Dankbarkeit: Spielen Sie jetzt die Dame …
„Dankbarkeit macht das Leben erst reich.“
Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, S. 52, Brief an Eberhard Bethge vom 13. September 1943
Hallo, Welt!
Heute Abend war ich bei der Weihnachtsfeier meines Bridgeclubs. Ja, tatsächlich meiner, denn vor ungefähr 15 Jahren habe ich ihn mitbegründet. Damals ging ich wirklich jede Woche zum Spielen, und in einer sehr schweren Zeit meines Lebens waren diese drei Stunden an einem Abend in der Woche die einzige Zeit, in der ich sorgenfrei war, denn wenn ich Bridge spiele, ist in meinem Kopf kein Platz für anderes.
Inzwischen bin ich nur noch ein seltener Gast im Club. Die Spielzeiten sind nicht kompatibel mit meinen Arbeitszeiten. Und viele, die lange nach mir anfingen, spielen heute große Turniere, ja sogar Landesliga. Mich macht das ein bisschen traurig, weil ich so viel Freude am Spiel habe. Dieses Vergnügen hätte ich gern öfter – aber auf was kann ich im Gegenzug verzichten? Auf die Arbeit wohl kaum!
Heute habe ich deutlich gemerkt, wie viel Wissen bei mir in den vergangenen Jahren flöten gegangen ist. Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes mit der Roten Laterne nach Hause gekommen (was aber kein Grund zur Selbstabwertung ist). Dankbar bin ich für andere Dinge. Obwohl ich nur noch so selten da bin, darf ich mich wie selbstverständlich in die Gemeinschaft einfügen. Ich erlebe Wärme und Wertschätzung, Wohlwollen und Zugewandtheit. Auch die vielen Neuen nehmen mich freundlich auf. Ich darf mich zu Hause fühlen. Niemand meckert, wenn ich falsch ausspiele oder in die konzentrierte Stille eine flapsige Bemerkung mache. Ich darf einfach sein. Und auch heute wieder blieb der Alltag zurück, drei Stunden lang gab es Entspannung, Flow, Konzentration, Verbindung mit meiner Partnerin, die ich heute erst kennen gelernt habe. Was für ein Geschenk von meinen Mitspielerinnen und Mitspielern an mich! Und auch von mir ist es ein Geschenk an mich. Denn ich bin da hingegangen, wo es Freude für mich gibt.
So long!
Ysabelle