Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Ich! Will! Zu! Ikea!

Hallo, Welt!
Gibt es ein Bedürfnis, zu Ikea zu fahren? Hat Marshall das nur deshalb nicht in seine Bedürfnisliste aufgenommen, weil es in den USA Ikea noch nicht gab, als er die Gewaltfreie Kommunikation entwickelt hat? Welches wundervolle Bedürfnis steckt hinter dem dringenden Wunsch, am liebsten noch heute zu Ikea zu fahren? Und würden es auch ein Hot Dog aus der Fußgängerzone, Hackbällchen mit Preiselbeersauce aus der Kantine und ein Stück Mandeltorte vom Weihnachtsmarkt tun? NEIN!

Ich würde ja auch einen anderen Möbelladen nehmen. Aber Ikea hat meist den Vorteil, dass man die Sachen gleich mitnehmen kann und sich nach stundenlanger Schrauberei daran freuen. Oder ärgern, wenn das erstandene Stück einen Schaden hat, farblich leider doch nicht perfekt passt, nicht durch die Tür geht oder ähnliche Unerfreulichkeiten. Also, Ikea hat was zu tun mit Trieberfüllung, sofort!

1998 habe ich mir eine recht teure, wie ich noch immer finde, traumhaft schöne Ledergarnitur gekauft. Schwarz. Ich war mitten in meiner schwarzen Phase. Die helle Freude hielt nur eine Nacht, dann hatten meine damaligen pelzigen Mitbewohner ihre messerscharfen Krallen in die Lehnen gepiekt. Nicht etwa lange Kratzer, sondern einfach nur kleine Krallen hatten das Leder sozusagen pikiert, winzige Triangeln reingerissen. Das war ein Schmerz! Unerfüllte Bedürfnisse? Achtung meiner persönlichen Habseligkeiten, Schönheit, Wertschätzung, Verbindung. Ihr miesen Fellohren, könnt Ihr nicht an der verdammten Tapete kratzen?
Zwei Mal wurde mit diesen Möbeln ein Wohnzimmer gebaut/eingerichtet. Mit mehr oder weniger schwarzen Regalen. Und ich stelle fest, dass ich den Raum, in dem diese Möbel stehen, nicht nutze. Im Sinne von gar nicht. Freunde, die mich besuchen, gucken hier fern. Im Moment steht auch noch ein Kinderwagen drin. Aber genutzt wird der Raum nicht wirklich.
Im kommenden Jahr wird es vom Wohnzimmer aus eine große Terrassentür in den Garten geben. Eine gute Gelegenheit, die schwarzen Möbel auszumustern. Aber warum jetzt? Warum habe ich jetzt den Drang, alles neu zu machen?
http://youtu.be/2ewpeHwUe7c
Welche Gefühle sind da am Brodeln?
aufgeregt
begeistert
eifrig
entschlossen
hoffnungsvoll
motiviert (!)
schwungvoll

das trifft es so ziemlich. Spannend zu merken, was ich eben nicht bin: Ich bin nicht klar, ich bin nicht selbstsicher, was den Möbelkauf angeht, ich bin nicht unbekümmert und nicht unbedingt zuversichtlich. Tatsächlich bin ich eher
ängstlich
angespannt
besorgt
vermutlich auch einsam
genervt (von dem Alten)
nervös
scheu
ungeduldig

Hm. Interessant. Gefühle bei erfüllten und unerfüllten Bedürfnissen. War mir gar nicht bewusst, dass das gerade so ambivalent ist. Es gibt also bei dem Gedanken an „Alles neu“ sowohl Freude als auch Angst.

Der Blick auf die Bedürfnisse:
Obdach – na ja, überdacht ist der Raum schon, beheizt auch…
Ordnung (das kann noch dauern, denn die Bauarbeiten gehen ja erst im Frühjahr weiter)
Selbstständigkeit (kann ich all alleine…)
Selbstvertrauen (chaka!)
Wachstum
Kreativität (den Raum neu zu gestalten ist ja ein kreativer Akt)
Authentizität (Leute, das bin ich einfach nicht mehr…)
Wertschätzung vielleicht? Meiner selbst? Ich darf es schön haben?
Auch Wertschätzung für die Gäste, die ich Weihnachten erwarte.
Sinnhaftigkeit. Leute, wofür racker ich denn das ganze Jahr?
Schönheit. Jawoll!
Harmonie
Spaß
Freude
Leichtigkeit
Feiern
Spiritualität. Vielleicht errichte ich in dem Raum einen GfK-Schrein mit einem Foto von Marshall…
Ne, im Ernst. So was wie „sich sammeln“ oder „entspannen“ ohne Computer, Fernsehen, Beschallung.

Alle Achtung, das sind ja ganz schön viele Bedürfnisse, die mir ein Besuch bei Ikea unter Umständen erfüllen könnte. Vorausgesetzt, ich trau mich. Und ich finde, was ich haben möchte. Und ich kriege es ins Auto… und aufgebaut. Und es passt bei mir rein, größenmäßig und farblich. Ach ja… die alten Möbel müssen natürlich auch irgendwo bleiben. Heute wäre Sperrmüll gewesen, vielleicht hat mich das zeitlich ein wenig – nennen wir es „getriggert“. Aber noch schöner wäre es, wenn jemand anderes noch eine Weile auf den schönen schwarzen Ledermöbeln sitzen mag. Jemand außer den Katzen, meine ich…

So long!

Ysabelle

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