Systemisches Konsensieren – Wie funktioniert das eigentlich?
Systemisches Konsensieren ist ein innovativer Moderationsansatz der die Nachteile der herkömmlichen Arten, in Gruppen eine Entscheidung zu treffen geschickt vermeidet und sich vor allem in Konfliktsituationen als besonders hilfreich erweist.
Wenn Menschen zusammenkommen um etwas zu bewegen oder um gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten gibt es pausenlos etwas zu entscheiden.
Von der weiteren Vorgehensweise („Machen wir heute länger um alles zu schaffen?“) über einzelne Tagesordnungspunkte („Für welchen Anbieter entscheiden wir uns?“) bis hin zur gemeinsamen Struktur („Wie gehen wir damit um, wenn sich einzelne nicht an Vereinbarungen halten?“).
Solange alle sich einig sind gibt es wenig Probleme, dann können Entscheidungen schnell und häufig sogar im Konsens getroffen werden. Wenn die Themen brisanter werden, die Anzahl der Optionen oder der Teilnehmer steigt oder Konflikte auftreten wird es häufig schwerer eine gemeinsame Lösung zu finden.
Verschiedene Lösungsansätze lassen sich dann häufig beobachten:
- Die Gruppe diskutiert solange über die einzelnen Möglichkeiten bis einzelne frustriert aufgeben und die Lösung letztlich von den zähesten Rednern gewählt wird. Für die Gruppe ist dieser Prozess oft sehr frustrierend und trägt zum schlechten Image der Gruppenentscheidungen bei, die Bereitschaft, sich in Zukunft auf eine Diskussion einzulassen sinkt.
Konsens durch Ermüdung. - Jemand aus der Gruppe übernimmt die Führung und schlägt einen Weg ein – und häufig auch mit der Faust auf den Tisch. Auch wenn diese Lösung bedeutet, dass letztlich eine Einzelperson die ganze Gruppe dominiert sind häufig viele froh darüber, dass jemand sie aus den endlosen Diskussionen rettet.
Der Chef entscheidet. - Die Gruppe entscheidet sich für eine formale Abstimmung zwischen den Optionen. Dabei gilt häufig die einfache Mehrheitswahl weil nichts anderes gemeinsam vereinbart wurde.
Die ersten beiden Varianten entsprechen eher einem informellen Entscheidungsprozess oder sind Ausdruck bestehender Machthierarchien. Variante 3 ist zwar von der Gruppe formal legitimiert, birgt aber auch einige Tücken, die sich mit dem Systemischen Konsensieren leicht vermeiden ließen. Je nachdem wieviele Optionen zur Verfügung stehen und wie gewichtig die Frage ist kann die Gruppe zwischen Schnellkonsensieren, Auswahlkonsensieren und vertieftem Konsensieren wählen um ein Problem zu lösen.
Ein Beispiel zum Auswahlkonsensieren
Am gemeinsamen Arbeitsplatz der Gruppe soll ein Bild aufgehängt werden das von einem regionalen Kunstsammler zur Verfügung gestellt wird. Die Gruppe ist sich einig, dass sie auf jeden Fall eines aufhängen wollen um die Athmosphäre im Raum zu verbessern. Wenn sie sich nicht einigen können entscheidet der Kunstsammler, welches er aufhängen wird. Zur Auswahl stehen 8 verschiedene Bilder.
Bei der sogenannten demokratischen Abstimmung hat jede Person eine Stimme für ihre bevorzugte Option. Die Option, die am meisten Stimmen bekommt, gilt als gewählt. In unserer Beispielgruppe sah die Abstimmung so aus, dass von den 8 Mitgliedern fast jeder ein bestimmtes, individuelles Bild bevorzugen würde, zwei Personen hatten dasselbe Lieblingsbild. Formal würde also Bild G mit 2 Stimmen als gewählt gelten.
Hier zeigt sich, dass das Mehrheitsprinzip wie wir es kennen nicht in der Lage ist, mit vielen Optionen umzugehen – um eine überzeugende Mehrheit zu vereinen muss die Anzahl der Optionen auf 2-3 reduziert werden. Es versagt also bereits bei banalen Fragestellungen.
Häufig erfolgt deswegen eine Stichwahl zwischen den beiden führenden Kandidaten oder es wird direkt eine Ja/Nein Frage gestellt: „Soll DIESES Bild aufgehängt werden? Wer ist dafür, wer dagegen?“)
Auf diese Weise werden zusätzlich künstliche Fronten geschaffen, ich fange an, um Zustimmung für mein Lieblingsbild zu kämpfen, Allianzen zu suchen und gegen andere vorzugehen.
Ganz anders bei der Bewertung mit Widerstandsstimmen. Hier ist die Idee, dass jede/r für jede Option 10 Widerstandsstimmen (W-Stimmen) vergeben kann, und zwar abhängig davon, wie groß die eigenen Bedenken wären, würde diese Option umgesetzt.
Hier zeigt sich am selben Beispiel eine ganz andere Verteilung.
Offentsichlich könnten die meisten Mitglieder der Gruppe mit Bild A ganz gut leben. Ein Kampf um Zustimmung erübrigt sich, jeder möchte lieber die Widerstände der anderen reduzieren und wird schnell lernen, dass das nur durch Entgegenkommen möglich ist. Auf diese Weise sind vielfältige Optionen möglich, die die Wirklichkeit wesentlich besser abbilden als Schwarz-/Weiße Ja/Nein Fragen. Konflikte werden nicht künstlich erzeugt und verstärkt sondern durch die Systemeigenen Regeln abgebaut.
Wie es wirkt
Schluss mit…
- endlosen Diskussionen
- unzufriedenen Gruppenmitgliedern
- halbgaren Kompromissen
Das „Systemische Konsensieren“ führt unabhängig von moralischen Appellen oder Regeln nahezu automatisch zu einer Verhaltensänderung in der ganzen Gruppe:
Statt einem Kampf gegeneinander führt es zu mehr Miteinander bei der Lösungssuche.
Der Name weist auf das Ziel hin, eine Lösung zu finden, die einem Konsens möglichst nahe kommt, aber ohne den Druck, ihn erreichen zu müssen. Damit sind Entscheidungen tragfähiger, es gibt keine Sieger und Verlierer mehr!
Mehr Infos auf systemisches-konsensieren-berlin.de/