Schönen Gruß vom Hirn!
Hallo, Welt!
Ich war eine Woche auf einem unglaublich bereichernden Workshop in Berlin bei Friederike Kolster. Sie unterrichtet u. a. Ergotherapeuten und Physiotherapeuten in Handlungsorientierter Therapie und Diagnostik (HoDT) und ich als Nicht-Mediziner habe tatsächlich vier Fünftel verstanden. Der spannendste Teil für mich war die Funktionsweise des Gehirns. Und ich habe das Kapazitätstöpfchen kennen gelernt.
Wir wissen von uns, dass wir zu verschiedenen (Tages)-Zeiten unterschiedlich aufnahmefähig oder belastbar sind. In diesem Beispiel gehen wir davon aus, dass wir immer 100 Prozent geben, aber je nach Kapazität sind 100 Prozent zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedlich viel.
Wenn unsere beste Leistungszeit morgens um 9 Uhr beginnt, haben wir wahrscheinlich mittags um 13.30 Uhr eine Flaute. Und eventuell erreichen wir gegen 17 Uhr noch mal einen Höhepunkt unserer Leistungsfähigkeit, der aber nicht so hoch ist wie der morgens um 9. Ganz wenig leistungsgfähig sind wir vielleicht abends um 21 Uhr.
Stellt Euch also bitte mal vier (hohle) Säulen/Reagenzgläser vor, die unterschiedlich hoch sind (aber die gleiche Grundfläche haben). Hoch, mittel, mittelhoch, niedrig.
Unsere Alltagsverrichtung braucht immer gleich viel Hirnkapazität. Sagen wir mal 50 ml.
Wenn ich jetzt in die erste Säule 50 ml „Alltagsverrichtung“ kippe, ist ein Haufen Platz für andere Sachen, ich könnte also auch noch 20 ml GFK dazu kippen und 15 ml Stressbewältigung, ohne dass mein Reagenzglas überläuft.
Mittags sieht das schon anders aus: Da habe ich Alltagsverrichtung plus Stressbewältigung und dann ist mein Teströhrchen voll. Am späten Nachmittag gibt es neben Alltagsverrichtung und Stressbewältigung noch einen Hauch Platz für GFK in meinem Kapazitätsröhrchen, aber abends um 21 Uhr habe ich nicht mal genug Kapazität für Alltagsverrichtung!
Diese einfache Info hilft uns zu verstehen, warum wir manchmal keinen Zugriff auf unsere GFK-Kompetenz haben. Sorry, Gehirn schon unter Volllast, können jetzt nicht noch was zuschalten…
Und es hilft uns auch, gute Zeiten für schwierige Gespräche zu finden. Wann fühle ich mich frisch und belastbar? Wann kann mein Hirn den GFK-Modus zuschalten? Wahrscheinlich nicht, wenn drei kreischende Kinder an meinem Bein hängen, der Hund sich gerade übergibt und der Gerichtsvollzieher an der Tür klingelt…
So long!
Ysabelle