Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Beifang, Blauer Thun und Schiffbau

Hallo, Welt!
Gestern fand mein wunderbares Gründer-Coaching statt. Die ersten zwei Stunden ging es mir nicht so gut, weil ich nicht verstehen konnte, wohin der Coach mich führen wollte. Mehrmals habe ich wiederholt, was ich gehört habe. Die Worte waren auch korrekt angekommen. Aber ich war so darauf fixiert, beim Coach zu sein – wenn ich ihm nur genauer zuhöre, verstehe ich endlich, was er meint – dass ich meine eigenen Gefühle nicht so gewürdigt habe, wie es wahrscheinlich sinnvoll gewesen wäre. „What are you telling yourself?“ Ich habe seine Bemerkungen so interpretiert, als müsse ich irgendetwas loslassen, was ich mir gerade angeeignet habe: GfK oder Mediation oder weiß der Geier was. Es ging um meine Rolle, und ich verstand und verstand einfach nicht, worauf der Coach hinaus wollte. Und dann fing er an, kleine Schiffe zu malen…
Fischfang-Flotte Alaska

Ich bin jetzt mal der Flotten-Kommandeur dieser Fischfang-Flotte. (Wir fischen nicht mit Schleppnetzen und nur ökologisch korrekt und nur so große und so viele Fische wie erlaubt; Das Foto ist von Gillfoto, gefunden auf Wikicommons. ) Da hätten wir zunächst mal ein Angelboot, mit dem man Reusen ausbringen kann. Nennen wir es mal „Übungsgruppe“. Dann hätten wir einen Kutter namens B2C, also Business to Customer, der steht mal für Workshops und Seminare. Dann haben wir ein Speed-Boot, damit flitze ich zu anderen Booten, die gerade Support brauchen. Dann haben wir einen Katamaran, also ein Schiff mit zwei Rümpfen, das auf den Namen Mediation getauft ist. Das fischt mal nach Menschen mit Konflikten, die sie gern lösen wollen. Und dann haben wir noch einen Tender, also eine Plattform ohne Motor, auf der viele, viele Kartenspiele gelagert werden und nach und nach zu Schiffen anderer Eigner übergeben werden. Und jetzt kommt die alles entscheidende Frage: Was ist mein Flaggschiff?

Als Flaggschiff wird das Führungsschiff eines Kriegsschiffsverbandes bezeichnet. Von diesem Schiff aus führt der Flaggoffizier (marinetypische Bezeichnung eines Admirals) mit seinem Stab den Verband. Das Flaggschiff führt im Regelfall die Flagge des Befehlshabers bei Tag und Nacht.

In übertragener Bedeutung wird Flaggschiff für das größte Schiff einer Flotte oder Reederei verwendet[1] oder allgemein als Synonym für ein Vorzeigeprodukt eines Unternehmens[2] oder ein Aushängeschild einer Organisation.

Und siehe da, mein Flaggschiff ist noch in der Werft. Fragt mich heute nicht, ob es ein Umbau oder ein Neubau ist. Das kann ich wahrscheinlich in fünf Jahren beantworten. Mein Flaggschiff geht auf „Blauen Thun“. (sorry für alle Vegetarier an dieser Stelle). Was ist meine Stärke? Was habe ich die vergangenen 30 Jahren gemacht? Ich habe in großen Organisationseinheiten überlebt. Allein in dem Konzern, in dem ich zuletzt gearbeitet habe, habe ich zwei Generationenwechsel an der Unternehmensspitze mit erlebt, einmal Mitte der Achtziger, einmal 2010. Ich habe die Einführung neuer Techniken miterlebt. Und jede neue Technik war immer noch „toller“ als die vorherige. Ich kann nicht mehr zählen, wie viele Umstrukturierungswellen ich überstanden habe. Ich hatte mit Abteilungen über, unter und neben mir zu tun vom Callcenter bis zur Geschäftsleitung. Wenn ich drei Mal bei einem Bildungsträger anrufe und immer noch keinen Rückruf bekomme, drehe ich durch: Laienspielgruppe!
Ich komme also aus hoch professionellen Zusammenhängen, Vernetzungen. Ich habe selbst 30 Leute im Team gehabt. Und diese Erfahrung qualifiziert mich mehr als meine Mitbewerber, auch in solchen größeren Einheiten aktiv zu sein. Yeah! Das ist mein Flaggschiff.

Oh, das fühlt sich auf einmal ganz kraftvoll an. Da ist sie, die Vision. All meine anderen Schiffe in der Flotte tragen zu meinem Lebensunterhalt bei. Drei Aale, 80 Kilo Nordseekrabben, der Verkauf von Diesel und Fischernetzen, all das hat seine Berechtigung. Es ist gut und sinnvoll, darauf ein Augenmerk zu haben, diese Schiffe gut auszustatten und umsichtig zu steuern. Aber mein Flaggschiff, das ist die Vision, die Richtung. Da geht’s lang. Heute fühle ich mich so erleichtert, inspiriert, erwartungsfroh, lebendig, angeregt und hoffnungsvoll. Und meine Bedürfnisse nach Sinnhaftigkeit, Klarheit, Orientierung, Struktur, Verstehen und Selbstvertrauen (Hört! Hört!) sind gerade mal so richtig erfüllt! Das muss gefeiert werden. Ich sag Euch Bescheid, wenn Stapellauf ist!

So long!

Ysabelle

2 Reaktionen zu “Beifang, Blauer Thun und Schiffbau”

  1. Andrea

    Wow!! Ich freue mich mit dir. So ein Rückenstärker tut gut. Liebe Grüße, Andrea

  2. Ysabelle Wolfe

    Hallo, Andrea,
    ja, das hat mir wirklich gut getan! Ich bin innerlich so hin- und hergerissen zwischen etwas, was sich wie die Wahrheit anfühlt (alles wird sich zurecht ruckeln, es reicht, wenn du einfach jeden Tag sein Bestes gibst. Das kommt schon…!) und meinen Antreibern, die eben schon wollten, dass ich mich auf einen Teilzeit-Job bei Aldi bewerbe, „denn von diesem GfK-Krams kannst du ja doch nicht leben…“ Und wie lasse ich jetzt die Welt wissen, dass ICH solche Prozesse begleiten kann? Erinnere ich mich da überhaupt Morgen noch dran?
    Heute habe ich ein Foto von einer Kriegsflotte (schnief) ausgedruckt, das als Luftaufnahme einfach mal ästhetisch schön ist. Und dann habe ich kleine Sticker zu den einzelnen Booten geklebt: GfK B2C, Übungsgruppe, Kartenverkauf… und mein Flaggschiff heißt: Mediation in der Medien-Branche. Das Schiff ist in der Tat noch in Bau…
    Liebe Grüße
    Ysabelle

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