Zur Last fallen…
Hallo, Welt!
Gestern hatte ich ein Telefonat mit meinem Vater. Danach musste ich mir erst mal Einfühlung geben.
Vor zwei Jahren hat er seine ersten Computer-Gehversuche mit einem IPad gemacht. Da er gesundheitlich schwer angeschlagen ist, liegt das Gerät manchmal Monate lang im Wohnzimmer, dann wieder schlägt er im Internet Gedichtzeilen nach oder verschickt sogar mal eine Mail. Für einen Herrn von 88 Jahren finde ich das sensationell.
Vor ein paar Wochen meldete er mir, dass er die Fehlermeldung bekommt, der Server sei nicht erreichbar. Ich bat ihn, das Ding meiner Kusine in die Hand zu drücken, die zumindest mehr Computererfahrung hat und auch einen Apple besitzt.
Als ich ihn gestern anrief, um meinen Besuch zum Wochenende anzukündigen, erzählte er mir, er habe gerade mit der Apple-Hotline telefoniert (?!?!). Die hätten ihm aber nicht helfen können und würden mir jetzt eine Mail schicken. Auf meine Frage, was denn meine Kusine gesagt hätte, meinte er, sie habe sich für nicht kompetent erklärt. Als ich dann fragte, warum er mich darüber nicht informiert habe, meinte er: Wir wollen dir nicht zur Last fallen…
Oh, das kann ich schwer hören!
Ich glaube, da unterdrückt jemand sein Bedürfnis nach
Unterstützung,
nach Gesehen werden,
Anteilnahme,
Verbindung
und Leichtigkeit.
Welche Bedürfnisse erfüllt sich mein Vater denn, wenn er mich nicht informiert?
Respekt, habe ich aus seinen Worten gehört. „Wir wollen dich in dieser Situation nicht noch belasten“. Wertschätzung. Vielleicht auch Autonomie. „Ich kann selbst bei Apple anrufen“. Rhythmus: „Ich mache das in meinem eigenen Tempo, dann, wenn ich Zeit habe und mich fit fühle“. Lernen und Wachstum: „Ich will das auch allein hinkriegen!“ Ja, damit kann ich mich gut verbinden.
Welche Bedürfnisse sind bei mir unerfüllt, wenn ich nicht informiert werde?
Unterstützen und Beitragen.
Verbindung. Ja, das schmerzt richtig. Seit Monaten sitzt er mit diesem Gerät rum, das nicht die Leistung bringt, die er braucht, und ich kriege nichts mit.
Beteiligung. Ja, das wäre schön. Vertrauen, dass es auch ohne mich Mittel und Wege gibt, dass er die Technik wieder zum Laufen bringt. Vielleicht auch Leichtigkeit. Man muss da nicht immer ein Drama draus machen, mal anzurufen. Oh ja! Leichtigkeit im Umgang miteinander.
Und wann habe ich das letzte Mal angerufen?
So long…, meine Lieben, so long…
Ysabelle