Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

In der Übungsgruppe

Hallo, Welt!

Ich habe ja bisher immer nur davon geredet, dass ich gern eine Übungsgruppe hätte. Doch gleichzeitig konnte ich nicht erkennen, wie ich die entsprechenden Ressourcen aktiviere, die Zeit, einen Raum, die Leute… Und das Weitergeben von GfK fand deshalb bisher fast immer 1:1 statt. Doch kürzlich fiel mir eine Übungsgruppe in den Schoß und gestern war ich das erste Mal da.
Was für ein außergewöhnlicher Abend! Drei Menschen, die Vorerfahrung haben, wollen GfK in ihr Leben bringen. Ich bin zutiefst berührt von ihrer Ernsthaftigkeit und gleichzeitig betroffen zu sehen, wie beschwerlich dieser Weg ist. Bin ich wirklich schon so weit gegangen? Ich erinnere mich genau an viele Situationen, in denen ich ebenso gedacht oder gehandelt habe wie meine neuen Gefährten. Die Begriffe Ichbezogenheit und Angriffsgedanken kommen mir dazu in den Sinn. Was ein anderer sagt oder tut hat eine, manchmal geheime Botschaft für mich. Und die ist oft genug: Mit dir stimmt etwas nicht! Was für ein Geschenk, mich allmählich davon befreien zu dürfen. Und wie schmerzhaft zu sehen, wie schwierig es ist, Beobachtung und Gefühl voneinander zu trennen! Was ist die Beobachtung? Was sind die Gefühle? Hm, das ist kein Gefühl, das ist eine Bewertung. Und was ist das Gefühl dazu?

Ich habe gestern Abend eine große Hilflosigkeit gespürt. Auf der einen Seite konnte ich erkennen, dass ich wirklich große Fortschritte gemacht habe. Auf der anderen Seite merke ich, dass ich in der Weitergabe von Wissen wirklich ganz am Anfang stehe. Wann ist es sinnvoll, den anderen zu unterbrechen? Wann sollte ich etwas sagen, wann die anderen erst kommentieren lassen? Wie kann ich respektvoll bei meinem Gegenüber sein und ihm dabei noch ein wenig praktische GfK vermitteln? Es war klar, dass ich nicht als übendes Mitglied in die Gruppe gehen würde. Ich war ja ausdrücklich gebeten worden, quasi für Input/Überblick zu sorgen, damit die anderen Teilnehmer entspannt üben können.

Seit zehn Jahren bilde ich Auszubildende aus. Gerade habe ich wieder eine junge Praktikantin, mit der ich täglich arbeite. Das fällt mir ziemlich leicht. Aber gestern Abend da zu sitzen, mit dem Kopf voller Wissen aber ohne innere Richtschnur, was ist hier gerade angemessen oder angebracht, das war schon eine besondere Erfahrung. Ich danke meiner Übungsgruppe, dass sie mir das vermittelt hat.

So long!

Ysabelle

Rundum schön…

Neulich legte mir ein Kollege eine Zeitungsmeldung auf den Tisch und meinte, „vielleicht kannst du damit was anfangen. Ich habe dem Thema ein wenig nachgespürt und schließlich beim Focus folgende, wie ich finde, spannende Geschichte gefunden.
Vielleicht habt Ihr Lust, mit mir darüber zu diskutieren.

Die wissenschaftliche Grundlage zu dem Thema gibt es hier.

Übrigens – ich wiege 72 Kilo.

So long…

Ysabelle

 

 

 

Übergewicht

Fremdbild beeinflusst das Selbstbild

Warum sich schlanke Frauen in ihrer Haut nicht wohl fühlen, Übergewichtige dagegen rundum zufrieden mit sich sind, liegt mit daran, welches Feedback sie von der Umwelt auf ihren Körper erhalten.
Eigentlich sprechen die Waage und der Spiegel die deutlichste Sprache. Dennoch ist es für Frauen weniger der eigene Blick auf den Körper, der das Selbstbild bestimmt, als vielmehr das Bild, das ihnen durch die Reaktion ihrer Umwelt widergespiegelt wird. Der größte Einfluss kommt dabei natürlich besonders nahestehenden Menschen zu.

Auf der anderen Seite sind Frauen aber sehr gut in der Lage, auf ihre innere Stimme zu hören, was ihrem Körper gut tut und was nicht. Das gelingt ihnen umso besser, je positiver die Signale sind, die sie von außen empfangen. In diesen Fällen richtet sich der Fokus zunehmend weg von der eigenen Optik hin zur Gesundheit des Körpers. In der Folge steigt ihre Wertschätzung für sich selbst an. Je höher die Wertschätzung, desto besser ist das Bewusstsein für das eigene Hunger- und Sättigungsgefühl. Frustessen oder Essen, ohne hungrig zu sein, werden seltener. Das zeigt eine Studie von Forschern der Ohio State University, die im „Journal of Counseling Psychology“ erschienen ist.

Die Hälfte aller Frauen mag ihren Körper
Andere Studien hatten gezeigt, dass 50 Prozent der Frauen ihren Körper in Ordnung finden. Die aktuelle Studie von Tracy Tylka und Kollegen sollte nun ergründen, wieso einige Frauen zu einer gelassenen Einstellung finden, während andere dauerhaft unzufrieden sind.

Dazu erstellte sie ein sogenanntes Akzeptanz-Modell anhand von Angaben von Frauen im College-Alter. Darin enthalten sind Faktoren, die beeinflussen, ob Frauen ihre Körper schätzen und dementsprechend vernünftig essen. Dieses Modell weitete Tracy Tylka für die Studie auf Frauen zwischen 18 und 65 aus. Die 801 Teilnehmerinnen ordnete sie drei Gruppen zu: junge Frauen zwischen 18 und 25, Frauen zwischen 26 und 39 und Frauen zwischen 40 und 65.

Positives Feedback für ein stärkeres Ego
Alle wurden dazu befragt, wie gut sie sich sozial angenommen fühlten, ob sie glaubten, ihnen nahestehende Menschen, die Gesellschaft oder die Medien akzeptierten ihren Körper, wie wichtig es ihnen war, dass ihr Körper gut funktioniert, wie sie ihren Körper selbst empfanden und ob sie intuitiv essen.

Insgesamt waren die Wege zur Wertschätzung des eigenen Körpers und zu intuitivem, gesundem Essverhalten für alle Altersgruppen gleich. Frauen, die sich sozial geborgen fühlten, gingen eher davon aus, dass andere ihren Körper akzeptierten – mit allen positiven Folgen wie einem gesünderen Essverhalten und einer ausgeglicheneren Einstellung zu sich selbst.

Ältere leiden eher unter Übergewicht
Teilnehmerinnen der älteren Gruppen litten stärker unter ihrem Übergewicht als jüngere. Für Frauen zwischen 26 und 39 lag der Fokus dagegen eher auf der Gesundheit des Körpers. „Wir haben überlegt, ob junge Erwachsene im fortpflanzungsfähigen Alter eher auf ihren Körper als ihre Figur achten, auch im Hinblick auf Nachwuchs. Danach nimmt diese Wertschätzung aber wieder ab“, sagt Tracy Tylka.

Der Body-Mass-Index beeinflusste das Essverhalten in den zwei älteren Frauengruppen – sie aßen seltener analog ihres Hungergefühls, sondern orientierten sich an Kalorientabellen. „Das könnten bedeuten, dass dickere Menschen sich durch andere unter Druck gesetzt fühlen, abzunehmen. Deshalb setzen sie sich auf Diät und hören nicht mehr auf ihre innere Stimme“, mutmaßt Tracy Tylka. „Möglicherweise beginnen diese Frauen mit der Zeit, ihrem Körper zu misstrauen, auch im Hinblick darauf, ob sie Hunger haben oder satt sind.“ Die jüngeren Frauen zeigten keinen Zusammenhang zwischen BMI und Essverhalten.

Neiiiiinnn…

Hallo, Welt!

Mein Sohn und meine Schwiegertochter haben mir heute einen Vorschlag gemacht. Die Idee hat für beide Seiten Vorzüge, für mich aber auch deutliche finanzielle Nachteile/Verluste. Und ich merke, wie schwer es für mich ist, nein zu sagen. Wenn es doch so viele gute Gründe für ein Ja gibt, vor allem für andere, wie kann ich dann nein sagen?

Heute Abend habe ich versucht, einen Vorstoß in Sachen Bedürfnisse zu machen. So ganz hat es noch nicht geklappt, vielleicht weil ich selbst so verstrickt bin. Ach, GfK ist so viel einfacher, wenn man nicht selbst betroffen ist.

Ich bleibe dran.

So long!

Ysabelle

Neue Wege gehen

Hallo, Welt!

Vor ein paar Wochen habe ich einen banalen Fragebogen ausgefüllt und ohne Nachdenken angekreuzt, ich wolle Dinge anders machen.

Heute fragte mich jemand: Was willst du denn anders machen?

Ich war verblüfft und ratlos. Ja, wie will ich denn heute leben? Nach welchen Werten will ich mein Leben ausrichten?

Heute sind mir zwei Werte noch einmal sehr bewusst geworden. Ich weiß schon länger, das „Verlässlichkeit“ für mich ein wichtiges Thema ist. Das Bedürfnis dahinter ist Sicherheit. Ich möchte mein Leben planen können. Natürlich gibt es immer Dinge, die dazwischen funken können. Ich glaube, es war John Lennon, der gesagt hat, „Leben ist, was passiert, während du andere Pläne machst“. Aber wenn es Verabredungen gibt, möchte ich darauf vertrauen können, dass sie eingehalten werden.

Und jetzt habe ich festgestellt, dass mir auch Transparenz total wichtig ist in meinem Leben. Und ich merke, dass fehlende Transparenz wirklich ein dickes Thema in meinem Leben ist. Was passiert eigentlich gerade bei dir? Was geht in mir vor? Welche Auswirkungen hat das für dich, für mich, für unsere Beziehung? Über viele Jahre habe ich mit großer Unsicherheit gelebt und Strategien entwickelt, wie ich vermeintlich kontrollieren kann, was geschieht.

Das will ich heute nicht mehr. Ich wünsche mir Transparenz, Verbindung, Klarheit, Ehrlichkeit, Sicherheit und Unterstützung. Es macht mich traurig zu realisieren, dass solche „banalen“ Bedürfnisse bei mir so lange im Mangel waren.

So long!

Ysabelle

Grenzen

Hallo, Welt!

In meinem Bemühen beizutragen hatte ich mir an diesem Wochenende zwei dicke Brocken gegönnt.

Ein Freund hatte ein Anliegen bezüglich eines anderen Freundes.

Er hatte eine Mail bekommen, die nicht sein Bedürfnis nach Verbindung, Nähe und Unterstützung erfüllte. Er bat mich, ihm bei der Formulierung der Antwort zu helfen.

Es war für mich total klar, dass er in erster Linie Empathie brauchte.  Zum Glück hatten wir auch Gelegenheit, miteinander zu sprechen.

Zum Schluss habe ich dann einen Entwurf für eine Antwort zusammengezimmert, und inzwischen hat mein Freund auch schon eine Antwort, die in meinen Augen wieder eine Tür geöffnet hat.

Öhöm. Ich glaube, das liest sich ziemlich wirr.

Ja, und dann habe ich versucht, einem anderen Freund Empathie zu geben, der anscheinend ziemlich in Not ist. Per Mail.

Und da bin ich eindeutig an meine Grenzen gekommen. Obwohl es eine ziemlich genaue Schildung gab, was geschehen war (Beobachtung), bin ich mit meinen Vermutungen in Bezug auf Gefühle und Bedürfnisse total ins Schwimmen geraten. Es fühlte sich an, als würde ich Bauklötzchen aus Vermutungen aufeinandertürmen und bewege mich doch auf schwankendem Fundament. Das las sich dann so:

(Ausschnitt)

Hattest Du zu diesem Zeitpnkt Gefühle wie

ängstlich
angespannt
beklommen/besorgt
vielleicht dumpf
erschlagen
erschöpft
hilflos
irritiert
miserabel
nervös
scheu

???

(brauchtest Du Schutz, Sicherheit, Vertrauen und Gesehen werden?)

Es fiel Dir schwer, Dich zu konzentrieren.

Habe ich das richtig verstanden?

Als Du Deine Körperhaltung überprüftest, hattest Du die Sorge, Du könntest eingeschafen gewesen sein.

Fühltest Du an dieser Stelle Scham, Angst und Schreck?

(War es Dir wichtig, den anderen Teilnehmern und dem Seminarleiter Wertschätzung und Respekt zu signalisieren?)

Als nächstes stellte Z.  ihr Repräsentantenteam zusammen. Du wurdest nicht gebeten, daran teilzunehmen.

Löste dieses Vorgehen bei Dir folgende Gefühle aus???

einsam
traurig
erschöpft
hilflos
unglücklich


(war es Dir wichtig, mit beizutragen? Wolltest Du gern gesehen werden?)

Schließlich bist Du – mutmaßlich durch A’s Bemerkung und B.’s Frage als Unterstützung von Z. zum Einsatz gekommen.

Nachdem die Aufgabe beendet war, sagte B., es gebe eine Pause.

Diese Information löste bei Dir folgende Gefühle aus (??? ich rate!)
Irritation
Unbehagen
Einsamkeit
Hilflosigkeit

und fehlten Dir zu diesem Zeitpunkt
Verbindung
Verstehen
Klarheit
Struktur
Unterstützung

???

Als B. wieder in den Raum kam, wurde getanzt, und Du spürtest, wie sich Deine Einsamkeit ein wenig löste. An Deinem grundsätzlichen Unbehagen änderte sich aber nichts.

Habe ich das bis hier hin richtig verstanden???

Nach dem Tanzen gab es eine neue Aufgabe und Dir wurde A als Partner zugeteilt. Das war gerade der Mensch, mit dem Du die Aufgabe am wenigsten gern gemacht hättest.

B. sagte, „du sollst nicht so verschlossen sein“.

Als Du das hörtest, fühltest Du Dich da

klein,
elend,
deprimiert
furchtsam
traurig

???

und fehlten Dir Respekt, Gesehen werden, Schutz und Vertrauen?

Ich habe den Versuch schließlich abgebrochen. Das erschien mir einfach unsolide und mir fehlten Verbindung und Austausch. Insgesamt haben mich diese beiden Brocken rund fünf Stunden beschäftigt.

Und andere Sachen sind wieder liegen geblieben.

Ich bin frustriert, weil ich nicht alles geschafft habe, was mir wichtig war. Wann werden endlich die 30-Stunden-Tage geliefert?

Ach, ich vergaß… ich habe mir an beiden Wochenend-Tagen einen Mittagsschlaf gegönnt. Ich habe für mich gekocht und ich war heute Abend ein bisschen spazieren. Selbstfürsorge… Das ist etwas, das mir noch immer schwer fällt. Aber ich bin auf dem Weg.

So long!

Ysabelle

Brief aus Tokio

Hallo, Welt!
Beim Blättern in der heutigen TAZ fand ich den folgenden Artikel, der mich sehr berührt hat. Er stammt von einer Schriftstellerin, die in Tokio lebt. Ich habe ihn bei TAZ online gefunden und stelle ihn hier (heimlich) ein, mit der Bitte, kauft doch ab und zu mal ne TAZ, da stehen echt spannende Themen drin, die man woanders so nicht findet… Und ich erlaube mir, die Stelle zu fetten, die mich besonders angesprochen hat.

So long!

Ysabelle

Ich entscheide mich zu leben
BLEIBEN Massenweise besorgte E-Mails und Anrufe, ständiges Grübeln bis zum Schlechtwerden, aber endlich Vollmond in Tokio. Ein Brief

VON AKIRA KURODA

Es gibt im Leben entscheidende Momente. Man könnte auch sagen: Jeder Moment im Leben ergibt sich aus Entscheidungen. Gestern war ein seltsamer Tag, und ich musste mir über meine Entscheidungsprozesse klar werden; obwohl seit dem Erdbeben jeder Tag ziemlich merkwürdig ist, fühlt es sich fast so an, als habe unsere Wirklichkeit eine zusätzliche Ebene erhalten.

Letzte Nacht bin ich im Haus einer Freundin geblieben. Sie hatte sich in der Nacht zuvor bei einem Nachbeben das Bein gebrochen. Sie lebt in einem tollen Haus mit Wendeltreppe, und es ist ein ziemlich solides Betongebäude, aber im Moment leiden wir alle unter Informationsüberlastung und sind fürchterlich sensibel. Als dieses ziemlich heftige Nachbeben eintrat, war sie so panisch, dass sie ihre Wendeltreppe hinunterfiel; sie stieß sich ziemlich schlimm am ganzen Körper und hatte ungewöhnliche Schmerzen. Aber es war mitten in der Nacht, und deswegen wartete sie bis zum Morgen, um zum Arzt zu gehen. Ich hatte wenig Lust, alleine in meiner Wohnung zu bleiben, also ging ich zu ihr. Sie ist eine meiner engsten Freundinnen.

Auf dem Weg zu ihrem Haus entdeckte ich, dass ich die Dinge anders wahrnehme. Schauen Sie sich um: Sind Sie im Büro? In einem Café? Im Zug? Sind es Fremde? Wenn etwas passiert, sind das Ihre Mitspieler. Das ist Ihr Team. Völlig Fremde bekommen eine ganz neue Bedeutung.

Wie auch immer. Sie kennen die Nachrichten, es geht ja nicht mehr nur um das Erdbeben, sondern um Radioaktivität. Bisher kannte ich das Wort „Radioaktivität“ nur als Song von Kraftwerk, aber nun bekommt es einen anderen Klang. Ich bekomme mit, wie alles stündlich ernster und heftiger wird. Trotzdem weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich die Situation „voll“ verstehe.

Ich bekomme viele Anrufe und E-Mails von meinen Freunden. Sie sagen mir alle, ich soll mich sofort in Sicherheit bringen, viele meiner Freunde haben die Stadt verlassen und bekamen unglaubliche Mengen von Gerüchten weitergeleitet, die angeblich „die Wahrheit“ enthalten über das, was uns bevorsteht. Meine Eltern riefen an und bettelten, ich möge mit ihnen einen „sichereren“ Ort aufsuchen, also unser kleines Haus in den Nagano-Bergen. Ich merkte, dass meine Eltern die Situation so ruhig wie möglich meistern wollen, aber selbst sie sagten, dass sie darüber nachdenken, das Land zu verlassen. Mein Mobiltelefon empfing rastlos und tonnenweise sogenannte Wahrheiten, Drohungen und Propaganda, verrückte Massen von Worst-Case-Szenarien. Von all diesen Mails oder Tweets und dem Gespräch mit meinen Eltern wurde mir schwindlig, mir wurde schlecht, richtig körperlich schlecht. Ich dachte, ich müsste mich übergeben. Also betrachtete ich aufmerksam meinen Gemütszustand und merkte, dass ich sehr angespannt war. Völlig gestresst.

Wer sagt, was normal ist?

Es gab Entscheidungen zu treffen. Ich besaß zufällig ein Ticket nach Okinawa für das Wochenende; ich hatte vor dem Erdbeben geplant, dort Freunde zu besuchen. Und ich machte mir Sorgen um meine Eltern; es gab mit auch zu denken, dass viele Freunde in den Westen Japans reisen. Oder ich könnte in Tokio bleiben. Sollte ich eine Münze werfen? Nein. Ich wusste: Es ist Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Ich musste mich entscheiden, ohne es hinterher zu bereuen. Ich musste hundert Prozent sicher sein: nicht darüber, welcher Ort am „sichersten ist“ – denn unter den gegenwärtigen Umständen kann man das nicht beurteilen, das Erdbeben scheint sich nach Süden zu bewegen -, sondern darüber, was ich will, wohin es mich zieht. Ich musste mir selbst darüber klar werden, was mir am wichtigsten ist. Ich wusste: Normalerweise müsste ich bei meinen Eltern sein, oder? Aber wer sagt, was normal ist? Die anderen? Dann brauchen wir wohl gar nicht nachzudenken, bevor wir entscheiden?

Gleich nach dem Erdbeben entschied ich mich zu leben. Ich wählte das Leben. Sicher, ich liefere mich vollständig aus, aber das heißt nicht, dass es mir egal ist, ob ich lebe oder nicht. Es ist mir NICHT egal. Es war nicht „Ich will leben“, sondern: Ich ENTSCHEIDE mich zu leben. Auch wenn ich das nicht ganz allein entscheiden kann, sollte ich wenigstens eine Forderung an das Universum und das Schicksal stellen, oder? Mein ganzer Körper fordert Leben. Und ich fühle den Drang, mit Ihnen weiter darüber zu reden, was ich fühle und denke, denn ich will es teilen.

Es gibt einen schmalen Grat zwischen Optimismus und Realitätsverleugnung. Optimist zu sein, heißt, glaube ich, immer ruhig zu bleiben und abgeklärt urteilen zu können. Man kann sich so leicht etwas vormachen, indem man nicht nachdenkt oder die Situation ignoriert, und dann wird man Nihilist oder Romantiker. Aber Optimisten, so wie ich sie definiere, müssen an sich glauben, sich selbst lieben und vertrauen und ihre Verantwortung für sich selbst begreifen. Die Frage sollte lauten: Mit welcher Entscheidung bin ich am meisten zufrieden? Es gibt kein Richtig oder Falsch, keine „korrekte“ Antwort im Leben wie in einem Fernsehquiz. Aber es gibt eine Antwort, deine eigene Antwort.

Ich versuchte, nicht linear zu denken, mich von all den Informationen nicht ablenken zu lassen, sondern primitiver vorzugehen: meinen Instinkt zu nutzen. Und dann fand ich zum Glück meine eigene Antwort. Ich bleibe bis zum Wochenende in Tokio, dann fahre ich nach Nagano, wo meine Eltern sind.

Warum gehe ich nicht sofort? Ich werde es Ihnen sagen.

Dieses Wochenende ist Vollmond. Wegen Stromknappheit sind in Tokio jetzt die meisten bunten Neonlichter abgeschaltet. Zum ersten Mal in meinem Leben gibt es in Tokio annähernd richtige Dunkelheit. Ein Freund, der auch in Tokio bleiben will, möchte mit mir in der Vollmondnacht ausgehen. Wir werden unter dem Mondlicht spazieren gehen. Cool, nicht wahr?

Dieser Plan kann sich schnell wieder ändern, denn ich folge einfach meinem Instinkt. Ich erlaube mir, so flexibel zu sein wie möglich. Ich verspreche, nichts außer ehrlich zu sein. Vielleicht werde ich morgen in Nagano sein. Ich weiß es nicht.

Was auch immer geschieht: Ich werde Ihnen weiter schreiben. Oh, ich möchte Ihnen von interessanten Gesprächen berichten, die ich heute in meinem Lieblingscafé in Shinjuku führte. Vielleicht nächstes Mal. Ich muss Ihnen nochmals danken, denn Ihnen zu schreiben hilft mir, in diesen außergewöhnlich gewöhnlichen Tagen mein Gleichgewicht und meinen Verstand zu bewahren. Danke!

Aus dem Englischen von
Dominic Johnson

Optimisten, so wie ich sie definiere, müssen an sich glauben, ihre Verantwortung für sich selbst begreifen. Die Frage sollte lauten: Mit welcher Entscheidung bin ich am meisten zufrieden? Es gibt kein Richtig oder Falsch

Akira Kuroda

geboren 1977 im Großraum Tokio, ist eine japanische Schriftstellerin. Für ihren Roman „Made in Japan“ erhielt sie 2000 den Bungei-Debüt-Preis. Sie lebt in Tokio.

Kraut & Rüben (6)

Hallo, Welt!
Heute habe ich gemerkt, dass ich in manchen Situationen eine ganz niedrige Frustrationsschwelle habe. Ich versuchte einer Kollegin aus einer anderen Abteilung zu verdeutlichen, was ich von ihr wollte. Als ich auch bei der dritten Wiederholung nicht verstanden wurde, war ich kurz davor, wie das berühmte HB-Männchen in die Luft zu gehen. Ich brachte noch solche Sätze raus wie „ich bin gerade sehr frustriert, weil ich das jetzt drei Mal beschrieben habe und noch immer nicht verstanden bin. Was kann ich dazu beitragen, dass Sie verstehen, was ich von Ihnen brauche?“

Offensichtlich sprach ich von Äpfeln und sie dachte an Birnen. Letzten Endes habe ich die Bilder dessen, was ich von ihr wollte, auf den Kopierer gelegt und dann eine Kopie in ihre Abteilung getragen. Diese Strategie hat dann funktioniert. Junge, Junge, war ich wütend…

Ähnlich wütend war heute Mittag ein Kollege. Er hatte in einer Konferenz die Bemerkung eines Kollegen über die Einhaltung von Zeitplänen persönlich genommen und wütete anschließend über mangelnde Flexibilität und fehlendes Verständnis für die aktuelle Situation. Ich konnte ihm Empathie geben und habe es mit letzter Kraft geschafft, nicht ratzuschlagen, sondern ihm stattdessen Arbeit abzunehmen. Wir waren uns einig, dass klare Bitten in so einer Situation unglaublich hilfreich sind.

Der Fühler meiner Heizung ist kaputt. Jetzt denkt die Therme, es wäre Sommer und stellt das Heizen ein. 15 Grad hatte ich heute Morgen. Heute Abend ist es wieder kuschelig warm, weil zum einen der Monteur da war und den Fühler ausgetrickst hat (der neue kommt erst morgen…), und weil zum zweiten eine Freundin hier Sitzwache gehalten hat und und den Monteur reingelassen. Ich bin total dankbar dafür. Ach, ohne Freunde wäre das Leben doch freudlos!

Mehr gibt mein Gehirn im Moment nicht her. Komisch, wieso bin ich so erschöpft und kaum in der Lage, hier aktiv weiter zu machen? Die Arbeit schlaucht ziemlich im Moment. Und es gibt wenig, was mich aufbaut. Wahrscheinlich auch eine Nebenwirkung von Japan. Da will sich Leichtigkeit und Energie nicht so recht einstellen.

Aber: Ich bin dabei, meine persönliche AKW-freie Zone einzurichten. Am Wochenende wird zertifizierter Öko-Strom bestellt, der Antrag war gestern im Briefkasten.
Und ich werde den zweiten Kühlschrank stilllegen, der eh nur die Getränke kühlt. Das spart 160 Kilowattstunden im Jahr. Ich habe den Ausschalter vom Drucker gefunden (…) und ich habe die Abspielstation für den IPod am Bett stromlos gemacht. Ein Jahr wurde sie jetzt nicht benutzt, sie lief aber noch immer standby. Jetzt nicht mehr.

Zum Glück hat ein Freund bei mir ziemlich viele Schaltsteckdosen verlegt. Damit kann ich jetzt Fernseher und Satellitenempfangsanlage mit einem Knopfdruck stromlos schalten. Und ich tue es auch. Nachhaltigkeit ist hier das Stichwort. Ausgerechnet bei Facebook fand ich dazu heute folgende großartige Liste:

Die 5 Regeln der Permakultur im Umgang mit Konsumgütern:
1. refuse – vermeide
2. reduce – reduziere
3. reuse – verwende nochmals
4. repair – repariere
5. recycle – verwerte es wieder
und zwar in der Reihenfolge!!!

Das möchte ich gern stärker in mein Leben integrieren.

So long!

Ysabelle

Kernschmelze

Hallo, Welt!


TV-Kritik „Anne Will“
Ist der GAU notwendiges Übel?

Was treibt Wolfgang Herles an? Der einstige Politikjournalist, der auf dem Ticket der Union durch das Öffentlich-Rechtliche ritt, bis er wegen Kritik an Helmut Kohl in Talkshows und Kultursendungen verbannt wurde, vertrat die Sache der Atomkraft bei Anne Will derart dumm, dreist und unverschämt, dass tiefe persönliche Überzeugung nicht zur Begründung ausreicht. Das müsste man dann schon Verblendung nennen.

Herles sagte im Angesicht des Fast-, Noch-Nicht- oder Dann-Doch-Gaus im japanischen Reaktor Fukushima so schlaue Sachen wie „für den Autoverkehr gehen wir doch auch enorme Risiken ein“ oder „die deutschen Atomkraftwerke sind heute nicht gefährlicher als am Freitag“. Nur wegen „ein paar Gefahren bei Kernkraftwerken in Japan“ müsse man doch nicht über den deutschen Atomausstieg neu nachdenken, zumal der eh nichts nütze, wo doch China, Tschechien und Großbritannien munter weiter Meiler mauerten.

Sigrid Klausmann-Sittler, Dokumentarfilmerin, Atomkraftgegnerin und Ehefrau des prominenten Stuttgart-21-Ablehners Walter Sittler, musste sich von Herles anhören, ihre (allerdings nicht immer stringenten) Äußerungen seien „deutscher Idealismus“. Als der Aspekte-Moderator als Replik zu einer eher abgewogen atomkritischen Äußerung von Wolfgang Huber, ehemaliger Vorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wahlkampf und Parteipolitik argwöhnte, da konnte man fast meinen, dem Christenmenschen blitze die Mordlust aus dem Antlitz. Huber wurde laut. Für seine Verhältnisse.

Gestern Abend habe ich bei „Anne Will“ reingeschaut und mich sehr über die Aussagen von Wolfgang Herles geärgert. Er verglich die Anzahl der Opfer der Kernenergie mit der Anzahl der Verkehrstoten und meinte, bei den Leuten, die so vehement gegen Kernkraft-Nutzung seien, seien wohl die Brennstäbe im Gehirn nicht gekühlt oder die Steuerstäbe nicht runtergefahren…

Vor ein paar Wochen habe ich ja in einem GfK-Seminar über Wut und Ärger teilgenommen.
Eine der Aufgaben für die Teilnehmer war, ihre Wut wahrzunehmen und dafür ein Symbol zu finden.
Zuerst habe ich diese Aufgabe überhaupt nicht verstanden. Was für ein Symbol?

Die Beiträge der Teilnehmer waren für mich unglaublich bereichernd.
Sie erlebten ihre Wut als
– einen Blitz, der mich trifft
– eine Faust
– Erstarrung wie in der Ritterrüstung
– einen Elefanten mit schaukelndem Rüssel, wie Hospitalismus
– ich bin in einem eisernen Ring, wie der Eiserne Heinrich
– ein Krokodil
– einen Schnellkochtopf

und mir fiel ein Mensch ein, der schon vor langen Jahren zu mir sagte, wenn ich wütend werde, ist das, als ginge ein roter Vorhang runter und ich nehme nichts mehr wahr.
So kann es gehen mit Wut und Ärger.
Und bei all meinem Ärger über Wolfgang Herles und seinen Vergleich zwischen Kernkraft und Autounfällen hat er mir doch ein wundervolles Bild geschenkt.

Wenn Wut im Gehirn eine Kernschmelze auslösen kann, in der wir weder uns noch unser Gegenüber wahrnehmen,
dann ist die Gewaltfreie Kommunikation wie die Steuerstäbe in einem Reaktorgefäß, die verhindern, dass wir in die Luft gehen…

So long!

Ysabelle

Tsunami, Kernschmelze, Wortlosigkeit

Hallo, Welt!

Seit heute Morgen läuft bei mir nonstop der Fernseher. Mein Do-nothing-day ist gecancelt. Dafür ist die Bügelwäsche erledigt, das macht sich ja leicht vor dem Fernseher. Ich bin noch immer wie erschlagen von den Bildern und von diesem unbeschreiblichen Elend. Es gäbe ein paar GfK-Themen aus den vergangenen Tagen über die ich eigentlich schreiben wollte. Aber im Moment kann ich noch nicht zur Tagesordnung übergehen.

So long!

Ysabelle

Ich war’s…

Hallo, Welt!

Gestern erreichte mich eine Mail, die mich sehr angesprochen hat, und die meiner Ansicht nach auch inhaltlich gut zur GfK passt. Dabei geht es um die aktuelle Fastenaktion
Sieben Wochen ohne. Denn nicht nur diese Aktion lädt dazu ein, Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen.
Wer die GfK von Herzen praktiziert, hört auf, das eigene Glück in die Hände anderer zu legen.

Lest selbst 😉

So long!

Ysabelle

Wie schwer es fallen kann, die Worte „Ich war’s!“ auszusprechen, konnte man in den letzten Tagen in den Medien verfolgen.
Ab nächster Woche kann jeder ausprobieren, wie es ist, ohne Ausflüchte zu leben:

Ich war´s!

„7 Wochen Ohne“, die Fastenaktion der evangelischen Kirche, ermuntert:
Schluss mit den faulen Ausreden

Rund zwei Millionen Menschen nehmen jedes Jahr an der Fastenaktion der evangelischen Kirche „7 Wochen Ohne“ teil. 2011 steht die Aktion, die vom 9. März bis zum 24. April läuft, unter dem Motto: Ich war´s! Sieben Wochen ohne Ausreden“. Der Auftaktgottesdienst findet in diesem Jahr am Sonntag, dem 13. März, in der Christuskirche, Hamburg-Eimsbüttel, statt und wird ab 9.30 Uhr live im ZDF übertragen. Die Predigt hält Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Das diesjährige Motto thematisiert allzu Vertrautes: Alle reden von Verantwortung, die jemand übernehmen soll. Gemeint sind meistens die anderen. Wenn einem selbst etwas misslingt, ist das Wetter schuld oder die Technik, oder es sind einfach die Verhältnisse. „7 Wochen Ohne“ will Mut machen, auf faule Ausreden zu verzichten. Wer sich traut, „Mein Fehler“ zu sagen und um Entschuldigung zu bitten, ist stark. Auch wenn man zunächst Kritik auszuhalten hat – am Ende erntet man Respekt. Und: Ehrlichkeit sorgt dafür, dass man glaubwürdig bleibt. Allerdings bedarf es für ein Klima der Ehrlichkeit auch einer veränderten Fehlerkultur. Wer eine Schwäche offenlegt, muss auf Gnade bauen können. Für Christen eigentlich selbstverständlich… „Gerade in der Fasten- und Passionszeit eignet sich diese Perspektive hervorragend, das eigene Tun und Lassen zu reflektieren und gegebenenfalls zu korrigieren“, meint Arnd Brummer, Chefredakteur des evangelischen Magazins chrismon und Geschäftsführer von „7 Wochen Ohne“.

Der Fastenkalender ist ein zentrales Element der Aktion. Er begleitet die Teilnehmer mit Texten aus Kirche, Kultur und Alltagsleben durch die Fastenzeit. Die Texte ermutigen zum ersten Schritt: dem Abschied von Ausreden. Die sieben Wochenthemen lauten in diesem Jahr: „Warum hast du das getan?“, „Gott, sei mir Sünder gnädig“, „Fürchte dich nicht“, „Herrliche Taten“, „Es ist nichts verborgen“, „Er war tot und ist wieder lebendig“ und „Noch heute im Paradies“. Traditionell greifen viele Kirchengemeinden das aktuelle Fastenthema von „7 Wochen Ohne“ auf und eröffnen so den Dialog in ihren Gemeinden.

Wie in den vergangenen Jahren wird „7 Wochen Ohne“ wieder von einem zentralen Projektbüro in Frankfurt koordiniert. Das Team bietet den Fastenden Begleitung an, beantwortet Fragen und betreut die Internetseite www.7-wochen-ohne.de . Neu daran ist eine interaktive Landkarte: Dort können Fastengruppen und Einzelpersonen veröffentlichen, wo sie fasten und was sie konkret tun. Interessierte können sich anregen lassen und Kontakt aufnehmen. Außerdem werden Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Aktion in Blogbeiträgen über ihre Erfahrungen während der Fastenzeit berichten.

Do nothing-Zeit

Hallo, Welt!

Am Samstag war ich als Assistentin bei einem GfK-Workshop, bei dem ein Lehrer von den Problemen mit einem Schüler erzählte. Am Ende einer Übung mit dem Tanzparkett fand er für sich heraus, dass er den betreffenden Jungen beim nächsten Eintreten einer vergleichbaren Situation bitten will, die Klasse zu verlassen und in einem anderen Raum zu warten, bis der Unterricht vorbei ist. Ich war ganz elektrisiert, denn es erinnerte mich an eine Erzählung von Marshall, der berichtete, wie einst an einer GfK-Schule ein Do-Nothing-Room eingerichtet wurde. Dorthin konnten Schüler gehen, die nicht am Unterricht teilnehmen wollten. Es war keine Strafe, sondern einfach ein Ort innerhalb der Schule, wo Nichtstun total in Ordnung war und auch die anderen nicht beim Lernen störte.

Gestern habe ich eine halbe Stunde vor dem Fernseher gesessen und nichts getan.

Und danach habe ich festgestellt, dass ich fast nie Do-nothing-Zeit habe. Mein Leben rauscht in einem Tempo, das keine Zeit für „Do nothing“, für Nichtstun lässt.
Nichtstun – das klingt in meinen Ohren wie Nichtsnutz. Wir haben so schöne Formulierungen wie Faulpelz, auf der faulen Haut liegen, faule Socke. Etwas fault, wenn es nur irgendwo rumliegt. Es setzt also Schimmel an. Es taugt nichts. Die Italiener sagen, Dolce far niente, süßes Nichtstun. in Deutsch ist Müßiggang aller Laster Anfang.

Nietzsche schrieb dazu:
„Die Arbeit bekommt immer mehr alles gute Gewissen auf ihre Seite: Der Hang zur Freude nennt sich bereits „Bedürfniss der Erholung“ und fängt an, sich vor sich selber zu schämen. „Man ist es seiner Gesundheit schuldig“ — so redet man, wenn man auf einer Landpartie ertappt wird. Ja, es könnte bald so weit kommen, dass man einem Hange zur vita contemplativa (das heisst zum Spazierengehen mit Gedanken und Freunden) nicht ohne Selbstverachtung und schlechtes Gewissen nachgäbe.“

Bestimmt hat mein Verhalten etwas mit meinen inneren Antreibern zu tun. Sie heißen
1. Sei perfekt
2. Beeil dich
3. Streng dich an
4. Mach es allen recht
5. Sei stark

und ein Test hat mal ergeben, dass mich alle fünf Antreiber ziemlich heftig im Würgegriff haben.
Ich gestehe es mir nicht zu, do-nothing-Zeit zu haben. Es ist doch immer was zu tun. Katzenklos, Bügelwäsche, endlich die Bilder in den Blog re-importieren, einen Rückruf, einen Brief beantworten… sei perfekt, machs allen recht…
In mir ist heute Abend ein großes Bedauern, dass ich so wenig Do-nothing-Zeit für mich finde. Ich kann sehen, welche wundervollen Bedürfnisse ich mir mit meinem vielfältigen Beschäftigungen erfülle. Und immer stärker wird in mir der Wunsch, einen Sabbat zu haben, einen Ruhetag, an dem ich nicht einmal das Licht selbst anmachen muss.

Am kommenden Wochenende schenke ich mir selbst einen reinen Do-Nothing-Tag.
Beschlossen und verkündet.

So long!
Ysabelle

Wie wahr!

Hallo Welt!
Dieser Spruch sprang mich heute Morgen an. Ich bin begeistert. Druckt davon irgendjemand Postkarten? Dann bestelle ich 100.
So long!

Ysabelle

Kraut & Rüben (5)

Hallo, Welt!
Mir schwirren so viele Themen durch den Kopf, es liefert nur keiner die Zeit, oder vielleicht besser die Muße, um sie hier auszuformulieren.
Als ich eben nach Hause kam, fand ich im Briefkasten eine Warensendung ohne Absender. Darin enthalten war dieses Tierchen und es erinnert mich im Aussehen sehr an ein Ultraschallbild, das ich dieser Tage sah. Schemenhaft zu erkennen war darauf mein Enkelkind. Wusste gar nicht, dass Babys in einem frühen Stadium wie Schlüsselanhänger aussehen.

 

Seit Tagen beschäftigt mich ein Erlebnis, das ein Bekannter abschließend zusammenfasste: „Das hat gut geklappt mit uns. Das alte Good Cop – Bad Cop-Spiel…“

 

Wir hatten gemeinsam eine Sitzung geleitet und während er den scharfen Hund gab, war es mir wichtig, die Giraffenohren aufzusetzen. Zum Glück war ich so genährt, dass ich es aushalten konnte, als es konfliktig wurde. Geradezu mit Freude konnte ich einem der Beteiligten Empathie geben. Noch vor einem Jahr war das für mich mit diesem speziellen Menschen ganz schwierig, doch diesmal war ich ganz begeistert, wie gern ich mich eingefühlt habe und einen Beitrag zum Frieden leisten konnte.

 

Heute nun traf ich meinen Bekannten wieder. Es drängte mich, das Thema „Das alte Good Cop – Bad Cop-Spiel“ noch einmal anzusprechen, denn schon Anfang Dezember war ich über diesen Ausdruck gestolpert und ich merke, für mich passt das nicht.

 

Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich mich verständlich machen konnte. Und das widerum macht mich traurig. Mir geht es um die Haltung. GfK ist nicht Mittel zum Zweck, es ist nicht eine neue Variante des alten Spiels „Good Cop – Bad Cop“. Ich möchte jedem Menschen Respekt entgegen bringen können, mich von den Urteilen in meinem Kopf lösen. Ich merke, dass es besser geht, dass ich Fortschritte mache. Besonders geschockt und erschrocken bin ich, wenn ich von Leuten, die ich sehr schätze und von deren geistigen Fähigkeiten und spirituellen Überlegungen ich mich immer wieder angezogen fühle, solche Bewertungen höre: „Das war total destruktiv“. Dazu wird es in den kommenden Tagen ein Wortschätzchen geben.

 

Ich merke, dass ich in solchen Situationen immer noch den Erklärbär geben will. Ich schaffe es nicht, meinem Gegenüber einfach nur Empathie zu geben. Stattdessen rede ich von den wunderschönen Absichten des Handelnden und betone, dass solche Urteile wie „destruktiv“ nicht dem Frieden dienen. Diese Kommentare von mir auch nicht. Der Weg ist lang, Leute!

 

Ich werde mir jetzt den Rest des Abends eine große Dose Empathie geben. Und eine Schüssel Obstsalat.

So long!

Ysabelle

I like Giraffenohren

Hallo, Welt!
Zum wiederholten Mal hat ein Gast einen Kommentar hinterlassen, ein Facebook-„Like“-Button wäre toll auf diesem Blog.
Zum wiederholten Mal habe ich die angegebene Mailadresse angeschrieben und diesen (neuen) Leser gefragt, welches Bedürfnis er sich damit erfüllen würde, wenn es hier einen Like-Button gäbe.
Zum wiederholten Mal ist eine solche Mail zurückgekommen mit dem Hinweis: Empfänger unbekannt.

Es gibt einen Grund, warum ich diesen Button hier nicht einbauen möchte:

Datenschutzhinweis sollte angepasst werden, wenn man den Like Button von Facebook eingebaut hat

Wenn man zum Beispiel auf seiner Homepage einen „Like Button“ von Facebook eingebaut hat, sollte man auf jeden Fall darauf achten, dass man die Datenschutzhinweise auf der Webseite anpasst. In mehreren Blogs habe ich verschiedene Diskussionen zu dieser Thematik gelesen und einen sehr schönen Beitrag dazu im Blog von Thomas Helbing gefunden. Wenn man den „Like Button“ von Facebook eingebunden hat, wird die IP-Adresse an Facebook im Hintergrund gesendet. Sollte der User bei Facebook eingeloggt sein, kann Facebook sogar ermitteln welche Person um Zeit xy auf Seite xx oder so war. Da man durch den Einbau des „Like Button“ diese Daten an Facebook weiter gibt, muss man den Datenschutzhinweis auf seiner Seite anpassen.

So viel Überwachung entspricht nicht meinem Bedürfnis nach Autonomie, Vertrauen und Beteiligung.

So long!

Ysabelle

Merken ist eine Sache…

Hallo, Welt!
In diesen Tagen verbringe ich viel Zeit mit jemanden, der sehr harsch mit sich umgeht. Ich hätte dies tun sollen. Ich hätte an jenes denken müssen. Zu meinem Glück ist mein Gegenüber mit den Grundzügen der GfK vertraut und konnte es hören, als ich sagte, wie schwer ich diese ständigen Bemerkungen hören kann. Inzwischen bin ich mehr mit meiner eigenen Reaktion unzufrieden als mit dem, was mein Gegenüber sagt. Im Grunde hebe ich alle Nase lang die Hand, und inzwischen können wir beide schon drüber lachen. Empathisch ist das nicht gerade.
Für heute habe ich mir vorgenommen, nicht mehr automatisiert zu reagieren. Meist meldet sich nämlich mein Bauch und sagt autsch, und dann reagiert mein Mund unreflektiert. Heute will ich bewusst versuchen, meinem Gegenüber auf seine Selbstanklagen Empathie zu geben. Auf „ich hätte das nicht tun sollen“ zu raten, welche Gefühle und Bedürfnisse dahinter stecken. Hui, ich merke schon bei diesem Vorsatz, dass das viel schwieriger ist als eben einfach nur den Finger zu heben. Und ich merke auch, dass ich etwas brauche. Wie geht es mir, wenn ich das höre? Ich spüre Schmerz, Ohnmacht und Verzweiflung. Hilflosigkeit. Ich brauche Schutz. Meine Bedürfnisse nach Wertschätzung und Respekt sind im Mangel. Ich kenne solche Selbstbeschädigungen ja über fast 50 Jahre…

Aus dem alten Gedanken, dass ich das alles immer wieder falsch mache, keimt aber auch die Hoffnung, dass ich es beim nächsten Mal richtig machen werde. Also ist es auch ein Bedürfnis nach Selbstvertrauen. Vielleicht steckt dahinter auch noch ein Bedürfnis nach Unterstützung. Immer muss ich allein an alles denken… Kann mir nicht mal jemand helfen, damit mir nicht wichtige Sachen durch die Lappen gehen?
Also, neue Strategie:
Wenn ich meinen Gegenüber sagen höre, ich hätte das nicht tun sollen, frage ich MICH zuerst, wie geht es mir, wenn ich das höre? Was brauche ich jetzt? Und dann frage ich mein Gegenüber: Bist du … weil dir … fehlt?
Eine echte Herausforderung!

So Long!
Ysabelle

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