Ich bin zu blöd…
Hallo, Welt!
Am Freitag habe ich länger Zeit mit meiner Familie verbracht. Unter anderem gab es Gelegenheit, mit meinem Dad (88!) über sein IPad zu fachsimpeln. Die „Fehlermeldung“, die ihn so beunruhigt hatte, dass er sogar die Apple-Hotline anrief, war lediglich der Hinweis, dass es in der Nachbarschaft zwei drahtlose Netzwerke gibt, mit denen er sich verbinden könnte, wenn er denn das Passwort kennen würde… Wir haben gemeinsam Post auf Ordner sortiert und Bilder ins Fotoalbum gesichert und ich habe noch auf die aktuelle Software upgedatet. Alles in Ordnung, dachte ich.
Gestern schickte ich an die Eltern einige Fotos vom Ur-Enkel per Mail. Heute Vormittag dann ein aufgeregter Anruf meines Vaters. Ich konnte gar nicht herausbekommen, was eigentlich der Anlass war, denn ich hörte nur seine Schimpftirade auf ihn selbst: „Ich bin zu blöd… ich begreif das nicht… alles was du mir erklärt hast, hab ich schon wieder vergessen… am liebsten würde ich das Ding nie wieder anfassen… ich versteh das alles nicht… und dann sieben Mails… wie krieg ich denn die sieben weg? Ich will nicht, dass da sieben steht, aber ich bin ja zu blöd… jetzt hab ich alles falsch gemacht… ich fass das Ding nicht mehr an… das ist mir alles zu viel… wenn ich das doch sowieso nicht verstehe.. ist wohl doch Alzheimer… Wie blöd kann man sein… nun hast du mir das alles erklärt und ich hab es schon wieder vergessen… “
Oh, Freunde, wie geht es mir, wenn ich das höre?
Meine Gefühle sind
alarmiert
ärgerlich
bestürzt
durcheinander
entsetzt
frustriert
genervt
hilflos
sorgenvoll
ungeduldig
unwohl
wütend
und meine Bedürfnisse im Mangel sind
SELBSTRESPEKT!!! (für meinen Vater)
Verbindung
Unterstützung
Beitragen
Verstehen
Leichtigkeit (für meinen Vater)
Autonomie (für meinen Vater)
das sind so die ersten Bedürfnisse, die mich anspringen.
Ich kann es wirklich kaum ertragen, dass sich jemand so niedermacht.
Schon gestern Abend hatte ich ein Telefonat, in dem sich eine alte Freundin in Grund und Boden verdammte und meinte, sie hätte nicht gut für sich gesorgt, weil sie eine Dokumentation über das Mittelalter gesehen habe. Während das sonst für sie immer sehr erholsam, entspannend und lehrreich sei, sei dieses Mal etwas getriggert worden und sie habe vor Aufregung die ganze Nacht nicht geschlafen, mit ungewollten Konsequenzen.
Die Probleme meines Vaters mit der Technik lösten sich in Luft auf. Er war einfach nur unsicher und unter Druck, und da er so wenig über diese Funktionalitäten weiß und sie so selten benutzt, verstärkt das einfach nur seine Hilflosigkeit. Ich hoffe, dass er mich beim nächsten mal früher anruft und nicht erst, wenn er schon in heller Panik ist.
Die Selbstbeschimpfungen meiner Freundin konnten wir ins Giraffische übersetzen. Da gibt es einen Anteil, der sehr für ihren Schutz eintritt und sich auf dramatische Weise Gehör verschafft.
Nur für mich selber habe ich gerade keinen Rat. Warum stürzt es mich so ins Chaos, wenn ich andere Leute gegen sich selbst wüten höre? Warum macht mich das so hilflos und verzweifelt? Da fehlt mir doch irgendein Werkzeug, ein Hinweis, eine Idee, um mit der Verzweiflung anderer Leute besser zurechtzukommen und nicht selbst in Not zu geraten.
Irgendwelche Ideen für mich? Habt Ihr eigene Erfahrungen mit diesem Thema?
Für Hinweise und Anregungen nicht an die nächste Polizeidienststelle, sondern an mich wenden.
Einfach auf den „Kommentieren“-Link klicken.
So long!
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