Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Erntezeit

Hallo, Welt!
Vor 15 Jahren hätte ich wahrscheinlich von mir selber behauptet, ich wäre konfliktfreudig. Denn als ich ein Kind war, wurde mir oft gesagt, ich wolle immer mit dem Kopf durch die Wand. Aufsässig und frech nannte man mich. Erst im Verlauf der letzten Jahre habe ich erkannt, dass ich keineswegs so offen und freudvoll in Auseinandsetzungen ging, wie ich von mir selber dachte. Im Gegenteil. Ich erlebte mich als harmoniesüchtig und indifferent, das Wort „nein“ gehörte nur in seltensten Fällen zu meinem Sprachschatz. Bloß den anderen nicht erzürnen…

An der GfK hat mich auch entzückt, dass sie mir eine Möglichkeit zu bieten schien, mich selbst auszudrücken, auch wenn es um kontroverse Sachverhalte/unterschiedliche Bedürfnisse ging. Und obwohl ich jetzt schon das sechste Jahr übe, finde ich es noch immer schwierig, offen zu bleiben und meine Bedürfnisse zu akzeptieren, mich dafür einzusetzen und den anderen trotzdem einfühlend wahrzunehmen und wertzuschätzen.

Seit fast vier Wochen doktere ich jetzt schon an einem Konflikt herum. Es gab zwei sehr lange Telefongespräche, ein paar kurze Abstimmungsmails, einige SMS und heute schließlich ein Treffen. Es mag total bekloppt klingen, aber ich fange an, den Konflikt zu genießen.

Gemeinsam versuchen wir, unser Problem mithilfe der GfK zu lösen. Zum x-ten Mal kehren wir zu Gefühlen und Bedürfnissen zurück. Gemeinsam übersetzen wir Wölfe, versuchen herauszufinden, was wirklich hinter einem Satz steckt der beispielsweise lautet: „wenn sich einer nur zurücklehnt und konsumiert, muss er sich nicht wundern, wenn ihm die Dinge aus der Hand gleiten.“ Wir kraulen die Wölfe und geben uns gegenseitig Einfühlung. Was für eine himmlische Art, Konflikte zu lösen! Dabei sind wir konkret noch keinen Schritt weiter, haben noch immer kein Konzept gefunden. Aber ich merke, wie gegenseitiger Respekt und Vertrauen wachsen.

In mir wächst auch immer stärker das Vertrauen in den Prozess. Bisher war es oft so, dass ich rein verstandesgemäß entschieden habe, mich auf diesen Prozess einzulassen. Diesmal erlebe ich es so, dass es mir einfach so natürlich, organisch, verbindend erscheint, mich auf diese Weise auseinanderzusetzen. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann so eine ernste Auseinandersetzung bei mir einmal nicht tiefe Ängste ausgelöst hat. Jetzt kann ich ernten, was durch die GfK gesät wurde. Ich kann mich und meine Bedürfnisse ausdrücken und kann hören und wertschätzen, was mein Gegenüber zu sagen hat. Wir sind keine Feinde, sondern zwei Menschen, die sich bemühen, gemeinsam neue Strategien zu entwickeln. Das erste Mal im Leben fange ich an, einen Konflikt zu wertzuschätzen als Form der Auseinandersetzung, in dem beide Seiten gehört werden, es keinen Sieger und keinen Unterlegenen gibt. Wie grandios ist das denn!?

So long!

Ysabelle

Hurra, die Karten sind da!

Hallo, Welt!

Heute ist meine Freude so groß, dass ich sie mit der ganzen Welt teilen möchte.

Bisher habe ich die GfK-Gefühls- und Bedürfniskarten selbst gemacht. Das war mit vielstündiger Arbeit verbunden. Ausdrucken, beschneiden, falzen, in Laminierfolie einfügen, laminieren, beschneiden, Ecken runden… Für eine Handvoll war schnell mal ein Sonntag verbraucht.

Vor ein paar Wochen habe ich dann beschlossen, dass ich es leichter haben darf. Ich lasse die Karten drucken und kaschieren, also mit einer wasserabweisenden Schicht überziehen. Just als ich diesen Entschluss gefasst habe, hörte ich von Gerhard Rothhaupt, dass er erwägt, gerade MEINE Karten zu seinem Unterrichtsmaterial zu geben. Wir haben einen Nachmittag hin- und hergemailt und die vorige Version noch mal überarbeitet. Heute nun sind die Exemplare aus der Druckerei gekommen und und liegen nun vor mir.

Hurra! Wie wunderbar! und wie elegant sie aussehen! Und das Beste für Euch:
Ihr könnt sie bei mir bestellen.

Da ich sie selber drucken lasse, kann ich sie nicht mehr umsonst abgeben. Aber wir werden uns schon über den Preis einigen. Ich denke, wer eine einzelne möchte, zahlt einen Euro plus Porto. Wer für eine GfK-Gruppe bestellt, zahlt ab 10 Stück 0,80 Euro und kein Porto. Wer mehr als 50 Stück abnehmen möchte (ist das vorstellbar? Noch nicht!), melde sich bitte bei mir, damit wir einen Preis aushandeln können, der für beide Seiten passt.
Nun werde ich doch ein Profi…

So long!

Ysabelle

Neue Beute: Pseudowahrnehmung!

Hallo, Welt!
Mir ist ein neues GfK-Buch ins Haus geflattert.
Judith Hanson Lasater
& Ike K. Lasater
Weil Worte wirken …
Gewaltfreie Kommunikation praktisch anwenden

Wenn ich es zu Ende gelesen habe. werde ich es im entsprechenden Faden genauer vorstellen.
Auf Seite 20 fand ich etwas, das mich sofort begeisterte: den Begriff Pseudowahrnehmung.

Judith schreibt:

Ob John zu spät war oder nicht, nenne ich eine Pseudowahrnehmung – ein als Wahrnehmung getarntes Urteil. Andere Pseudowahrnehmungen sind „du fährt zu schnell“, „es ist kalt hier“ oder „das war ein wirklich guter Film“. Ich nenne sie Pseudowahrnehmungen, weil diese Feststellungen zwar wie einfache Beobachtungen klingen, in Wirklichkeit aber keine sind. … Für uns sind Meinungen und Anschauungen Pseudowahrnehmungen wie zum Beispiel „in diesem Raum ist es nicht warm“. Es wird zwar als Wahrnehmung hingestellt, ist aber ein Urteil. Jemand anders könnte behaupten, „nein, dem ist nicht so. Mir ist kalt.“ Eine Beobachtung wäre (mit Blick auf das Thermometer): „Die Temperatur in diesem Raum ist 26,7° C.“ Über diese Feststellung wird man sich kaum streiten können.

Ich vermute, dass bei dem letzten Beispiel, „in diesem Raum ist es nicht warm“, versehentlich das „nicht“ reingepurzelt ist, denn so ist das Beispiel nicht so richtig sinnvoll. Der erste Sprecher müsste eigentlich behaupten, es sei warm, damit der andere dagegen halten könnte, ihm sei kalt. Aber egal, ich denke, das Prinzip ist verstanden.

In Bezug auf die Gefühle gibt es ja ebenfalls den Begriff Pseudogefühle. Ich benutze ihn nicht gern, spreche stattdessen lieber von Interpretationsgefühlen. Mein Freund Wiki bietet mir unter dem Stichwort „pseudo“ folgendes an:

Liste griechischer Wortstämme in deutschen Fremdwörtern
(Weitergeleitet von Pseudo)

Griechische Wortstämme sind im Deutschen überwiegend in Fachausdrücken zu finden, die entweder direkt dem Griechischen entstammen oder Neubildungen sind. Von einer begrenzten Anzahl dieser Wortstämme wurden und werden zahlreiche wissenschaftliche Begriffe und sonstige Fremdwörter in den indogermanischen Sprachen abgeleitet. Sie sind zum Verständnis alltäglicher und wissenschaftlicher Fremdwörter und ihrer Etymologie ebenso hilfreich wie zu systematischer, neuer Wortbildung.

In der unten stehenden Tabelle werden beispielhaft solche Ursprungswörter aufgelistet, die aus griechischen Wortstämmen gebildet sind…

pseud(o)
ψεύδειν, ψεύδεσθαι/ψεῦδος
falsch, unecht, vorgetäuscht
Pseudonym, Pseudepigraf, Pseudokrupp

und damit bin ich nicht wirklich glücklich, denn siehe da, schon sind wir wieder bei Richtig und Falsch.

Der Begriff „Pseudobeobachtung“ ist für mich knackig und griffig, aber dann eben doch wieder urteilend.
Mal sehen, ob ich mir das sperrige Wort Interpretationsbeobachtung aneignen kann.
Zu Interpretation bietet Wiki unter anderem an:
Interpretation (von lat.: interpretatio = „Auslegung“, „Übersetzung“, „Erklärung“) bedeutet im allgemeinen Sinne das Verstehen oder die Deutung der zugrunde gelegten Aussage.

Es ist ja nichts falsch damit, etwas auszulegen, zu interpretieren. Es geht eben nur darum, es voneinander zu unterscheiden und das auch deutlich zu machen: Was es ist und wie ich es wahrnehme. Es ist 27 Grad warm, aber MIR ist kalt.

In einer Diskussion wurde ich kürzlich damit konfrontiert, dass jemand dieses „Herumhacken auf einzelnen Worten“ als Korinthenkackerei beschrieb. Ist da was dran? Ich vermute, meinem Gegenüber fehlte Leichtigkeit, vielleicht Selbstvertrauen (kann ich das auseinanderhalten?), Beteiligung, Verstehen und Begeisterung.

Warum ist mir die Bedeutung von Worten so wichtig? Neulich gab mir ein Freund Einfühlung und er hatte in seinem Sprachgebrauch einige Worte, die ich als Interpretationsgefühle beschreiben würde. Mir war das teilweise so unangenehm, dass ich mich gar nicht auf die wunderbare Einfühlung einlassen konnte, sondern immer wieder damit kämpfte, nicht „so“ zu sein oder zu fühlen, wie es mir gerade angeboten wurde. Vielleicht habe ich schon zu viele Verletzungen durch Worte wahrgenommen oder erlebt, als dass ich bei diesem Thema entspannt sein kann. Weil Worte wirken… ich bin wirklich gespannt, wie es in dem Buch weiter geht!

So long!
Ysabelle

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