Wortschätzchen: Neid
Das Glück gedeiht im eigenen Haus und kann nicht in Nachbars Garten gepflückt werden. Douglas Jerrold
Neulich hörte ich, wie jemandem Anerkennung zuteil wurde und entdeckte dabei Gefühle in mir. Ah… Neid! Gleich lief natürlich das volle Programm ab. Ist Neid ein Wolfsthema?
Ich habe mich mal auf die Suche gemacht. Hier einige Ergebnisse…
Eifersucht setzt ein Subjekt, aber zwei Objekte voraus: das Objekt des Besitzanspruches bzw. der Verlustangst (den Partner) und das Objekt der Eifersucht, die Bedrohung (den „Eindringling“ in die Zweierbeziehung). Objekt der Verlustangst ist immer eine Person (bzw. alles, dem man einen Personenstatus zubilligt, z. B. ein Haustier). Objekt der Eifersucht ist meist ebenfalls eine Person, kann allerdings theoretisch alles sein, durch das jemand seinen Besitzanspruch oder seine besondere Position im Leben eines anderen gefährdet sieht, wie zum Beispiel ein zeitraubendes berufliches Projekt.
Der Unterschied zwischen Eifersucht und Neid ist der, dass ein eifersüchtiger Mensch Angst hat, zu verlieren, was (oder wen) er besitzt und wirklich oder vermeintlich braucht, und ein neidischer Mensch das haben will, was andere besitzen. Beispielsweise sind Kinder eifersüchtig, wenn ihre Mutter ihren Geschwistern Aufmerksamkeit zuteil werden lässt, aber neidisch wegen des Fahrrades ihres Freundes, das sie gerne hätten.
Die gemeinsame Ursache für Eifersucht und Neid ist ein Selbstwert-Defizit. Im Fall von Eifersucht empfindet der Betroffene mangelnde Wertschätzung durch eine konkrete Person, Neid hingegen entzündet sich an den eigenen Wertvorstellungen oder denjenigen, die der Betroffene in eine soziale Gruppe bzw. die Gesellschaft projiziert.
Diesen interessanten Aspekt fand ich bei meinen Recherchen zum Thema Eifersucht (das plagt mich zur Zeit grad mal nicht. 😉
Unter Neid fand ich bei Wikipedia ebenfalls Spannendes:
Unter Neid versteht man das ethisch vorwerfbare, gefühlsmäßige (emotionale) Verübeln der Besserstellung konkreter Anderer. Ähnlich ist der Begriff der Missgunst. Fehlt es am ethischen Vorwurf, spricht man auch von Unbehagen gegenüber Überlegenheit, die man selber gerne hätte und nicht zu erreichen vermag. Will man Neid rechtfertigen, so ist eher von einem Streben nach Gleichheit die Rede. Wie andere Gefühle auch, hat der Neid Vorteile für den, der ihn hegt.
Das Gegenteil des Neides ist die Gunst.
(…)
Studien mit Kapuzineraffen um Frans de Waal an der Emory University zeigten in der Verhaltensbiologie eine Verweigerungshaltung bei benachteiligten Tieren. Die Forscher spielten mit den Affen und belohnten sie mit unterschiedlichen Leckereien. Boten die Forscher etwa einem Tier leckere Trauben und dem anderen lediglich ein Stück Gurke, verweigerte letzteres eine weitere Zusammenarbeit in dem Spiel. [6]
Ein Forscherteam um den Bonner Neuroökonomen Armin Falk verglich in Experimenten unter einem Kernspintomographen die Gehirnaktivität von menschlichen Probanden. Er sieht einen Beleg für seine These, dass Menschen Belohnungen immer im Vergleich sehen. [7]
Die Wirtschaftswissenschaftler Daniel Zizzo und Andrew Oswald von der Universität Warwick wiesen in einem computersimulierten Glücksspiel nach, dass nahezu zwei Drittel aller Teilnehmer Gebrauch von der Option machten, unter Einsatz eines Teils ihrer Gewinns andere finanziell zu schädigen, obwohl sie dabei die Hälfte der ausgeschütteten Gewinnsumme verloren. Als sie ihre Ergebnisse 2001 veröffentlichten, schrieben sie: „Unsere Experimente messen die dunkle Seite der menschlichen Natur.“
(…)
In der Bibel wird Neid an mehreren Stellen verurteilt, zum Beispiel Röm 1,29 EU, 1 Tim 6,4 EU, Tit 3,3 EU, 1 Petr 2,1 EU, Jak 3,14+16 EU, Gal 5,21 EU. Bekannt ist vor allem die biblische Erzählung von Kain und Abel, in der Neid ein Mordmotiv darstellt. Der Neid gehört seit dem späten 6. Jahrhundert zu den sieben Hauptsünden (siehe auch zur Abgrenzung Todsünden) der Römisch-Katholischen Kirche.
Im Hinduismus wird gesellschaftliche Ungleichheit als Folge des individuellen spirituellen Karmas dargestellt und Neid lediglich als das nicht akzeptierte Karma bzw. Schicksal, das der Welt der Kasten entgegensteht. Danach kann nur ein spirituell-esoterischer Aufstieg nach dem Anerkennen des eigenen Karmas erfolgen, der einen in eine höhere Kaste nach einer späteren Wiedergeburt bringt, oder ganz im Jenseits. Als Anti-Neid-Konzept ist der Hinduismus bei den durch das Karma weniger Benachteiligten sehr populär und bestimmt so den Großteil der Welt von 850 Millionen Hindus.
Im Islam wird der Neid im Koran erwähnt. Es gilt, ihn als eine schlechte Eigenschaft zu besiegen und damit bei sich selbst anzufangen. Laut dem Propheten Muhammed kann Neid zu Unheil und sogar zum Tode führen. Es existieren Schutzverse und Bittgebete, die mit Gottes Hilfe vor einem Neider schützen.
Da habe ich doch richtig was dazu gelernt.
Jetzt aber der Blick auf die Gefühle, die ich wahrnahm, als ich von der Anerkennung für den anderen erfuhr:
ungläubig
besorgt
bestürzt
betroffen
bitter
durcheinander
einsam
frustriert
irritiert
lustlos
müde
niedergeschlagen
traurig
verwirrt
widerwillig
Mir fällt auf, dass in meinem konkreten Beispiel keine kraftvollen Gefühle beteiligt waren. Wut kann ja durchaus Schubkraft geben, aber müde, lustlos, niedergeschlagen schiebt mich mal höchstens ins Bett…
Und nun der Blick auf die Bedürfnisse. Als erstes springt mich an:
Sicherheit – weiß der Geier warum. Mein Herz geht da hin.
Wärme (menschliche, nicht Kohleofen…)
Selbstvertrauen
Integrität
Zugehörigkeit – ganz stark. Ich fühle mich nicht zugehörig.
Wertschätzung
Gesehen/gehört werden
Verständnis (wie es zu dieser Auszeichnung gekommen ist)
Verbindung. Das merke ich jetzt erst. Ich hatte keine Verbindung.
Ausgleich – ich arbeite so hart und kriege nichts…
Ja, das ist ja ein spannendes Ergebnis. In mir gibt es einen Teil, der meint, ich würde auch Anerkennung verdienen und bekomme sie nicht… Die Welt ist auf einmal undurchschaubar und ich bin hilflos, ungesehen, nicht geliebt…
Das passt doch perfekt zu einer Stelle, die ich im Spiegel fand:
Über 100 Jahre später bestätigen Forscher um Sybil Hart von der Texas Tech University in Lubbock diese Beobachtung in systematischen Studien. 2004 stellten sie fest, dass Babys schon im Alter von gerade einmal sechs Monaten ein weinerliches Gesicht aufsetzen und versuchen, die Aufmerksamkeit der Mama zu erlangen, wenn diese eine lebensechte Babypuppe hätschelt. Widmete die Mutter ihre Aufmerksamkeit dagegen einem Bilderbuch, ohne das eigene Kind zu beachten, verhielt sich der Nachwuchs weitaus entspannter.
Eins kann ich Euch sagen: Der Blick auf die Gefühle und Bedürfnisse gefällt mir bedeutend besser als das Etikett „neidisch“.
So long!
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