kann das gut verstehen, dass sich eine Kundin verspätet, aber ich wünsche mir einfach Klarheit, wie lange es noch dauert und dann kann ich in der Zwischenzeit ein paar Sachen erledigen.

 

Schweigen. Schweigen.
Schweigen.
Ich fühlte mich unbehaglich. Im Nachhinein dachte ich, Mensch, du hast die Brücke vergessen. „Wie geht es Ihnen mit dem, was ich gerade gesagt habe?“
Das geschieht mir in letzter Zeit öfter. Ich finde einen Selbstausdruck (so und so geht es mir…), aber das macht halt noch keine Verbindung. Eine günstige Gelegenheit, mich selbst in die Pfanne zu hauen. Ich lasse sie aus und nehme zur Kenntnis, dass ich mich gern stärker um diese Brücke zum anderen kümmern möchte.
Gestern Nachmittag dann ein Telefonat mit dem ausgeladenen Gast vom vorigen Wochenende. Ich war berührt zur Kenntnis zu nehmen, dass unsere Beziehung offenbar keinen ernsthaften Riss durch meine Absage erhalten hat. Ich sprach gestern Abend mit meiner GfK-Freundin Herzi darüber. Sie fand in der Rückschau mein Verhalten vom vergangenen Wpchenende wunderbar klar und eindeutig und die Anfrage von gestern einfach nur unverschämt. Während ich feierte, dass die Beziehung noch bestand, witterte Herzi einfach nur schamloses Ausnutzen. Nö, ich bewerte nicht… 🙄

 

Und dann gab es gestern noch ein Telefonat…

Gestern Abend um elf, ich war gerade am Einschlafen, klingelte das Telefon. Es war ein alter Bekannter, von dem ich jahrelang nichts gehört hatte. Er wollte von meinen Verbindungen zum Hexenkult hören. Das Telefonat hat mich tief erschüttert. An meiner Hauswand hängt ein Airbrush mit einer großen Eule und einer kleinen Hexe auf einem „Easy-Rider“-Besen. Ich bin ein großer Harry-Potter-Fan und so kam das Bild zustande. Zum Hexenkult habe ich keinerlei Verbindung. Im Verlauf des Geprächs stellte sich heraus, dass der Bekannte gerade von einem mehrwöchigen Aufenthalt in der Psychiatrie nach Hause gekommen war. Er hat Wahnvorstellungen, in denen finstere Mächte durchaus eine Rolle spielen.
Stolz erzählte er, dass er nach wie vor raucht und trinkt, und ich vermute, dass er auch Drogen nimmt. Natürlich sind alle anderen doof und man tut ihm ständig Unrecht. Als das Gespäch nach ca. 45 Minuten endete, war ich so aufgeregt und angespannt, dass ich nicht einschlafen konnte. Und ich dachte bei mir, mit Sucht und Depressionen kann ich umgehen. Aber Schizophrenie löst wirklich Angst bei mir aus. Ich merke, während ich das tippe, dass da mein inneres Kind in Not kommt. Da gibt es irgendetwas von früher, was da getriggert wird. ich habe noch nicht raus, was es ist.

 

Auch hier wird dann gleich wieder die Latte hoch gehängt. Wie hätte Marshall in diesem Gespräch reagiert? Er zitiert das Buch von Thomas Szasz „The myth of mental illness“, wonach es eben keine Geisteskrankheiten gibt. Es ist mir gelungen, das Werk antiquarisch zu erstehen, gelesen ist es noch nicht… Also: Ich müsste, ich sollte… und dann habe ich mir einfach eingestanden, dass mich dieses Verhalten des Anrufers, seine schnelle Sprache, die Dinge, die er erzählte, einfach total verunsichert haben. Abends um 11 ohne Vorwarnung so ein Gespräch – das muss mir nicht gefallen und es ist total in Ordnung, darauf nicht mit Begeisterung zu reagieren!

 

Das war das Wort zum Sonntag 😉

 

So long!

Ysabelle

Von Zügen und Tapeten

Hallo, Welt!

Gestern war ich mal wieder mit der Bahn unterwegs, immer wieder ein besonderes Erlebnis. Der IC von Rostock nach Frankfurt erreichte Hamburg mit einem defekten letzten Wagen. Ich schätze, 130 Plätze, von denen viele reserviert waren, fehlten. Am Gründonnerstag, einem der Hauptreisetage im Jahr.
Später dann am Abend dann wollte ich in die andere Richtung. Der Bahnsteig füllte sich, die Abfahrtszeit rückte näher, aber kein Zug kam. Es kam auch keine Ansage und keine Anzeige. Die Abfahrtszeit war längst verstrichen, als in der Ferne die Lichter des Zuges zu sehen waren. Eintreffen zehn Minuten nach Abfahrt – ist das schon ein Zeitparadoxon?
Während ich wartete, versuchte ich herauszufinden, welche Bedürfnisse in mir unerfüllt waren. Respekt sprang mich als erstes an. Als Kunde möchte ich respektvoll behandelt werden. Die Strategie dazu ist, dass man mich informiert, was los ist. Klarheit, Unabhängigkeit, Autonomie. Ich möchte gern selbst entscheiden, was ich mit der Wartezeit anfange. Das kann ich aber nicht, wenn ich keine Informationen habe. Und wieder einmal wurde mir deutlich, dass „mein Zug soll kommen“ kein Bedürfnis ist, auch wenn es sich im ersten Moment so „anfühlte“.
Die intensivste Lektion zu diesem Thema bekam ich 2008. Damals wurde mein Arbeitszimmer von Grund auf renoviert. Ich hatte mit maximal zehn Arbeitstagen gerechnet, aber nach drei Wochen waren die Fortschritte noch immer wenig erkennbar. Meine Verzweiflung stieg ins Unermessliche. Zum Glück war gerade an einem Wochenende ein GfK-Modul angesagt und ich begriff: Tapeten an den Wänden sind kein Bedürfnis! Als ich der Sache nachspürte, stellte ich fest, dass es mir in erster Linie gar nicht um die herumliegenden Werkzeuge, den Dreck oder das Durcheinander im Haus ging. Das war zwar lästig, aber letzten Ende nicht lebensgefährlich. Was mir fehlte, waren ganz andere Dinge. Klarheit (wie es weiter geht und wann die Arbeiten abgeschlossen sein würden), Unterstützung, Kooperation, vor allem aber Verbindung. Hallo, sprich mit mir! Und genau so war es gestern Abend bei der Bahn. 2008 habe ich einen ziemlich klaren Selbstausdruck gefunden. Noch heute erinnere ich mich an die Kraft, die mir zuteil wurde, als ich endlich „gesagt“ hatte, was mir fehlte. Ich hatte mich gezeigt, und ich war bereit, die Konsequenzen zu tragen, zum Beispiel Komplettabbruch der Arbeit. Die Folge war jedoch, dass es wieder zu Verbindung kam, zu Klarheit, Gemeinschaft. Vielleicht sollte ich mal mit Farbe und Pinsel über den Bahnhof ziehen und meinen Freunden aufschreiben, was meine Bedürfnisse sind. Interessanterweise ist das Bedürfnis eben nicht, dass der Zug pünktlich ist. Das steht auch gar nicht auf Marshalls Bedürfnisliste. Aber Sicherheit, Verbindung, Klarheit, Autonomie – das sind meine Bedürfnisse, für deren Erfüllung ich mich gern einsetze. Nur – wie? Vielleicht schreibe ich doch mal an Herrn Grube. Völlig gewaltfrei natürlich…

So long!

Ysabelle

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