Sei selbstsüchtig (1)
7. Versprechen: Unsere Ich-Bezogenheit wird in den Hintergrund treten, das Interesse an unseren Mitmenschen wird wachsen.
Aus: Die 12 Versprechen der Anonymen Alkoholiker
Da lesen wir in dem Text zu den 12 Versprechen der Anonymen Alkoholiker (eine spirituelle Gemeinschaft), Unsere Ich-Bezogenheit wird in den Hintergrund treten, und darunter setze ich ein Video, in dem der Amerikaner Vagabond Steve dazu aufruft, selbstsüchtig zu sein. Wie passt das zusammen? Damit werden wir uns in zwei Tagesmeditationen beschäftigen.
Ich-Bezogenheit und „being selfish“ – nur unzureichend übersetzt mit „selbstsüchtig sein“ – bezeichnet in meinen Augen zwei sehr verschiedene Dinge.
Ich-Bezogenheit bedeutet für mich: Alles was um mich herum geschieht, beziehe ich auf mich.
Der Chef grüßt mich nicht? Ich habe einen Fehler gemacht. Die Freundin ruft nicht an? Sicher ist sie nicht mehr an mir interessiert. Der Partner grummelt? Vielleicht habe ich ihn verärgert. Was immer in unserem Leben geschieht – wir beziehen es auf uns.
Aus dieser Sicht auf die Welt kann sich eine Vielzahl von Problemen ergeben. Zum einen sind wir meist ständig besorgt, alles richtig zu machen, es dem anderen, allen anderen stets Recht zu machen, um der befürchteten Kritik zuvorzukommen.
Zum Zweiten sind wir aber auch irgendwo tief in unserem Inneresten überzeugt, dass wir es in der Hand haben, andere Menschen glücklich zu machen. Wenn sie uns nur ließen… wenn nur alles nach unserem Plan abliefe… wenn wir nur den Lauf der Welt kontrollieren könnten…
Die Vorstellung, wir seien für alles verantwortlich, an allem schuld, und letztendlich auch irgendwie in der Lage, alles zu richten, stammt aus frühen Kindertagen.
Wir erwerben sie aus Botschaften, die lauten: „Mami ist traurig, wenn du dein Zimmer nicht aufräumst“ oder „Oma kriegt einen Herzanfall, wenn du nicht lieb bist!“ Hier haben Erwachsene eine „Macht“ und Verantwortung in die Hände von Kindern gegeben, für die die Kinder in keiner Weise zuständig sind. „Ich bin <...>, weil du <...>
In der Gewaltfreien Kommunikation lernen wir, dass wir für die Gefühle der anderen nicht verantwortlich sind. Andere Menschen haben Gefühle, weil ihre Bedürfnisse erfüllt oder unerfüllt sind. Ich fühle <...>, weil ich <...>
Und dann ist der Chef vielleicht verärgert, weil kein Kaffee mehr da ist und damit sein Bedürfnis nach Entspannung und „Verpflegung“ nicht erfüllt ist. Die Freundin ruft nicht an, weil sie zu viel um die Ohren hat und keine Zeit findet, ausgiebig zu telefonieren, und der Partner grummelt, weil er müde ist und sein Bedürfnis nach Erholung und Ausgleich nicht erfüllt ist. Nichts davon hat etwas mit mir zu tun. Mit mir ist nichts falsch. Meine Ichbezogenheit wird in den Hintergrund treten und ich kann mich mit neuem Interesse an meinen Nächsten wenden: Wie geht es Dir? Was brauchst Du?
Heute will ich darauf achten, ob ich meine Welt auf mich beziehe. Wenn ich es tue, trete ich einen Schritt zurück und erinnere mich daran, dass ich für die Gefühle anderer Menschen nich verantwortlich bin.