Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Angst essen Seele auf

Hallo, Welt!
Heute geht es mal rund ums Thema Angst. Ich hatte dazu ein paar interessante Begegnungen mit mir selbst und anderen.
Ein Freund (60) berichtete heute, sein Vermieter habe ihn wegen des schlechten Zustands der Außenanlage schriftlich getadelt. Tatsächlich war der Garten verwildert und ungepflegt. Der Freund berichtete, er habe eine schlaflose Nacht voller Angst und schlechtem Gewissen gehabt. Am nächsten Tag rief er dann bei der Firma an, die seit Jahren den Garten pflegt. Es stellte sich heraus, dass es dort ein großes Durcheinander beim Personal gegeben hatte. „Sein“ Garten war schlicht vergessen worden. Die Firma wird beim Vermieter anrufen, sich für den schlechten Zustand entschuldigen und alles schnellstmöglich in Ordnung bringen.

Ein erwachsener Mann schläft nicht, weil der Rasen nicht gemäht ist?

Ein anderer Freund von mir lebt in einer Partnerschaft, die er nicht mehr bejaht. Ich weiß nicht, mit wem er sich über dieses Thema austauscht, ich bin mutmaßlich nicht der einzige Mensch. Nur mit einem Menschen spricht er darüber nicht: Mit seiner Partnerin. Er hat Angst, sie zu verletzen.

Wenn ich an meine langjährige Partnerschaft denke – was hätte mich mehr verletzt? Die Tatsache, dass mein Freund mich zwar schätzt, sehr mag und gern mit mir lacht, aber keine Partnerschaft mit mir (mehr) möchte, oder die Tatsache, dass anscheinend andere Leute eher über die Gedanken und Gefühle meines Partners informiert sind als ich? Letzteres, Freunde! Wie schmerzhaft, dass er mit anderen darüber spricht, aber nicht mit mir…

Heute Morgen hatte ich ein kurzes Telefonat mit einer Freundin, die mir sehr wichtig ist. Dieser Tage hatte sie mich in einen Auftrag mit reingenommen, der ihr zugeflogen war. Ich habe daraufhin dem Kunden eine recht umfangreiche Mail mit einer Kurzanalyse geschickt und einen Besprechungstermin vorgeschlagen. Auf diese Mail gab es keine Antwort. Meine Freundin meinte heute morgen, ich solle den Kunden noch einmal anschreiben und nachfragen, ob die Mail bei ihm angekommen sei. Ich möchte das nicht tun, denn zum einen glaube ich, dass der Kunde die Mail erhalten hat und einfach andere Dinge zurzeit für wichtig erachtet. Zum anderen ist das kein Auftrag, um den ich mich reiße. Warum soll ich hinter jemandem herrennen, der sich nicht meldet?

Die Reaktion meiner Freundin habe ich als sehr heftig wahrgenommen und ich konnte während des Telefonats nicht auf meine Giraffenohren zugreifen. Es reichte gerade noch für solche gestammelten Halbsätze wie „das kann ich so nicht unterschreiben“ und „dazu möchte ich gern in Ruhe mit dir reden, aber nicht am Telefon, während du mit dem Auto unterwegs bist…“. Immerhin was.

Im Nachhinein habe ich versucht herauszufinden, welche Bedürfnisse in ihr lebendig waren. Wertschätzung vielleicht. Respekt für den Kunden oder vielleicht noch mehr für den Menschen, durch den der Auftrag angeflogen kam. Wirksamkeit, Unterstützung ihrer Arbeit. Verbindung. All so etwas könnte es gewesen sein. Während des Gesprächs habe ich einfach nur gespürt, dass ich Angst hatte. Angst um die Freundschaft, Angst um unsere Verbindung, Angst, dass von mir Dinge erwartet werden, die ich nicht tun möchte…

Angst war heute sehr präsent. ich bekam eine sehr wohlwollende Rückmeldung über eine Situation, die sich gestern ereignet hat. Als ich dazu etwas nachfragte, erhielt ich auch noch eine Information, die ich nicht so gut hören konnte. Im Verlauf der kommenden Stunde überfiel mich die Angst mit einer Heftigkeit, wie ich sie lange nicht erlebt habe. Anscheinend hatte mich die Bemerkung direkt in die Kindheit katapultiert. Mein Gehirn tickerte solche Fehlermeldungen wie „halte den Mund, wenn Erwachsene reden“. Vor ein paar Jahren habe ich mal verstanden, dass meine kindliche Lebendigkeit und Kreativität in vielen Situationen nicht willkommen war. Ich galt als „frech“ und „aufsässig“ und „vorlaut“ und „neunmalklug“. Heute würde ich sagen, ich hatte ein ausgeprägtes Bedürfnis beizutragen, Kreativität, Humor, das Bedürfnis gesehen zu werden, ein Bedürfnis nach Gemeinschaft und das Bedürfnis so zu sein wie ich bin. Und das war nicht gern gesehen.

Die von mir sehr gern zitierte Melody Beattie schreibt in der Tagesmeditation vom 5. März:

Manchmal befiehlt unsere instinktive Reaktion in einer neuen Situation: Sei nicht so, wie du bist.

Wer sonst könnten wir sein? Wer sonst möchten wir sein? Wir brauchen nicht anders zu sein, als wir sind.

Das größte Geschenk, das wir in eine Beziehung einbringen, ist: der zu sein, der wir sind.

Wir denken vielleicht, andere fänden uns nicht sympathisch. Wir haben Angst, ein Mensch könne uns verlassen oder beschämen, sobald wir loslassen und wir selbst sind. Wir machen uns Sorgen darüber, was andere von uns denken.

Die Menschen schätzen unsere Gesellschaft, wenn wir uns selbst akzeptieren und entspannt sind, nicht aber, wenn wir steif und gehemmt sind.

Wollen wir wirklich mit Menschen zusammen sein, die keinen Gefallen an uns finden? Müssen wir uns und unser Verhalten von der Meinung anderer abhängig machen?…
… Unsere Meinung über uns selbst ist wirklich das einzige, was zählt. Und wir können uns die Anerkennung zollen, die wir wünschen und brauchen.

Heute entspanne ich mich und bin in meinen Beziehungen so, wie ich bin. Ich tue das nicht in unangemessener oder herabsetzender Weise, sondern in einer Weise, die zum Ausdruck bringt, dass ich mich selbst annehme und mich als die Person schätze, die ich bin. Hilf mir, Gott, dass ich keine Angst mehr habe, ich selbst zu sein.

An manchen Tagen fällt es mir schwer, mir das zu erlauben. Es fällt mir schwer zu vertrauen, dass in unserer Giraffengemeinschaft wirklich andere Maßstäbe gelten. Es fällt mir schwer zu glauben, dass ich nicht gleich bei einem „Fehler“ rausgeworfen, abgekanzelt, ausgeschlossen, nicht mehr beteiligt werde. Ich nehme mich auf dünnem Eis wahr. Wann breche ich ein?

Sich zumuten, berechtigt sein… wenn ich mir nehme, was ich als Erwachsene denke, dass ich es haben darf, schleicht sich von hinten unten die Angst an. Ein weites Feld für die nächsten Jahre… Da ist noch Raum für Wachstum.

Und bei Euch? Ist Angst ein Thema?

So long!

Ysabelle

Erstickungsanfälle im Papierberg

Hallo, Welt!
Eben habe ich noch einmal eine Stunde damit zugebracht, die verschiedenen Unterlagen, Formblätter, Anforderungszusammenstellungen und Fragebögen zum Thema Zertifizierung herunterzuladen und mit den Stapeln von Papier, die ich bereits zu diesem Thema habe, zusammenzufügen. Auslöser war eine Mail meines Steuerberaters, der schrieb:

das Finanzamt hat eben angerufen und möchte noch folgendes von Dir haben:

Tätigkeitsprofil zu Deiner Selbständigkeit, das bedeutet welche Vorbildungen und Abschlüsse Du hast, und eine genaue Beschreibung Deiner selbständigen Tätigkeit ( was machst Du genau für welchen Kundenkreis …) ?

Danke und bis bald

Ich bin weder in der Lage, die Fragen des Finanzamtes zu beantworten noch diesem Wust an Unterlagen zur Zertifizierung irgendeine Klarheit abzuringen. Es ist, als ob ein teil von mir einfach kapituliert und sagt, es ist zu viel, es ist zu verwirrend, es ist nicht zu schaffen.
Dabei versuche ich schon seit vier Wochen, einfach nur einen Schritt vor den anderen zu setzen. Was ist heute dran? Außerdem habe ich festgestellt, dass mir eine Teilnahme-Bescheinigung für 15 Trainingstage fehlt. Schnauf. Vielleicht sollte ich doch umschulen auf Schuhverkäuferin.
Ich merke gerade, dass ich ganz bedrückt, mutlos und frustriert bin. Ich kann nicht erkennen, wo es vorwärts geht. Offenbar gibt es Bedürfnisse nach Klarheit, Unterstützung, Leichtigkeit und Verbindung (in Bezug auf die Zertifizierung), die mal krass unerfüllt sind. Neben den Papierbergen häufen sich auch die Bücher rund um die GfK, die ich wirklich gern lesen würde. Irgendwie reicht die Zeit nicht aus, und auch jetzt bin ich schon wieder auf dem Sprung. Noch schnell drei Nudeln einwerfen, dann geht es zu einem Treffen mit Simran K. Wester. Wenigstens DAS ist ein Lichtblick!

So long!

Ysabelle

Kleine Geister freuen sich an kleinen Dingen

Hallo, Welt!

Da wollte ich doch mal eben nachgucken, welchen Ursprung der Satz „Kleine Geister freuen sich an kleinen Dingen“ hat, der bei uns in der Familie ein geflügeltes Wort ist. Siehe da, das Internet hat dazu keine Erklärung:

Es wurden keine mit Ihrer Suchanfrage – „kleine Geister freuen sich an kleinen Dingen“ – übereinstimmenden Dokumente gefunden.

Vorschläge:

Achten Sie darauf, dass alle Wörter richtig geschrieben sind.
Probieren Sie es mit anderen Suchbegriffen.
Probieren Sie es mit allgemeineren Suchbegriffen.

Auslöser war, dass ich mich gerade über diesen Satz geärgert habe.
Vor ein paar Monaten habe ich mir eine einfache Bindemaschine angeschafft, um Seminarunterlagen und ähnliches adrett gebunden an meine Teilnehmer weiter geben zu können. Neulich bei dem VHS-Kurs war die Zeit zu knapp, aber heute habe ich die wunderbare Bachelor-Arbeit von Katja Göbel zum Thema „GfK in der Physiotherapie“ doppelseitig ausdrucken lassen und wollte die Seiten hier nicht als Lose-Blatt-Sammlung rumfliegen haben. Eine gute Gelegenheit, die Bindemaschine auszuprobieren.
Es gibt eine Seite deutschsprachiger Gebrauchsanleitung in dem beiliegenden Booklet. Die Bilder sind so stark gerastert, dass ich auch mit meiner Fotolupe nicht wirklich erkennen konnte, wie ich das zusammenfummeln soll. Das Lochen klappte ja reibungslos, aber die Mechanik des Beringens war mir nicht klar. Also: Zu Amazon gehen und gucken, ob die größere Fotos von dem Vorgang bei der Produktbeschreibung haben. Leider nein. ABER! Eine dänische Firma hat bei Youtube ein Video eingestellt, wie man dieses Gerät bedient. Hurra! Nachdem ich mir das zweimal angeguckt hatte, bin ich dann zurück in die Küche, um nachzumachen, was ich gerade gesehen hatte. Voila! Große Freude! Um das Erlernte zu festigen, habe ich gleich zu Testzwecken mein Handout gelocht und gebunden. Beim ersten Versuch hatte ich leider die stabilisierende Pappe für die Rückseite vergessen. Also alles noch mal neu. Aber, wie Ihr seht, es hat geklappt. Hurra!

Während ich mich also noch über mich freute und geistig meine coole Idee feierte, doch mal bei Youtube nach diesem Video zu gucken, sendete mein Hirn diesen Spruch: Kleine Geister freuen sich an kleinen Dingen. Irgendwie sackte meine Energie sofort ab. Was genau ist denn mit diesem Spruch gemeint? Dass das Bedienen einer Bindemaschine eine Kleinigkeit ist und ich mich darüber nicht freuen sollte? Meint das Wölfchen etwa, das sei ein Klacks? Oder ist damit gemeint, dass man einfache Menschen wie Dienstboten oder Landarbeiter auch mit Peanuts abspeisen kann, die freuen sich trotzdem und brauchen deshalb keine „großen“ Geschenke? Oder ist es im Gegenteil eine ungeschickt formulierte Einladung, sich auch und gerade über kleine Dinge zu freuen, sie nicht aus dem Fokus zu verlieren?
Meine Nachforschungen sind gerade im Sand des Internets stecken geblieben. Im Moment weiß ich nicht wirklich, wo ich nähere Nachforschungen bezüglich dieses Spruchs anstellen könnte. Kennt ihn jemand von Euch? Und mit welchem Beigeschmack hört Ihr den Satz? Ich bin jedenfalls beglückt, dass die Bindemaschine jetzt im Betrieb ist. Und besonders freue ich mich über die Bachelorarbeit zu diesem Thema, denn ich glaube, dass GfK im Gesundheitswesen noch eine ganz große Rolle spielen wird.

So long!
Ysabelle

Überraschung aus dem Faxgerät

Hallo, Welt!

Wer schickt mir ein Fax? Niemand! Wer schickt überhaupt noch Faxe? Kein Mensch. Als antiquarische Deko steht hinter mir im Schrank ein fettes Panasonic-Faxgerät. Eben raschelte ich nach Unterlagen und stellte fest, da liegt ein Blatt am Fax. Nicht etwa in heruntergefallenes, sondern ein FAX, also ein echtes!

Es handelt sich um einen Rückmelde-Bogen für meine Zertifizierung. Whow! 14 Tage nach dem Seminar bei der VHS hat eine Frau sich die Zeit genommen, den Bogen auszufüllen und zu mir zurückzuschicken, per Fax. Ich bin so berührt, mir stehen die Tränen in den Augen. Aus den Zeilen spricht ganz viel Wertschätzung und Wärme, ganz viel Anerkennung. Es gibt auch einen Verbesserungsvorschlag, was mich ebenfalls glücklich macht. Lernen, Wachstum, zum Wohlergehen anderer einen Beitrag leisten… oh, ich bin wirklich, wirklich dankbar für diese Zeilen. Mal schauen, ob ich von der Teilnehmerin eine Adresse finde, ich würde ihr gern mitteilen, wie sehr mich ihre Rückmeldung freut.

So long!

Ysabelle

Giraffen bei Nacht

Hallo, Welt!

Nein, ich möchte keine Giraffensammlung eröffnen. Zufällig ist aber gegenüber von meinem Arbeitszimmer ein Laden mit Wäsche und Miederwaren. Normalerweise hängt dort nichts im Fenster, was mich richtig reizt, aber von der aktuellen Dekoration war ich dann doch so angesprochen, dass ich heute mit dem Portemonnaie in der Hand über die Straße gehuscht bin. Da konnte ich dann doch nicht widerstehen. zu meiner Freude passte ich sogar in S, denn M war bereits ausverkauft und L schlabberte an mir herunter, als wollte ich noch jemanden mit ins Shirt nehmen. Nun schlafe ich ja schon seit langem allein (und das ist auch gut so…), aber zur nächsten Fortbildung kommt dieses aparte Kleidungsstück ins Gepäck. Damit erschrecke ich dann die Mitgiraffen im Dreibettzimmer 😉 Werdet grün vor Neid, Mädels! Der Kram wird übrigens nachhaltig von der Firma Nanso hergestellt, ein weiterer guter Grund zuzuschlagen…

So long!
Ysabelle

Geht ein Mann zum Arzt…

Hallo, Welt!
Gestern habe ich einen Ausflug zu meinen Eltern gemacht. Mein Vater hatte einen Besprechungstermin im Krankenhaus und ich wollte die beiden dabei unterstützen.
In der Handtasche hatte ich dabei das Buch „Gewaltfreie Kommunikation im Gesundheitswesen: Eine Kultur des Mitgefühls schaffen“ von Melanie Sears. Eine gute Wahl, denn was sich da in der Kardiologie abspielte, wäre mit einer Portion GfK sicher leichter zu ertragen gewesen.
Zunächst die Beobachtung:
Der Termin war um 14 Uhr. Die Sekretärin des Professors brachte meine Eltern zu einem Warteraum und sagte um 14.15 Uhr, sie ginge jetzt den Professor suchen und sei gleich wieder da.
Um 15 Uhr habe ich in einem anderen Sekretariat geklopft, meine Beobachtung mitgeteilt und um Unterstützung gebeten.
Eine der Mitarbeiterinnen kam kurz danach ins Wartezimmer und sagte, sie bedaure die Wartezeit, der Professor sei jetzt auf dem Weg. Ich versuchte die Unzufriedenheit meiner Eltern in Gefühle und Bedürfnisse zu übersetzen, was mir nach meiner eigenen Einschätzung nicht so gut gelungen ist wie ich es gern gewollt hätte.
Um 15.10 Uhr kam die Sekretärin mit dem Professor zurück.
Um 15.15 Uhr nahmen wir in seinem Zimmer Platz. Die Besprechung dauerte etwa 20 Minuten.
Der Professor erläuterte am Modell eines Herzens, welche Operation man gern vornehmen wolle und ließ meinen Vater einen Beratungsbogen für die Voruntersuchung unterschreiben. Im Sekretariat bekam mein Vater dann einen Termin für diese transösophageale Echokardiografie am Montagmorgen um acht. Dieser Termin ergab sich aus den Hinweisen, dass mein Vater Diabetiker sei und er kein Feigling wäre und es jetzt auch gern schnell hinter sich bringen würde.

Ich habe mich nach meinem Nachhausekommen gestern Abend noch mal kurz bei meinen Eltern gemeldet (heil angekommen) und war überrascht von dem Schwall an Beschwerden, die mein Vater in Bezug auf diesen Arzttermin hatte.

  • er hat nicht mal meinen Puls gefühlt
  • er interessiert sich überhaupt nicht für mich als Patient. Dem bin ich scheißegal (mein Vater ist Privatpatient…)
  • er hat keine Ahnung
  • auf das, was mich wirklich belastet (ein stark juckendes Ekzem) ist er überhaupt nicht eingegangen
  • wie kann der mir einen Termin morgens um acht geben? Wie soll ich da denn hinkommen?
  • der hat ja gar nicht richtig mit mir geredet

Ich könnte sicher noch ein paar weitere Bemerkungen meines Vaters anfügen, insgesamt dauerten seine Ausführungen, warum er sich unwohl fühlt und aufgebracht ist, eine ganze Weile.

Empathie ist einfach mal Fresse halten…

Wir hatten nämlich heute Morgen noch zwei weitere Gespräche. Mit Frust und Verzweiflung nehme ich zur Kenntnis, dass ich versucht habe, die Aussagen meines Vaters mit meinen Beobachtungen zu entkräften. „Woher weißt du, dass der Arzt NICHT im OP war? Ich saß neben dir, und ich weiß es nicht. Du findest, dass er ein inkompetenter Arzt ist, weil er sich nicht um dein Ekzem gekümmert hat. Ich habe von ihm gehört, dass er als Kardiologe nicht kompetent ist, wenn es um Hautkrankheiten geht. Und so weiter und so fort…

Schließlich sagte mein Vater mit erhobener Stimme: Du brauchst hier nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen!

Was möchte ich aus diesem Vorfall lernen?

1. Es ist sauschwer, Beobachtung und Bewertung voneinander zu trennen.
2. Es ist hilfreich, vor einem Arztbesuch zu klären, was ich überhaupt will.
Im Nachhinein stellte sich heute Morgen durch ein EKG beim Hausarzt heraus, dass mein Vater gar kein Vorhofflimmern hat. es wäre also sinnvoll gewesen, dem Kardiologen zu sagen: Diese Diagnose des Neurologen ist (noch) nicht abgeklärt. Wie wollen wir das tun, bevor ich mich einem Eingriff unterziehe?
3. Empathie heißt, mein Tonband-Gerät ist auf Empfang. Und es ist kein Tonbandgerät mit einer Kommentar-Funktion. Wenn ich beim Aufnehmen von Inhalten gleichzeitig überlege, das ich dazu sagen kann oder soll, um den anderen zu entkräften, zu korrigieren, zu trösten oder zu beraten, ist es keine Empathie. Könnte sein, dass es auch etwas Schönes ist. Aber Empathie ist es nicht.

Wie sagt Marshall so nett?!

Die ersten 40 Jahre sind am schwersten.

So long!
Ysabelle

Gewaltfrei filzen

Hallo, Welt!

Heute war meine Freundin Hilke hier und wir haben ein paar Details zum Seminar „Gewaltfrei filzen“ besprochen. Ende August geht es los, wir werden vier Plätze anbieten. Mehr in den nächsten Tagen, heute bin ich einfach zu kaputt und möchte ins Bett.

So long!

Ysabelle

Die richtigen Worte…

Hallo, Welt!
12 Tage habe ich nichts von einer Freundin gehört, heute nun hat sie mich besucht.
Dabei habe ich Näheres erfahren, warum sie eine Beziehungspause eingelegt hat. Auslöser war ein SMS-Wechsel am Samstag vor zwei Wochen, als ich noch mit beiden Beinen in Tapete und Seminarvorbereitungen steckte.

Sie schreib:
Huhu Ysabelle, komm grad mal wieder vom Arzt, ihm gefällt das alles nicht. Ich soll in die Röhre. Er meint Bandscheibenvorfall. Flügel lahmt und schmerzt weiter. Jammer. Kommt Ihr voran? Winke, (Name der Freundin).

Ich antwortete: Blöd, dass es noch nicht besser ist. Hier ist noch nichts zu sehen.

Ich war etwa eine Stunde vor dieser SMS bei ihr zu Hause gewesen und hatte sie nicht angetroffen, aber eine Info in die Tür gesteckt. Ihre nächste SMS etwa 45 Minuten später lautete: Hatte deine Karte in der Tür, als ich grad home gekommen bin. Hast du dich zu mir verirrt?

Ich erinnere mich noch, wie ich mich über diese Formulierung geärgert hatte. Ich hatte mich nicht verirrt. Ich war bei ihr gewesen, weil ich mir Sorgen gemacht hatte und nach ihr gucken wollte. Als sei es so ungewöhnlich, dass ich zu ihr komme… Der Rest der Konversation wurde per Mini-Mails fortgesetzt, aber Verbindung bekamen wir trotzdem nicht hin. Mein Bedürfnis nach Gesehen werden (ich war bei dir und ich habe für dich mit eingekauft, damit du heute eins deiner Lieblingsessen bei mir essen kannst und nicht kochen musst) war ebenso unerfüllt wie ihre Bedürfnisse nach Fürsorge und Gesehen werden.

Heute nun haben wir versucht, diesen unglückseligen Vormittag aufzudröseln und ich bin einfach nur frustriert und traurig.
Einer meiner Wölfe meint, ich hätte wissen müssen, dass sie etwas braucht, als sie mir diese erste SMS schickte. Andere Stimmen melden sich und sagen, hey, du warst da, du hast für sie mit Essen eingekauft. Und die Tatsache, dass sie die Formulierung „Blöd, dass es noch nicht besser ist“ schwer hören kann, liegt nicht an der Formulierung, denn du weißt, mit welcher Haltung du das abgeschickt hast. Es war der Versuch, Einfühlung zu geben. Bei mir kam also ihre Nachricht mehr auf dem Sachohr an und ich habe auf dem Sachohr reagiert. Gerichtet war sie aber ans Beziehungsohr und das war wahrscheinlich gerade voll mit Tapetenkleister. Jedenfalls habe ich sie nicht auf dem Beziehungsohr wahrgenommen. Und das macht mich traurig, denn wenn mir klargewesen wäre, was die Freundin gebraucht hätte, hätte ich es ihr sicher gern gegeben.

Ich kenne vergleichbare Situationen aus meinem Leben. Jemand reagiert auf mein Gesagtes und bei mir geht das Licht aus, bildlich gesprochen. Es wird eisig kalt, ich straffe mich innerlich und werde länger und aufrechter. Und dann gehe ich aus dem Kontakt. Ein innerer Anteil sagt so etwas wie „die sind alle doof und auf die kannst du dich sowieso nicht verlassen“, und dann gürte ich innerlich mein Schwert und ziehe weiter.

ich bin ziemlich sicher, dass es sich dabei um einen unbeelterten Kindanteil handelt. Denn dieser Anteil ist es (leider) gewohnt, in schwierigen Situationen allein zurechtkommen zu müssen, keine Unterstützung zu haben. Nicht im Kindergarten, nicht auf dem Schulhof, nicht beim Elternabend. Deshalb schmerzt es besonders zu erleben, wie meine Freundin und ich es in dieser Situation vor 12 Tagen eben nicht geschafft haben, zueinander zu kommen.

Ich habe solche Eises-Situationen selbst schon eine ganze Weile nicht mehr gehabt. Wenn ich darüber nachdenke, erlebe ich sogar eher das Gegenteil. Ich glaube, es liegt daran, dass es mir heute leichter fällt, um das zu bitten, was ich brauche. Und möglichst auch an einer Stelle, an der es zu kriegen ist. Ihr erinnert Euch sicher, ich frage ja gern nach einer Klobürste im Gemüsegeschäft und bin dann frustriert, wenn der Grünhöker keine da hat. Aber zum Beispiel jetzt, als das Tapeten-Desaster bereinigt werden musste: Da konnte ich ganz konkret eine Bitte formulieren. Und sie wurde erfüllt.

Auch wenn ich merke, dass mir Einfühlung fehlt, werde ich in letzter Zeit deutlich konkreter. Ich habe mehrere FreundInnen, die ich direkt ansprechen kann, ob sie mir Empathie geben können, und es macht nichts, wenn eine(r) mal keine Zeit hat. Ich muss das nicht persönlich nehmen und ich entwickle ein Stück weit Vertrauen in das Leben. Empathie und Unterstützung werden mir zuteil. es hilft aber sie zu kriegen, wenn ich verständlich darum bitte. Und ich kann ein Nein hören, denn das Nein meines Gegenübers ist ein Ja zu etwas anderem.

Das ist eines der Geschenke der GfK.
Halleluja.

So long!

Ysabelle

Eine Bitte um Unterstützung

Hallo, Welt!
Immer noch Do-Nothing-Tag. Die Katzenklos sind gemacht, der Papiermüll ein wenig komprimiert und der aktuelle Korbinhalt noch dazugestopft. Eben habe ein paar Seminarunterlagen vom Wochenende nach unten getragen und festgestellt, dass da ganz viel zu sortieren ist. Formblätter von anderen Trainern, Infos aus dem Netz, eigene Folien etc. Jetzt gibt es dafür einen Raum und im Prinzip auch Zeit (wenn’s nicht gerade heute ist, heute tue ich ja mal nichts…).

Also: Wer von Euch, meine GfK-Freunde in der näheren Umgebung, wäre bereit, mit mir innerhalb der kommenden zwei Wochen einen halben Tag diese vielen Informationen zu sichten und zu sortieren und daraus vielleicht ein kleines Archiv zu erstellen? Wir könnten dabei diskutieren, welche Blätter wir für sinnvoll halten, welche Veränderungen wir selbst vornehmen würden und ob wir sie in unser Repertoire von Trainingsunterlagen aufnehmen wollen. Solch ein Treffen würde meine Bedürfnisse nach Gemeinschaft, Verbindung, Leichtigkeit, Wachstum, Entspannung, Sinnhaftigkeit, Ordnung, Wertschätzung, Struktur und Schönheit aufs tiefste erfüllen.
😉 Freiwillige vor!

So long!
Ysabelle

Do-Nothing-Day

Hallo, Welt!
Es ist wieder mal so weit, es gibt einen Tag ohne Eintrag im Terminkalender. Mal abgesehen von zwei Verabredungen zum Telefonieren. Gestern Abend habe ich noch verkündet, dass ich heute mal die Seele baumeln lasse, nichts tue. Vielleicht meinen wunderbaren Do-Nothing-Raum feiere, mich dort auf den Sofas lümmel, endlich in einem Buch weiter lese, das mich vor einigen Wochen sehr angesprochen hat. Eventuell die Sonnenstrahlen bei einem Spaziergang genieße…
Ich bin um kurz vor acht aufgestanden, um eine To-Do-Liste zu schreiben, weil mich das Getöse im Kopf so wuschig gemacht hat.
Also: Es sind zwei Rechnungen zu bezahlen, die Katzenklos zu machen, die Unterlagen für die Steuererklärung müssen bearbeitet werden, noch immer fehlt der Brief an meine Assessorin im Zertifizierungsverfahren, für das Programmheft eines Bildungsträgers ist ein Text zu schreiben, ein Seminarkonzept für Pflegekräfte muss erstellt werden. Im Wirtschaftsraum will ich das 80-cm-Billy-Regal gegen ein 60er austauschen. Elektroschrott muss zur Sammelstelle. Im Schlafzimmer steht eine ganze Kiste mit Papier, die durchsortiert werden muss. Das hat aber heute keinen Sinn, weil die Papiertonne zum Überlaufen voll ist. Nicht zu vergessen der Korb Bügelwäsche.

Was also tun? Do nothing? Geht das überhaupt? Ich vermute, mein innerer Erzieher ist so unglaublich besorgt, dass er Ruhe im Moment nicht erträgt, weil es dann so laut in mir brüllt, ich würde wichtige Pflichten versäumen.

Pflichten und Muss… dazu hat Marshall sich mehrfach und wiederholt geäußert. Don’t do it if it is not play/fun.
Hey, kennt Ihr jemandem, dem die Steuererklärung Spaß macht? „But I have to“… aber ich muss das doch machen…
Und dann sagt meine innere Stimme, jetzt mach das doch endlich, und hinterher freust du dich, wenn du fertig bist.
Und ein anderes, recht leises Stimmchen sagt, aber mal einen Tag nichts tun nach diesem ganzen Gehazzel der letzten Monate muss doch drin sein…
Ich merke gerade, wie ich ganz traurig werde. So ein Gehetze, so viel Druck… so viel Angst, etwas zu versäumen.

Gestern hatte ich die brüllende Idee, mit jemandem eine GmbH in Sachen GfK gründen zu wollen. Dieser Gedanke hat mich über Stunden so beschäftigt, dass ich im Geiste schon das Briefpapier und den Webauftritt gestaltet habe. Im Ergebnis habe ich zum einen bei der Realitätsüberprüfung festgestellt, dass mein Gegenüber in dieser Angelegenheit auf einem ganz anderen Planeten ist, und dass ich vergessen habe, dass ich eine feste Telefonverabredung für den Abend habe. Und so verging ein Nachmittag und ein Abend und es ist nichts Konstruktives dabei herausgekommen. Um wenigstens noch ein bisschen Gold aus diesem Gedankenspiel zu ziehen, habe ich geguckt, welche wunderbaren Bedürfnisse ich mir mit der Gründung einer GmbH erfüllen wollte. In erster Linie Sicherheit, Schutz und Unterstützung. Vielleicht auch Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit. Ok, das war dann eine Strategie, die gerade nicht dran ist. Loslassen. Loslassen und auf die dahinter liegenden Bedürfnisse schauen.

Hier gibt es heute eine Menge Dinge zum Loslassen. Vielleicht fange ich damit an.
Ich lasse los. Guck an, das gibt es sogar als Video bei Youtube.
http://youtu.be/ERmJ9eY35KU

Das Lied ist von Mark Fox und Angelika Thome. Die CD dazu heißt „Living Mantras“. Achtung, die beiden lassen 5:33 Minuten los, wenn man gerade nicht loslassen kann, ist das ganz schön lang 😉

So long!

Ysabelle

Alle haben überlebt. Ich auch.

Hallo, Welt!
An diesem Wochenende fand also mein erster Volkshochschulkurs „Einführung in die Gewaltfreie Kommunikation“ statt. An dieser Stelle *D*A*N*K*E* an alle Freundinnen und Freunde, die das Manuskript Korrektur gelesen haben. Ich konnte viele hilfreiche Änderungen einfügen. So fand Ursula einen Haufen „Neue Rechtschreibung“-Fehler, Ricarda entdeckte Formatierungspannen und Farbunterschiede in den Schriften und Friedrich fiel auf, dass ein wichtiges Kapitel gar keine Überschrift hatte. Huch!
Im Vorfeld ging so einiges schief. Unter anderem zerplatzte die Formatierung der Seminarmaterialien von Powerpoint in Pdf. Und sie zerplatzte zwischen Mac und Windoof. Alles noch mal formatieren, am anderen Rechner alle 14 Seiten checken. Und dann einmal falsch absichern und es noch mal machen… Zu guter Letzt starb mein Drucker am Freitagnachmittag und Freundin Steffi rannte um 17.35 Uhr in den nächsten Büroartikel-Laden, um noch schnell 15 Handouts zu kopieren. Mein Seminarkonzept habe ich dann nachts um halb zwölf in himmelblau und rosa ausgedruckt, schwarz verweigerte der Epson.

Sonntagmorgen stellte ich dann während des Seminars fest, dass ich zwei Mal die gleiche Übung eingeplant hatte. Einmal haben wir sie Samstag Vormittag gemacht, dann aber doch besser Sonntagmittag weggelassen. Das kommt davon, wenn man diese letzten Krümel erst abends um elf zusammen tippt, nach einer arbeitsreichen Woche. Noch dazu in einem angelegten Formular, dessen Formatierung verschwindet. Und ich mir behelfe mit „sichern unter“ und dann anscheinend nicht alles aus dem Formular vom Vortrag rausgelöscht habe. Oh ja, coole Übung, die machen wir…

Mir war vorab mitgeteilt worden, dass der Kurs 16 Stunden umfasst. Also habe ich für 16 Stunden Unterricht vorbereitet und mich gewundert, wieso von 10-17 Uhr inkl. Mittagspause 8 Stunden sein sollen? Vielleicht stimmt was mit den Seminarunterlagen nicht?

Ok, Unterrichtsstunden a 45 Minuten. Es waren dann also mal nur 12 Zeitstunden realer Unterricht. Also: Sachen weglassen. Schade!

Ich bin verblüfft festzustellen, dass die Menschen mit der Erwartung kommen, „ich mache ein Wochenend-Seminar und dann kann ich das“. Ich mach das jetzt das sechste Jahr intensivst (ich wüsste nicht, wie man das noch intensiver machen kann), und ich behaupte nicht von mir, dass ich das kann. „I grow constantly less stupid“, möchte ich Marshall zitieren.

Am Ende konnte ich dann vier Rückmeldungsbögen einsammeln. Zumindest die Menschen, die die Bögen ausgefüllt haben, scheinen zufrieden zu sein. Was noch nicht so gut geklappt hat, war das Zeitkonzept für die Gruppenarbeiten. Die Gruppen waren zum Teil sehr unterschiedlich schnell. Und eine Gruppe hat am zweiten Tag tatsächlich eine halbe Stunde rumgesessen. Bei diesen teilweise intensiven Prozessen finde ich es schwierig, vier Gruppen gleichzeitig zu betreuen. Es braucht nur einer pro Gruppe mit seinem eigenen Beispiel zu kämpfen und schon sind 10 Minuten um. Wenn ich dann in der zweiten Gruppe zu Hilfe komme, sind 20 Minuten um und die dritte Gruppe plauscht schon und stöbert per IPad im Internet. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass die Aufgabe anders gelöst wurde als von mir erwünscht. Anscheinend war ich nicht so klar in meiner Bitte, was gemacht werden soll.

Insgesamt sind wir durch die vier Schritte gekommen, wir haben einen Haufen Interpretationsgefühle gemeinsam gesammelt und als Gruppe in Gefühle übersetzt, wir haben die lebensentfremdende Kommunikation gestreift, wie Marshall sie benennt (Verantwortung leugnen, Schuld zuweisen, analysieren etc.). Ganz zum Schluss haben wir noch eine lustige Vier-Ohren-Übung gemacht. Zumindest gab es viel Gelächter. Ich hätte mir noch mehr Zeit für ein Spiel oder Nachfragen gewünscht. Und über die während des Seminars eingesammelten Selbstabwertungen hätte ich auch gern noch mehr gesagt als nur den Hinweis, „das ist Wolf innen“.
Ich bin gefragt worden, ob ich einen Fortgeschrittenen-Kurs anbiete. Und mehrere Leute haben nach der Übungsgruppe gefragt. Und jetzt bin ich einfach nur platt.

Beim nächsten derartigen Kurs würde ich gern mit jemandem zusammenarbeiten. Entweder das Seminar zu zweit anbieten oder eine Assistenz dabei haben. Und ich möchte klarer mit meinen Zeitansagen für die Gruppenarbeit werden. Und ich möchte die Aufgabenbeschreibung vorher wortwörtlich aufschreiben, vielleicht sogar einen Übungsbogen dazu herausgeben, damit es nicht zu Irritationen und Missverständnissen kommt.

Jetzt aber erst mal verschnaufen.
Die vergangenen drei Monate waren eine Herausforderung. Ich bin zufrieden damit, wie ich sie gemeistert habe. Sicher geht es immer noch „besser“, aber ich bin zufrieden. Viele Dinge haben sich geklärt, viel hat sich bewegt. Jetzt kommt die Zeit, in der Dinge sacken dürfen, Neues sich entfalten. Dienstag stelle ich mein Seminarkonzept bei einem anderen Bildungsträger vor. Und am 8. Mai habe ich ein Gespräch mit Simran K. Wester, von dem ich mir wunderbare neue Impulse verspreche. Und bis dahin einfach mal: Atmen.

So long!

Ysabelle

Kommunikations-Zauber geht online

Hallo ihr Lieben,

seit ein paar Tagen steht endlich meine eigene Internetpräsenz im Netz: Auf Kommunikations-Zauber.de erfahrt ihr einiges über mich und meine Angebote, zum Beispiel die neue Übungsgruppe in Heide.

Ich freu mich total und bin irre stolz darüber, dass ich endlich eine eigene Seite online habe!!

Ich habe vor, noch einiges an den Seiten zu ändern und hinzuzufügen, gleichzeitig haben sie jetzt einen Punkt erreicht, da ich mit ihnen zufrieden bin und mich mit ihnen nach draußen wagen möchte. 😀

Markus

Wer Gewalt sät…

Hallo, Welt!
Hier liegen drei angefangene Postings und gleichzeitig ist heute Morgen etwas anderes dran.
Über Oliver Heuler bin ich auf dieses Video aufmerksam geworden. ACHTUNG! Wer durch Gewalt oder ähnliches traumatisiert ist, sollte das eingebettete Link nicht anklicken.
Es handelt sich um einen Film, der in einer Einrichtung für Schüler entstanden ist, der Vorfall war 2002. Bislang war das Video verschwunden, jetzt wurde es als Beweismittel in einem Gericht verwandt. Die Bilder zeigen, wie ein behinderter Junge/ein junger Mann mit Elektroschocks gefoltert wird, weil er seinen Mantel nicht ausziehen wollte. Seine Mutter berichtet vor Gericht, dass ihr Sohn nach dieser „Behandlung“ nicht ansprechbar war, keine Reaktionen zeigte. Im Krankenhaus wurde dann festgestellt, dass er durch die Schocks traumatisiert worden war.
In dem Film schreit sich der Junge die Seele aus dem Leib. Und ich stelle etwas Schockierendes an mir selber fest. Ein Teil von mir ist entrüstet, entsetzt, fassungslos, möchte am liebsten sofort eingreifen. Und ein anderer Teil ist geradezu leidenschaftslos. Da wird jemand gefoltert, ein Kind. Na und? HILFE! Marshall sagt, dass wir alle von Natur aus einfühlsame Wesen sind. Was ist mit mir passiert, was habe ich mit mir gemacht, dass meine Menschlichkeit auf der Strecke geblieben ist? Wieso gibt es einen Teil von mir, der so etwas ungerührt zur Kenntnis nehmen kann? Es gibt ja mittlerweile ganze Testreihen wie das Milgram-Experiment oder das Stanford-Prison-Experiment, wo Menschen zeigen, was möglich ist, wenn sie Befehle und Anordnungen bekommen. Sie geben ihre Verantwortung ab, sie entfernen sich vom Leben. Ich bin entsetzt und traurig. Ich bin nicht besser als die Schläger (es geht doch nichts über einen schönen, vernichtenden Vergleich…).
In diesen Tagen muss sich Anders Breivik in Norwegen vor Gericht verantworten, der im vergangenen Juli 77 Menschen getötet hat. 68 Menschen erschoss er auf der Insel Utoya, die meisten von ihnen Schüler und Studenten. In einer Stellungnahme hat Breivik beteuert, er habe die westliche Welt vor dem Islam beschützen wollen. Er wähnte sich im Krieg. Spiegel online schreibt von der „Demontage des Bösen“. Nachdem ich den Artikel gelesen hatte, konnte ich mich das erste Mal mit Breivik verbinden. Für sein persönliches „Scheitern“ an so vielen Schnittstellen – Schule, Beruf, Beziehung – musste es einen Schuldigen geben. Getreu dem Motto: Du bist Scheiße oder ich bin Scheiße. Und bevor ich Scheiße bin, sollst es doch lieber du sein. Nun waren es die Moslems, die Migranten. Und mit diesem Feldzug wurde Breivig zum Helden. Jedenfalls ist das seine Sichtweise. Der Retter der westlichen Zivilisation. Es gibt tatsächlich sogar einige Leute, die das glauben.
Ich bin gerade ganz still innerlich.
Solange wir in diesem System von Richtig oder Falsch leben, solange wir vergleichen und nicht die Einzigartigkeit eines jeden Menschen feiern, wird es solche Vorkommnisse geben. Wachleute werden behinderte Jugendliche foltern, Eltern ihre Kinder schlagen, Attentäter Andersgläubige ermorden.

Ich möchte einen Beitrag dazu leisten, dass dieses System irgendwann der Vergangenheit angehört. Wahrscheinlich ist es am besten, ich fange bei mir selber an. Ich verzeihe mir meine ambivalenten Reaktionen auf das Video. Und ich bereite den GfK-Volkshochschulkurs vor, den ich am Wochenende in Hamburg gebe.

So long!

Ysabelle

Kraut und Rüben (12 A)

Hallo, Welt!
Zunächst mal Neues aus dem Tapetenhain. Noch zwei volle Bahnen und ein bisschen Gestückel rund um die Heizung, dann glänzt der Palast in zartem Perlmutt. Die lange Wand ist einen Tick dunkler und ein Hauch kräftiger im Muster, ich denke, der Raum kann das ab.
Wer von Euch jemals in Erwägung ziehen sollte, ein Zimmer mit Vliestapete zu verschönern – lasst es! Es hat zwei Tage gedauert, die Wände vorzubereiten. Sie haben einen neuen Gipsputz bekommen und wurden anschließend noch gespachtelt und geschliffen. Heute hat es dann noch wieder STUNDEN gedauert, bis die Tapeten kleben blieben. Der Kleister muss wirklich sehr dick auf die Wand aufgetragen werden. Mein Tapezierkünstler ist ein Virtuose an der Bürste und am Moosgummi-Roller. Nichts für Laien, ehrlich! Heute wird es nichts mehr mit den Scheuerleisten, aber ich habe Hoffnung, dass ich Morgen Abend in diesem Raum vor dem Fernseher abhänge. Yeah! Die Fenster habe ich schon mal geputzt.

Dann, liebe Freundinnen und Freunde, möchte ich Euch mitteilen, dass es sich bei dieser Nachricht um das Posting Nummer 601 handelt. Der Blog besteht seit Ende Januar 2010, ich finde, das ist ein sehr ordentlicher Ausstoß. Im Moment kommen im Schnitt am Tag 20 Leute vorbei.

Ich habe außerdem etwas gelernt, was mich wieder einmal darin bestätigt, dass andere nur der Auslöser sind und wir uns unsere Filme selber machen. Dabei ging es um ein Geschenk, das ich jemandem gemacht habe, und derjenige wollte es nicht annehmen. Inzwischen weiß ich, warum dieser Mensch das Geschenk nicht wollte. Ich habe meinem früheren Chef etwas sehr Ähnliches geschenkt, und da er den nicht schätzt, nahm er sein Geschenk in seiner Einzigartigkeit nicht mehr wahr. Ich komme mit dieser Information sehr gut zurecht und sie macht mich auch nicht (mehr) traurig oder wütend. Vielmehr bin ich dankbar, dass ich jetzt Klarheit habe, warum mein Geschenk nicht (mehr) willkommen war.

Außerdem möchte ich feiern, dass die Gefühls-Spielkarten auf dem Weg sind. Gabriel hatte sie über Ostern fertig gemacht und ich habe heute ein Muster-Set laminiert und beschnitten. Ich kann mir vorstellen, dass man sie sehr gut für Empathiegespräche in Übungssituationen einsetzen kann. Während der eine erzählt, sucht der andere aus den 55 Karten die heraus, die ihm passend erscheinen. Es gibt zurzeit 20 Gefühle bei erfüllten Bedürfnissen und 34 bei unerfüllten. Und es sind keine Interpretationsgefühle wie „provoziert“ oder “im Stich gelassen“ dabei. Ich bin schon ganz heiß drauf, die gedruckten Exemplare in die Hand zu bekommen. Aber unsere Erfahrung mit den Bedürfniskarten lehrt, dass es sinnvoll ist, erst mal eine Weise mit den Nullnummern zu spielen und dann erst größere Stückzahlen zu drucken.

So, ich wandele jetzt noch mal in den Tapetenhain und gönne mir mit dem Künstler ein alkoholfreies Radler. So viel Spaß muss sein…

So long!

Ysabelle

Software-Update für den Navi im Kopf

Hallo, Welt!

Wenn ich bei C & A oder einem anderen großen Kaufhaus shoppen bin, mache ich mir gern einen „Spaß“. Gelegentlich kommen dort nämlich Lautsprecherdurchsagen, die mir als Nicht-Mitarbeiter unverständlich sind. „47, bitte einmal 800“. Wahrscheinlich heißt das im Klartext, Frau Schulze möge sich bei der Zentralkasse einfinden. Wenn ich so eine Ansage höre, stöhne ich gern laut und sage: Ich höre wieder Stimmen…!
Nicht wirklich lustig für Leute, die an Schizophrenie erkrankt sind und von ihren Stimmen „ferngesteuert“ werden. Aber mir ist meist ein Lacher sicher.

Tatsächlich höre ich im wirklichen Leben Stimmen, die mir sagen, was richtig und falsch ist, und ich möchte sehr aufpassen, wie ich das jetzt formuliere, damit nicht die Männer mit der weißen „Ich-hab-mich-lieb“-Jacke vor meiner Tür stehen, um mich zu einem kostenlosen Aufenthalt in einer Funny Farm einzuladen.

Irgendwann habe ich mal die Zahl aufgeschnappt, dass ein Mensch bis zum Erwachsenenleben 22000 Stunden zumeist elterliche Erziehung durchläuft. Das sind nicht mal drei volle Jahre, ich habe gerade mal den Taschenrechner bemüht. In diesen 22000 Stunden hören wir so interessante Sachen wie

  • sitz gerade
  • nein, das schöne Händchen
  • wenn du eine Fünf in Mathe nach Hause bringst, ist Papa böse
  • wenn du nicht aufisst, ist Mama traurig
  • wenn du nicht lieb bist, kommst du ins Heim
  • jetzt geb dir doch endlich mal ein bisschen Mühe

Ihr dürft diese Liste gern fortsetzen.

Kinder lernen auf diese Weise nicht nur, dass die für die Gefühle der Erwachsenen verantwortlich gemacht werden, oder dass ihr Essverhalten das morgige Wetter beeinflusst. In ihrem Kopf wird auch eine Art „Navi“ installiert, der ihrem Leben Richtung geben soll, wenn die Eltern gerade mal kein Auge auf sie haben können. Neben so sinnvollen Botschaften wie „nicht bei Rot über die Straße laufen“ wird in diesen Navi leider auch ein Haufen – Scheiß – programmiert. Und so kommt es, dass wir auch als Erwachsene mit Textansagen konfrontiert sind, die meist nur wenig Freude hervorrufen.

In der Coaching-Szene werden gern die inneren Antreiber zitiert:

Der amerikanische Transaktionsanalytiker Taibi Kahler hat fünf davon definiert, die als typisch für die Selbststeuerung von Menschen gelten:

Der „Sei stark!“-Antreiber
Der „Sei perfekt!“-Antreiber
Der „Mach es allen recht!“-Antreiber
Der „Beeil dich!“-Antreiber
Der „Streng dich an!“-Antreiber

Ich habe jahrzehntelang überhaupt nicht gemerkt, dass diese Burschen in meinem Kopf ihr Unwesen trieben. Am meisten Druck macht mir „Mach es allen recht“. Aber das ist nicht der einzige Chor, der mir schaurige Gesänge vorträgt. Schlimmer sind die kleinen Spitzen, die hinterrücks geflogen kommen:
Reiß dich zusammen…
du Versager!
pass doch auf!
… zu dumm zum Milchholen…
du bist faul
aus dir wird nichts
du kriegst kein Bein auf die Erde
du landest noch mal in der Gosse…

Ich möchte Euch allen wünschen, dass keiner von Euch jemals von seinen Innenanteilen, seinem eingebauten Navi solche Kommentare zu hören bekommt. Im Alltag erlebe ich allerdings immer wieder, dass ich damit nicht allein bin.

Zurückblickend auf mehr als 50 Jahre in dieser Gesellschaft ist mir klar, dass es die Menschen, die so mit mir sprachen, im Grunde ihres Herzens gut mit mir meinten. Wer 12 Jahre Nazi-Diktatur hinter sich hatte, hart wie Kruppstahl und zäh wie Leder sein sollte, wer der Vernichtung der jüdischen Nachbarn nichts entgegenzusetzen hatte, der fand keine Worte des Mitgefühls und der Empathie. „Reiß dich zusammen“ musste „ich seh dich“ ersetzen. „Heulsuse“ drückte das Unbehagen über Gefühlsausbrüche aus. „Stell dich nicht so an“ galt als Ermutigung, und über meine Todesangst vor dem Weihnachtsmann wurde in der Familie herzhaft gelacht. Das war nicht böse gemeint. Ich glaube, die Menschen waren von ihrer eigenen Menschlichkeit, von ihrer Bedürftigkeit so weit entfernt, dass sie nicht merkten, was sie taten.

Ich habe nicht all zu viel Hoffnung, dass zwei Generationen später alles besser ist. Im vergangenen Jahr hörte ich im Supermarkt, wie eine Frau zu einem Kind sagte: „Ich wusste gar nicht, dass du so gern von mir was auf den Pohschi haben willst!“. Ich war starr vor Entsetzen und sprach später mit einem jungen Ehepaar über diese Szene. Die junge Frau meinte missbilligend: So was sagt man nicht in der Öffentlichkeit“, und ich hätte mich am liebsten unter das nächste Auto geworfen. Ich finde nämlich, so was sagt man am besten niemals. Kennt Ihr ein Kind auf der Welt, das gern geschlagen wird?

Was also tun mit den Stimmen im Kopf, die uns antreiben, beschimpfen, zur Ordnung rufen, Druck machen, „loben“…?

Wahrnehmen, Freundinnen und Freunde! Hört ihnen zu! Nehmt zur Kenntnis, dass Ihr und die Stimmen nicht das gleiche seid. Auch wenn die Stimmen im Kopf hundert Mal am Tag wispern, du wärst ein Versager, auf dem absteigenden Ast, falsch so wie du bist, nicht gut genug, ein Mängelexemplar… Glaubt es ihnen nicht! Lasst sie reden, und wenn Ihr könnt, findet jemanden, der diesen Stimmen Einfühlung gibt. Diese Anteile brauchen so dringend Einfühlung wie unsere Eltern und Großeltern sie gebraucht hätten. Findet heraus, was ihre wirkliche Botschaft ist, und bedankt Euch bei diesem inneren Navi für seine Richtungsangabe.

Das bedeutet nicht, dass Ihr auch in diese Richtung fahren müsst. Es bedeutet nicht, dass mit Euch irgendetwas falsch ist. Es bedeutet nicht, dass ihr geradewegs in den Abgrund rauscht. Es zeigt lediglich:
Es gibt einen Persönlichkeitsanteil, der Eurer Bestes will und nicht gelernt hat, das mit Lisas Säuselstimme auszudrücken: „Fahren Sie geradeaus über den Kreisverkehr“. Wenn Ihr besser wisst, wo es langgeht, traut Eurer Erfahrung, traut Eurer Intuition, vertraut auf Euch! Der Navi ist nur so gut wie seine Programmierung. Er behauptet vielleicht, wir würden direkt im Hafenbecken landen. Aber wir können der Stimme antworten: Danke für deine intensive Warnung. Aber ich weiß, dass seit der Zeit deiner Programmierung hier eine Brücke gebaut wurde …

So long!

Ysabelle

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