Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Selbstliebe …

Hallo, Welt!
Heute Mittag raste ich zur Post, um ein paar Pakete loszuschicken. In der Tür fiel mir ein Mann auf, der einen großen Blumenstrauß bei sich trug. Ich wurde traurig und dachte, wann hat dir das letzte Mal jemand Blumen geschenkt? Ich weiß es jetzt wieder … an meinem letzten Arbeitstag in dem Projekt mit den jungen Hartz-IV-Empfängern. In dem Moment vor der Post hatte ich keine Erinnerung und es fühlte sich an, als sei es ein halbes Leben her.

Als ich von der Post zum Bäcker ging, kam mir der Mann schon wieder entgegen, aus dem Papier blitzten mir weiße Lilien entgegen. Wieder überfiel mich Wehmut. „Du kannst dir auch selbst Blumen kaufen“, sagte ich zu mir. Den Weg zum Bäcker und den Rückweg Richtung zu Hause diskutierte ich mit mir. Der innere Chor redete wild durcheinander. Geldverschwendung! Vergammelt ja doch nur … Soooo wichtig sind Blumen doch nun auch nicht … Ich konnte für einen kurzen Moment merken, wie ich ins Selbstmitleid kippte. Und dann realisierte ich, dass ich doch mein Glück in der Hand hatte.

Ich muss doch nicht warten, bis mir jemand etwas schenkt. Ich dachte daran, dass meine Mutter immer Blumen in der Wohnung hatte. Die Pflege ihrer Schnittblumen war etwas, das sie aufrecht hielt. Da sie ja nicht mehr normal essen konnte, war ihr Kühlschrank nur eingeschaltet, um nachts den Blumen ein Zuhause zu geben. Jeden Abend wurde das Wasser gewechselt, schleimige Stiele abgespült, eventuell neu angeschnitten, bevor die Sträuße in die nächtliche Kühlkammer wanderten. Und Muttern war total stolz, wenn Lilien oder Rosen bei ihr 14 Tage standen. Mit der Zeit wurden die Stängel immer kürzer und zu guter Letzt lagen nur noch die Köpfe in einer exquisiten schalenförmigen Vase, bis auch sie alle Blätter verloren.
Auf dem Weg nach Hause habe ich dann eine Kurve über das Blumengeschäft gedreht und mir einen Strauß gekauft. Blumen 16.1.16 Das Gebinde fiel üppiger aus als geplant, weil die Floristin meines Vertrauens meinte, es sei Samstagmittag und am Montag könne sie das eine oder andere sowieso nicht mehr verkaufen. Dann wäre es doch schön, wenn die Blumen mir stattdessen eine Freude machen. So bekam ich dann quasi doch noch Blumen geschenkt, weil die Selbstliebe gewonnen hatte. Ich war es wert, Blumen geschenkt zu bekommen. Das war der wichtigste Impuls an der Sache. Ob nun von mir, von meiner Mutter, deren Blumenvase ich benutze, von der Floristin oder einem anderen lieben Menschen – das spielt keine Rolle. Es ist mein Job, Verantwortung für meine Bedürfnisse zu übernehmen. Und das kann und darf auch Freude machen.

So long!
Ysabelle

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