Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Lokis bange Minuten

Hallo, Welt!
Gerade schnupperte ich mal wieder bei Bild online vorbei. Wenn ich in meinem erlernten Beruf unterwegs bin, ist die Nachrichtensuche noch immer eingebaut. Dabei stieß ich auf die Schlagzeile:

VERABSCHIEDUNG IM SCHLOSS BELLEVUE
Schavans schwerste Minuten

Und ich dachte bei mir: Was denkt denn wohl Frau Schavan über sich oder über diese ganze Affäre, dass das jetzt ihre schwersten Minuten sein sollten? Fühlt sie sich schuldig (das ist übrigens kein Gefühl, Leute)? Oder spürt sie Scham? Ich persönlich glaube ja nicht, dass sie irgendjemanden absichtlich getäuscht hat. Sie war halt extrem lässig mit den Zitaten. Ich erinnere mich an die 70er Jahre an der Uni. Ey, da hat man manches nicht so eng genommen. Aber egal: Wenn man ihr nicht gerade im Schloss Bellvue zwei Sack Kartoffeln um den Hals hängt, können das ja nur dann ihre schwersten Minuten sein, wenn sie etwas „Schweres“ denkt…

Vor vielen, vielen Jahren stand im Stern mal ein Witz, über den ich mich noch heute schwindelig lachen kann. Ich habe ihn gern meinen Volontären in der Ausbildung erzählt, weil er die Presselandschaft so schön illustriert.

Zur Zeit, als Helmut Schmidt noch Bundeskanzler war – weiland in Bonn – lud er die Bundespressekonferenz zu einer Fahrt auf einem Rheindampfer ein. In Höhe der Loreley schwang er sich über die Reling und wandelte über das Wasser.

Die Schlagzeilen der Presse am nächsten Tag:
Bild: Kanzler kann nicht schwimmen
Deutsche Verkehrszeitung: Kanzler behindert Rheinschifffahrt
Bayernkurier: Der Kanzler kehrte auf halbem Wege um
Die Zeit: Kanzlers Rheinüberquerung: Mythos und Analyse
Das neue Blatt: Lokis bange Minuten

Ich liebe es! Das ist die Regenbogenpresse. Sie bricht die Geschichte runter auf Gefühle. Oder Pseudogefühle.
Loki hatte nach diesem Witz wohl deshalb bange Minuten, weil sie fürchtete, ihr Helmut könne Schaden nehmen. Und Frau Schavan? Wieso hat sie gerade ihre schwersten Minuten? Nach Mutmaßung von Bild online wahrscheinlich deshalb, weil sie einen Job aufgeben muss, den sie sehr gern gemacht hat.

Mal unter uns: Frau Schavan ist 57 Jahre alt und geht jetzt mit rund 11000 Euro in Rente. Leute, davon lässt’s sich doch leben… Unter diesen Umständen finde ich so einen Abschied nicht besonders schwer. Und das Getöse um ihre Schummelei? Der Hund bellt, die Karavane zieht weiter. Irgendwann kräht da kein Hahn mehr nach. Den Leuten in ihrem Wahlkreis scheint das eh schnuppe zu sein, die haben sie jedenfalls wieder aufgestellt. Nach dem Abschied ist vor der Wahl… Und am Wahlabend gibt es dann wieder „bange Minuten“…

So long!

Ysabelle

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