Geschichten zum Nachdenken
Hallo, Welt!
Eigentlich wäre es schon wieder Zeit für ein „Kraut & Rüben“, so viel ist passiert in den vergangenen Wochen. Danke an Andrea für ihre Ermutigung in Sachen Businessplan. Tatsächlich nimmt die Selbstständigkeit allmählich Gestalt an.
Gestern hatte ich ein Gespräch mit – wem bloß? Ach, ja, eine Kollegin, die mir in Sachen Businessplan geholfen hat. Wir kamen auf die von mir ungeliebte Geschichte, die in GfK-Kreisen gern erzählt wird, von dem Fluss, in dem die Babys treiben. Wie oft und wie lange will ich versuchen, Babys aus dem Wasser zu fischen, und wann gehe ich endlich flussaufwärts, um diejenigen zu stoppen, die ständig die Babys ins Wasser werfen – auch auf die Gefahr hin, dass in der Zwischenzeit einige Babys ertrinken…
Sorry, die Geschichte finde ich einfach Panne. Aber die Kollegin hatte eine andere Geschichte für mich, die ich viel schöner finde:
Die Axt schärfen?
Als ein Mann im Wald spazieren geht, kommt er an einer Lichtung vorbei, wo ein Waldarbeiter gerade Holz hackt. Er sieht ihm eine Weile zu und bemerkt dabei, dass der Arme sich redlich abrackert, müht und plagt, nur weil seine Axt ganz stumpf zu sein scheint. Schließlich gibt er sich einen Ruck und spricht ihn an: „Hallo! Warum schärft Ihr denn Eure Axt nicht? Die ist ja total stumpf.“ – Der Holzfäller sieht kurz auf und antwortet außer Atem:“Was? Die Axt schärfen? Nein – ausgeschlossen, dazu habe ich keine Zeit – ich muss noch soviel Holz hacken!“.
Das scheint mir ein schönes Resümee für meine Bemühungen der vergangenen Monate. Innehalten und gucken – wo geht’s lang und was sind die nächsten sinnvollen Schritte… Nein, da habe ich keine Zeit für… zu viel zu tun…
Aktionismus statt Besonnenheit. Besser wäre es, einfach mal Pause zu machen, mich besinnen, Dinge sacken lassen. Habe ich schon erzählt, dass ich mir demnächst tatsächlich eine Woche Pause gönne? Ich fahre eine Woche weg, mache richtig Urlaub. Auf einem Schiff. Jawoll.
Mir sind noch zwei andere Geschichten eingefallen, die ich sehr hilfreich finde: Bestimmt stehen sie hier schon irgendwo, aber bei demnächst 1000 Postings ist es nicht so einfach, sie zu entdecken. Daher hier noch mal:
Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er „Guten Tag“ sagen kann, schreit ihn unser Mann an: „Behalten Sie Ihren Hammer“.
(aus P. Watzlawick: Anleitung zum unglücklich sein.)
Das ist für mich eine der besten Geschichten zum Thema Projektionen: Was hefte ich dem anderen an? Mit diesem Thema war ich gestern selbst unterwegs. Ich beobachte an einer Kollegin ein bestimmtes Verhalten, das ich an mir selber ablehne. Meine Angst ist nun, wenn ich mich auf eine Zusammenarbeit mit ihr einlasse, dass wir dann beide aktionslos auf dem Sofa sitzen und nichts tun. Im Gespräch wies mich die Kollegin darauf hin, dass ich noch keinerlei praktische Erfahrungen mit ihr in so einer Situation habe. Und deshalb würde ich ihr einfach meine Projektion anheften, statt mit ihr darüber zu reden. Da ist was dran.
Und dann gibt es eine Geschichte, die mich als Mathe-Legasteniker zum Nachrechnen gebracht hat: Auch diese Geschichte in von Wazlawick:
„Ein Beduine hinterlässt seinen drei Söhnen nach dem Tod eine Herde von 17 Kamelen, die sie wie folgt untereinander aufteilen sollen: Der Älteste soll die Hälfte, der Mittlere ein Drittel und der Jüngste ein Neuntel erhalten. Sie scheitern, bis ein vorbeiziehender Nomade Rat weiß: er stellt sein Kamel dazu, so dass 18 Kamele aufgeteilt werden können. Die Teilungsoperation geht auf, und ein Kamel bleibt übrig, auf dem der Weise davon reitet“.
Ich brauche noch einen vorbeiziehenden Nomaden. Es gibt eine Situation, mit der ich einfach nicht klarkomme. Obwohl ich mein Schönstes gebe, um in einer bestimmten Beziehung zu Verbindung und Harmonie beizutragen, scheine ich immer wieder zu scheitern. für mich aus dem Nichts entstehen neue Schlachtfelder, an deren Rand ich fassungslos stehe.
Gestern Abend hatte ich ein Telefonat mit Bieke. Wir bewegten den Satz „NVC is all about connection“ in unserem Gespräch und waren uns einig, dass es tatsächlich Menschen und Situationen gibt, bei denen es uns gar nicht um Connection geht. Nicht, dass es uns dann um Recht haben geht. Aber manchmal klappt es halt einfach nicht mit der Verbindung. GfK erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es was wird mit der Verbindung, aber sie ist keine Garantie. Und GfK heißt eben auch nicht: Du musst mit jedem Menschen immer, zu jedem Zeitpunkt Verbindung haben wollen. Vielleicht sollte ich das meinem Wolf einfach noch mal ganz langsam erklären. Der denkt nämlich noch, wenn ich wirklich mit der GfK unterwegs sein will, dann „muss“ ich 24/365 Verbindung haben wollen. Nö!
So long!
Ysabelle