Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Eine Bitte… aus meinem Mund…

Hallo, Welt!
Wieder einmal geht es um die Matrix und mein persönliches Wachstum in Gfk. Bei den Mentoring- und Assessment-Tagen hatte ich mich dazu bekannt, dass das „mich zumuten“, das Aussprechen einer Bitte, für mich noch immer eine schwere Herausforderung ist. Ich habe schon mehrere Situationen erlebt, wo ich in Giraffisch um etwas gebeten wurde (hättest du Lust, mich zu diesem Vortrag einzuladen? Ich würde ihn gern hören, aber kann es mir nicht leisten…), aber selber eine Bitte zu formulieren ist noch immer ein heikles Thema für mich.

In der Matrix heißt es dazu:
Bitten-Bewusstsein & Bitten:
Bereitschaft, um das, was man will
zu bitten, und dabei für jede
Antwort offen zu sein, nicht fixiert
auf ein bestimmtes Ergebnis.

Ungelernt:
(kein Wissen über die Fähigkeit. Unbewusst inkompetent)
Stellt Forderungen, ist nicht in der Lage
oder willens danach zu fragen was er/sie
will.

Erwacht
Die Fähigkeit wird bewusst wahrgenommen.
Bewusst inkompetent
Sich bewusst werden dass durch
Fixierungen, Forderungen und die
Unfähigkeit um das zu bitten, was wir
möchten, unsere Bedürfnisse nicht
erkennbar werden.

Kompetent
Die Fähigkeit kann mit bewusstem
Bemühen angewendet werden.
Bewusst kompetent.
Generell bereit und fähig klare Bitten zu
äußern, bemüht, bei Erkennen einer
Fixierung auf eine bestimmte Strategie,
sich von Verhärtung hinzu Offenheit
und Kreativität zu bewegen

Integriert
Natürliche Anwendung der Fähigkeit, mit
Leichtigkeit und im Fluss.
Unbewusst kompetent.
Bereitschaft danach zu fragen was man
möchte. Bleibt präsent, zeigt Kreativität
und Mitgefühl, auch wenn die Antwort
„nein“ lautet.

Also: Was ich gut hinkriege ist gar nicht zu fragen.
Was ich auch gut hinkriege, ist keine Forderung zu stellen. Jedenfalls weiß ich, dass in meinem Herzen keine Forderung ist. Ich nehme mich außerdem so wahr, dass ich gut ein Nein hören kann. Ein Nein ist ja nur ein Nein zu einer Strategie, nicht aber zu unserer Verbindung…
Die einzige Schwierigkeit ist, auf die Idee zu kommen, jemand anderes zu bitten. Die Idee, dass eine Bitte meinerseits ein Geschenk sein könnte, erscheint mir noch immer ziemlich – fremd.

Heute nun hatte ich eine Verabredung mit einer GfK-Freundin zum Mittagessen. Sie reagiert allergisch auf Katzen, deshalb war klar, wir würden auf der Terrasse sitzen. Ich wickelte die Gartenmöbel aus der Folie, wischte den Tisch ab und kurbelte den Ampelschirm auf. Äh – das sah sonst aber anders aus… Fast wie ein senkrechtes Segel ragte der Schirm auf die Terrasse. Ok, wenn jetzt gerade von dieser Seite Sonne käme, würde er davor schützen. Aber sonst bildete er doch immer ein behagliches Dach über Tisch und Stühlen. Wo war der richtige Hebel, der richtige Winkel, der Knopf, den ich dafür drücken musste?
nachdem ich zehn Minuten frustriert und verwirrt an diesem Schirm rumgezogen und gekurbelt hatte, gab ich auf. Ich schickte eine SMS an einen Freund, ob er noch in der Nähe sei und mal nach dem Rechten gucken könne? Keine Reaktion. Also war er wohl schon unterwegs in Richtung Rheinland. Dann grübelte ich, wen ich sonst noch fragen könnte. Mir fiel partout niemand ein.
Inzwischen war es halb 12 und für das gemeinsame Essen mit der Freundin fehlten noch ein paar Zutaten. Also schnappte ich mir Tasche und Portemonnaie und ging zum nahen Wochenmarkt. An meinem Stamm-Gemüsestand war Hochbetrieb. Zwei Meter neben mir stand ein Mann, der auf mich einen freundlichen und kompetenten Eindruck machte. Er war schon ein bisschen älter, ich schätze, über 60, trug Jeans und ein knallweißes gebügeltes T-Shirt. „Der…“ dachte ich bei mir. Dann gab es einen inneren Ringkampf, aus dem die Giraffe als klare Siegerin hervorging:
„Entschuldigen Sie bitte, Sie sehen so freundlich und kompetent aus – da trau ich mich mal was. Ich wohne nur wenige Schritte von hier entfernt und kriege meinen Ampelschirm nicht richtig ausgefahren. Könnten Sie sich vorstellen, mir dabei zu helfen?“
Der Mann war ganz offensichtlich baff.
Dann sagte er: Ja, kann ich machen.
Ich schnaufte und sagte „boah, da hab ich mich jetzt richtig was getraut. Ich bin Ihnen total dankbar, denn ich habe echt keine Idee mehr, woran ich drücken oder kurbeln muss.“
Schweigend gingen wir die paar Meter zu meiner Haustür, in Nullkommanichts hatte der Fremde die Stange weiter aus dem Fuß geschoben und schwups, schon kam der Schirm in die Position, in der ich ihn haben wollte. Das Ganze hatte bestimmt keine zehn Minuten gedauert, dann gingen wir zurück auf den Markt. Ich habe es mir verkniffen, dem Mann Geld anzubieten. Aber ich habe noch einmal formuliert, wie sehr er mein Leben bereichert hat mit seinem freundlichen und unkomplizierten Zugreifen. Dabei dachte ich an eine Geschichte, die ich vor ein paar Tagen gelesen habe.
Darin bat ein Mann um zwei Flugtickets:

Ich rief eine Fluggesellschaft an, von der ich wusste, dass sie gerade sehr gut lief, North East Airlines. Die Frau am Telefon stellte sich als Sekretärin des Präsidenten heraus, also sagte ich ihr, was ich benötigte. Sie verband mich direkt mit dem Präsidenten, Steve Quinto. Ich erklärte ihm, dass ich gerade mit den Leuten der Konferenz in San Diego gesprochen hatte und dass sie uns Gratiskarten für die Konferenz gegeben hätten, dass wir aber nicht wussten, wie wir dort hinkommen sollten, und ob er uns bitte zwei Rundreisetickets von Miami nach San Diego spendieren könnte. Er sagt: „Natürlich tue ich das“, genau so. Es ging so schnell, und das nächste, was er sagte, warf mich wirklich um. Er sagte: „Danke, dass sie gefragt haben.“
Ich sagte: „Wie bitte?“
Er sagte: „Ich habe nicht oft Gelegenheit, das Beste für die Welt zu tun, es sei denn, jemand bitte darum. Das Beste, was ich je tun kann, ist, von mir selbst etwas zu geben, und Sie haben mich gebeten, das zu tun. Das ist eine schöne Gelegenheit, und ich möchte Ihnen für diese Gelegenheit danken.“

Ok, so weit ist es nicht gekommen. Aber ich möchte feiern, dass ich es geschafft habe, um das zu bitten, was ich wirklich brauchte. Sogar jemand völlig Fremdes. Und ich habe es bekommen. Ich hätte auch ein Nein hören können. Aber ich habe es bekommen und ich bin glücklich und dankbar. Boah, ey, was für ein Prozess!

So long!

Ysabelle

Nach meinen Bedürfnissen leben

Hallo, Welt!

Die Beschäftigung mit der Matrix hat mich mal wieder auf ein Thema geworfen, das mich schon länger bewegt: Wie kann ich nach meinen Bedürfnissen leben? Da stellt sich zuerst die Frage: Was sind eigentlich meine Bedürfnisse? Es gibt ein paar Bereiche, da finde ich es äußerst schwer, in Balance zu kommen:
Arbeiten – Ausruhen
Wachsein – Schlafen
Essen – satt sein
Kaufen – Haben

Nahezu 30 Jahre war mein Leben durch eine feste Arbeit strukturiert. Ich ging um acht aus dem Haus und kam um acht wieder. Dem hatte sich alles unterzuordnen. Work-Life-Balance fand nicht statt, die Arbeit war das Leben. Mit dieser Vorgehensweise habe ich mir lange wundervolle Bedürfnisse erfüllt: Sinnhaftigkeit, Struktur, Gemeinschaft, Kreativität, Selbstvertrauen, Anerkennung, Wertschätzung, Beitragen, Autonomie und manches andere.
Als ich mit der GfK in Verbindung kam, dämmerte mir, dass diese Art von Arbeit nicht immer die beste Strategie ist, um diese Bedürfnisse zu befriedigen. Jetzt hat sich meine Lebenssituation geändert und ich wähle andere Strategien, um meine Bedürfnisse zu erfüllen. Was dabei hinten runter kippt, sind Autonomie im Sinne von ein ausreichendes Einkommen haben (überhaupt: für was soll es ausreichen?) und Struktur. Wie gliedere ich meinen Tag? Tut es mir gut, bis abends um elf am Schreibtisch zu sitzen? Wie viel muss ich arbeiten um wie viel Pause zu „verdienen“? Wie viele Tage darf ich „nichts tun“, ohne als „faul“ gebrandmarkt zu werden – natürlich von mir selbst…? Zählen Haushaltsverrichtungen als Arbeit? Darf ich mir für „Bügeln“ einen Strich bei Arbeit auf meinen imaginären Tagesplan machen? Wäsche aufhängen? Katzenklos putzen? Darf ich das als Arbeit zählen? Zähle ich nur, wenn ich arbeite? „Ja!“, brüllt da eine innere Stimme. Au weia.

Wachsein und Schlafen gehören in die gleiche Kategorie. „Wer sich zwischendurch ins Bett legt, darf das nur, wenn er krank ist“. Das kenne ich aus meiner Ursprungsfamilie, und da gab es sehr schwer kranke Menschen. Dramatische Herzleiden, Tuberkulose, Medikamentenabhängigkeit, „das ganze Programm“ würde mein Freund Dittsche sagen. Also: Wann darf ich mir einen Mittagsschlaf erlauben? Wie krank muss ich sein, oder wie erschöpft? Wie kann ich es wagen, den Tag einfach nur nach dem Lustprinzip zu leben? Wie, du bist müde? Wovon? Du hast ja gar nichts getan! Da meldet sich sofort wieder die Scham: DAS IST FALSCH! Dann finde ich abends nicht in den Schlaf, weil mir zu viele Dinge durch den Kopf gehen, und morgens komme ich schwer hoch. „Asozial“ verkündet mein innerer Kommentator. Ordentlich was los bei mir…

Und dann das Essen… Ich habe zwei Rezepte mit Poree, das versagt bei mir komplett die Fressbremse. Oder selbst gekochter Möhreneintopf. Mjam! Hühnerfrikassee… Grünkohl… Das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite verbringe ich die Vormittage in latentem Hunger und damit in Unterzuckerung. Ich habe keine Lust, mir was zu essen zu machen. Als sei ich mir ein Frühstück nicht wert. „Richtig“ kochen mache ich am liebsten, wenn ich FÜR jemanden kochen kann. Ich zähle da nicht. Oft genug werden es dann für mich einfach nur Fischstäbchen oder Bratkartoffeln. Das erfüllt wahrscheinlich meine Bedürfnisse nach Nahrung, aber nicht nach Schönheit und Feiern. Möchtet Ihr mit mir das Thema Schokolade diskutieren? „Russisch Brot“-Kekse? Englische Lakritz? Macintosh-Bonbons? Ich habe mal 18 Monate komplett auf alles Süße außer Obst und Eis verzichtet (ich steh nicht so auf Eis, das war keine Verlockung). Das hatte seine Vorteile, weil ich an diesen verlockenden Schalen mit Naschies gut vorbeigekommen bin. Statt „welches Toffee nehm ich denn?“ fiel mir zum Glück immer wieder ein: Ach, so was ess ich ja nicht… und damit ging es mir gut.

In diesen Tagen hatte ich reichlich Post von Lands End. Im Briefkasten lag der Katalog mit den Sonderangeboten, und solange die Deutschen siegten, gab es Sonderprozente. Es ist mir gelungen, nichts davon in Anspruch zu nehmen. Aber diese Schuhe für nur noch 29 Euro… guck mal, das coole Polo… die Regenjacke… „Haben wollen“ meldet sich ein Persönlichkeitsanteil. Was den Restpostenmarkt „Jokers“ angeht, fällt mir das Nicht-Kaufen deutlich schwerer. Gerade eingetroffen sind DVD’s zum Thema Geschlechterdifferenz und Neurowissenschaft, Systemische Therapie und ein Lehrprogramm Psychologie. Jedes war ursprünglich schweineteuer. Ich hätte nicht 90 Euro für eine Lehr-DVD bezahlt. Aber mit dem jetzigen Einkauf habe ich 234 Euro gespart – ist das nicht der Hammer? Blöd nur, dass ich dafür 39,96 Euro ausgeben musste…

Also: Was sind meine Bedürfnisse? Wie kann ich einen Weg finden, angemessen für ihre Befriedigung zu sorgen? Wie möchte ich leben? Was sind meine Werte? Und wie viel Zeit darf ich mir einräumen, darauf eine Antwort zu finden?

Ich bin neugierig, wie Ihr das in Eurem Leben handhabt. Nehmt Ihr Euch so wahr, dass Ihr nach Euren Bedürfnissen lebt? Gibt es bei Euch auch Polaritäten? Wie habt Ihr herausgefunden, was Euch gut tut? Ich freue mich über Rückmeldungen!

So long!

Ysabelle

Vertrauen auf den Prozess

Hallo, Welt!
In den vergangenen Wochen war ich öfter als Begleiterin bei Anliegenarbeit gefragt. Ich stelle fest, dass ich immer dann gut zurecht komme, wenn ich auf den Prozess vertraue und loslasse. Es hakelt, wenn ich denke, ich könnte etwas lenken. Und es wird vermutlich fatal, wenn ich anfange, Lösungsvorschläge zu präsentieren.

Mich vertrauensvoll auf diesen Prozess einzulassen widerspricht so ziemlich allem, was ich in den vergangenen 50 Jahren gemacht habe. Immer ging es um Wollen. Jetzt bin ich mehr damit beschäftigt, mich zu Beginn einer solchen Arbeit innerlich „leer“ zu machen. Ich möchte meine Ideen, Vorschläge, Gedankenverbindungen oder gar Projektionen in ein anderes Zimmer im Oberstübchen bringen und mit allen Sinnen bei meinem Gegenüber sein.
In der heutigen Übungsgruppe ging es bei einem Teilnehmer darum, dass er gern mit einer Freundin bei einer dritten Person übernachtet hätte. Doch die dritte Person wollte keinen fremden Menschen dabei haben und sagte nein.
Mein Gehirn spuckte pausenlos Ideen aus, warum Person III sich so verhält und was Person III braucht. Da war es schon eine Anstrengung, alle diese Überlegungen in einen imaginären Wandschrank zu packen und mit dem Teilnehmer nachzuspüren, was er denn brauchte: Leichtigkeit, Verbindung, Spaß, Entspannung, Obdach, Gemeinschaft und so manches andere mehr. Wir waren eine ganze Weile auf dem Tanzparkett unterwegs und am Ende gab es eine Lösung, von der niemand am Anfang des Prozesses zu träumen gewagt hätte. Wunderbar! Bereichernd! Und obwohl ich es immer wieder erlebe, dass ich mit dieser inneren Haltung der Leere am weitesten komme, kostet es mich jedes Mal Kraft, mich in diesen Zustand zu bewegen. Aber ich merke, es wird leichter, mich darauf einzulassen. Und wenn meine Gedanken abschweifen, wenn Lösungsangebote ins Hirn fluten, dann kann ich tief durchatmen und mich auf das besinnen, was ich gerade lerne: Vertraue auf den Prozess. Du brauchst gar nichts zu tun. Und jeder von uns besitzt eine innere Weisheit, die dazu führt, dass er für sich eine gute Lösung findet. Alles, was ich dazu beitrage, ist dass ich den Raum halte.

So long!
Ysabelle

Matrix – mein Film

Hallo, Welt!
Nach wildbewegten Wochen bin ich gestern Abend wieder zu Hause aufgeschlagen. So nach und nach werde ich Euch von den Erfahrungen dieser Zeit berichten. Heute starte ich mit der Matrix, die mir die Assessorinnen als Vorbereitung auf die Mentoring- und Assessment-Tage in Niederkaufungen zugesandt haben. Pathway-Matrix-German-Translation Ich hoffe, Ihr könnt sie auf diesem Weg runterladen.
Das Durcharbeiten dieser fünf Seiten fand ich ausgesprochen schwierig. Als ich bei der Selbstüberprüfung meiner Fähigkeiten/Fertigkeiten beim dritten „integriert“ landete, überrollte mich eine Welle von Scham. „Was bildest du dir eigentlich ein? Wie kannst du glauben, dass du das wirklich integriert hast? Gibt es nicht immer wieder Situationen, in denen du wie ein Anfänger überhaupt nicht weißt, was du tun sollst?“
Es gelang mir so halbwegs, diesem Teil Einfühlung zu geben. Er möchte wirklich sicher stellen, dass ich mich nicht an etwas heranwage, was mir dann nicht gelingt. Eigentlich möchte er mich schützen. Ach, wenn wenn doch der Sprachkurs in Giraffisch bei meinen inneren Anteilen mal Früchte tragen würde… Na, wenigstens springt der Übersetzer an.

Im Prinzip kannte ich die Matrix aus dem Fortgeschrittenen-Seminar im Vorjahr. Da hatte ich sie überflogen und dann wieder aus dem Hirn entfernt. Beim jetzigen Durcharbeiten habe ich gemerkt, dass es durchaus etwas zu feiern gibt, nämlich viele Fortschritte in Richtung Integration der Haltung. So habe ich festgestellt, dass ich in einigen Bereichen einen besonders langen Weg gegangen bin. Ich denke da an einen Zahlenstrahl: Wenn ich von sehr weit im Minus los gewandert bin und jetzt irgendwo bei Plus 10 angekommen, dann ist diese Wegstrecke bedeutsamer, als wenn ich von plus 20 bei plus 50 lande. Jedenfalls für mich. Am stärksten gilt das für mich für Dankbarkeit, die heute mein Leben unglaublich bereichert, den Umgang mit Feedback und den Umgang mit Reaktionen auf andere. In diesen Bereichen habe ich das größte Wachstum erzielt, so nehme ich es wahr.
Meine stärksten Lernfelder kann ich auch benennen. Da geht es zum einen um die innere Erlaubnis, bedürftig zu sein. Das fällt mir unglaublich schwer. Meine eigenen Bedürfnisse anzuerkennen – speziell in Bezug auf Unterstützung, Wärme und Gesehen werden – ist nach wie vor eine große Herausforderung. Auch der Ausgleich zwischen Geben und Nehmen ist für mich eine riesige Aufgabe. Im Workshop habe ich das die „Sterntaler“-Übung genannt. In diesem Märchen gibt ja das Mädchen alles her, was es hat, um anschließend in bitterer Kälte quasi nackt unterwegs zu sein, bis die Sterntaler als Belohnung vom Himmel regnen. Mit dem co-abhängigen Talent des Kindes wird diese Knete auch nicht lange halten… Als Etappenziel habe ich für mich definiert: „Die Mütze muss bleiben“. Also: Ich gebe nicht alles weg bis zum letzten Hemd. Schwierig. Und schlussendlich geht es um Vitalität. Da heißt es in der Matrix:
Vitalität kultivieren:
In Einklang mit sich selbst kommen
um eine ausgewogene Selbst-
Fürsorge zu unterstützen; Pflege der
lebensdienlichen Energie.
Ungelernt:
Unbewusste Verhaltensmuster und/oder
rastlose geistige Aktivität, führen zu
verminderter Energie.
Erwacht:
Sich des eigenen Energieniveaus
bewusst werden und wahrnehmen, was
dieses beeinflusst.
Kompetent:
Verbunden mit Bedürfnissen als
Ressourcen; motiviert, Wege zu suchen
um einfallsreich zu sein und etwas
beitragen zu können.
Integriert:
Energetisiert durch die Förderung von
Körper, Geist, Seele und Gemeinschaft

Hier bin ich noch fast bei „ungelernt“, also unbewusst inkompetent. Heute allerdings bin ich mir meiner großen Erschöpfung bewusst. ich erkenne an, was ich in der vergangenen Woche hinter mich gebracht habe – 1600 Kilometer Autobahn und Schiene, drei anspruchsvolle Seminartage, zwei Tage als „Kommunikationsfeuerwehr“ bei einer Veranstaltung mit rund 50 Leuten… Ich bin ausgelaugt und müde. Daraus folgt: Pyjama-Day! Denn Morgen geht es schon wieder rund. Ich habe eine Anfrage für eine Privatstunde Nachhilfe GfK und leite als Urlaubsvertretung Simrans Hamburger Übungsgruppe. Heute will ich die roten Warnlampen meines Körpers wahrnehmen und mir Ruhe und Entspannung schenken. DAS ist mal eine echte Herausforderung!

So long!

Ysabelle

Guten Appetit!

Hallo, Welt!
Zurzeit habe ich Besuch, der sich seit einiger Zeit mit GfK beschäftigt. Heute nun hat dieser Mitbewohner einen Auswärtstermin und meldete sich um kurz vor eins: Jetzt sei das Gespräch beendet und er komme zurück. Ich entgegnete noch so was wie „Lass dir Zeit“, und wollte damit zum Ausdruck bringen, er möge bitte nicht extra aufs Gas drücken, um herzukommen. Um 14.33 Uhr, ich erwartete ihn jede Minute, kam eine SMS: „Ich lege noch einen Zwischenstop bei XY ein“. Hm. Ich antwortete: „Oh… ich habe dich jeden Moment hier erwartet“. Dann kam die Antwort, die ich mit dem „Giraffenohr des Tages“ auszeichnen möchte. „Ich sollte mir Zeit lassen. – Bringt dich das konzeptionell durcheinander?“ Ich antwortete: „Ein bisschen. Ich hatte gedacht, wir essen zusammen.
Mit Zeit lassen meinte ich eher so was wie „fahr nicht wie ein Henker“ ;-).

Ich mach mir was Obstiges.“ Und er antwortete: „Dann bitte ich dich, nicht mit dem Essen auf mich zu warten.“
Ich dachte irritiert, ey, so spricht kein Mensch! Und dann wanderten meine Gedanken herum…
Es gibt eine Geschichte, die Marshall gern erzählt über eine Frau die zu ihrem Mann sagt: Ich wünschte, du würdest nicht so viel arbeiten. Ein paar Tage später erzählt er ihr freudestrahlend, er habe sich zu einem Golfturnier angemeldet. Entgegen seiner Erwartung war sie keineswegs begeistert. Denn statt „du sollst weniger arbeiten“ wollte sie eigentlich zum Ausdruck bringen, „ich möchte mehr Zeit mit Dir verbringen. Falls sie nicht gerade sein Caddy ist, könnte das schwierig werden, wenn er ein Turnier spielen will…
Dann kaute ich „warte nicht mit dem Essen auf mich“ herum. Leute, das macht was mit mir. Gefühle: Unbehaglich, verwirrt, traurig, einsam. Bedürfnisse: Verbindung (an allererster Stelle), Wertschätzung, Gemeinschaft, Klarheit. Irgendwie kommt das bei mir wie eine Strafe an. Spannend. Da ist bestimmt ein Kind-Anteil am Start. Dann ging mir auf, dass da ja auch eine Du-Botschaft enthalten ist: Es heißt nicht etwa, ich komme später, oder ich habe schon gegessen, sondern DU sollst oder brauchst nicht zu warten. Es beinhaltet auch die Aussage: Ich werde zur geplanten Zeit nicht da sein, oder vielleicht Ich habe keinen Hunger, deshalb werde ich nicht mit dir essen…

Letzten Endes habe ich für mich erkannt, dass es ein Thema ist, das für mich etwas mit Selbstfürsorge zu tun hat, wie es in dem nachfolgenden Text von Melody Beattie so schön beschrieben ist.
Und ganz in diesem Sinne habe ich mir einen grandiosen Obstsalat in Mascarponeschaum gemacht. Leute, wer den auslässt, verdient es nicht besser!
😉

Selbstverantwortung
Aus „Die Sucht gebraucht zu werden“ von Melody Beattie
Selbstfürsorge ist ein Verhalten uns selbst und
unserem Leben gegenüber, das besagt: Ich bin
verantwortlich für mich selbst.
Ich bin verantwortlich dafür, ob ich lebe oder
nicht lebe. Ich bin verantwortlich dafür, nach
meinem geistigen, emotionalen, körperlichen
und finanziellen Wohlergehen zu streben.
Ich bin verantwortlich dafür, meine Bedürfnisse zu erkennen
und zu befriedigen. Ich bin verantwortlich
dafür, meine Probleme zu lösen oder mit
meinen Problemen leben zu lernen, die ich nicht
lösen kann. Ich bin verantwortlich für meine Entscheidungen.
Ich bin verantwortlich dafür, was ich gebe oder empfange.
Ich bin auch dafür verantwortlich,
mir Ziele zu setzen und sie zu erreichen.
Ich bin verantwortlich dafür, wie sehr ich
das Leben genieße, wie viel Freude ich an täglichen
Aktivitäten finde. Ich bin verantwortlich
dafür, wen ich liebe und wie ich mich entscheide,
diese Liebe auszudrücken. Ich bin verantwortlich
dafür, was ich anderen antue und dafür, was ich
anderen erlaube mir anzutun.
Ich bin verantwortlich für mein Wollen und meine
Wünsche. Alles an mir, jeder Aspekt meines
Seins, ist wichtig. Ich bewerte angemessen. Ich
begutachte meine Wünsche und Bedürfnisse. Ich
verdiene weder Missachtung noch ständige
Misshandlung und toleriere sie nicht. Ich habe
Rechte, und es liegt in meiner Verantwortung,
diese Rechte zu verfechten.
Die Entscheidungen, die ich treffe, und die Art,
wie ich mich verhalte, spiegeln meine Selbstachtung
wider. Meine Entscheidungen tragen meinen
Verpflichtungen Rechnung. Meine Entscheidungen
tragen auch meinen Verpflichtungen
anderen Menschen gegenüber Rechnung –
meinem Partner, meinem Kind, meinen Verwandten
und meinen Freunden. Ich untersuche und
entscheide genau, wie diese Verpflichtungen beschaffen
sind, bevor ich meine Entscheidungen
treffe. Ich berücksichtige auch die Rechte meiner
Mitmenschen – das Recht, ihr Leben so zu leben,
wie es ihnen passt. Ich darf das Recht anderer
nicht beschneiden, ihr Leben nach ihren Vorstellungen
zu leben. Und sie dürfen mir meine Rechte
nicht beschneiden.
Selbstfürsorge ist ein Verhalten gegenseitiger
Achtung. Das bedeutet, unser Leben verantwortungsbewusst
leben zu lernen. Das bedeutet, anderen zu erlauben,
ihr Leben nach ihrer Wahl zu leben,
solange sie nicht unsere Entscheidung stören,
nämlich so zu leben, wie wir es wollen.
Sich um uns selbst zu kümmern, ist nicht so egoistisch,
wie manche Menschen annehmen, aber
es ist auch nicht so selbstlos, wie manche andere glauben.

So long!

Ysabelle

Die Rechnung, bitte!

„Rechnung für Rechnung ist berichtigt, // Die Wucherklauen sind beschwichtigt, // Los bin ich solcher Höllenpein; // Im Himmel kann’s nicht heitrer sein.“ – Johann Wolfgang von Goethe, Faust II, Vers 6041 ff. / Marschalk

Hallo, Welt!
Ich habe meine allererste Rechnung geschrieben! Die Volkshochschule hatte ja einfach das Standard-Honorar überwiesen, und um Karten für verschicken, schreibe ich keine Rechnungen, sondern schicke eine Quittung mit, wenn bereits überwiesen wurde. Aber jetzt habe ich für meine zweiwöchige Urlaubsvertretung als Coacheuse & GfK-Trainerin eine Rechnung über 690 Euronen ausgestellt. Puh, ganz schön viel zu beachten, wenn man keine kaufmännische Ausbildung hat… Rechnungsnummer, Steuernummer, Ich nehme die Kleinunternehmer-Regelung (§ 19 Abs. 1 UStG) in Anspruch und weise in Rechnungen keine Umsatzsteuer gesondert aus … Einige Freunde von mir stöhnen, weil sie es schwierig finden, Rechnungen zeitnah zur Leistung rauszuschicken. Mich hat das heute trotz meiner Totalerschöpfung sehr motiviert. Leute, ich habe Geld von Euch zu kriegen, hier meine Kontodaten…! Hurra!
Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass die Rechnungseingänge bei mir im Moment nur so hageln. Jeden Monat eine Rate für die Mediationsausbildung, jetzt gerade die Unterbringung im wunderbaren Osterberg-Institut, dann eine Rechnung fürs Assessment und eine Rechnung für meine Assessorin. Ja, es ist wahr, Leute, ich bin drin!!! Jetzt bin ich i. Zert., in Zertifizierung. Ich merke, dass sich im vergangenen halben Jahr wirklich etwas bei mir verändert hat. Ich nehme mich weniger ängstlich wahr. In diesem Block der Jahresausbildung, der gestern zu Ende ging, ergab es sich, dass wir Assistenten intensiver als üblich eingebunden waren. Ich habe drei Anliegen-Arbeiten gemacht und berührende Rückmeldungen bekommen. In einer Situation, in der es ein bisschen gekniffen hat, konnte ich meine Giraffenohren aufbehalten. Und ich bin berührt und genährt durch die wunderbare Gemeinschaft, die ich in diesen Tagen am Osterberg-Institut genießen durfte. Schade nur, dass ich gleichzeitig auch so müde und erschöpft von den vergangenen Wochen bin. Und noch zeichnet sich am Horizont keine Zeit für Erholung ab, ganz im Gegenteil. Die kommenden Wochen sind schon wieder total dicht mit Arbeit. Aber da ich die meiste Zeit im Dunstkreis des heimischen Computers bin, werde ich es sicher wieder regelmäßiger schaffen, hier etwas zu teilen. Die vielen neuen Projekte rattern durch mein Hirn wie eine Dampflokomotive auf Hochgeschwindigkeitsfahrt. Atmen, Baby, atmen! Eines der Projekte, die beispielsweise Gabriel und ich ins Auge gefasst haben, sind internationale Bedürfniskarten, also mehrsprachige Spielkarten mit Bedürfnissen. Dann können sich auch GfKler aus verschiedenen Ländern leicht miteinander verständigen. Klingt das nicht aufregend?

So long!
Ysabelle

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