Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Kommt ein Mann zum Psychoanalytiker…

Kommt ein Mann zum Psychoanalytiker. „Herr Doktor, ich habe solche Angst! Unter meinem Bett toben wilde Tiere. Kann man da was machen?“ Der Psychoanalytiker guckt sehr ernst und sagt: Hm. Das ist eine sehr schwierige Sache. Machen kann man da schon was, aber das dauert 300 bis 400 Stunden.“ „Oh“, meint der Patient, „und was kostet das?“ Entgegnet der Analytiker: „Die Stunde 100 Euro.“ „Ne,“ sagt der Mann, „so schlimm ist es denn auch wieder nicht!“, und geht.
Ein paar Wochen später treffen sich die beiden zufällig auf dem Parkplatz eines Supermarktes. „Herr Doktor, Herr Doktor“, sagt der Mann strahlend. „Mein Bruder hat mich geheilt.“ Der Therapeut wundert sich: „Ist ihr Bruder denn auch Psychoanalytiker oder Arzt?“ „Nein“, strahlt der Mann, „er ist Tischler. Und er hat einfach von meinem Bett die Beine abgesägt. Jetzt passen da keine wilden Tiere mehr drunter!“
Aus einem Vortrag von Harald Reinhardt

Ist das nicht eine verblüffende Lösung? Da bietet ein Fachmann eine Strategie an, die etliche 1000 Euro kostet, und ein Schreiner greift einfach zur Säge und schon hat sich das Problem erledigt. Ich vermute, keiner der Beteiligten kannte sich aus mit Gewaltfreier Kommunikation, und doch ist es schön zu lesen, wie zielorientiert hier gearbeitet wurde. Was waren die Bedürfnisse des Patienten? Vermutlich Schlaf, Entspannung, Ruhe, Sicherheit, Schutz und Unterstützung. Der Therapeut hatte eine Strategie im Angebot, der Bruder des Betroffenen eine andere. Wie gut, dass wir darauf vertrauen dürfen, dass es viele Strategien gibt, die alle Bedürfnisse berücksichtigen. Wenn wir den Mut haben, die Strategieebene zu verlassen und stattdessen erst nach den Bedürfnissen zu schauen, liegt die Lösung oft schon in Greifweite.

Heute will ich bewusst von der Strategieebene zu meinen Bedürfnissen gehen, um festzustellen, dass ich sie auf vielfältige Weise erfüllen kann.

2 Reaktionen zu “Kommt ein Mann zum Psychoanalytiker…”

  1. Tabasco

    Hallo Ysabelle!

    Ich bin ernsthaft am Grübeln, wie ernst diese TM gemeint ist. Sicher, wenn dem Manne damit wirklich geholfen sein sollte, ist es ja okay.
    Aber das hier ist ein Witz.
    Wenn der Typ wirklich psychisch krank ist, dann ziehen die wilden Tiere in den Schrank um und dann? Schrank zersägen?

    Fragende Grüße,
    TabasCo

  2. Ysabelle Wolfe

    Hallo, Tabasco,

    Ernst gemeint ist auf jeden Fall die Aussage, dass es in aller Regel mehrere Strategien gibt und dass es sinnvoll ist, auf die Bedürfnisse zu gucken. Selbstverständlich hast Du Recht, es ist ein Witz. Noch dazu ein Witz, den mir ein Therapeut erzählt hat. Ich war jetzt nicht im Ernst davon ausgegangen, jemanden, der solche Art von Problemen hat, zum Tischler zu schicken. Aber im Witz und im echten Leben passieren verblüffende Dinge, wenn wir Probleme runterbrechen auf die Bedürfnisse. Das war die Botschaft, auf die es mir ankam. Dein Einwand mit dem Schrank hat mich irritiert und zum Lachen gebracht. Wenn es um Sicherheit geht, würde es ja vielleicht reichen, wenn wir den Schrank dann mit den Türen zur Wand drehen, oder? Dann können doch die wilden Tiere auch nicht raus 😉

    Liebe Grüße von

    Ysabelle

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