Wortschätzchen: Gewissensbisse
„Der Gewissensbiss ist, wie der Biss des Hundes gegen einen Stein, eine Dummheit.“
Friedrich Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches II, 2. Aph. 38
Ist das nicht ein wunderbares Wort? Unser Gewissen ist also bissig. Das bedeutet wohl im Klartext, dass es zu Aggressionen neigt, und zwar uns selbst gegenüber. Ich kann entscheiden, in welchem Maul die Zähne dafür stecken: Ist es ein Schoßhündchen, das geradezu spielerisch an unserem Hosenbein schüttelt, oder ist es ein scharf gemachter Rottweiler, der, einmal von der Kette gelassen, nicht eher Ruhe gibt als bis er sein Opfer bezwungen hat?
Ein Freund von mir benutzt mit einem Augenzwinkern gern die Formulierung:
Wozu ist das denn gut? Also: Wozu dienen Gewissensbisse?
Ich vermute, wie ein Hütehund sollen sie uns auf Kurs halten. Da geht es lang!
Und jede Abweichung könnte uns in Gefahr bringen, aus der Gemeinschaft zu fallen.
Ich würde sie mal eindeutig dem Wolf zuordnen, und zwar Wolf innen.
Ton ab: Was hast du da wieder gemacht? Wie konntest du nur? Jetzt geht es XY schlecht, weil du…. Jetzt wird die Arbeit nicht fertig, weil du…
Alles klar? Ich habe offensichtlich etwas FALSCH gemacht.
Welche Gefühle sind in mir lebendig, wenn Dr. Wolf seine Anklagen auf mich niederprasseln lässt?
Ängstlich
angespannt
bedrückt
beklommen
dumpf
elend
miserabel
ernüchtert
gelähmt
hilflos
niedergeschlagen
schwer
sorgenvoll
überwältigt
verzweifelt
Und welche Bedürfnisse sind bei mir im Mangel, wenn all diese Gefühle in mir lebendig sind?
Mein erster Impuls geht zu
Zugehörigkeit.
Mein Wolf sagt mir, ich sei ausgestoßen.
Alles andere kommt dann vermutlich sehr auf die Situation an.
Passen würden vielleicht auch
Autonomie (darf ich entscheiden, was ich tun oder lassen will?)
Verbindung
Integrität
Kongruenz (handele ich meinen Werten entsprechend?)
Vertrauen
Sicherheit
Gesehen/Gehört werden
Leichtigkeit
Und vielleicht auch Harmonie.
Kein Wunder, dass ich mich so elend fühle, wenn all diese wundervollen Bedürfnisse im Mangel sind.
Mögt Ihr das ergänzen?