Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe
Hallo, Welt!
Heute habe ich einen Konflikt moderiert und es scheint, dass alle Beteiligten zumindest heute Abend zufrieden sind. Es hat zwei Stunden gedauert und wider Erwarten hat es mich nicht so erschöpft wie befürchtet. Ich bin hoch zufrieden, dass ich mich zum einen für diese Rolle angeboten habe, und dass zum zweiten alles so gut funktioniert hat, obwohl ich beim Start keine Idee hatte, was dabei rauskommen könnte. Eine Zuschauerin hat mir anschließend gesagt, sie sei im sozialen Bereich tätig und schon häufiger Zeuge solcher Moderationen gewesen, aber so gut habe sie es noch nicht erlebt.
Am allerbesten hat mir selbst gefallen, dass ich nicht meinte, den Konflikt lösen zu müssen. Ich konnte einfach nur übersetzen oder Sachen nachfragen und das hat gereicht.
Wunderbar!
So long!
Ysabelle
Hallo, Welt!
Meine Kollegin Mackenzie bringt mich ins Schleudern. Wenn ich hier unbeschwert schreiben will, sollte ich ihre Tagesmeditationen zur Zeit nicht lesen. Gestern schrieb sie doch tatsächlich zu einem Thema, das mich seit Jahren beschäftigt. Einkaufen. Oder anders formuliert: Wie komme ich an das, was ich brauche? Was kann, muss ich tun, um meine Bedürfnisse zu erfüllen?
Ich habe im Freundeskreis oft im Scherz gesagt, ich würde immer wieder ins Gemüsegeschäft gehen, um eine Klobürste zu kaufen. Und meine liebe Freundin Tabasco schrieb mir dazu:
Nur so gibt es den täglichen garantierten Frust.
Ich frage überhaupt nur im Gemüsegeschäft nach Klobürsten.
Du kannst mir auch die Augen verbinden und mich losschicken, um eine Klobürste zu kaufen. Ich werde das Gemüsegeschäft auch mit geschlossenen Augen erkennen. Es hat eine magische Anziehungskraft. Jeder andere Laden ist abstoßend oder langweilig. Und wenn ich irgendwo reinkomme, wo Klobürsten angeboten werden, renne ich sofort wieder raus, misstrauisch, skeptisch, ängstlich …
Entrüstet: Da will mir einer eine Klobürste verkaufen und das ist überhaupt kein Gemüsehändler!
Ja, wir haben beide schon ein besonderes Talent, in einem Laden nach Dingen zu suchen, der das gefragte Produkt gar nicht führt.
Mary Mackenzie nun schrieb in ihrer Tagesmeditation Nr. 99 von einer Frau, die im Eisenwarengeschäft Milch kaufen wollte. Offensichtlich muss es sich um eine verschollene Schwester von Tabasco und mir handeln, denn das beschriebene Verhalten ist uns nur zu gut bekannt.
Die Geschichte hat natürlich auch eine Moral. Sie zeigt nämlich zweierlei. Zum einen ist mal ganz klar, dass es Geschäfte für Milch, für Klobürsten, für Gemüse und für Eisenwaren gibt. Wir haben also alle Chancen, das gewünschte Produkt zu kaufen. Zum zweiten geht es darum zu lernen, nicht immer an einer Tür zu klingeln, wo bildlich gesprochen keiner zu Hause ist. Sondern eben an die Tür zu gehen, wo auch aufgemacht wird.
Mein Partner ist ein begnadeter Handwerker und phänomenaler Grillmeister, aber er schläft im Theater immer ein? Warum soll ich ihn quälen, mit mir ins Theater zu gehen? Warum mache ich das nicht mit einer Freundin, die genau so viel Freude wie ich am Ring der Nibelungen hat? Ich selber finde Eiskunstlauf wunderschön, Fußball aber sterbenslangweilig. Muss ich deshalb mit ins Stadion, wenn der HSV gegen Bremen spielt? Wo holt mein Partner seine Milch? Wo kaufe ich meine Klobürste? Alle meine Bedürfnisse können erfüllt werden, wenn ich mich für ihre Erfüllung einsetze. Das setzt voraus, dass ich eben dort an der Tür klingele, wo meine Wünsche erfüllt werden können. DAS ist meine Verantwortung.
Heute will ich ein Auge darauf haben, ob ich an der geeigneten Adresse meine Bedürfnisse befriedigen will. Wenn mir auffällt, dass ich an der unpassenden Adresse bin, werde ich mich fragen, wo meine Bedürfnisse erfüllt werden können und mich dafür einsetzen.
Hallo, Welt!
Irgendwie habe ich mir die Sehne im linken Ellenbogen beschädigt und nun fühlt es sich oft so an, als läge ein fremder Arm neben mir im Bett. Ich habe deshalb ein paar Termine bei meiner Masseurin gebucht und sie hat mich kräftig gewalkt, was zu einigem Miau meinerseits führte. Nach einem ihrer Griffe fragte sie, „wie fühlt sich das an?“ und ich antwortete: „Ganz dumm im Kopf“. Sie war begeistert. „Ich liebe es, dich zu behandeln. Du weißt immer, was du fühlst. Und das ist bei vielen anderen Patienten nicht der Fall.“
Ich weiß natürlich keineswegs immer, was ich fühle. Ganz im Gegenteil. Meist habe ich keine Ahnung, was ich gerade fühle. Und das hat gute Tradition in unserem Wertesystem, in dem die Verstandesleistungen doch so hoch angesehen sind und Gefühle mit Begriffen wie „Weichei“ und „Heulsuse“ diffamiert werden.
Die vergangenen zehn Jahre haben immerhin dafür gesorgt, dass ich wenigstens ÖFTER mal merke, was ich fühle. Zunächst habe ich geübt, wenigstens meine Basisgefühle kennen zu lernen: Freude, Liebe, Wut, Trauer, Angst, Schmerz und Scham. Im Grunde lassen sich alle Begriffe aus unseren GfK-Gefühlsworte-Listen unter diese sieben Begriffe einsortieren oder darauf runterbrechen. Die Basisgefühle haben den Vorteil, dass sie keinen Raum für Interpretationsgefühle lassen. Wenn ich glaube, hintergangen worden zu sein, fühle ich Schmerz und Trauer. Das Basisgefühl zu „manipuliert“ könnte Wut oder Angst oder Schmerz sein. Als ich in meiner ersten GfK-Jahresgruppe von Scham sprach, war eine andere Teilnehmerin vollkommen perplex: Scham sei doch kein Gefühl…?! Oh doch! Scham und Schuld sind Geschwister aus der herrschenden Klasse in einem System von Richtig oder Falsch. (ist das jetzt reif für den Hohlspiegel?)
Also: Der Umgang mit der Gewaltfreien Kommunikation erschließt mir einen leichteren Kontakt zu meinen Gefühlen. Ich werde aufmerksamer mir selbst gegenüber, und ich bin bereit, meinen Gefühlen Aufmerksamkeit zu schenken.
Meine neueste Aufgabe:
Lerne zu fühlen ohne zu urteilen!
Habt Ihr Erfahrungen dazu?
So long!
Ysabelle
Ich beginne meine Gedanken zum heutigen Tag mit einem untypischen Zitat, nämlich mit der GfK-Tagesmeditation
Peaceful Living
by Mary Mackenzie
Man kann diese Tagesmediationen über die Seite von Puddle Dancer Press abonnieren, es gibt sie auch als Buch, und inzwischen auch auf deutsch.
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„Recovery is about more than walking away. Sometimes it means learning to stay and deal. It’s about building and maintaining relationships that work.“
– Melody Beattie
Day 97: Commitment
Do you ever give up on disagreements by walking away, either temporarily or permanently? Do you ever simply not engage in a conflict because you’re certain the situation cannot be resolved?
Sometimes, taking a break from conflict is a good thing because it gives the people involved a chance to calm themselves. Deciding not to engage can be a good choice.
Many times, though, people give up too soon, which decreases the possibility for resolution. This speaks to their level of commitment. How committed are they to valuing each other’s needs? How committed are they to finding resolution?
If we start a disagreement based on the consciousness that we want to get our own way or that the other person doesn’t care, we diminish the opportunity for success before we’ve even opened our mouth. Commitment is about living from our values even when it’s uncomfortable and tiring. It is a choice.
I once heard a speaker say that he had finally met his soul mate. He asked the audience if they knew how he knew that. They said no, but leaned forward in their seats because they were certain he was going to tell them something important. He said, „I know she’s my soul partner because I say she is.“ He committed himself to her. Consequently, when he and his wife argue, they focus on resolution because they are committed to staying in the relationship. This small shift in attitude has dramatically deepened their relationship.
Meet any disagreement with clarity about your commitment and with the goal of a resolution that values everyone involved. Who are you committed to? Does he or she know it?
Be aware today of whom you are committed to; when you interact with them, be conscious of your commitment.
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So weit das Zitat von meiner Kollegin aus den USA. Als ich den Entschluss fasste, GfK-Tagesmediationen zu schreiben, wusste ich übrigens nicht, dass es schon welche gibt… Umso mehr freut es mich, dass wir uns beide gern auf Melody Beattie beziehen, die unter anderem das Meditationsbuch „Kraft zum Loslassen“ geschrieben hat.
Ich möchte den obigen Text jetzt nicht im Detail übersetzen (auf Anfrage helfe ich gern), aber doch begründen, warum mich die Sätze so angesprochen haben.
Mary Mackenzie fragt, ob wir aus unserem Leben Situationen kennen, in denen wir „einfach“ weggegangen sind in der Annahme, es könne keine gemeinsame Lösung geben? Und sie glaubt, dass diese Entscheidung etwas mit unserem Commitment, unserer Selbstverpflichtung zu tun hat.
Wenn wir eine Meinungsverschiedenheit mit jemandem haben und davon ausgehen, dass es nach unserer Nase gehen soll, oder dass unser Gegenüber sowieso keine Rücksicht
Und dann beschreibt Mary anhand eines Beispiels, was den Unterschied ausmacht zwischen Commitment und Nicht-Verpflichtung. Liegt mein Augenmerk auf der Lösung des Konflikts, weil mein Gegenüber und ich uns verpflichtet fühlen, in der Beziehung zu bleiben?
ich brauche also Klarheit über mein Commitment, Klarheit darüber, wozu ich mich selbst verpflichtet fühlen möchte. Das Ziel aller Lösungen sollte sein, dass die Werte eines jeden zählen, von Bedeutung sind. Meine, UND Deine.
Mich machen diese Zeilen sehr nachdenklich, weil ich gern von anderen Commitment einfordere, aber jetzt realisiere, dass ich selber gar nicht immer bereit bin, mich dafür einzusetzen. Vor einigen Monaten habe ich in beruflichem Zusammenhang eine Mediation geleitet. Als einer der Teilnehmer erneut in Not geriet und sich an eine andere Stelle wandte, war ich zutiefst frustriert, traurig und stumm. Ich habe nicht um die Verbindung gerungen, aber ich habe der betreffenden Person innerlich „vorgeworfen“, den Geist unserer Vereinbarung nicht eingehalten zu haben. In meinem Leben gibt es verschiedene Verbindungen zu anderen Menschen, in denen ich von anderen gern Commitment sehen würde – so wie ICH es definiere… – aber selber eben keine klaren Schritte auf den anderen zugehe. Mir ist durch diese Worte von Mary Mackenzie noch einmal deutlich geworden, dass ich bei diesem Thema die eine oder andere Baustelle habe und es hier Raum für Trauer, Wachstum und Veränderung ist.
Heute will ich mir Gedanken machen, von welchen Menschen ich mir Commitment im Sinne von sozialer Verbindlichkeit wünsche. Und ich will überprüfen, wie sehr ich bereit bin, mich selbst diesen Menschen zu verpflichten.
Hallo, Welt!
Heute Nacht gibt es ein Posting zum Thema „Familienbande“, ich hoffe auf rege Diskussion.
So long,
Ysabelle
Hallo, Welt!
Ich sprach gestern mit Markus. Er erzählte, dass er hier mit dem Lesen kaum noch hinterher kommt.
Dann telefonierte ich vorhin mit Tabasco, und sie hat mich ermutigt, mir Zeit für mich zu nehmen. Also gebe ich mir heute die Erlaubnis, ohne Tagesmeditation für morgen ins Bett zu gehen. Ich fühle eine starke Verpflichtung, jeden Abend etwas Sinnvolles zu produzieren. Aber nicht jeden Abend fliegt mir etwas Sinnvolles zu.
Also:
Meditationspause.
Dafür heute ein Song von Karen Taylor-Good, den sie für alle Welt zur Verfügung stellt und der voller Liebe, aber auch ziemlich traurig ist.
Precious_Child_by_Karen_Taylor-Good
So long!
Ysabelle
Sich um uns selbst zu kümmern, ist nicht so egoistisch, wie manche Menschen annehmen<...>.
Aus: Melody Beattie, „Die Sucht, gebraucht zu werden“
Es gibt zwei Möglichkeiten zu hören, du bist selbstsüchtig/egoistisch. Zum einen sagen wir es uns vielleicht selbst, wenn wir etwas tun, was wirklich nur wir tun wollen. Allein ausgehen, pünktlich Feierabend machen, einen Mittagsschlaf einlegen. Dann ist unser Freund, der Wolf, dabei, uns darauf aufmerksam zu machen, dass unser Verhalten vielleicht nicht auf breite Zustimmung stößt und er will uns vor Schaden bewahren.
Oder ein Außenstehender konfrontiert uns mit dieser Aussage: Du bist ja so egoistisch!
Was heißt das für uns?
Die erste Ubersetzungsarbeit ergibt vielleicht: Meine Handlungen oder Unterlassungen stehen nicht in Harmonie mit den Werten und Wünschen meines Gegenübers.
Vielleicht muss ich mir an dieser Stelle klarmachen: Wenn ich jetzt exakt das tue, was mein Gegenüber erwartet, erfülle ich nicht meine eigenen Bedürfnisse.
Und es stellt sich die Frage: Wenn von mir verlangt wird, auf die Erfüllung meiner eigenen Bedürfnisse zu verzichten, ist das dann etwas, was meinem Wohlbefinden dient? Und bin ich dann verpflichtet, diesem Wünschen, Drängen oder manchmal auch unausgesprochenen Erwartungen zu genügen?
Wenn wir so theoretisch auf die Fakten gucken, scheint es leicht zu sagen: Nein, ich bin nicht für die Erfüllung deiner Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen verantwortlich. Im wahren Leben ist es wahrscheinlicher, dass wir arg ins Trudeln kommen in unserem Wunsch, es allen Recht zu machen und trotzdem Sorge zu tragen für uns selbst.
Don’t do it, if it is not fun, sagt Marshall. Mache es nicht, wenn es Dir keine Freude bereitet! Denn wenn wir uns verbiegen, um es dem anderen Recht zu machen, werden alle dafür bezahlen. Wir selbst, weil wir nicht das tun, was aus unserem tiefsten Herzen kommt. Und der andere, weil wir nicht wirklich freiwillig geben, was von uns erwartet wird, sondern aus Angst, Sorge, Frustration oder Scham.
Was brauchen wir, um uns um uns selbst kümmern zu können? Vielleicht ist es die Gewissheit, dass es unsere vornehmste Pflicht ist, uns selbst zunächst mit allem zu versorgen, was wir für unser körperliches und spirituelles Wohlergehen brauchen. Und das ist kein von der GfK inspirierter Ego-Trip, sondern eine Jahrtausende alte Weisheit: So ihr das königliche Gesetz erfüllet nach der Schrift: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst,“ so tut ihr wohl; heißt es bei Jakobus 2,8 und an zahlreichen anderen Stellen in der Bibel.
Selbstsüchtig sein – das heißt: Ich bin für mein Wohl verantwortlich. Ich nehme mein Leben, mein Schicksal, mein Wohlergehen in meine Hände. Und die GfK ergänzt: Deine Bedürfnisse sind mir so wchtig wie meine. Was kann ich tun, um dein Leben zu bereichern?
Heute will ich wachsam sein, ob ich meine Interessen auch wirklich wahrnehme. Ich will mich daran erinnern, dass ich für die Erfüllung meiner Bedürfnisse verantwortlich bin.
Hallo, Welt!
Heute Abend bin ich mal wieder mein eigener Teufel.
Ich hatte neulich ein Posting geschrieben, was als Tagesmeditation gedacht war. Aber je länger ich darauf rumkaue, desto weniger gefällt es mir an der Stelle. Nun habe ich mich entschlossen, die Kategorie zu ändern und den Text in mein Tagebuch zu nehmen. Und jetzt bin ich unzufrieden, dass ich für den betreffenden Tag keine Tagesmeditation mehr habe. Ich könnte gerade ein bisschen Einfühlung gebrauchen! Perfektionismus ist schon eine schwere Bürde. Oh – schwups – da hätte ich dann ja gleich mal ein Thema für die morgige Tagesmeditation! Ist das nicht wunderbar?
So long!
Ysabelle
Die GFK entwickelt ihre Kraft und Schönheit nur da, wo Menschen in die Tiefe ihres Herzens gehen. Gewaltfreiheit ist nicht billig zu haben. Sie kostet uns etwas. Sie kostet Zeit. Sie kostet Wahrhaftigkeit. Sie kostet uns den Schmerz, unsere Wolfsshow zuzulassen und zu durchdringen. Sie kostet die Mühe der Selbstreflexion.
Gerlinde R. Fritsch, erschienen in der Zeitschrift Kommunikation & Seminar 1/2009; mit freundlicher Genehmigung der Autorin
Neulich telefonierte ich mit einer Kundin, bei deren Mann eine schwere Erkrankung festgestellt worden war. Sie redete wortreich über die Krankheit, und ihren Mann, den Arzt, die Medikamentierung… Drei Mal habe ich sie unterbrochen, um von ihr zu hören, wie es ihr geht. Beim dritten Mal fing sie an zu weinen und sagte: Ich habe solche Angst, dass er stirbt… Und es tat mir gut, bei ihr sein zu können.
Vorige Woche bekam ich einen Anruf von einer Frau, die mit einem früheren Freund von mir verpartnert war. Sie redete lange und mit intensiven Gefühlen über das, was ihr ihrer Ansicht nach angetan worden war. Ich merkte, dass ich es nicht aushalten konnte: Er ist… und … er hat… und … immer macht er… In meiner Not habe ich schließlich gebrüllt: Ich bin nicht bereit, über diesen Mann zu reden. Aber ich höre dir gern zu, wenn du über dich reden willst…!
GfK ist nichts für Weicheier, sagt Marshall. Wenn ich mit meinen Gefühlen und Bedürfnissen in Verbindung bin und die Haltung der GfK leben möchte, führt das unter Umständen dazu, dass sich andere Leute vor den Kopf gestoßen fühlen. Es führt dazu, dass ich im Gespräch sage, das möchte ich nicht hören. Es führt dazu, dass ich Entscheidungen treffe, die anderen Menschen so nicht recht sind. und vor allem führt es dazu, dass ich mich immer wieder liebevoll auf den Prüfstand stelle.
Heute Abend rief mich eine Bekannte an. Sie brachte ihr Bedauern zum Ausdruck, dass ich nur noch selten bei einer Veranstaltung bin, die wir ein paar Jahre gemeinsam besucht hatten. Dort war es im vorigen Jahr zu einem Vorfall gekommen, als ich durch den Abend führte. Eine Frau hatte sich lautstark darüber beschwert, dass ich nicht hatte lüften lassen. Dann beschimpfte sie mich. Die Versammlung saß schweigend da, und in meinem eigenen Entsetzen über die Macht des Ausbruchs konnte ich mich nur daran klammern, mit Giraffenohren zuzuhören, was die Frau die so laut und schnell sprach, wohl brauchte: frische Luft, Autonomie, Respekt…
ich habe es bis zu diesem Telefonat heute Abend versäumt nachzuspüren, was ich eigentlich in der Situation im vorigen Jahr brauchte. Stattdessen hatte ich den Rückzug angetreten, mich in der Veranstaltung nur noch selten zu Wort gemeldet, war immer seltener hingegangen. Ich habe die Beziehung, die dort bestand, untergraben, indem ich nicht offen gesagt habe, was meine Gefühle, vor allem aber meine Bedürfnisse im Hier und Jetzt waren. Und ich habe mich bei der Bekannten dafür von Herzen bedankt, dass durch ihren Anruf für mich deutlich geworden ist, dass ich mich selbst nicht wahrgenommen habe.
Gibt es eine Lektion aus diesen drei Telefonaten, die so ganz unterschiedlich waren?
Alle drei Gespräche zeigen mir, wie wichtig es für mich ist, mit mir selbst in Verbindung zu sein. Wie geht es mir? Was brauche ich? Sie zeigen mir, dass echte Verbindung zu anderen nur möglich ist, wenn ich bei mir bin. Wie geht es Dir? Was brauchst Du?
Vielleicht gelingt es mir irgendwann schneller als in der Situation voriges Jahr im August. Vielleicht kann ich es irgendwann verbindlicher sagen als Sonntag vor einer Woche, als ich gebrüllt habe: Ich bin nicht bereit, über diesen Mann zu reden! Vielleicht schaffe ich es eines Tages Einfühlung zu geben, ohne Menschen zu unterbrechen, wie bei der Kundin, deren Mann erkrankt ist. Aber ich kann erkennen, dass ich auf dem Weg bin, und ich gehe diesen Weg an jedem meiner Tage so gut ich nur kann. In der Rückschau erkenne ich, dass ich von August bis heute ein gutes Stück vorangekommen bin.
Heute will ich in die Tiefe meines Herzens gehen und mich der Mühe der Selbstreflexion unterziehen. Ich will meine Wolfsshow zulassen und die Früchte aus meinen Urteilen ernten.
Hallo Welt!
Gestern Abend war ich auf der Waage, was ich nur sehr selten tue.
Ich hatte vor zwei Wochen beschlossen, „sieben Wochen ohne“ Pommes Frites und Dessert zu verbringen, morgens wieder Obstsalat zu essen und nach 18 Uhr Kohlehydrate möglichst zu reduzieren. Nun dachte ich, es müsse doch schon ein paar Früchte meines Verzichts geben.
1. Sonst wiege ich mich immer morgens.
2. Ich habe vier Tage auf Workshops und Seminaren gesessen, mich nicht bewegt. Und ich war zehn Tage nicht beim Sport (ich habe Rücken!). Wie soll da das Gewicht runtergehen?
Das Ergebnis meines Auftritts hat mich frustriert. Können nicht wenigstens diese paar Kilo verschwinden, die mich unter die magische 70-Kilo-Marke bringen?!
Und dann musste ich mit Macht Kelly Bryson in meinem Kopf aktivieren. Er erklärt in seinem Buch „Sei nicht nett, sei echt“ – jedenfalls glaube ich, dass es da war – man möge doch mal alle Selbstverbesserungsprogramme sausen lassen. Meist kämen sie zustande, weil man an sich selbst irgendeinen Mangel diagnostiziere. „ich bin zu <...> „. Je nach Typ kann ich einsetzen: zu dick, zu unwissend, zu alt, zu unattraktiv… Alles klar?
Zum Glück fand ich im Stern dieser Tage eine Reportage, dass WHO und andere Institutionen Abschied nehmen vom Body Mass Index, dessen Werte angeblich keine Aussagekraft über einen Zusammenhang zwischen Gewicht und Gesundheit ableiten lassen. Man einigt sich jetzt gerade auf die Aussagekraft des Maßbands und den Taillenumfang. Wie gut, dass ich noch eine Taille habe, oder?!
Spaß beiseite.
Mit dieser Bewertung, etwas an mir oder gar ich als ganzes sei ungenügend habe ich immer wieder zu kämpfen. Eine gute Gelegenheit, die Giraffenohren aus dem Schrank zu holen und mir Einfühlung zu geben. Hast du Angst, nicht geliebt zu werden, wenn Du X Klio wiegst? Und dann kann ich gucken, was es braucht, um mit dem umzugehen, was ich dann höre. Diät brauche ich – glaube ich – nicht. Also: Wertschätzung, Wärme, Nähe, Geborgenheit… Es ist schön und traurig zugleich, mit den eigenen Bedürfnissen hinter dem Selbstverbesserungsprogramm in Verbindung zu kommen.
Darauf einen Obstsalat 😉
So long,
Ysabelle
Hallo, Welt!
1684 Zugriffe hatte dieser Blog seit seiner Geburt am 22. Januar. Rund 300 Leute haben hier reingeklickt, ein paar Kommentare gibt es auch schon! Und heute ist das 100. Posting online gegangen. Ich freue mich über die Rückmeldungen, und am meisten freue ich mich darüber, dass mir der Blog zu viel Freude macht. Meine Abende haben nur noch glückliche Stunden, weil ich mir Gedanken mache, was in der nächsten Tagesmeditation stehen sollte. Ich mache alberne Fotos, ich stöbere nach Zitaten, schnuppere in GfK-Literatur nach dem geeigneten Aufhänger… Es ist wunderbar! Und am schönsten ist es, wenn meine Schätze auch noch gesehen werden. Ich danke Euch allen, die Ihr hier vorbeischaut!
So long,
Ysabelle
Hallo, Welt!
Mein Großvater war sehr deutlich, wenn er Menschen loswerden wollte. Dann sagte er nämlich: Die böse, böse Uhr vertreibt mir alle meine Gäste… Fünf Minuten später waren die Leute gegangen.
Ich habe heute auch ein bisschen mit der bösen, bösen Uhr zu tun. Auf der einen Seite würde ich gern einigen Leuten schreiben, hier ein bisschen stöbern, sortieren, aufräumen, Dinge ergänzen… auf der anderen Seite bin ich auf Seminar, sitze für ein paar Minuten an einem fremden Rechner, im Halbdunkel mit dürftigem Licht von hinten. Da müssen alle diese „ich möchte doch so gern“ bis morgen warten. Dann habe ich die Zeit, all das zu machen, was mir eben AUCH wichtig ist. Heute sagt die böse, böse Uhr hier im „Computerzimmer“, jetzt ist es Zeit für Feierabend, Bierchen trinken und mit netten Leuten reden, die ich vier Monate nicht gesehen habe. Das schlechte Gewissen wird in den Ruhestand geschickt!
So long!
Ysabelle
Hallo, Welt!
Unsneaky Bragging – Oh, ich liebe diese beiden Worte! Marshall hat mit uns einen Nachmittag mit diesem Thema verbracht. Es heißt „unkriecherisches Prahlen“, also angeben ohne dabei glibschig zu sein.
Mir fällt es oft schwer, meine eigenen Leistungen oder „Verdienste“ wertzuschätzen. Heute Abend möchte ich feiern, dass ich eine Menge Sachen geschafft habe im Büro, dass eine wichtige Konferenz gut abgelaufen ist, dass ich meinem Chef gegenüber loyal sein konnte und mir keine Kompetenzen angemaßt habe, die mir nicht zustehen und auf die ich auch keine Lust habe. Früher hätte ich mich vielleicht (über-)verantwortlich gefühlt und wäre aktiv geworden. Heute nicht!
Und heute Abend war ich bei einer Sitzung, bei dem ein Treffen vorbereitet wurde. All meine Themenvorschläge sind durchgegangen. Und als ein Teilnehmer bei einer Formulierung ein ungutes Gefühl hatte, sich eng und unter Druck wähnte, konnte ich aus dem Hut eine Formulierung zaubern, die genau das sagte, was ich haben wollte, aber dem Teilnehmer seine Unruhe nahm. Ich habe mich kompetent und willkommen gefühlt, und das war wunderbar!
Mit diesem schönen Gefühl gehe ich jetzt ins Bett.
Und die geplante Tagesmeditation zum Thema „Gutachter“ folgt morgen.
So long!
Ysabelle
Hallo Welt!
Ich war über Nacht zu Besuch bei einer GfK-Freundin in einer norddeutschen Großstadt. Oh, wie schön war das, und wie viele meiner Bedürfnisse wurden dadurch gestillt“ Es gab Gemeinschaft, Vertrauen, Wachstum, Wärme und Umarmungen, ganz viel leckeres Essen. Ich glaube, wir konnten wunderbar ehrlich und offen miteinander sein. Meine Sehnsucht nach Nähe, Wärme, Verstehen, Austausch, Leichtigkeit und Harmonie wurde genährt. Dabei haben wir gar nichts Aufregendes gemacht. Wir haben auf dem Sofa gesessen und geklönt, ich habe ihr beim Kochen zugeguckt und dabei an meinem Strumpf weiter gestrickt. Wir waren spazieren und sind Arm in Arm gegangen, denn die Straßen waren noch immer ziemlich vereist. Wir haben in der Straßenbahn nebeneinander gesessen, Schulter an Schulter, wir haben zusammen gelacht, und für jede von uns gab es eine Situation, in der wir geweint haben. Und es war wundervoll dann zu spüren: Du bist da. Und ich darf genau so sein wie ich bin. Ich muss mich nicht verstellen, ich muss keine Rolle spielen. So wie ich bin, bin ich willkommen. Kann es Nährenderes geben? MIR fällt nichts ein…
So long!
Ysabelle
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