Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Die ungesprochenen Worte (1)

Hallo, Welt!
Dieses Wochenende habe ich auf einem Workshop von Arnina Kashtan verbracht, der von Matthias Albers organisiert wurde. Meine dringende Empfehlung: Wer das Geld zusammenkratzen kann und am kommenden Wochenende noch nicht gedatet ist: Fahrt nach Berlin, wo es einen zweiten Workshop zu diesem Thema gibt. Ich habe selbst ja schon viel Glaubenssatz-Arbeit gemacht, aber diese Erfahrung war einfach noch mal eine ganz andere. Arnina verbindet Ideen von „The Work“ von Byron Katie mit gewaltfreier Kommunikation. Der Workshop ist nichts von beidem und doch so viel mehr. Für mich ist in diesen drei Tagen etwas ganz Besonderes, etwas unglaublich Tiefes geschehen. In Gegenwart anderer Trainer hatte ich bisher immer innerlich eine angezogene Handbremse, eine Mahnung „sei nicht so wie du bist“. Die Stimmen sagten Dinge wie „Reiß dich zusammen“ oder „spiel dich bloß nicht auf“. Mir steigen sofort wieder die Tränen in die Augen bei der Erinnerung, WIE willkommen all meine Beiträge waren. Es gab zwei Situationen, in denen ich nicht auf der gleichen Spur war wie Arnina. Und die Art, wie sie dann für IHRS ging, war so liebevoll und komplett ohne Backlash, ohne dass bei mir auch nur im entferntesten so etwas wie Unmut von ihr über die „Störung“ oder Stirnrunzeln über meine Fehldeutung ankam – das gehört sicher zu einem der größten Erlebnisse in meinem Leben. Ich glaube, so ungefähr fühlt sich bedingungslose Annahme an. Ooooohhhh! Da möchte ich auch hinkommen! Das möchte ich meinen Teilnehmern auch schenken können!

Zum einen hat das sicher mit meinen eigenen Filmen zu tun: What are you telling yourself? Welche Geschichten erzählst du dir? Das war eine der Kernfragen in diesem Workshop. Und das Gegengift zur Eigenlähmung lautet: „Ich höre mich selbst zu mir sagen…“ Die Geschichten, mit denen wir aufgewachsen sind, die Definitionen dessen, wie wir zu sein haben oder wie wir sind. Ich bin beispielsweise mit der Botschaft aufgewachsen, ich sei „stinkefaul“. Und wie ja neulich bereits berichtet, künstlerisch komplett unbegabt. Wisst Ihr, was ich in diesem Workshop getan habe? Ich habe 2,5 Tage an der Flipchart mit protokolliert. Ich kann selbst noch gar nicht fassen, was ich da gemacht habe! Das Gehirn habe ich noch abgemalt von einer Grafik aus dem Internet. Aber meine anderen Illustrationen entstanden freihändig, verbunden mit einer gehörigen Portion Scham und der Selbst-Versicherung: Anything worth doing is worth doing poorly. Den Satz habe ich aus einer Erzählung von Marshall aufgeschnappt und es geht darum, dass man nicht Sachen unterlassen soll, nur weil man sie vermeintlich nicht „gut“ macht. Jemand, der anfängt Klavier zu spielen, spielt anfangs „poorly“ im Vergleich zu einem Konzertpianisten. Sollte er es deshalb gar nicht erst versuchen? Ich kann es nicht gut, also mache ich es nicht? Das wäre „altes Denken“ und davon möchte ich mich verabschieden.
So versuchte ich mich an einem Elefantenkopf, an einem Stoppschild, Messer und Gabel (Rechtfertigungen und Erklärungen füttern die Schuldgefühle) und einer Illustration, wie man einem Hund und sich selbst Einfühlung geben kann. Ich habe ungefragt eine wichtige Rolle in diesem Workshop übernommen und es war – unbeschreiblich. Heute Morgen bekam ich dazu von einer Seminarteilnehmerin eine Rückmeldung:

ich bin so dankbar über deine Seminarmitschrift. Üblicherweise bin ich eine „dauernd Mitschreiberin“ und diesmal hatte ich die Gelegenheit meine Hände ruhig zu halten und mich auf ganz andere Dinge zu konzentrieren ohne „mitzuschreiben“.
Das war eine großartige Erfahrung und vermutlich hätte ich nicht gedacht, dass es für mich doch so einen großen Unterschied macht. Also vielen Dank, dass ich das durch deine Unterstützung erleben konnte.
Gleichzeitig bewundere ich deine Ruhe und gleichmäßige Schrift, ich wünschte ich könnte dies auch über 2 1/2 Tage schaffen.
Es hat mir Spaß gemacht bei deinem Kunstwerk zusehen zu können und ich konnte teilweise erleben, welche Inputs von Arnika dich besonders berührt haben. Du bist dann „aufgesprungen“ und hast manches so passend für mich in deinen Worten niedergeschrieben. Ja so ging es mir damit. Danke

Arnina bat mich (und Matthias), ob wir diese deutschen Sätze von den Flipcharts für sie übersetzen könnten. Und in der Abschlussrunde teilte sie, dass sie fast ihr ganzes Leben damit zu tun hatte, „nichts zu wissen“. Und nun, als alle Wände des Seminarraums zugepflastert waren mit quietschbunten Flipcharts, werde ihr (noch mal) ganz deutlich, wie viel sie wisse… Da haben sich wohl an diesem Wochenende zwei gesucht und gefunden…

Jetzt sitze ich hier vor 13 Seiten „Perlen der Weisheit von Arnina Kashtan“ und habe damit wunderbares Futter für den Blog für die kommenden Tage. Ich bleibe dran, versprochen. Und für alle, die es irgendwie einrichten können, die dringende Empfehlung: Geht nach Berlin!

So long!

Ysabelle

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