Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Stinking thinking

Hallo, Welt!
Dieser Begriff „stinking thinking“ – stinkendes Denken – klebt seit gestern in meinem Hirn. Eben habe ich ihn mal gegoogelt.
Eine Erklärung:

a bad way of thinking, that makes you believe you will fail, that bad things will happen to you, or that you are not a very good person

Also, diese Art zu denken lässt mich glauben, ich würde scheitern, schlimme Dinge würden mir zustoßen oder ich sei kein guter Mensch. Na, vielen Dank.
Dann fand ich eine Webseite, die eine Hitliste der zehn stinkigsten Gedanken auflistet. Hier das Angebot:

1. Alles-oder-nichts-Denken
2. Ständige Generalisierung (immer & nie)
3. Mentaler Filter: So lange es geht auf dem einen negativen Feedback rumkauen
4. Das Positive abziehen: Das gilt nicht, nur die Sch… zählt
5. Schlüsse aus der Hüfte – Negative Interpretationen ohne passende Beobachtung
6. Vergrößerung: Dein (vermeintliches) Problem wird übermächtig
7. Emotionales Begründen: Weil ich Angst vorm Fliegen habe, muss Fliegen ja gefährlich sein…
8. „Sollte“-Aussagen: Ebenso f(r)u(r)chtbar wie „müsste“ oder „gehört sich so“
9. Etikettieren: „Ich bin ein Versager“. Wirkt sofort! Auch gern genommen: „Er/sie ist ein Idiot“.
10. Personalisierung und Schuldzuweisung: Super, wenn Du nicht wirklich allein in der Verantwortung bist… Die schlechten schulnoten des Kindes zeigen nicht unbedingt, dass du eine schlechte Mutter bist. Und Fremdgehen des Partners sagt nichts über deine Qualität als Geliebte. Und diese Beziehung ist nicht deshalb so lausig, weil du ja nie da bist…

Ich glaube, dieses Thema wird mich noch ein paar Tage beschäftigen.
Aktuell gab es zwei Auslöser. Heute Morgen kam im Gespräch mit meiner Mutter heraus, dass sie sich so schlecht fühlt, weil sie sich ständig mit früher vergleicht. Früher konnte ich den Deckel vom Wäschetrockner noch selbst öffnen. Heute schaffe ich das nicht mehr… es geht zu Ende mit mir…
Liebe Freunde, sie hat Pflegestufe 2, da sollte sie eigentlich gar keine Wäsche mehr waschen müssen! Also, sie vergleicht ihren aktuellen Zustand mit früher und fühlt sich dann schlecht. Es ist nicht so, dass sie sich subjektiv gerade krank, gebrechlich oder hinfällig FÜHLT. Nein, sie denkt es, und damit geht es ihr schlecht.

In einem anderen Fall geht es um eine liebe Freundin, in deren Unternehmen aktuell Kurzarbeit aufgerufen ist. Bei ihr gibt es kreisende Gedanken um das Wohl des Unternehmens, aber auch um die Option, sich mit 50 noch mal etwas Neues aufzubauen. Beide Konzepte führen zu einer Art Hoffnungslosigkeit, was wiederum auf Stimmung und Tatkraft Auswirkungen hat…

Ich kenne seit ein paar Jahren den Spruch „Stinking thinking leads to drinking“ und das stammt natürlich aus dem Zitateschatz der Anonymen Alkoholiker (AA). Hier gibt es dazu einen schicken Artikel – leider auf Englisch. Aber auch in dieser Aufzählung finden sich Punkte wieder, die ich oben zusammen getragen habe.

Was hat das alles mit GfK zu tun?
Die Gewaltfreie Kommunikation ermöglicht es uns, unsere internen Dialoge, unsere Selbstgespräche und unsere Urteile wahrzunehmen. Wir können sie dann in unerfüllte Bedürfnisse übersetzen. Und dann können wir daran gehen, uns für ihre Erfüllung einzusetzen.
Genau das habe ich heute Morgen getan.
Ich hing an der Klippe von Nr. 5 – es gab Beobachtungen, aber mir war klar, dass es dahinter VIIIIEL Interpretation gab. Da habe ich mir ein Herz gefasst und mal zum Telefon gegriffen. Schon erstaunlich, wie viel Erleichterung spürbar wird, wenn Dinge auf einmal offen auf dem Tisch sind, und die damit verbundenen Gefühle wahrgenommen werden… Kein Eierlikör für mich heute!

So long!
Ysabelle

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