Dankbarkeit: 14. Dezember
Hallo, Welt!
Corinna hat mich darauf gebracht noch einmal zu reflektieren, warum ich das hier mache. Warum schreibe ich über Dankbarkeit? Warum „verpflichte“ ich mich, hier abends herzukommen und meinem Gehirn etwas über Dankbarkeit abzuringen?
Ich merke, dass es immer dann nicht hinhaut, wenn ich es als Verpflichtung wahrnehme, wenn dahinter ein „Muss“ steckt. Die inneren Kommentare sind dann gern vorwurfsvoll: Du wolltest doch… du hattest doch zugesagt, versprochen… Das sind dann keine freudvollen Minuten.
Es gibt aber noch eine andere Energie. Manchmal macht es allerdings ein bisschen Arbeit, mich mit ihr zu verbinden. Ein Hauch von Scham wird mitgeliefert: Dir geht es so gut! Und andere Menschen haben kein Zuhause…
Der Bettler, der immer am Seiteneingang von Kaufhof saß, ist schon seit Tagen nicht mehr da. Ist es der Obdachlose, bei dem die Sanitäter am Montag versucht hatten, ihn zu reanimieren? Mein Kollege hatte die Szene im Vorbeigehen beobachtet…
Andere Menschen haben keine Arbeit. Andere Menschen kriegen kein Gehalt oder müssen sich Sorgen machen, wie sie ihre Miete bezahlen können. Ich habe es warm, ich habe nette Kollegen, es gibt Menschen, die echtes Interesse an mir haben. Ich finde Unterstützung und Wärme, Gemeinschaft, Verbindung, Humor, Wertschätzung… Ich bin reich!
Wofür bin ich heute besonders dankbar?
Für mein schönes Zuhause! Und für die hilfreichen Geister, die mit dafür sorgen, dass es so schön bleibt. Oder sogar noch schöner wird! Ich bin dankbar für die Unterstützung meines Freundes, der die ganze Technik für mich pflegt, updatet, hostet, nach dem Rechten guckt, wenn es irgendwo klemmt. Heute bin ich auch besonders dankbar für ein Telefonat. Ich habe mich nämlich was getraut! Zuhören und Einfühlung geben kann ich ganz gut. Aber mich zeigen und sagen, wie es mir geht und was ich will – das ist schon hohe Schule. Und heute habe ich es gewagt und es hat sich gut angefühlt. Ich möchte auch ein Gespräch wertschätzen, das ich gestern Abend geführt habe. Im Grunde ging es dabei genau um diesen Themenkreis: Wie geht es dir & wie geht es mir/ was brauchst du & was brauche ich?! Es liegt kein Segen darin, wenn ich nur um den anderen kreise und keine Rückkopplung zu mir selber vornehme, mich auch nicht äußere, offenbare… Wir beide haben die gleichen Rechte und die gleiche Wichtigkeit. Was brauchst du, was brauche ich… Empathie ohne Selbstempathie ist Co-Abhängigkeit, ich zitiere es immer gern wieder. Und gestern und heute ist mir das noch einmal besonders deutlich geworden. Zu meiner Freude und Bereicherung.
Ich bin auch dankbar, dass ich mithilfe einer Hotline das Weihnachtsgeschenk für meine Mutter organisiert bekam. Und dass ich ein schönes Buch für meinen Vater fand. Ich bin dankbar, dass ich gesund bin. Es geht mir gut.
Gerald Jampolsky lädt mich heute wieder ein, meine bisherige Haltung in Frage zu stellen:
Lektion 14
Verletzen können mich nur
meine eigenen Gedanken
und Einstellungen
Heute habe ich viel über Projektionen gehört. „Das war eine Projektion. Da habe ich eine Projektion gehabt“. Das ist eine gute Gelegenheit, sich zu verletzen. Ich spüre förmlich das „autsch“ hinter diesen Worten. Ich hätte doch wissen müssen, dass das alles nur Schein ist, dass ich mir selbst etwas vormache… Ich glaube, wenn ich etwas erreicht habe in Sachen GfK, dann ist es eines: Diese verurteilenden inneren Stimmen bei mir und anderen wahrzunehmen und zu übersetzen. Ja, ich bin auf dem Weg zu aufrichtiger Selbstliebe. Wenn das kein Grund für Dankbarkeit ist…
So long!
Ysabelle