Zettel allüberall
Hallo, Welt!
Ich bin ein Papiermessi. Messies sind Menschen, die alles aufheben möchten, weil man „das“ doch noch mal gebrauchen kann. Das führt dazu, dass meine Küche aktuell aussieht als sei ein Papiercontainer explodiert. Unterrichtsvorbereitungen, meine eigene Werbung, Rechnungen, die Abrechnung meiner Heizung, die vor einem Jahr eingebaut wurde, Trauerpost, Rechnungen an meine Mutter, Rechnungen wegen meiner Mutter, Gebrauchsanleitungen, Kundenzeitschriften, Flyer… und kleine Zettel. Im Portemonnaie, in Büchern, zwischen anderen Papieren, überall sind kleine handgeschriebene Zettelchen von meiner Mutter. Ermahnungen, Liebesgrüße, Einkaufsanweisungen, Erinnerungen, Gesprächsnotizen… Jedes Mal, wenn mir wieder einer in die Finger fällt, kommen die Tränen. Es wird keine neuen Zettelchen mehr geben.
Irgendwie möchte ich dieses Papierchaos bis Donnerstagabend lichten, sortieren, beseitigen. Aber wie?
Denn Freitag kommt meine Familie, wir werden die Asche meiner Mutter beisetzen. Und ich merke, wie viel Scham es gibt, dass meine Familie sieht, wie hier die Papierberge wuchern. Ich kann mit mir diskutieren, dass ich drei Jobs habe und den Haushalt meiner Mutter abwickele, und mich daher nicht mit einer verrenteten Vollzeithausfrau zu vergleichen brauche. Der Gedanke, nicht zu genügen, ist gerade mal sehr aktiv.
Und deshalb gehe ich heute nicht auf den Golfplatz, wie ich noch um 10 Uhr gedacht hatte. Die vergangenen zwei Stunden habe ich Zahlungsverkehr erledigt, jetzt lege ich mich ein bisschen hin, dann stelle ich neue Produkte im Shop ein und dann lade ich mein Auto aus, das bis unters Dach voll ist mit Sachen fürs Sozialkaufhaus. Damit ist dann der Samstag auch schon wieder „sinnvoll“ gefüllt. Es ist einfach zu viel.
Wenigstens mit mir kann ich freundlich sein. Ich muss mich nicht wolfen für das, was unerledigt bleibt. Ich kann anerkennen, dass ich zu jeder Zeit mein Bestes gebe.
So long!
Ysabelle