Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

I am a Pussy …

Hallo, Welt!
Denke nur ich das oder ist unser Ausschnitt der Welt tatsächlich aus den Fugen? Kein Tag mehr ohne Meldungen über Donald Trump. War das vor acht Jahren bei Obama auch so? Und Warnungen vor der AfD. Ständige Vergleiche mit dem Aufstieg der NSDAP vor 90 Jahren. Da passieren Sachen, die mich bestürzen, falls sie denn wahr sind.
Kürzlich hielten „die Rechten“ eine große Veranstaltung in Koblenz ab. Auch französische Politikerkollegen waren eingeladen. Ich las dieser Tage, dass Teilnehmende der AfD, auch die Bundesspitze, kein Hotelzimmer bekamen. Wenn sie eins hatten, wurde „aus Brüssel“ bei den Hotelbesitzern und vor Ort Druck gemacht, man dürfe „diese Leute“ nicht bewirten. Frauke Petri soll schließlich ein Zimmer mit der Auflage bekommen haben, nur den Seiteneingang zu benutzen und nicht zu frühstücken.
Ich muss wohl nicht extra betonen, dass ich kein Anhänger der AfD bin. Gleichzeitig bestürzt mich diese Meldung zutiefst. Die Partei ist nicht verboten. Sie ist in verschiedenen Parlamenten vertreten. Ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung – und durchaus nicht nur Menschen ohne Schulabschluss – sieht von der AfD die eigenen Interessen besser vertreten als von den etablierten Parteien. Hier ist ein Feindbild entstanden, ein „die“ und „wir“, und „wir“ sind natürlich die Guten und „die“ sind natürlich die Bösen. So schafft man Märtyrer. Wo findet ein Dialog statt? Versuchen wir, die Bedürfnisse hinter diesen Worten zu hören? Ich merke gerade, wie mich die Traurigkeit überrollt. Hat nicht sogar Marshall Rosenberg an einer Stelle gesagt, sein Verstehen von Hitler sei für ihn der größte Prüfstein gewesen? Und lautet nicht einer unserer Leitsätze: Verstehen heißt nicht einverstanden sein?

Die BBC meldet:

President Trump signed an executive order calling for the advancement of the controversial Dakota Access and Keystone XL oil pipelines.
He said the move will create thousands of American jobs.
Native Americans and First Nations Canadians who oppose the projects give their reaction.

Auf Facebook las ich den Text einer Person, die schrieb, sie sei vor Ort gewesen und habe gesehen, wie die Protestierenden mit Gummigeschossen schwer verletzt wurden, wie Protestierende mit Tränengasangriffen auseinander getrieben wurden. Der Text war lang und detailreich und drastisch. Es schüttelt mich. Was ist los, Leute? Wie gehen wir miteinander um? Dagegen waren ja die Proteste gegen das Kernkraftwerk Brokdorf hier bei mir um die Ecke Mitte der achtziger Jahre ein Schulausflug! Und Stuttgart 21 ein Kindergeburtstag. 200000 Menschen sind seit dem Putschversuch gegen Erdogan in der Türkei im vergangenen Sommer aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden, das Parlament entscheidet über die Wiedereinführung der Todesstrafe … beschließt eine Volksabstimmung. Kann ich das VOLK darüber abstimmen lassen?

Was mich beeindruckt hat, waren die friedlichen Frauenproteste in den USA nach der Amtseinführung von Präsident Trump. Hier ist eine Bewegung entstanden, von der ich aus der Ferne denke, das gefällt mir. Mehr als 600 Veranstaltungen gab es im ganzen Land, mit Millionen von Teilnehmenden. Ihr Erkennungszeichen: Ein rosa Hut. Folglich nennt sich die Bewegung „Pussyhat Project“. PussyCat ist der Kosename für Katzen, aber mit Pussy wird häufig auch die Vagina tituliert. Im Wahlkampf wurde ein Tonmitschnitt veröffentlicht, in dem Donald Trump einem Reporter berichete, er könne jeder Frau an die Pussy fassen. Ich habe ja lange nicht mehr gestrickt, aber in dieser Woche habe ich Wolle bestellt. Der Tagesspiegel hat eine Strickanleitung veröffentlicht, die mir Lust gemacht hat, zu den Nadeln zu greifen. An diesem Wochenende geht es los. Ich werden irgendwas fernsehen, in meinem gemütlichen dicken Ledersessel sitzen, den Hund neben mir, und stricken. Pussyhats …

So long!

Ysabelle

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