Die richtigen Worte…
Hallo, Welt!
12 Tage habe ich nichts von einer Freundin gehört, heute nun hat sie mich besucht.
Dabei habe ich Näheres erfahren, warum sie eine Beziehungspause eingelegt hat. Auslöser war ein SMS-Wechsel am Samstag vor zwei Wochen, als ich noch mit beiden Beinen in Tapete und Seminarvorbereitungen steckte.
Sie schreib:
Huhu Ysabelle, komm grad mal wieder vom Arzt, ihm gefällt das alles nicht. Ich soll in die Röhre. Er meint Bandscheibenvorfall. Flügel lahmt und schmerzt weiter. Jammer. Kommt Ihr voran? Winke, (Name der Freundin).
Ich antwortete: Blöd, dass es noch nicht besser ist. Hier ist noch nichts zu sehen.
Ich war etwa eine Stunde vor dieser SMS bei ihr zu Hause gewesen und hatte sie nicht angetroffen, aber eine Info in die Tür gesteckt. Ihre nächste SMS etwa 45 Minuten später lautete: Hatte deine Karte in der Tür, als ich grad home gekommen bin. Hast du dich zu mir verirrt?
Ich erinnere mich noch, wie ich mich über diese Formulierung geärgert hatte. Ich hatte mich nicht verirrt. Ich war bei ihr gewesen, weil ich mir Sorgen gemacht hatte und nach ihr gucken wollte. Als sei es so ungewöhnlich, dass ich zu ihr komme… Der Rest der Konversation wurde per Mini-Mails fortgesetzt, aber Verbindung bekamen wir trotzdem nicht hin. Mein Bedürfnis nach Gesehen werden (ich war bei dir und ich habe für dich mit eingekauft, damit du heute eins deiner Lieblingsessen bei mir essen kannst und nicht kochen musst) war ebenso unerfüllt wie ihre Bedürfnisse nach Fürsorge und Gesehen werden.
Heute nun haben wir versucht, diesen unglückseligen Vormittag aufzudröseln und ich bin einfach nur frustriert und traurig.
Einer meiner Wölfe meint, ich hätte wissen müssen, dass sie etwas braucht, als sie mir diese erste SMS schickte. Andere Stimmen melden sich und sagen, hey, du warst da, du hast für sie mit Essen eingekauft. Und die Tatsache, dass sie die Formulierung „Blöd, dass es noch nicht besser ist“ schwer hören kann, liegt nicht an der Formulierung, denn du weißt, mit welcher Haltung du das abgeschickt hast. Es war der Versuch, Einfühlung zu geben. Bei mir kam also ihre Nachricht mehr auf dem Sachohr an und ich habe auf dem Sachohr reagiert. Gerichtet war sie aber ans Beziehungsohr und das war wahrscheinlich gerade voll mit Tapetenkleister. Jedenfalls habe ich sie nicht auf dem Beziehungsohr wahrgenommen. Und das macht mich traurig, denn wenn mir klargewesen wäre, was die Freundin gebraucht hätte, hätte ich es ihr sicher gern gegeben.
Ich kenne vergleichbare Situationen aus meinem Leben. Jemand reagiert auf mein Gesagtes und bei mir geht das Licht aus, bildlich gesprochen. Es wird eisig kalt, ich straffe mich innerlich und werde länger und aufrechter. Und dann gehe ich aus dem Kontakt. Ein innerer Anteil sagt so etwas wie „die sind alle doof und auf die kannst du dich sowieso nicht verlassen“, und dann gürte ich innerlich mein Schwert und ziehe weiter.
ich bin ziemlich sicher, dass es sich dabei um einen unbeelterten Kindanteil handelt. Denn dieser Anteil ist es (leider) gewohnt, in schwierigen Situationen allein zurechtkommen zu müssen, keine Unterstützung zu haben. Nicht im Kindergarten, nicht auf dem Schulhof, nicht beim Elternabend. Deshalb schmerzt es besonders zu erleben, wie meine Freundin und ich es in dieser Situation vor 12 Tagen eben nicht geschafft haben, zueinander zu kommen.
Ich habe solche Eises-Situationen selbst schon eine ganze Weile nicht mehr gehabt. Wenn ich darüber nachdenke, erlebe ich sogar eher das Gegenteil. Ich glaube, es liegt daran, dass es mir heute leichter fällt, um das zu bitten, was ich brauche. Und möglichst auch an einer Stelle, an der es zu kriegen ist. Ihr erinnert Euch sicher, ich frage ja gern nach einer Klobürste im Gemüsegeschäft und bin dann frustriert, wenn der Grünhöker keine da hat. Aber zum Beispiel jetzt, als das Tapeten-Desaster bereinigt werden musste: Da konnte ich ganz konkret eine Bitte formulieren. Und sie wurde erfüllt.
Auch wenn ich merke, dass mir Einfühlung fehlt, werde ich in letzter Zeit deutlich konkreter. Ich habe mehrere FreundInnen, die ich direkt ansprechen kann, ob sie mir Empathie geben können, und es macht nichts, wenn eine(r) mal keine Zeit hat. Ich muss das nicht persönlich nehmen und ich entwickle ein Stück weit Vertrauen in das Leben. Empathie und Unterstützung werden mir zuteil. es hilft aber sie zu kriegen, wenn ich verständlich darum bitte. Und ich kann ein Nein hören, denn das Nein meines Gegenübers ist ein Ja zu etwas anderem.
Das ist eines der Geschenke der GfK.
Halleluja.
So long!
Ysabelle