Sich etwas gönnen
* „Gute Weiber gönnen einander alles, ausgenommen Kleider, Männer und Flachs.“ – Des Quintus Fixlein Leben bis auf unsere Zeiten; in funfzehn Zettelkästen, Erster Zettelkasten, Jean Paul: Werke. Band 4, München 1959–1963, S. 65-78.
Ich habe eine Freundin, die auf einer Matratze auf dem Boden schläft, obwohl sie mit Rippenschmerzen zu kämpfen hat. In diesen Tagen sprachen wir darüber, ob ihr nicht ein neues Bett gut tun würde, aber sie schreckt vor dem Kauf zurück.
Dabei geht es nicht darum, dass sie es sich nicht leisten kann. Sie sagt: „Es ist nicht dran“. Vermutlich erfüllt sie sich mit ihrer Zurückhaltung ihr Bedürfnis nach Schutz (mir kann keiner nachsagen, ich hau hier die Kohle raus…), nach Leichtigkeit (das ist aber auch alles so kompliziert mit den verschiedenen Matratzen und Lattenrosten und Materialien…), vielleicht auch nach Geborgenheit, denn das Matratzenlager ist vertraut.
Es gab Zeiten, da habe ich mir mehr gegönnt, als für mein Konto gut war. Ich erfüllte mir damit mein Bedürfnis nach Leichtigkeit, nach Spaß, ich gab mir Wertschätzung, indem ich mich beschenkte. Geschenke dienten als Trost, Geschenke dienten auch dazu, Verbindung herzustellen, Nähe und Zärtlichkeit auszudrücken. Es hat lange gedauert, bis ich gemerkt habe, dass ich mich (und gelegentlich auch andere) mit kleinen Geschenken bei Laune gehalten habe, weil ich mir etwas Großes nicht gegönnt habe.
Das erste Mal bin ich darauf aufmerksam geworden, als mich jemand fragte, ob es mir Spaß mache, in meinem Arbeitszimmer zu sitzen, an einer einfachen Holzplatte und auf einem ausgedienten Bürostuhl, umringelt von unzähligen Kabeln. Zunächst wollte ich mir einfach bei Ikea einen neuen Schreibtisch kaufen, doch dann wurde es ein richtiger Luxusschreibtisch, denn das ist der Platz, an dem ich mich (neben meinem Bett) am längsten aufhalte.
Heute kann ich es gut aushalten, an interessanten oder attraktiven Dingen vorbei zu gehen. Eine kurze Überprüfung: Brauche ich das wirklich, und welches Bedürfnis will ich mir damit erfüllen? – und schon kann ich weiter gehen. Auf diese Weise ist zu anderen Zeiten ein bisschen Geld da, mit dem ich mir einen tieferen Wunsch erfüllen kann. Und meine Bedürfnisse nach Trost, Anerkennung, Zugehörigkeit oder Verbindung kann ich auf neue, kostensparende Weise erfüllen.
Heute will ich genau in mich hineinspüren, wenn ich mir etwas gönnen möchte. Welches Bedürfnis soll damit gestillt werden, und gibt es auch andere Möglichkeiten, mir dieses wunderbare Bedürfnis zu erfüllen?