Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Wolf im Tapetenhain

Hallo, Welt!
Gestern Abend bin ich nach einem Osterausflug zu GfK-Freunden wieder nach Hause gekommen, voller Vorfreude auf mein Wohnzimmer, das in der Zwischenzeit einen neuen Fußboden und neue Tapeten bekommen hat. Nun also endlich einräumen, putzen und genießen, dachte ich.

Doch so weit ist es noch nicht.
Was ist die Beobachtung? Der Fußboden sieht wunderbar aus und erfüllt mein Herz mit Freude.
Die Tapete löst sich an manchen Stellen, vor allem an den Nähten, und ist teilweise mit 3 cm Überlappung geklebt. Im Zimmer gibt es einen Balken in der Wand, der bisher frei war und auch frei bleiben sollte. Er ist nun entgegen der Absprache übertapeziert und die Struktur der Tapete ist durch den anderen Untergrund (Holz statt Wand) an dieser Stelle ganz anders. Ich spüre so deutlich in mir, dass ich so nicht in das Zimmer einziehen möchte und gleichzeitig habe ich Wertschätzung für den Handwerker, der mit Sicherheit sein Bestes gegeben hat.
Canis lupus ist völlig orientierungslos und beißt daher in bewährter Manier mich.

  • Du hast den Handwerker nicht klar genug gebrieft.
  • Du hast doch gemerkt, dass er sich mit dieser Art von Tapete nicht auskennt, wieso hast du ihm trotzdem den Auftrag gegeben?
  • Du bist kleinlich.
  • Du bist zu pingelig, hänge ein Bild drüber und vergiss es. Da stehen sowieso Schränke davor…
  • Es steht dir nicht zu, da so eine Welle drum zu machen.
  • Sei dankbar, dass du überhaupt Tapeten an der Wand hast.

Diesen Reigen könnte ich noch ein bisschen fortsetzen, und ich merke, dass diese Selbstbeschimpfungen dazu beitragen, dass ich nicht in die Auseinandersetzung mit dem Handwerker gehe. Es könnte ihn verärgern. Es wird ihn verärgern… Verdammt, deshalb habe ich ursprünglich mit GfK angefangen, um in solchen Situationen ein besseres Rüstzeug zu haben. Und jetzt merke ich wieder einmal, dass die Technik eben nur ein kleiner Teil ist. Es geht um die Haltung, und die Haltung beinhaltet erstaunlicherweise auch, dass ich für MEINS gehe, dass ich mich für MEINS einsetze. GfK ist nichts für Feiglinge, sagt Marshall. Schade. Wo ich doch gerade so ängstlich bin, eine Auseinandersetzung über die ordnungsgemäße Anbringung von Vliestapete zu führen. Ich habe einem Freund, der Maler gelernt hat, die Bilder geschickt mit der Frage: Bin ich zu pingelig, und er antwortete:

Entscheidend ist Deine Frage im Betreff dieser mail –
und die würde ich einfach mal mit „Ja, Nee.“ beantworten.
Wenn’s dir nicht zusagt, dann ist das so und wird seinen berechtigten Grund haben.

Und da kommen wir der Sache schon näher. Bin ich berechtigt? Was ist berechtigt? Reicht es, wenn ich sage, so gefällt es mir nicht? Vor allem, wenn ich doch weiß, dass sich der andere so viel Mühe gegeben hat? Darf ich das?

Ha, wenn ich mit jemandem eine Einzelarbeit zu diesem Thema machen würde, würde ich im Brustton der Überzeugung verkünden, natürlich darfst du das! Ich könnte ja einmal einen Blick darauf werfen, was genau das mit mir macht.

ich habe Angst, dass die Beziehung zu diesem wirklich hilfsbereiten und unterstützenden Handwerker leidet, wenn ich seine Arbeit kritisiere.
Also, hier geht es mal um

Verbindung
Authentizität (aber es gefällt mir doch so nun mal nicht…)
Echtheit
Beteiligung (der Balken sollte nicht übertapeziert werden! ich möchte dann wenigstens gefragt werden.)
Vertrauen
Wertschätzung
Sinnhaftigkeit und
Effizienz

würde ich mal so im ersten Wurf sagen. Hm. Klingt so, als bräuchte ich Empathie.

Hallo, ist da draußen jemand?

So long!

Ysabelle

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