Impulskontrolle
Hallo, Welt!
In den vergangenen Wochen habe ich mich ziemlich intensiv mit dem Thema GFK und Sucht beschäftigt. Besonders begeistert hat mich ein Beitrag von Wayland Myers, einer der ganz frühen Weggefährten Marshalls. Addiction_Treatment_WMyers-1 Welche Bedürfnisse erfüllen sich Süchtige mit dem Ausagieren ihres zwanghaften Verhaltens?
Viele Jahre habe ich spontan eingekauft ohne mir viel Gedanken über Geld zu machen. Ich diagnostiziere, dass meine Impulskontrolle da ziemlich unterentwickelt war. Aktuell habe ich drei Beispiele in meinem Leben, die zeigen, dass man sein Verhalten ändern kann – auch in hohem Alter. Für eine Entscheidung habe ich tatsächlich ein Jahr gebraucht und bin aktuell sehr zufrieden mit dem, was letztlich dabei rausgekommen ist. Eine zweite Entscheidung ist etwas banaler. Mein Kleiderschrank ist voll, aber leider passt nicht alles, was da hängt. Da es natürlich alles Lieblingsstücke sind, kann ich auch nichts wegwerfen. Demnächst steht nun eine Woche Golf spielen an und dazu braucht es Shirts mit Kragen. Langärmelige gäbe es genug, aber kurzärmelige? Wir hätten da noch das Modell „Wurst in Pelle“, und das wird nicht dazu beitragen, dass ich mich darin wohl fühle und frei (im Sinne von „nichts kneift“) spielen kann. Sechs Wochen habe ich nun immer wieder den Ausflug zu meinem Hausschneider im Internet gemacht, dies, das, jenes angeguckt und! mich immer wieder ausgeloggt, weil es dann doch nichts war, was mein Herz höher schlagen ließ, oder weil mir die Preise zu hoch waren. Gestern nun kam ein Newsletter, der versprach: 30 Prozent auf alles mit dem Kennwort XY. So. Jetzt oder nie. Tatsächlich habe ich sechs reduzierte Kurzarm-Polos in erträglichen Farben und in meiner Hauszelt-Größe gefunden, bei denen nun noch 30 Prozent runterkommen. YEAH! Das lässt sich doch bezahlen!
Und eben habe ich eine weitere Kaufentscheidung getätigt. Dafür habe ich „nur“ 14 Tage gebraucht. Ich habe vorher Leute kontaktet, die dieses Werkzeug haben, ich habe die Preise verschiedener Modelle verglichen, und ich habe mich dann für das kleinste und preiswerteste entschieden. Bevor ich den „kaufen“-Knopf gedrückt habe, habe ich noch mal die Konten geprüft. Ist das wirklich ein sorgsamer Umgang mit meinen finanziellen Ressourcen?
Wow, für jemanden, der 30 Jahre mit Überziehungskrediten bis zum Anschlag gedealt hat, sind das sehr überlegte Einkäufe. Ich habe beim letzten „kauf ich“, der Apple Watch, versucht herauszufinden, welches beknackte Bedürfnis jemand haben muss, um für so einen Schwachsinn Geld auszugeben. Ja, der Wolf, hallo, da ist er wieder! Mein Sohn hatte mich im März mit Mails zugeballert, als das neue Iphone rauskam, aber es hat mich nicht gelockt. Und jetzt ausgerechnet die Uhr, die kein Mensch braucht?
Es gibt ja nicht wirklich ein Bedürfnis nach Belohnung. Aber doch so was wie Anerkennung und Wertschätzung. Und Ermutigung, Inspiration. Da ich seit kurzem wieder im Fitnessstudio trainiere, möchte ich gern meine körperlichen Aktivitäten feiern. Das Iphone würde meine Bewegungen auch tracken, aber ich geh doch nicht mit nem Handy in den Geräte-Parcours. Mittlerweile sind einige Fitnessgeräte sogar vernetzt, die Daten liegen in der Cloud. Und ich glaube, dass es mich motiviert und ermutigt bei der Stange zu bleiben, wenn ich quasi am Handgelenk sehe, was ich geschafft habe, wie viele Kilometer geradelt, gesteppt, wie viel Gewicht bewegt. So. hab ich jetzt gemacht. Habe kein schlechtes Gewissen und freue mich, dass ich heute nicht mehr blind den „Kaufen“-Button klicke, sondern mir meine Entscheidungen genau überlege. Selbst wenn ich dann Entscheidungen treffe, die immer noch schwachsinnig sind.
So long!
Ysabelle