Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Angekommen in 2015

Hallo, Welt!
Euch allen ein frohes neues Jahr! Eben habe ich die Kontostände kontrolliert und mit mildem Schreck festgestellt, dass der Golfclub abgebucht hat. Klar, wenn man nicht kündigt, läuft die Mitgliedschaft weiter und die buchen ab… und kündigen wollte ich in meinem Herzen nicht. Trotzdem waren diese Minus 450 Euro Jahresbeitrag gerade ein kleiner Schock.
Überhaupt, das liebe Geld… Ein Anlass, immer wieder Ohnmacht zu spüren. Gestern habe ich mit einem Kollegen abgerechnet: Wir nehmen alle Ausgaben, die wir hatten, und addieren sie. Dann ziehen wir diese Summe von den Einnahmen ab und teilen den Rest. Oh – ich krieg noch 100 Euro von dir, wie schön! Dummerweise hatte ich dabei übersehen, dass der Kollege bis da hin ja seine Ausgaben aus eigener Tasche bestritten, und sie noch nicht aus dem Topf ersetzt bekommen hatte… Ich spürte die Einladung zur Selbstabwertung und habe sie dann doch dankend abgelehnt.
Gestern Abend hatte ich ein langes Telefongespräch mit einem alten Freund. Er berichtete von einem schmerzhaften Treffen mit seiner Ex-Freundin und ihren Bewertungen, die bei ihm die Gedanken auslösten, er sei nicht gut genug und habe sich in der Partnerschaft nicht genug angestrengt. Im Nachklang zum Workshop am Wochenende habe ich ganz deutlich spüren können, dass das Thema hier Anhaftung ist. Du sagst etwas und ich beziehe es auf mich. Ich kann dich gar nicht hören, weil ich es so sehr auf mich beziehe. Ich nehme deine Worte und richte sie als Messer gegen mein Herz…
Es kann schon sein, dass du die Worte sogar als Messer handhaben wolltest. Aber wenn es so war, dann hast du das getan, weil du ein dringendes unerfülltes Bedürfnis hast. Und ich lerne, das zu hören, ohne es auf mich zu beziehen…
Es gibt Situationen, in denen gelingt mir das gut. In anderen Situationen fällt es mir schwer. Silvester hatte ich eine Danke-Mail an eine Freundin geschickt. Gestern kam die Antwort. Sie schrieb über ihren Schmerz, dass wir so selten Verbindung haben, und ihre Not damit. Ich kann das lesen ohne es GEGEN mich zu richten. Aber ausgelöst werden Hilflosigkeit, Druck, ja sogar Verzweiflung. Ich gebe wirklich mein Bestes, ich bemühe mich so sehr, all die Sachen zu handhaben, die in meinem Leben aufpoppen, und trotzdem schaffe ich nicht alles, was in meinem Herzen schön wäre.

In einer Seminarpause habe ich wieder einmal fantasiert, was wäre, wenn ich mir wirklich die Auszeit nehme, die ich mir für Ende diesen Jahres vorgenommen habe. Dann schaue ich mich um und sehe die Papierberge auf meinem Schreibtisch. Ich sehe den vollen Korb mit den Glasflaschen, die zum Altglas-Container müssen. Ich sehe in meinem Posteingang 2653 Mails. Fast alle gelesen, aber nicht alle bearbeitet, beantwortet… Gestern erreichte mich eine Mail einer Teilnehmerin vom IIT im vergangenen Jahr. JETZT braucht sie eine Abrechnung… Dinge haben so einen Rattenschwanz!
Der Freund, mit dem ich gestern sprach, hat seinem Leben eine klare Struktur gegeben. Es gibt Zeiten, in denen er arbeitet und Zeiten, in denen er Ruhe findet. Stunden der Meditation und des Entspannens. Er genießt es, in der Natur zu sein oder ein Buch zu lesen. Und ich sitze vor einer Papierexplosion am Schreibtisch, die Seminarkisten sind noch nicht ausgepackt, Wäsche ist zu waschen, die Bilder für die nächste Ausgabe der Zeitung zu sortieren und zu benennen. Katzenklos sind dran, ich muss noch die Zählerstände für die Stadtwerke ablesen und nachher geht es zu meiner Mutter, dann ist dieser Tag als effektiver Arbeitstag auch schon wieder Geschichte. Meine Tage reichen nicht für das, was auf meinem Zettel steht, und ich kriege keine Ruhe da rein. Immer noch mal was obendrauf. Ich glaube, ich hätte gern eine Stunde am Tag, in der ich mich frei fühle nichts zu tun. Keine Ahnung, wie das gehen kann. Aber ich behalte es im Auge.
So long!
Ysabelle

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