Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Stimmen

„Die Welt ist ein Berg, und alles, was man je von ihr zurückbekommt, ist der Widerhall der eigenen Stimme.“ – Dschalal ad-Din Rumi, zitiert von Abd al-Qadir as-Sufi in „Was ist Sufismus?“

Mit unseren inneren Stimmen können wir ganze griechische Chöre ausstatten. Her Hamburger Professor für Kommunikationspsychologie Friedemann Schulz von Thun hat vor über 30 Jahren ein Denkmodell entwickelt, das uns helfen kann, unsere inneren Stimmen besser wahrzunehmen und ihnen zuzuhören. Er nennt es das innere Team. In der Gewaltfreien Kommunikation lernen wir, auf die Stimmen dieses inneren Teams einzugehen. Mit ein wenig Glück hören wir tatsächlich in unserem Kopf einen Chor aus einzelnen Stimmen, die alle nur eine Absicht haben: Sie wollen unser Bestes.

Dabei sind so unterschiedliche Teammitglieder wie innere Kinder, Richter, besorgte Mütter oder übermütige Brüder vereint. Und jeder von ihnen hat eine Meinung, was nun gerade unserem Besten dient. Unter Umständen können diese Meinungen durchaus weit auseinander liegen.
Vor einigen Wochen entdeckte ich diesen Schreibtischstuhl, der genau meinen Bedürfnissen nach Gesundheit, Bequemlichkeit, Spaß und Leichtigkeit entsprach. „Los, kaufen!“ jubelte mein innres Kind. Mein innerer Richter hatte da ganz andere Ansichten. „Du hast erst vor einem halben Jahr einen Schreibtischstuhl günstig gekauft, der wunderbar ist und seinen Zweck erfüllt. Das Geld kannst du sparen!“ Und dann gab es eine Stimme, die sagte, „du verbringst so viele Stunden am Schreibtisch, wenn dieser spezielle Stuhl dazu dient, dass du das ohne Schmerzen tun kannst, solltest du ihn kaufen.“ Und eine mahnende Stimme meinte: Wenn du so mit deinem Geld rumschmeisst, sind keine Rücklagen da, wenn etwas passiert!“

Früher bin ich oft wie eine Flipperkugel zwischen diesen Positionen hin- und hergeschossen. Oft habe ich dann für Dinge zweiter Wahl weniger ausgegeben, war aber auch weniger glücklich. Und dieser Frust über ein unerfülltes Bedürfnis brach sich dann an anderer Stelle Bahn.

Heute gelingt es mir immer öfter, mein innreres Team an einen Tisch zu holen und sie alle zu Wort kommen zu lassen. Ich kann jedem von ihnen Einfühlung geben und herausfinden, welches Bedürfnis gerade von ihnen vertreten wird. So kann ich meine Entscheidungen auf eine breite Basis innerer Zustimmung stellen und finde damit eine neue, tiefe Zufriedenheit.

Heute will ich aufmerksam werden, wenn ich feststelle, dass in mir Stimmen lebendig werden. Sie sind ein Widerhall dessen, was ich in meinem Leben berücksichtigen möchte.

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