Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Wortschätzchen: Ertappen

„Lehre deine Zunge sagen: Ich weiß nicht. Denn vielleicht ertappt man dich sonst bei einer Lüge und nagelt dich darauf fest.“
Aus ‚Babylonischer Talmud‘, Berachot 4

Ertappen, erwischen, auffliegen – wunderbare Worte aus einer Welt von Richtig oder Falsch. Mein erster Gedanke, als ich mich mit „ertappen“ zu beschäftigen begann, war an jemanden, der etwas klaut. Das ist natürlich falsch. Klauen ist falsch. Klauen ist böse. Ehebruch (ebenfalls ein Wortschätzchen wert…) geht ebenfalls gut mit ertappen. Und Steuerhinterziehung. Man ertappt also jemanden oder man wird ertappt bei etwas, was nicht sein darf. Ich habe einen oder eine Gute, und einen oder mehrere Böse. Ich kann mich auch selbst bei etwas ertappen, was ich mir eigentlich nicht zugestehe, zum Beispiel beim Tagträumen oder indem ich etwas mache, was ich eigentlich nicht mehr machen wollte. Ein 83. Spiel Klondike, obwohl ich eigentlich den Papierkram erledigen wollte.
Wenn ich ertappt werde, und vorausgesetzt, ich denke mich ins Unrecht, welche Gefühle sind dann bei mir lebendig?
Ängstlich
alarmiert
angespannt
beklommen
einsam
furchtsam (wegen der Folgen)
in Panik (kommt drauf an, wobei ich mich ertappen lasse…)
gelähmt
miserabel
schwer
sorgenvoll
unglücklich
unter Druck
unruhig
verzweifelt
wütend (gern über meine eigene Dummheit)

Und meine Bedürfnisse im Mangel sind wahrscheinlich
Schutz
Sicherheit
Selbstvertrauen
Zugehörigkeit
Verständnis
Leichtigkeit.

Mal ehrlich, es fällt mir schwer, aus diesem Schuld-Karussell auszusteigen und nachzuspüren, welche Gefühle und Bedürfnisse beim „Ertappten“ lebendig sind.

Mal angenommen, ich wäre derjenige, der dazu kommt, wenn gerade ein Fremder in meiner Handtashce wühlt und schon das Portemonnaie in der Hand hält – dann wären meine Gefühle
Alarmiert
erschrocken
bestürzt
empört
enttäuscht
sauer
streitlustig
zornig

Und meine Bedürfnisse im Mangel kann ich ganz klar benennen:
Vertrauen
Ehrlichkeit
Sicherheit
Schutz
Verbindung
Klarheit
Gesehen/gehört werden
Leichtigkeit

Ich merke, ich kann darauf gucken, aber es macht mich noch nicht glücklich. Da gibt es noch einen Beigeschmack, dem ich hier noch nicht beikomme. Ich glaube, darauf muss ich noch ein bisschen rumkauen. Ich könnte Unterstützung gebrauchen. Hat einer von Euch eine Idee, warum das nicht rundläuft, warum es keine „Erleichterung“ gibt?

So long

Ysabelle

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