Die Haltung der GFK ./. GFK anwenden
Hallo, Welt!
In diesen Tagen habe ich mich mal wieder ein wenig intensiver mit den Schlüsselunterscheidungen beschäftigt. Es ist ja fast zwei Jahre her, dass ich mich für die Zertifizierung damit näher befasst hatte, und jetzt hatte ich mal wieder das Buch von Liv Larsson in den Händen. An anderer Stelle sagt Liv, sie und ihre Kollegin, mit der sie zusammen das Buch geschrieben hat, wären sehr bemüht gewesen, kein neues Richtig oder Falsch aufzumachen.
… clarifying some of the “Key Differentiations” in NVC. We shared the experience that during workshops and trainings, and in discussions with participants, one concept that was really important to shed some light upon, was that of “right” and “wrong”. We also shared the experience that – during our introduction to NVC – someone had “pointed finger at us” and told us “now you are up in your head” or something similar, indicating that we were wrong and not connected to our feelings.
Ich mag gerade „die Haltung der GFK“ und „GFK anwenden“. Vor ein paar Jahren, in meiner ersten Jahresgruppe, habe ich meine damalige Trainerin gefragt, wie man in dieser oder jener Situation GFK anwenden würde. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich zum damaligen Zeitpunkt verstanden habe, dass GFK nicht so etwas ist wie Schuhcreme oder Kopfschmerztabletten, was man anwendet, wenn entweder die Schuhe schwarz werden sollen (tu etwas für mich) oder das Pochen im Hirn verschwinden soll (geh endlich)… War dies oder das eine Situation, wo „mir das was taugt“?.
Die Haltung der GFK in mir zu tragen bedeutet für mich:
• ich höre auf, mich fertig zu machen, wenn mir Dinge nicht wie erhofft gelungen sind
• ich versuche, dich nicht mehr fertig zu machen, wenn ich enttäuscht oder im Schmerz bin
• in herausfordernden Situationen frage ich mich: Geht es mir um Verbindung?
• ich kann mir verzeihen, wenn ich in meiner Not oder meinem Frust rumbrülle
• ich akzeptiere, dass ich Lamm und Löwe in mir habe
• ich bemühe mich um eine stabile Verbindung zu mir und meinen Bedürfnissen.
Letzteres war in den vergangenen Tagen eine Herausforderung. Die Papierberge türmen sich hier in halb-Meter-hohen Stapeln und all meine Antreiber fordern mich zu Nachtschichten auf, und trotzdem habe ich mich gestern um 16 Uhr hingelegt und bis 19 Uhr geschlafen. Es ging nichts mehr. Und eben konnte ich einer wirklich ekelig süßen Tafel Schokolade nicht wiederstehen (jetzt ist mir schlecht). Aber ich bemühe mich um eine liebende und mitfühlende Haltung mir und meinen Mitmenschen gegenüber.
GFK anwenden – das ist etwas, was ich heute fürchte. Für mich schmeckt das nach Manipulation. Ich hab da doch noch so ein Werkzeug, das hole ich mal raus und dann schraube ich an unserer Verbindung. Es kann vorkommen, dass es mir dann eben nicht um die Verbindung geht, um den Giraffentanz, was brauche ich, und was brauchst du? Vielmehr setze ich GFK ein, um dich dazu zu bewegen, mir das zu geben, was ich will. Ich bin ganz schön tricky, was?
Es gibt so eine entzückende Stelle auf Marshalls Tonbändern, wo er von einem Streit mit seiner Frau Valentina erzählt, die wutschnaubend zu ihm sagte: „Don’t you NVC me!“
Also: Wenn ich GFK als Mittel einsetze, zum Beispiel um jemanden zu besänftigen oder ihn dahin zu bewegen, das zu tun, was ich will, dann ich das weit entfernt von dem, was wir unter „Haltung“ verstehen. Gerald Jampolski sagt es so treffend: „Stattdessen könnte ich Frieden sehen“.
Noch ein letzter Gedanke.
Es ist nichts falsch damit, gerade mal nicht mit „der Haltung“ unterwegs zu sein. Ein früherer Freund von mir sagte mal ungläubig-erstaunt: „Willst du, dass dich eine Reiseleiterin auf Naxos lieb hat?“ Bloß keinen Stress machen, bloß niemanden verärgern. Bullshit! Ehrlicher Selbstausdruck ist eine wunderbare Sache, wenn es mir gelingt, wirklich „bei mir“ zu bleiben. Da kommt dann ein kleiner GFK-Prüfstein: Von der Du-Botschaft zur Ich-Aussage in 110 CNVC-zertifizierten Seminartagen…
So long!
Ysabelle