Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Werde ich bewertet…

Hallo, Welt!
Gestern kam es zu einem sehr speziellen Wiedersehen. 1996 hatte ich einen Mann kennen gelernt, der bei mir sämtliche Knöpfe gedrückt hat. Schon beim allerersten Kontakt dachte es in mir „den nehme ich!“. Wir waren nur drei Monate zusammen, aber der Impact dieser Verbindung beeinflusste mich noch bis zum Beginn meiner GfK-Karriere, als ich begann, nach meinen Gefühlen und Bedürfnissen zu schauen. Der Mann schien damals all meine Bedürfnisse nach Schutz, Geborgenheit, Verbindung, Ordnung, Wertschätzung, Spaß und Beitragen zu erfüllen. Ich konnte sehen – aber nicht merken – dass das Verhältnis zu seiner Noch-Ehefrau gar nicht geklärt war, und dass es noch eine weitere Frau in seinem Leben gab, die praktischerweise nur zur Hintertür hinaus wohnte. In meiner Erinnerung entglitt mir der Mann im Zeitlupentempo, wie ein großer Fisch, den man kaum in zwei Händen halten konnte. Nicht dass er so zappelte, er rutschte einfach weg. Bei zwei Gelegenheiten habe ich in wieder „über die Kante gezogen“, ihn mir also zurückgeholt. Als sich eine solche Situation zum dritten Mal wiederholte, habe ich die Entscheidung getroffen, nicht wieder hin zu fahren, zu reden, zu kämpfen. Denn an dem Tag, an dem er mir meinen Hausschlüssel zurückschickte, traf auch ein Buch bei mir ein. Louise Hay: Wahre Kraft kommt von innen. Das war am 9. Oktober 1996, und damit eigentlich der Beginn meines persönlichen Erwachens.
Gestern nun stand er vor meiner Haustür. Es war ein angekündigtes Wiedersehen. Wir hatten im vergangenen halben Jahr mehrmals telefoniert, denn er hatte die Absicht bekundet, in „meine“ Stadt zu ziehen. Ich kann heute noch erkennen, was mich damals so an ihm fasziniert hat, warum ich dieser Beziehung so lange nachgeblickt habe, warum sie in meinem Leben so eine Bedeutung hatte – ungeachtet der Kürze der Zeit, die wir in der Realität miteinander verbracht haben.

Er guckte durchs Haus, fand alle Um- und Ausbauten „toll“ und „super“. Als wir anschließend ein paar Meter gemeinsam gingen, sagte er mehrmals, „du bist eine tolle Frau“. Beim dritten Mal hätte ich ihn fast geschlagen. Leute, ich kann es nicht mehr ertragen, auf diese Weise bewertet zu werden!

Vor zehn Jahren wäre es mir vielleicht einfach peinlich gewesen. Ich kann doch nicht toll sein, wovon redet der? Heute werden andere Glocken bei mir angeschlagen. Ich muss mich geradezu dazu zwingen, die schönen Absichten im anderen wertzuschätzen. Denn in mir gibt es eben auch die Erfahrung, dass heute etwas „toll“ ist und morgen „Scheiße“. Mein früherer Chef war Experte darin. Dann flitzte er durch die Büroräume (zweimal jährlich, vermutlich nach einem Seminar), und rief den verdutzten Leuten zu: „Ihr seid eine tolle Mannschaft!“. Und drei Tage später fand er einen Fehler oder entdeckte etwas, was nicht seinen Vorstellungen entsprach (nicht, dass er die Vorstellungen vorher präzisiert hatte…), und dann waren wir alle nur unfähige Idioten, unter denen man mal aufräumen musste…

Sehr nett auch mein letzter Ehemann, der mir über viele Jahre sagte: „Ungeschminkt finde ich dich am schönsten“. Seine nächste Ehefrau war Kosmetikerin, ich dachte manchmal, die kann ihr Gesicht abends auch auf den Nachttisch legen, so künstlich wirkte sie auf mich…

Ich will nicht mehr bewertet werden, nicht mehr nach diesen Maßstäben. Offensichtlich bin ich mit dem Thema noch nicht durch, sonst würde mich ein nett gemeintes Kompliment nicht dermaßen in Wallung bringen. Gestern war die Zeit zu knapp, um den Mann zu fragen, ob er benennen kann, in welcher Weise ich gerade sein Leben bereichere. Seine Aussage, „das musst du jetzt gerade mal aushalten“, löste in mir nur noch mehr inneren Widerstand aus. Ich muss hier gar nichts aushalten! Leute… es klingelt bei mir… warum triggert mich das so?
Vertrauen.
Ich merke gerade, dass ich auf die Aussage überhaupt nicht vertraue. Unter meiner Wut und Empörung finde ich Trauer, Schmerz, Bitterkeit und Einsamkeit. Und meine unerfüllten Bedürfnisse sind neben Vertrauen „Gesehen werden“, Achtsamkeit, so etwas wie „Stille“, Verbindung und Schutz.
Na, es ist doch immer wieder spannend, bei sich selbst zu gucken, statt mit dem Finger auf den anderen zu zeigen…

So long!
Ysabelle

Die unausgesprochenen Worte (6)

Hallo, Welt!
„Trying is nothing. Mach’s einfach…!“ Wieder mal ein Original-Zitat, das ich im Workshop von Arnina Kashtan mitgeschrieben habe. Und diese Aussage schüttelt mich in den letzten Tagen.
Vor ein paar Monaten blätterte ich durch eine Ausgabe der Zeitschrift „Kommunikation & Seminar“ und delektierte mich an einem Themenschwerpunkt „Existenzgründung“. Seither wabern immer wieder Informationen aus dieser Artikelsammlung durch mein Hirn. Ich habe bestimmte Vorstellungen, was ich tun könnte oder tun sollte, wenn es jetzt in Richtung Selbstständigkeit geht, und gleichzeitig ist da immer noch eine angezogene Handbremse. Und so gibt es ein zögerliches „ich könnte mal dies oder das probieren“, und das war’s dann auch schon wieder.
Neulich hatte ich ein wunderbares Empathiegespräch mit meiner gleichnamigen GfK-Freundin. Und als Ergebnis habe ich mit rausgenommen, dass ich nicht wirklich weiß, wie ich meins in die Welt bringen kann. Vielleicht ist das die Energie hinter dem Versuch. „Das Wasser könnte kalt sein, aber ich könnte ja mal mit dem großen Zeh vorfühlen. Aber wenn es dann kalt ist… was dann?“

Trying is nothing. Ich fange an, diesen Satz zu verstehen. Im Versuch ist quasi das Aussteigen, das Scheitern und das es doch nicht so ganz tun enthalten. „Ich versuche es“ hat eine andere Energie als „ich mache es“. Beim Versuch schwingen alle Bedenken des 21. Jahrhunderts mit. Was wird? Werde ich meinen Lebensunterhalt verdienen können? Wird es genug Interessenten geben? Ich zitiere mich mal hier selbst:

4. Unterwegs in der Zukunft
Beispiel: Werde ich morgen noch einen Job haben? Wird sich meine Tochter von mir abwenden? Reicht das Geld für die Miete am Ende des Monats?
Klar zu erkennen: Der Aufenthalt in der Zukunft füttert die Angst.

Auch diese Überlegungen stammen aus dem Workshop von Arnina. Ich bin also nicht im Hier und Jetzt. „Versuch“ bündelt nicht alle meine Kraft im Jetzt. „Tun“ tut es. Aber wie ich den Absprung von meinem persönlichen Zehn-Meter-Brett schaffen soll, weg vom Zögern, von der Zukunftsangst, von der Unsicherheit, hin zum Tun, zum Sein, ins Hier und Jetzt – das ist mir gerade noch völlig unklar.

Jedenfalls habe ich mich eben bei K&S als freie Mitarbeiterin beworben und werde für Mai eine Urlaubsvertretung im Arbeitslosenprojekt übernehmen. Richtig gutes Geld gibt es für letzteres nicht, im Gegenteil, ich zahle drauf. Aber es erfüllt meine Bedürfnisse nach Sinnhaftigkeit und Struktur. Und das ist ja auch schon mal was. Ich tue es.

So long!

Ysabelle

Jetzt gehts looos!

Hallo ihr Lieben!
Ich sitze grade in einer Regionalbahn, barfuß und beseelt auf dem Weg von einem sehr besonderen Einführungsseminar in Gewaltfreier Kommunikation zurück Richtung Zivilisation…und ich kann die Eindrücke vom Wochenende immer noch nicht alle fassen.

Das Seminar fand in ländlicher Umgebung in der Alten Mühle Gömnigk statt und lief drei Tage auf Spendenbasis. Ich kann schonmal zusammenfassen, es hat alle unsere Erwartungen weit weit übertroffen.

Was sich in diesen paar Tagen ereignet hat, wie schnell die Zeit geflogen ist, und mit welchem Blick ich jetzt zurück in die Welt fahre ist schon sehr besonders. Die fantastische Gruppenstimmung, die besondere Umgebung, die alternative Unterbringung, das containerte Essen, der ganze Geist des Seminars war für mich von radikaler Freiheit geprägt. Zwei Eindrücke klingen noch besonders in mir nach.

Der eine ist sehr privat und hat mit meinem Bedürfnis nach Nähe zu tun, sowohl körperlich als auch emotional, seelisch. Das ich in so kurzer Zeit solch eine intensive Nähe spüren durfte, ohne sie mit Erwartungen oder alten Vorstellungen zu vermischen hat mich schon sehr beeindruckt.
Die zweite Geschichte betrifft meinen Blick auf Geld, Erwerbsarbeit, meinen Lebenstraum und damit verbundene Ängste. Ich habe an diesem Wochenende einen Schimmer davon mitbekommen, wie ich mir mein Leben wünsche.

Und besonders dank Jonas unbändigem Enthusiasmus sehe ich meine Zukunft grade unter einem anderen Stern als vorher. Ich hatte in den letzten Monaten einiges an Angst vor dem Sommer und den Veränderungen, die entstehen werden, wenn ich kein Student mehr bin. Das kam zum guten Teil daher, dass ich zu einer Anstellung in irgendeiner Firma keine wirklich Alternative gesehen habe, und es mir gleichzeitig ein ziemliches grausen bereitet, mich in solche Strukturen zu zwängen.

Es geht ne Weile lang irgendwie, aber viele meiner Bedürfnisse bleiben dabei auf der Strecke, nach freier Entfaltung, Sinnhaftem Gestalten, Teil etwas größeren sein, zu einer besseren Welt beizutragen.
Und wenn ich ehrlich bin ist mir auch die Arbeit als Trainer noch zu sehr eine Rolle die es zu verkaufen gilt und auf die ich manchmal einfach keine Lust habe. Zumindest möchte ich nicht die Trainer kopieren, die ich bisher kennengelernt habe.
Und jetzt erlebe ich plötzlich wie einfach und wie geil es kann, einfach das zu leben, was ich mir immer schon erträumt habe. Mit den Kompetenzen die ich habe anderen Menschen Wachstum und Lernen zu ermöglichen und mich gleichzeitig selber auf die schönste aller Forschungsreisen zu
begeben…
Und ich hab das ganze vor allem nicht alleine durchgezogen sondern durfte Teil eines wunderbaren Teams sein, in dem wir alle auf Augenhöhe standen und Teil einer wunderbaren Gruppe, die Lust darauf hatte, den gemeinsamen Prozess aktiv mitzugestalten!

Kann es was genialeres geben?
Das für mich bahnbrechende ist jetzt aber, dass durch dieses tolle Erlebnis die Prämisse von Marshall Rosenberg eine Ebene tiefer gerutscht ist:

„Arbeite niemals für Geld. Lass dich für das bezahlen, was du
sowieso gerne tust.“!

Genau daran möchte ich in den nächsten Wochen arbeiten, mir mit anderen Menschen die Möglichkeit aufbauen, so eine nährende Gemeinschaft nicht nur ab und zu, sondern permanent zu genießen und gleichzeitig genug Geld zum Leben und für die Erweiterung unserer Strukturen ranzuschaffen. Bäm!
Ich habe vor ein paar wochen beschlossen, meine letzten Vorlesungen sausen zu lassen und mich statt dessen voll und ganz auf meine Projekte zu konzentrieren. Dadurch konnte ich endlich anfangen, mich ungeteilt der GFK zu widmen ohne dauernd von der technischen Welt abgelenkt zu sein. Das war schon eine sehr erleichternde Entscheidung, aber mit dem neuesten gedanklichen Schritt ist jetzt noch eine viel größere Last von mir gefallen!
Ich bin beschwingt, fühle mich frei und schaue hoffnungsvoll in die Zukunft.

Wir sind dabei, Anschluss- und Fortsetzungsseminare zu konzipieren, in meinem Kopf schwirrt zudem eine ganze Palette an Seminarideen herum, die ich schon lange mit mir herumtrage und die im nächsten Jahr Wirklichkeit werden sollen:

„Gewaltfreie Kommunikation und Kooperative Abenteuerspiele“, „Liebe Sex und Zärtlichkeit“, „Giraffen Treibstoff tanken um Träumen Flügel zu verleihen“, Bauwochen getragen vom Geist der Verbindung, …
Plötzlich ist so vieles möglich!

Seid umarmt,
Markus

PS: Auf meiner Homepage werde ich neue Seminare frühzeitig ankündigen!

Die unausgesprochenen Worte (5)

Hallo, Welt!
An anderer Stelle bin ich heute Morgen über das Wort Selbstempathie gestolpert und bringe das gerade einmal in Verbindung mit Arninas Training: „What are you telling yourself?“
Ich erzähle mir anscheinend selbst, dass alles, was ich tue nicht ausreicht, nicht genug ist. Und es gibt eine „alte“ Stimme, die behauptet, mit mir wäre etwas nicht in Ordnung. Dieser Tage gab ich einer 89-jährigen Dame meine Visitenkarte, damit sie mich in einer bestimmten Angelegenheit kontaktieren kann. Gestern rief sie mich an und sagte: Die Nummer auf deiner Visitenkarte stimmt nicht. Zum Glück sprach ich heute mit XY, die mir deine RICHTIGE Nummer gegeben hat.
Boah! Ich spürte sofort eine intensive Aufwallung in mir, einen Impuls, mich und meine Visitenkarte zu rechtfertigen. Ich habe eine internationale Schreibweise für die Rufnummer, +49… anscheinend hat das für Verwirrung gesorgt. Der Lernfortschritt besteht darin, dass ich eben nicht in die Rechtfertigung gegangen bin, sondern einfach ausgehalten habe, dass die alte Dame auf diese Weise formuliert, dass sie mich anhand der ihr vorliegenden Informationen nicht kontaktieren konnte. Aber solche Äußerungen spielen auf mein Tor. Ich merke, dass ich im Inneren anspringe wie eine Maschine.
Aus meinen Arnina-Mitschreibseln finde ich dazu wunderbare Textbausteine.
1. Wenn ich Dingen einen Namen gebe, schaffe ich Ordnung. (Und Ordnung trägt zur Entspannung bei. „Ach, so ist das…“)
Also: „Deine Nummer stimmt nicht“ sorgt also für Klarheit und Entspannung. Jetzt wissen wir, woran es liegt. Nicht an meinem Telefon, nicht, dass ich die Tasten nicht richtig treffe, nein, deine Nummer ist falsch.
2. Tief in mir weiß ich, mit mir ist nichts falsch.
Das ist mal ein spannendes Feld. Weiß ich das wirklich? Ich schwöre sofort auf den Grundsatz der GfK, dass niemals jemand etwas falsch macht. Und trotzdem gibt es mir immer mal wieder den Gedanken, ich müsse anders sein. So wie ich sei, sei ich nicht „richtig“. Ich kann mich erinnern, dass ich als Kind großen Schmerz gespürt habe, wenn andere mir signalisierten, ich sei so nicht richtig. Aber im Verlauf der Jahrzehnte habe ich diesen Kram wohl so oft wiederholt, dass ich es in un-bewussten Zeiten selber glaube. Also: Ich erzähle mir zum Beispiel, ich würde mich nicht genug anstrengen, nicht genug arbeiten. Das tue ich im Unbewussten. Wenn ich daraus aufwache, auftauche, kann ich mir Selbstempathie und Selbstfürsorge angedeihen lassen. Selbstempathie setzt also Bewusstheit voraus.
3. Es gibt kein falsches Kind.
Durchatmen. Genau! Es gibt kein falsches Kind. Mir kommen die Tränen bei dem Gedanken an all die Kinder, die allein heute in meiner unmittelbaren Nachbarschaft so erzogen werden, dass sie glauben, sie hätten die Verantwortung für die Gefühle anderer. Ein Teil ihrer Zähmung. Und genau so war es bei mir. Und genau so habe ich es aus Unwissen an meinen Sohn weiter gegeben. Und heute gibt er es weiter. Wie furchtbar!
4. Wir sind auf der Reise zurück zu uns.
Genau.
Meine Reise zurück zu mir führt mich gleich auf die Couch. Zur Selbstempathie gehört auch die Selbstverantwortung. Heute Nacht um 0.10 Uhr habe ich den letzten Beleg in den Ordner für den Steuerberater einsortiert, noch zwei Rechnungssteller angefragt, ob sie von mir Geld bekommen haben, denn ich habe eine Rechnung, aber keine Kontobewegung dazu. Ich habe also das ganz Wochenende durchgearbeitet. Und jetzt mache ich eine Pause. Immerhin war ich heute morgen schon mit dem Hund unterwegs und zur Krankengymnastik, die Mails sind gecheckt, das Altglas aussortiert, die Tierschar gefüttert. Jetzt gibt es eine Pause. Mindestens zwei Stunden.

So long!

Ysabelle

Die unausgesprochenen Worte (4)

Hallo, Welt!
Seit gestern Abend denke ich darüber nach, was Arnina Kashtan eigentlich genau macht. Hier gibt es ein Video (auf englisch), in dem sie ein bisschen über ihre Lebensgeschichte erzählt,

und obwohl wir einen ganz unterschiedlichen Hintergrund haben, nehme ich doch viele Parallelen wahr. Mir fallen zur Beschreibung ihrer Arbeit nur poetische Wendungen ein und ich widerstehe dem Impuls, mich dafür in die Pfanne zu hauen. Ich bin ja kein Werbetexter auf der Suche nach dem perfekten Slogan… Ich erlebe sie als Reiseleiterin in ein glückliches Leben. Travel Guide into here and now.
Auf dem IIT in der Schweiz habe ich 2009 das erste Mal den Begriff „Radikale Selbstannahme“ gehört. Radikal im Sinne von Wurzel, Ursprung. Bedingungslose Annahme, das erlebe ich bei Arnina. Sie ist eine Empathie-Hexe (oder Hebamme, was früher mal dasselbe war). Das, was sie macht, geht für mich tiefer als GfK allein oder als „The Work“, was ich teilweise als brutal wahrnehme. Da fehlt mir das Mitgefühl. Integrale GfK. So könnte man es nennen. Damit meine ich, es geht viel tiefer als nur in die vier Schritte und Selbstempathie. Sie geleitet die Teilnehmer durch das Raue zu den Sternen. Integrale GfK führt zu Heilung und Wach-sein. Es gibt ein Buch von Oliver Sacks, das mit Robert de Niro und Robin Williams 1990 verfilmt wurde: Awakenings: Wikipedia schreibt:

Der in den 1960er Jahren in New York City tätige Arzt Malcolm Sayer erforscht die Europäische Schlafkrankheit. Die seit Jahrzehnten darunter leidenden Patienten gelten als unheilbar.
Sayer benutzt ein Mittel, von dem er sich die Rückkehr der seit Jahrzehnten im komatösen Zustand befindlichen Patienten zum normalen Leben verspricht. Der erste Patient, an dem das Mittel ausprobiert wurde, war Leonard Lowe, der sich zu diesem Zeitpunkt schon seit 30 Jahren im Zustand des Komas befand. Lowe erlangte das Bewusstsein wieder, seine Rehabilitation beginnt. Nach einiger Zeit kommt es zu Rückfällen, schließlich fällt Lowe ins Koma zurück.

Mal abgesehen davon, dass ich nicht den Eindruck habe, wieder ins Koma zurück zu fallen: Unbewusste Zustände/Zeiträume kenne ich aus meinem Leben zur Genüge. Nun zeigt sich der Sinn des Aufwachens, des Auftauchens aus großen Tiefen des Unbewussten. Nur im Hier und Jetzt kann ich mein Leben gestalten, beeinflussen, ihm Sinn und Erfüllung geben.

So, nach dieser langen Vorrede (seid Ihr noch da?) komme ich nun zu meinem heutigen Thema, das ich aus dem Workshop von Arnina mitgebracht habe.
Wie erkenne ich, ob ich in einer Geschichte bin oder in der Realität?
Im Verlauf des Wochenendes sind dazu mehrere ganz handfeste Prüfinstrumente präsentiert worden. Hier eine Auswahl am Warnblinkleuchten:
1. Solange ich über eine andere Person nachdenke, bin ich nicht in der Realität.
Beispiel: Warum will Kurt nicht (mehr) mit mir schlafen? Warum kann Doris nicht einmal pünktlich sein? Was geht in meinem Chef vor, wenn er so guckt?
2. Verwendung von Floskeln und Verallgemeinerungen
Beispiel: Immer machst du… / nie ist jemand zu Hause / mir hört keiner zu / man sollte mal… /
3. Unterwegs in der Vergangenheit
Beispiel: ich hätte das Bügeleisen ausstellen sollen / Wenn ich in der Schule besser aufgepasst hätte / wenn ich mein Kind nicht geschlagen hätte
Diese „Sollte“-Formulierungen füttern unsere Schuldgefühle.
4. Unterwegs in der Zukunft
Beispiel: Werde ich morgen noch einen Job haben? Wird sich meine Tochter von mir abwenden? Reicht das Geld für die Miete am Ende des Monats?
Klar zu erkennen: Der Aufenthalt in der Zukunft füttert die Angst.
5. Denken und reden in Kategorien
Gut/schlecht/; Richtig/falsch; gerecht/ungerecht; Hier passen auch alle Interpretationsgefühle hin.
6. Was werden die Leute sagen?
Das ist besonders glorreich, weil wir in Wirklichkeit keine Ahnung haben, was die Leute sagen werden. Vielleicht bewundern sie uns für unseren Mut und unsere Authentizität. Vielleicht verabscheuen sie uns, weil unser Verhalten bei ihnen Angst auslöst. Aber auf beides haben wir keinen Einfluss, denn auch wenn wir im Verlauf unserer Zähmung dazu erzogen wurden zu glauben, wir hätten die Verantwortung für anderer Leuts Gefühle – das ist nicht der Fall.

Und nun?
Also: Wenn ich eine dieser Warnlampen bei mir entdecke, kann ich überprüfen, ob ich gerade im Hier und Jetzt bin. Bewusst atmen ist ein guter Start, um hier wieder anzukommen. Wenn wir feststellen, dass wir in Angst (Zukunft) und Schuld oder Scham (Vergangenheit) feststecken, kann und eine Frage uns ent-blocken:
Und dann? Und was ist dann? Und was wäre dann?
Angst und Schuldgefühl erweisen sich häufig als Mauer, vor der wir hilflos stehen. Mit der „Und dann…?“-Frage werden wir in die Lage versetzt, über die Mauer hinwegzugucken. Ich habe es ausprobiert. Es funktioniert.

So long!
Ysabelle

Die unausgesprochenen Worte (3)

Hallo, Welt!
Sagt Bescheid, wenn Euch die Workshop-Infos langweilig werden. Mich beflügeln sie noch immer und sausen durch mein Hirn. Gestern ging es um den Satz „Wer wärest du ohne diese deine Geschichte?“ Dazu fand ich eine Ergänzung, die lautet: Was ist der Pakt, den du mit XY hast?
Ich sehe auf die Buchstaben und merke, wie es in mir vibriert. Dieser Gedanke war mir wirklich nie zuvor gekommen. Es ist ein Pakt. Und unter Umständen zu einer Zeit abgeschlossen, als ich noch gar nicht geschäftsfähig war, nämlich als sehr kleines Kind.
Beim Nachspüren kommt mir ein Pakt in den Sinn, den ich bewusst noch nie so formuliert habe. Er lautet: Ich darf nicht gut sein.
Ich denke dabei speziell an meinen letzten Chef. Er hatte sicher viele Qualitäten. Ich möchte ihn nicht mies machen, das ist nicht die Botschaft. Was aber schwierig wurde, war wenn ich mit meiner Kompetenz strahlte. Immerhin hatte ich diesen speziellen Job rund 20 Jahre gemacht, davon die vergangenen sechs Jahre vor seiner Einstellung quasi alleinverantwortlich. Also: Bloß nichts tun, was beim Chef den Anschein erweckt, ich würde mit ihm in Konkurrenz treten. Also lautete der unausgesprochene Pakt: Ich tue nichts, was deine Position gefährdet und verteidige gegenüber den Mitarbeitern auch Entscheidungen, die ich für komplett schwachsinnig halte, damit du mich nicht feuerst.

Es hat mehrere Situationen gegeben, in denen ich seine Entscheidungen extra behutsam und gfk-like angezweifelt habe, und die Reaktion hat mich jedes Mal geschüttelt. An dieser Stelle gucke ich direkt mal in die Gefühlsliste, denn ich merke, dass ich nur zusammengerechnete Gefühle und Bewertungen dazu im Kopf habe. Wie habe ich meinen Chef wahrgenommen, wenn ich seine Entscheidungen angezweifelt habe?
Ärgerlich
alarmiert
entrüstet (manchmal)
genervt
kalt
sauer
streitlustig
ungeduldig
widerwillig

Ich glaube, das war’s im Wesentlichen. Schon das fühlt sich in mir ganz anders an als mein „Zusamengerechnetes“, was ich noch vor drei Minuten im Kopf hatte. Und seine Bedürfnisse waren vielleicht
Respekt
Effizienz
Autonomie
Selbstvertrauen (das ist mal ein Schuss ins Blaue)
Anerkennung
Harmonie
an einem Strang ziehen

Und JETZT wird mir gerade ganz deutlich, dass ich mich mit all diesen Bedürfnissen total verbinden kann. Der unausgesprochene Pakt, mit dem ich unterwegs war, war wohl, dass ich dafür zuständig bin, all diese Bedürfnisse zu erfüllen. Weil du XY brauchst, muss ich dir das geben… Ich bin verantwortlich, ich bin zuständig… na, das kommt mir aber bekannt vor…

Seid Ihr mal durch eine Brombeerhecke gegangen? Gefühlt habe ich meine Kindheit mit Brombeeren suchen verbracht. Die Ranken kleben mit kleinen Dornen an den Klamotten oder an der Haut. Und so geht es mir auch mit solchen Geschichten. Ich bin „gefangen“oder „eingesponnen“ in solche Pakte. Im Alltag merke ich das oft nicht. Und dann lande ich bei einem weiteren Satz von Arnina: Verstehen und Akzeptieren (Mitgefühl mit mir selbst) ermöglichen die Veränderung. Ich treffe die Wahl, aus meinem Automatismus auszusteigen. WOW! Und da steht auch: Wir machen den anderen zum Grund für unser Gefängnis. Wie wahr…
Vielleicht hätte ich die Flipcharts doch nicht Matthias mitgeben sollen, sondern hier damit meine Hütte tapezieren. Aber ich habe sie alle als PDF und kann darauf zurückgreifen, wenn mir die Dinge aus dem Bewusstsein rutschen.

So long!
Ysabelle

Die unausgesprochenen Worte (2)

Hallo, Welt!
Auf meiner Seminarmitschrift vom Workshop mit Arnina Kashtan am vergangenen Wochenende findet sich der grandiose Satz: Wer wärest du ohne diese deine Geschichte?
Das erste Mal bin ich über diese Frage durch Eckart Tolle gestolpert. Der erzählt auf einer CD von einer Frau, die immer über ihren schrecklichen Mann klagte. Ihr ganzes Sein rankte sich nur darum, wie schlecht er sie behandelte. Irgendwann fragte Tolle die Frau, wie es wäre, diese Geschichte aufzugeben und sie antwortete nach einigem Nachdenken: Aber wer bin ich dann?
Es geht also darum zu erkennen, welche Geschichten wir uns selbst erzählen. Das Tragische ist, dass wir oft selbst nicht wissen, was wir uns erzählen. Einigen meiner Geschichten bin ich inzwischen auf die Spur gekommen. Auswahl gefällig?

  • Selbstständig arbeiten ist kompliziert.
  • Ich kann keine Aufträge akquirieren.
  • Ich bin zu doof, die Rechtslage für Selbstständige zu verstehen.
  • Meine Mutter wird mich nie so verstehen, wie ich es wirklich brauche.
  • Bei Schnee und Eis kann ich nicht Auto fahren.
  • Ich schlafe nur ein, wenn ich vorher noch gelesen/einen Film auf Arte gesehen/einen Artikel auf „Spiegel online“ konsumiert habe.
  • Die Einkommenssteuer kann nur ein Steuerberater verstehen und für mich ausfüllen.
  • Ich kann nicht mit der Bohrmaschine umgehen.
  • Ich kann nicht zeichnen (stimmt!)
  • Ich kann nicht schreiben (stimmt nicht, denke ich trotzdem oft).

 
Ihr merkt schon, worum es geht: Überzeugungen, die wir von uns selber haben. Vor ein paar Jahren, ich hatte noch meinen alten Polo, nahm ich an einem Verkehrssicherheitstraining teil. Ich selber hatte den Eindruck, ich könne überhaupt nicht angemessen mit dem Auto umgehen. Der Fahrtrainer meinte allerdings, ich würde exzellent reagieren und wäre mit meinem Altauto viel besser davor als die Kollegen, die sich alle auf ESP und ABS und sonst was für technische Unterstützung verließen.

Ich glaube also etwas über mich, und das führt dazu, dass ich bestimmte Dinge nicht mache, mir nichts zutraue, mich vielleicht überschätze. Und wenn wir einen Glauben (s-Satz) haben, findet das Gehirn dafür Beweise. Auch das ist ein Satz aus dem Seminar von Arnina. Zum Beispiel gibt es in mir den aus meiner Kindheit übernommenen und dann abgewandelten Glaubenssatz, meine jeweiligen Ausbildungstrainer würden mich nur akzeptieren, wenn ich mich in bestimmter Weise verhalte. Mein Gehirn wird dafür Beweise finden, wenn ich den Suchmodus aktiviere. Aber mal gfk-like gefragt: Was ist die Beobachtung dazu?
Die Beobachtung ist, dass ich in vorauseilendem Gehorsam meine Lebendigkeit unterdrücke, weil ich befürchte, wenn ich so bin, wie ich bin, dann würde ich abgelehnt werden. Das kenne ich nämlich aus meiner Ursprungsfamilie: Sei nicht so wie du bist. Also versuche ich mich so zu verhalten, wie ich denke, dass mich die Trainer wollen.
Das hat gar nichts mit einer bewussten Angst vor Autoritäten zu tun. Wenn ich bewusst drüber nachdenke, was da los ist und wie es mir damit geht, merke ich, dass mir meine Authentizität total wichtig ist. Und gleichzeitig geht es mir auch um Respekt für den Stil des anderen, um Anerkennung der Erfahrung. Immer und immer sind wir hierarchisch organisiert, Lehrer, Schüler, Vorgesetzte und Untergebene, Auftraggeber und Auftragnehmer, Mächtige und Ohnmächtige. ich kann gar nicht erkennen, wo wir eine Kultur der Augenhöhe und der Gleichwertigkeit haben. Und das geht weit über Gleichstellung der Frau oder ähnliches Gedöns hinaus. Mir geht es auch um die Beziehung zwischen Eltern und Kindern oder Experten und Laien. Augenhöhe ist anscheinend mein Wort des Jahres 2013. Augenhöhe… vielleicht kann ich es mir einfach noch öfter ins Bewusstsein rufen…

Ich wäre neugierig, auch etwas über die Geschichten zu erfahren, die Ihr Euch erzählt. Ein Freund berichtete gestern, eine seiner Geschichten laute: Ich muss alles tun, um andere zufrieden zu stellen, damit sie mich lieb haben und mich nicht anschreien…

Der Freund ist 61 Jahre alt. Ist das nicht schrecklich, erst auf intensives Nachfragen dahinter zu kommen, welche Geschichten uns steuern? Seit über 60 Jahren…?

So long!
Ysabelle

Die ungesprochenen Worte (1)

Hallo, Welt!
Dieses Wochenende habe ich auf einem Workshop von Arnina Kashtan verbracht, der von Matthias Albers organisiert wurde. Meine dringende Empfehlung: Wer das Geld zusammenkratzen kann und am kommenden Wochenende noch nicht gedatet ist: Fahrt nach Berlin, wo es einen zweiten Workshop zu diesem Thema gibt. Ich habe selbst ja schon viel Glaubenssatz-Arbeit gemacht, aber diese Erfahrung war einfach noch mal eine ganz andere. Arnina verbindet Ideen von „The Work“ von Byron Katie mit gewaltfreier Kommunikation. Der Workshop ist nichts von beidem und doch so viel mehr. Für mich ist in diesen drei Tagen etwas ganz Besonderes, etwas unglaublich Tiefes geschehen. In Gegenwart anderer Trainer hatte ich bisher immer innerlich eine angezogene Handbremse, eine Mahnung „sei nicht so wie du bist“. Die Stimmen sagten Dinge wie „Reiß dich zusammen“ oder „spiel dich bloß nicht auf“. Mir steigen sofort wieder die Tränen in die Augen bei der Erinnerung, WIE willkommen all meine Beiträge waren. Es gab zwei Situationen, in denen ich nicht auf der gleichen Spur war wie Arnina. Und die Art, wie sie dann für IHRS ging, war so liebevoll und komplett ohne Backlash, ohne dass bei mir auch nur im entferntesten so etwas wie Unmut von ihr über die „Störung“ oder Stirnrunzeln über meine Fehldeutung ankam – das gehört sicher zu einem der größten Erlebnisse in meinem Leben. Ich glaube, so ungefähr fühlt sich bedingungslose Annahme an. Ooooohhhh! Da möchte ich auch hinkommen! Das möchte ich meinen Teilnehmern auch schenken können!

Zum einen hat das sicher mit meinen eigenen Filmen zu tun: What are you telling yourself? Welche Geschichten erzählst du dir? Das war eine der Kernfragen in diesem Workshop. Und das Gegengift zur Eigenlähmung lautet: „Ich höre mich selbst zu mir sagen…“ Die Geschichten, mit denen wir aufgewachsen sind, die Definitionen dessen, wie wir zu sein haben oder wie wir sind. Ich bin beispielsweise mit der Botschaft aufgewachsen, ich sei „stinkefaul“. Und wie ja neulich bereits berichtet, künstlerisch komplett unbegabt. Wisst Ihr, was ich in diesem Workshop getan habe? Ich habe 2,5 Tage an der Flipchart mit protokolliert. Ich kann selbst noch gar nicht fassen, was ich da gemacht habe! Das Gehirn habe ich noch abgemalt von einer Grafik aus dem Internet. Aber meine anderen Illustrationen entstanden freihändig, verbunden mit einer gehörigen Portion Scham und der Selbst-Versicherung: Anything worth doing is worth doing poorly. Den Satz habe ich aus einer Erzählung von Marshall aufgeschnappt und es geht darum, dass man nicht Sachen unterlassen soll, nur weil man sie vermeintlich nicht „gut“ macht. Jemand, der anfängt Klavier zu spielen, spielt anfangs „poorly“ im Vergleich zu einem Konzertpianisten. Sollte er es deshalb gar nicht erst versuchen? Ich kann es nicht gut, also mache ich es nicht? Das wäre „altes Denken“ und davon möchte ich mich verabschieden.
So versuchte ich mich an einem Elefantenkopf, an einem Stoppschild, Messer und Gabel (Rechtfertigungen und Erklärungen füttern die Schuldgefühle) und einer Illustration, wie man einem Hund und sich selbst Einfühlung geben kann. Ich habe ungefragt eine wichtige Rolle in diesem Workshop übernommen und es war – unbeschreiblich. Heute Morgen bekam ich dazu von einer Seminarteilnehmerin eine Rückmeldung:

ich bin so dankbar über deine Seminarmitschrift. Üblicherweise bin ich eine „dauernd Mitschreiberin“ und diesmal hatte ich die Gelegenheit meine Hände ruhig zu halten und mich auf ganz andere Dinge zu konzentrieren ohne „mitzuschreiben“.
Das war eine großartige Erfahrung und vermutlich hätte ich nicht gedacht, dass es für mich doch so einen großen Unterschied macht. Also vielen Dank, dass ich das durch deine Unterstützung erleben konnte.
Gleichzeitig bewundere ich deine Ruhe und gleichmäßige Schrift, ich wünschte ich könnte dies auch über 2 1/2 Tage schaffen.
Es hat mir Spaß gemacht bei deinem Kunstwerk zusehen zu können und ich konnte teilweise erleben, welche Inputs von Arnika dich besonders berührt haben. Du bist dann „aufgesprungen“ und hast manches so passend für mich in deinen Worten niedergeschrieben. Ja so ging es mir damit. Danke

Arnina bat mich (und Matthias), ob wir diese deutschen Sätze von den Flipcharts für sie übersetzen könnten. Und in der Abschlussrunde teilte sie, dass sie fast ihr ganzes Leben damit zu tun hatte, „nichts zu wissen“. Und nun, als alle Wände des Seminarraums zugepflastert waren mit quietschbunten Flipcharts, werde ihr (noch mal) ganz deutlich, wie viel sie wisse… Da haben sich wohl an diesem Wochenende zwei gesucht und gefunden…

Jetzt sitze ich hier vor 13 Seiten „Perlen der Weisheit von Arnina Kashtan“ und habe damit wunderbares Futter für den Blog für die kommenden Tage. Ich bleibe dran, versprochen. Und für alle, die es irgendwie einrichten können, die dringende Empfehlung: Geht nach Berlin!

So long!

Ysabelle

Lasten fallen von Ihren Schultern…

Hallo, Welt!

Ich bin Herrin der Beringung. Gestern Abend um 21.40 Uhr habe ich mein Zusammengeschreibsel und MiteinanderverPDFung meiner Zertifizierungsunterlagen abgeschlossen und daraus ein 60-Seiten-Heft verfertigt. Für meine eigenen Unterlagen habe ich anschließend noch einmal die PDF ausgedruckt und auf der zweiten Seite einen Tippfehler gefunden, den ich mir nicht verzeihen kann.

Meine Bedürfnisse gestern Abend: Feiern. Das Exemplar binden, es genießen, dass diese Mammutarbeit abgeschlossen ist. Durchatmen. Auf dem Nachtspaziergang mit dem Hund meine Erleichterung spüren. Mir war geradezu übel, so erleichtert fühlte ich mich. Ich hatte mal eine Kassette mit einer Meditation von Luise Hay, da sagte die deutsche Stimme: Lasten fallen von Ihren Schultern, und genau so fühlte sich das an gestern Abend.

Heute wurde ich um 6.40 Uhr wach (Hallo? Es ist Ostersamstag…!) und tappte ins Bad. Auf dem Weg sah ich meinen Umschlag an Marianne und wusste:
Heute Morgen ist mein Bedürfnis Schönheit. Und Struktur.

Ich habe den Umschlag aufgerissen und werde gleich meinen wunderbaren Hochleistungsdrucker noch einmal brummen lassen. Das System, das ich mir bezüglich der Seitenzahlen ausgedacht hatte, funktioniert nicht und ist damit einfach verwirrend. Und in mir summt und singt es. Das ist fast so gut wie Seminarunterlagen basteln. Dinge schön machen! Ey, Leute, wisst Ihr, dass ich in meiner Ursprungsfamilie für meine kreativen Gestaltungen ganz oft ausgelacht wurde? Ich habe mal im Kindergarten für meine Mutter zu Weihnachten einen Aschenbecher getöpfert. Als sie ihn auspackte, hat sie sich fast nass gemacht vor Lachen. So war es in meiner Erinnerung auch mit anderen Sachen, die ich gemalt, geklebt und geknetet habe. So kam ich zu dem Schluss, ich hätte keine Gabe zur kreativen Gestaltung. Das habe ich dann eine Weile sogar vergröbert auf „ich habe keinen Geschmack“. Ich werde ganz traurig, wenn ich daran denke. Mit der Digitalisierung wurde es dann besser. Als ich die ersten Dokumente in QuarkXpress layouten konnte, war das ein Geschenk des Himmels, endlich eine Möglichkeit mich auszudrücken.
Im Januar habe ich ja bei Christel Sohnemann einen Visualisierungskurs gemacht und versuche seither, ansprechende Flipcharts zu produzieren. Ey, Leute, ich bin aber auch anspruchsvoll mit mir selbst! Nun also die Zertifizierungsunterlagen. Was ich gestern Abend gemacht habe, ist mir heute schon nicht mehr gut genug. Also: Mit dem zweiten Anlauf erfülle ich mir die Bedürfnisse nach Struktur und Klarheit (Seitenzahlen), nach Schönheit (nicht alles so gedrängt) und Kreativität. Mal ehrlich, dafür kann man das ganze Gefummel mit der Bindemaschine doch ruhig noch mal machen, oder?

So long!

Ysabelle

Würdigung des Lebenswerkes von Marshall Rosenberg

„Lebenswerkfülletopf – love in action – estime pour Marshall“

Diese Nachricht erreichte mich aus der GfK-Trainergruppe bei Yahoo und ich möchte sie gern weiter geben.

Liebe Freundinnen und Freunde der Gewaltfreien Kommunikation,

wir hatten die Idee einen „Lebenswerkfülletopf“ für Marshall und seine Familie einzurichten und alle einzuladen von Herzen in diesen einzuzahlen, was jede und jeder geben möchte.

Wir sind eine Gruppe von Frauen und Männern, die sich auf dem TrainerInnentreffen im Oktober 2012 in Niederkaufungen in Deutschland zusammen gefunden haben. Wir haben von Irmtraud Kauschat (Mitglied im CNVC-Vorstand) von Verhandlungen zwischen dem CNVC-Vorstand und Marshall und Valentina Rosenberg gehört und haben unsere Vermutungen über die Hintergründe dieser Verhandlungen in einem Schriftwechselmit den Rosenbergs überprüft. Es war unsere Annahme, dass die Verhandlungen u.a. das Ziel hatten, für Marshall eine finanzielle Anerkennung seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Trainer und Berater für das CNVC zu ermöglichen.Wir freuen uns sehr, direkt von Valentina in einer Mail am 13.01.2013 zu lesen, dass alle materiellen und physischen Bedürfnisse von Marshall derzeit erfüllt werden und sie beide keinerlei finanzielle Unterstützung benötigen. Unsere Idee eines Lebenswerkfülletopfes hat sie beide sehr begeistert – Marshall ist sehr berührt und dankbar, dass wir sein Lebenswerk anerkennen möchten und bittet uns, diese Idee weiter zu tragen und finanzielle Beiträge, die daraus entstehen mögen, dem CNVC oder GFK-Gemeinschaften zu spenden. „Such gifts would meet our spiritual needs for celebration of life, contribution, and warmth.“ Unsere ursprüngliche Idee möchten wir nun entsprechend dieser Bitte hiermit veröffentlichen.

Die Idee des Lebenswerkfülletopfes erfüllt uns mit Freude, weil er Menschen, die von der Gewaltfreien Kommunikation inspiriert sind, ermöglicht zu würdigen, was Marshall uns mit seinem Lebenswerk gegeben hat. Hierbei können sich unbegrenzt viele auf unkomplizierte Art so weit sie wollen beteiligen. Diese Aktion – auch bekannt unter Namen wie „Lebenswerkfülletopf – love in action – Estimepour Marshall“ bedeutet finanzielle Unterstützung für das, was Marshall am Herzen liegt – den Aufbau von regionalen Netzwerken, die den sozialen Wandel im Sinne seiner Haltung leben.

Wenn ihr, wie wir, denWunsch habt, auf diese Weise eure Dankbarkeit Marshall gegenüber auszudrücken, für das, was ihr durch sein Lebenswerk erhalten habt, dann laden wir euch dazu ein, das zu geben, was ihr von ganzem Herzen geben mögt. Wir sammeln ab sofort bis zum 31. Dezember 2013 und veröffentlichen die Gesamtsumme, die gespendet wurde, aktuell in einem Spendenbarometer auf der Website von D-A-CH e.V.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten Geld für diese Aktion zu spenden:

1) CNVC oder D-A-CH e.V. Bitte teilt uns mit, wenn ihr das Geld an CNVC spenden möchtet; D-A-CH leitet dies dann zwecks Kostenreduktion gesammelt weiter. Die Kontodaten sind nachfolgend vermerkt. (Bei Spenden an D-A-CH e.V. ist eine Spendenbescheinigung [gültig nur für deutsche Finanzämter] ab einem Betrag über 100 € möglich, wenn ihr diese per Mail (an: buero@gfk-dach.de) mit euren kompletten Daten anfordert.)

D-A-CH für GFK e. V.
GLS-Bank – BLZ 43060967
IBAN: DE56430609677005957700
Konto-Nr. 7005957700
BIC: GENO DE M 1 GLS

2) Einem GFK-Projekt/einer GFK-Gemeinschaft in eurer Region/eurem Land. Bitte teilt uns den Betrag und den Empfänger in einer Mail (buero@gfk-dach.de) mit. Dann wird dies im Spendenbarometer mitgezählt.

3)Ihr wählt selbst einen anderen Zweck, der entsprechend Marshalls Wunsch dem Aufbau von GFK-Gemeinschaften dient und der eure Unterstützung, materiell oder ideell, gut gebrauchen könnte und teilt uns diesen mit. Auch diese Infos werden wir regelmäßig transparent machen auf der Website von D-A-CH.

Auf folgender Seite könnt ihr euch über den aktuellen Stand der Initiative informieren: www.gewaltfrei-dach.eu

Wir wünschen uns, dass unsere Initiative euch zudem anregt, in euren Kreisen darüber nachzudenken, obes noch andere Formen gibt, wie Marshalls Lebenswerk gewürdigt werden kann und diese in die Welt zu bringen. Auf dass unser aller Tun uns als Gemeinschaft nähren und stärken möge. Dieser Brief wird von uns auch ins Englische und Französische übersetzt und wir hoffen auf seine weltweite Verbreitung. Wir laden alle ein, uns dabei zu unterstützen.

In diesem Sinne grüßen euch:

Annett Zupke (Berlin), Christiane Welk (Darmstadt), Doris Schwab (Stuttgart), Iris Kus (Frankfurt), Irmtraud Kauschat (Darmstadt), Jochen Hiester (Koblenz), Lorna Ritchie (Berlin), Michael Dillo (Solothurn), Vivet Alevi (Berlin)

Feed me!

Hallo, Welt!
In diesen Tagen trudeln diverse Feedbacks bei mir ein. Es wird ernst in Sachen Zertifizierung. Gerade las ich eins, das meine Freundin Anke mir gestern Abend mitbrachte.
http://www.youtube.com/watch?v=0a9gCN2NBcs
Und wie die Pflanze Audrey II aus dem Musical „Little Shop of Horrors“ möchte ich rufen: Feed! Me! Bei mehreren Kolleginnen habe ich schon nachgefragt, ob sie nicht noch was Negatives hätten. „Da muss doch was sein, was dir nicht so gut gefällt oder was ich verbessern kann…“ Und nur auf mein Drängen hat meine Freundin B. noch aufgenommen, dass sie sich Sorgen um meine Gesundheit macht, weil ich es mit den Pausen ja nicht so habe. Und auch Anke meinte gestern Abend, „ich hätte höchstens mit rein schreiben können, dass ich fürchte, du übernimmst dich. Aber das muss da ja nicht zwingend mit rein…“

Also, ICH sehe mich da viel kritischer. Es ist ja nett, dass Ihr mir so warme Rückmeldungen gebt. Aber wieso schreibt Ihr da nicht rein, dass ich noch immer zu viel rede? Und dass es Situationen gibt, in denen ich Lösungsvorschläge mache, statt Empathie zu geben? Und dass es Momente gibt, da schmolle ich erst mal ne Runde… Ihr wisst das doch alle! Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Leute immer das kriegen, was sie wollen. Ich denke, ich weiß es und lauf dann schon mal los. Und gelegentlich bin ich zu schnell. Hallo! Wieso schreibt das keiner ins Feedback? Das sieht ja nachher womöglich so aus, als hätte ich ein paar Klatschaffen gebeten, mir ein Feedback zu geben…

Ihr merkt es schon. Hier ist ein Wolf am Start. Und zwar einer, der mit Wertschätzung überhaupt nicht umgehen kann. Der Gläser grundsätzlich halb leer findet. Zu meinen Aufgaben gehört ja auch, diese Feedbacks einzuordnen. Mal sehen, was mir dazu noch einfällt. Das Erstellen der Trainingsliste ist ja auch von einer lästigen Pflicht zur Jubelveranstaltung mutiert. Wer weiß, vielleicht feiere ich auch noch die Rückmeldungen… Im Moment brüte ich noch immer über den Schlüsselunterscheidungen. Und das macht mir Freude. Tatsächlich!

So long!

Ysabelle

Hinter jeder Sucht stecke eine Sehnsucht

Hallo, Welt! Ein Buch mit eben diesem Titel steht bei mir im Seminarraum im Regal. Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich es gelesen habe, aber es ist noch immer aktuell.

Zurzeit habe ich einen kleinen Hund in Pflege. Wenn er seine Ohren spielen lässt, könnte ich dahin schmelzen. Er ist freundlich, verträgt sich mit den Katzen und genießt Spaziergänge um den Hafen. Ein Teil von mir begrüßt es sehr, dass Wauwi jetzt gerade hier ist, denn so erfülle ich mir die Bedürfnisse nach Struktur, Bewegung und frischer Luft. Und gleichzeitig nehme ich wahr, dass der Hund mich an dem hindert, was ich im Moment viel lieber machen würde: Arbeiten.
Am liebsten wäre es mir, ich könnte um acht am Schreibtisch sitzen und abends um zehn den Computer schlafen schicken. Meine Katzen sind es gewohnt, dass sie mich hier nicht weg kriegen. Manchmal greifen sie zum Äußersten und legen sich auf die Tastatur. Ich mag nicht essen, weil das nur aufhält, und wenn sich dann irgendwann doch der Hunger schneidend meldet, stopfe ich irgendetwas in mich hinein. Bloß keine Störung von der Arbeit…
AAS, die Anonymen Arbeitssüchtigen, schreiben auf ihrer Seite:

Sind dir einige der folgenden Symptome vertraut?
Du hast Angst vor der Arbeit und brauchst lange, um endlich anzufangen.
Du kannst dich nicht auf die Arbeit konzentrieren und verzettelst dich oft.
Du nimmst dir viel zu viel vor und arbeitest bis zur völligen Erschöpfung.
Du beurteilst dich und deinen Tag fast ausschließlich nach der Menge der geleisteten – mehr noch der nicht geleisteten – Arbeit.
Dein Perfektionsanspruch lähmt dich oft völlig bei der Arbeit.
Du weist Kontakte, Einladungen und Unternehmungen mit dem Hinweis auf „zuviel Arbeit“ zurück.
Du kannst zwischen Freizeit und Arbeitszeit nicht trennen und denkst auch in der Freizeit dauernd an die Arbeit (und umgekehrt).
Du stehst häufig unter Zeitdruck.
Du möchtest möglichst viel in kurzer Zeit und mit geringem Aufwand erreichen.
Du glaubst, „erst etwas leisten“ zu müssen und dir dein Lebensrecht durch Arbeit beweisen zu müssen.
Du schämst dich deiner Arbeitsschwierigkeiten oder Arbeitssucht und magst mit niemandem darüber sprechen.
Jeder von uns kennt eines oder mehrere dieser Symptome. Wir versuchen deshalb, unseren Schwierigkeiten gemeinsam zu begegnen und stützen uns dabei auf das Zwölf-Schritte-Programm der anonymen Selbsthilfegruppen (mit Einverständnis der AA Grapevine).

ich habe sechs Treffer. Besonders spricht mich an:

Du glaubst, „erst etwas leisten“ zu müssen und dir dein Lebensrecht durch Arbeit beweisen zu müssen.

Gestern hatte ich mit einer Kollegin eine wundervolle Arbeit. Dabei sind wir auf eine Reise in mein Inneres gegangen und haben dort allerlei Neues erfahren. Unter anderem meldete sich meine Großmutter, um mich zur Arbeit anzutreiben. Und in einem Gespräch mit Simran vor einigen Wochen ist mir noch einmal ganz deutlich geworden, wie kostbar mir Gemeinschaft ist und dass es in mir den Glaubenssatz gibt, ich müsse permanent Höchstleistungen liefern, um dieser Gemeinschaft anzugehören. Und wenn ich meinen eigenen Ansprüchen nicht genüge, macht das nur wieder neuen Druck…

In diesen Tagen sitze ich über der Vervollständigung meiner Zertifizierungunterlagen und stöbere daher intensiv in alten Papierstapeln und Tagebüchern. Ich kann sehen, dass dieses Muster über 30 Jahre alt ist. Nach der Geburt meines Sohnes kämpfte ich mit Leistungsanforderungen: Wie muss eine perfekte Mutter sein? Und was bin ich für eine Versagerin, dass ich das nicht hinkriege. Ich habe mich und das Kind mit diesem Druck total wuschig gemacht… Und es gibt genug andere Beispiele aus den letzten 30 Jahren, die diesen Druck illustrieren.

Heute merke ich die Veränderung, die durch die GfK in mein Leben gekommen ist. Und ich sehe mit Schrecken, wie un-bewusst ich früher mit diesem Druck umgegangen bin. Ich hatte gar keine Möglichkeit, ihn anzuschauen, zu prüfen, wie möchte ich denn gern damit umgehen? Heute stelle ich fest: Boah… da ist Druck! Und dann versuche ich herauszufinden, welches wunderbare Bedürfnis da gerade befriedigt werden möchte. Immer wieder stoße ich dabei auf meine Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Manchmal ist es auch so, dass ich durch die Arbeit einfach in Flow komme und es genieße. Und das ist auch in Ordnung. Was ich ändern möchte, ist dieser Druck zu arbeiten. Ich möchte freiwillig und freudig arbeiten, vor allem aber auch Pausen machen oder mit guten Gewissen entscheiden: Das mache ich nicht, und das ist auch ok so…
Ein Lernfeld! Und gleichzeitig bin ich dankbar für die Bewusstheit, die ich durch das alltägliche Praktizieren der GfK entwickeln durfte. Wenigstens merke ich jetzt, was los ist…
Und da sitzt ein kleiner Hund im Sessel und dreht die Ohren wie Radarschüsseln. Ich glaube, er würde es genießen, jetzt eine Runde zu laufen. Scheint eine gute Idee zu sein. Und hinterher vervollständige ich die Texte fürs Handout vom Hamburger Institut für Gewaltfreie Kommunikation, das allmählich Fahrt aufnimmt. Und dann geht es wieder an die Schlüsselunterscheidungen. Habt Ihr eine Vorstellung, was eine idiomatische Giraffe ist? Ich halte Euch auf dem Laufenden 😉

So long!

Ysabelle

Scary Honesty

Wieviele Königsklassen gibt es eigentlich in der GFK?

– Antje T.

Vor ein paar Tagen kam mir der Gedanken ‘ich kann GFK’.

Ich hab mir ein paar Seminarbeschreibungen angesehen und dachte mir, das reizt mich nicht, das kann ich schon, das da könnte ich selbst unterrichten…und dabei hab ich ein bißchen aus dem Blick verloren, worum es bei der GFK eigentlich geht.

Heute habe ich jemanden den ich sehr lieb habe eine eMail geschrieben. Und ich habe gemerkt wie verdammt schwer es ist, wirklich ehrlich zu sein. Nein, schwer trifft es nicht…ich habe gezittert vor Angst, jedes Wort auf die Goldwage gelegt und jede Formulierung dreimal überprüft.
Am Ende habe ich nicht genau das geschrieben, was ich gerne geschrieben hätte – ich hatte zuviel Angst vor dem, was meine Worte vielleicht auslösen könnten. Ich hätte gerne geschrieben wie sehr ich diese Person lieb habe, wieviele meiner Bedürfnisse durch die Nähe zu ihr erfüllt werden und wieviel Angst ich davor habe,  sie aus den Augen zu verlieren, so sehr dass es mir den Magen umdreht wenn ich an Abschied denke.

Und ich habe es nicht so geschrieben. Ich habe es zurückhaltender formuliert, weil mir die Freiheit meines Gegenübers wichtig ist und ich sie nicht einschränken möchte. Weil genau jene Angst mich beherrscht hat, und die Ehrlichkeit, das auszusprechen vielleicht zu dem führen würde, was ich fürchte – Rückzug, Beziehungsabbruch. Sagt mir mein Kopf.

Scheiße nochmal, ich gehe diesen Weg jetzt fünf Jahre und habe viele harte Gespräche hinter mir. Und noch immer gibt es Situationen die mir so essentiell erscheinen dass ich eine Woche für fünf Zeilen eMail benötige.

Seit ein paar Monaten trainiere ich Shotokan-Karate. Im Karate-Do zeigt die Silbe ‘Do’ an, dass es ein lebenslanger Weg ist. Kein Mensch auf diesem Planeten kann perfekt Karate, jeder Karateka lernt dazu bis er im Rollstuhl sitzt. Und ist immer wieder konfrontiert mit Phasen, in denen es nicht vorangeht und er denkt, er wird immer schlechter, einfach weil die Aufmerksamkeit immer mehr geschult wird. Was man früher gar nicht bemerkt hat wird plötzlich unüberwindbar.

Ich beginne zu begreifen, was das für meinen Weg mit der GFK bedeutet. Und ich beginne zu akzeptieren, dass mir Zugehörigkeit, Anerkennung, Liebe und Gemeinschaft so wichtig sind, dass es sich wie sterben anfühlt, wenn diese Bedürfnisse bedroht scheinen.

Ich möchte gerne dahinkommen, diese Bedürfnisse als Geschenke für andere Menschen zu betrachten, nicht als Bürde. Manchmal klappt das besser, momentan bin ich Lichtjahre davon entfernt. Ich würde dieser Person gerne so ehrlich schreiben, wie ich es mich hier traue. Würde mich gerne ehrlich mit allem zeigen, was in mir lebendig ist und schauen, wie die Antwort aussieht und wie ich mit ihr umgehe. Für mich entspricht das ungefähr der Prüfung zum dritten Schwarzgurt in Giraffe.

Vielleicht liest du das hier ja zufällig eines Tages und fühlst dich angesprochen.
Und vielleicht werde ich mich irgendwann trauen, radikal ehrlich zu sein zu den Menschen die mir wirklich etwas bedeuten.

Markus

Kraut & Rüben (18)

Hallo, Welt!
Es gibt Neuigkeiten, Dinge zu feiern und Dinge zu betrauern… Die vergangenen Wochen waren gepackt voll, ich habe es nicht geschafft, Euch auf dem Laufenden zu halten. Am Freitag habe ich mein Printprojekt abgeliefert. Pünktlich, obwohl ich noch vier Tage mit schwerer Erkältung im Bett lag.

Dann bin ich nach Bremen weiter gefahren. Dort fand an diesem Wochenende das Abschluß-Modul der Mediationsausbildung statt. Sonntagnachmittag bin ich mit einem schönen Zertifikat wieder abgereist. Ich wünschte ich hätte die Zeit, genüsslich durch meinen Mediationsordner zu blättern und mich an den vielen Informationen zu freuen. Die Anfrage, die ich zwischenzeitlich wegen einer Mediation hatte, ist vor zwei Stunden abgesagt worden. Ich bin nicht traurig drum. Erstens war das ein dickes Brett und zweitens kann ich im März keine Termine mehr annehmen. Ich arbeite an meinen Zertifizierungsunterlagen. Am besten Tag und Nacht.

Gestern endete der wunderbare Einführungskurs in Elmshorn. Selten hat mir ein Kurs so viel Freude gemacht wie gerade dieser in der Selbsthilfegruppe. Und ich konnte viel von Christels Visualisierungskurs umsetzen. Ich merke, dass es mir hilft das Seminar zu strukturieren, wenn ich zuvor die Flipcharts vorbereite und mir auf diese Weise Gedanken mache, wie ich die Themen aufbereiten will. Hier mal ein kleines Beispiel:


Die Teilnehmer haben mir zum Abschied einen wunderbaren Frühlingsstrauß geschenkt und zwei Menschen haben mir ins Ohr geflüstert, sie würden gern weiter machen.

Für Bremen hatte ich übrigens eine Abschlussarbeit zum Thema „Interpretationsgefühle“ angefertigt. Auch noch… Unsere Seminarleiterin hatte die Idee, dass ich meine Gedanken zu einzelnen Worten dann der Gruppe vorlese. Stammleser dieses Blogs kennen diese „Interpretationsgefühle“ schon aus der Rubrik „Wortschätzchen“. Zu meinem großen Erstaunen haben mich mehrere Teilnehmer geradezu ermutigt, aus diesen Wortschätzchen Podcasts zu machen. Wie findet Ihr die Idee?
Ach ja… auch ein Grund zu feiern. Diesen Blog gibt es jetzt seit 2010. In dieser Zeit habe ich rund 650 Postings verfasst. Und JETZT hatten wir den 100 000. Klick. Nahezu 20000 Besucher waren auf dieser Seite und rund 100000 Page Impressions hat der Zähler festgehalten. Leider habe ich in den vergangenen Tagen auch wieder an die 100 Spam-Kommentare weggelöscht. Wie mühsam…

… und dann kommt der morgige Tag. Ich werde meine Mutter aus dem Krankenhaus abholen und nach Hause bringen. „Austherapiert“ ist anscheinend das Fachwort. Ich bin wie paralysiert vom Verhalten der Ärzte. Wie „cool“ sie einer Patientin sagen, sie kann nie wieder Kaffee trinken und nie wieder ein Stück Schokolade essen… nie wieder auf der Seite schlafen… Genauer gesagt sagen sie das gar nicht. Sie sagen solche Sachen wie: Sie kommen ja mit der PEK gut zurecht… Das ist die Magensonde, mit der meine Mutter seit drei Jahren künstlich ernährt wird. Und wenn man dann nachliest, was das Ärztekauderwelsch eigentlich bedeutet, findet man Infos wie:

Präoperativ

Schon vor der Operation sollten die durch den Verlust der Stimme zu erwartenden Kommunikationsschwierigkeiten angesprochen werden. Dabei wird im Vorfeld festgestellt, wie sich der Patient am besten mitteilen kann. Beispielsweise können schon Schreib- oder Symboltafeln bereitgehalten werden, oder es werden bestimmte Gesten, Klopf- oder Fingerzeichen als Code vereinbart und dokumentiert.

Pneumonieprophylaxe
Ultraschallvernebler

zur Pneumonieprophylaxe:

Bronchialsekret über Tracheostoma regelmäßig absaugen, da es nicht abgehustet werden kann
Um das Atemwegssekret flüssig zu halten, wird die Atemluft über Inhaliergeräte oder per Ultraschallvernebler angefeuchtet, da die physiologische Befeuchtung über die oberen Luftwege entfällt.

Da bei zähem Schleim die Kanüle noch häufiger verschmutzt, sich dadurch das Lumen verengt und in Folge dessen ein noch häufigerer Kanülenwechsel ansteht, ist der Einsatz solcher Geräte sinnvoll.

Komplikationen

Bei einem Tracheostoma mit liegender Trachealkanüle können folgende Probleme oder Komplikationen auftreten:

Dislozierung
Dekanülierung
Infektion des Tracheostomas
Druckulzera (Zu starker Cuff-Druck über längere Zeiträume oder schlecht sitzende Kanülen)
Hautemphysem (Entweder durch falsche Kanülenposition oder durch eine zu kleine Kanüle bedingt)
Trachealstenosen
Tracheomalazie (Durch den lange anhaltenden Druck von Kanüle/Cuff auf den Knorpel)

Notfall

Atemnot oder Blutungen sind Komplikationen, die bei Patient und Angehörigen zu Angst oder sogar Panik führen können. Daher ist es ratsam, diese möglichen Problematiken schon im Vorfeld mit allen Beteiligten anzusprechen und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen bzw. bereitzustellen:

– Eine Anleitung zur geeigneten Lagerung mit praktischer Übung sollte in der gewohnten Umgebung des Patienten stattfinden.
– Die im Notfall benötigten Geräte (z.B. zum Absaugen), Instrumente, sedierende Medikamente und blutstillende Materialien sollten sich immer in unmittelbarer Nähe zum Aufenthaltsort des Patienten befinden, so dass Helfer den Raum nicht verlassen müssen.

Der Patient sollte sich frühzeitig mit der Frage auseinandersetzen, wie weit operative und intensivmedizinische Maßnahmen gehen sollen oder ob im Ernstfall eine Sedierung bis zum Eintritt des Todes gewünscht wird. Die jeweilige Entscheidung sollte respektiert und als Patientenverfügung dokumentiert werden. Unrealistische Vorstellungen bezüglich medizinischer Möglichkeiten sollten allerdings einfühlsam ausgeräumt werden, damit es in kritischer Situation nicht zu unangemessenen Diskussionen kommt.

Betont werden sollte, dass die beschriebenen Notfallsituationen eher die Ausnahme am Lebensende sind. In den meisten Fällen kommt es zu einem friedlichen Sterben, z.B. im Rahmen einer langsam fortschreitenden Anämie bei anhaltenden Sickerblutungen.

Herzlichen Dank!
Die Stimmung am Krankenbett ist sehr gedrückt. Ich denke in diesen Tagen viel an Marshall. „Come and play with my pain…“. Ich versuche einfach nur für meine Mutter da zu sein. Dienstag habe ich sogar dem Arzt Einfühlung gegeben. Den Job möchte ich auch nicht haben… Insgesamt bin ich am Ende meiner Kraft. Dienstag ist mir am Krankenhaus noch ein Motorroller-Fahrer ins Auto gerutscht, wieder mal ein Blechschaden. Also noch mal in die Werkstatt, die Versicherung… ich bin müde.

So sieht es gerade aus bei mir. zum Glück habe ich tatkräftige Unterstützung und Montagabend hat mir Simran K. Wester persönlich Einfühlung gegeben. Seitdem geht es mir mit einem meiner Antreiber ein bisschen entspannter.

Das wars für heute als Update. Ihr Lieben, die Ihr in diesen Tagen nach meinem Wohlergehen gefragt habt: Danke dafür! Es geht doch nichts über eine wärmende Giraffengemeinschaft.

So long!

Ysabelle

…wir machen uns alle Sorgen!

Hallo, Welt!
Meine Mutter ist gestern ins Krankenhaus gekommen. Sie musste dringend ärztlich versorgt werden und jetzt besteht der Verdacht, dass ihre Krebserkrankung zurückgekehrt ist.
Ich habe eben mit ihr gesprochen und versucht, ihr Einfühlung zu geben. Dabei geht es um solche Themen wie „man hat meinen Koffer nicht ausgepackt, ich habe nicht mal meine Hausschuhe“ und der fehlende Kontakt zur Außenwelt. Kein Telefon am Bett… und das Handy mag sie nicht benutzen und hat es mir vor einigen Monaten zurückgegeben.
Sie gab mir dann den Auftrag, ein paar Leute zu informieren, dass sie eben zurzeit im Krankenhaus liegt und auch die nächsten Tage nicht erreichbar sein wird. So rief ich eben bei dem Pflegedienst an, der sie üblicherweise betreut. Die Mitarbeiterin trug mir auf: „Sagen Sie ihr, wir machen uns alle Sorgen um sie…“
Ich musste lachen. „Das werde ich ihr mit Sicherheit nicht sagen. Dann fühlt sie sich auch noch schlecht, weil sie Ihnen Sorge bereitet!“ „Da haben Sie eigentlich Recht…“, sagte die Mitarbeiterin überrascht. Und ich schlug vor: „Ich werde ihr sagen, dass Sie ihr alle die Daumen drücken und sich freuen, wenn sie wieder zu Hause ist.“ Spürbare Erleichterung am anderen Ende des Telefons: „Ja, das sagen Sie mal! Das ist ja auch viel schöner…“
Fazit: Wir brauchen mehr Gewaltfreie Kommunikation in der Welt.

So long!

Ysabelle

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