Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Don’t put your but in people’s faces!

Hallo ihr Lieben!

Ist euch mal aufgefallen, wie oft wir täglich dieses kleine Wörtchen “aber” benutzen? Wenn nicht, achtet einmal darauf, ihr werdet überrascht sein.

Grade in schwierigen Konflikten kann ein Wort wie aber schnell alle Schotten dicht machen, weil es aus der alten Gewinner/Verlierer Weltsicht stammt. aber hat es an sich, dass es einen Satz in zwei Hälfte teilt und die erste Hälfte entwertet, so als wäre die Welt schwarz/weiß, entweder/oder und wir müssten entscheiden. Wenn ich eigentlich beides möchte, bin ich dadurch gezwungen, mich für eines zu entscheiden.

Ich würde ja gerne mit dir Zeit verbringen, aber ich brauche grade Ruhe“.

Jedes aber verringert die Wahrscheinlichkeit, dass mein Gegenüber sich gehört fühlt. Deswegen hat Marshall den obigen Satz geprägt, der beim Übersetzen leider den Witz verliert: Spring den Leuten nicht mit dem Hintern/Aber ins Gesicht.

Wenn man von dieser Einschränkung auf ein Bedürfnis zur Zeit wegkommen möchte, empfiehlt es sich also den eigenen Wortschatz zu erweitern. Ich versuche deswegen seit einiger Zeit mir die kleine Formel „und gleichzeitig“ anzugewöhnen, und ich merke, dass sie einen großen Unterschied machen kann.

Ich würde ja gerne mit dir Zeit verbringen, und gleichzeitig brauche ich grade Ruhe.“ Da steckt die Bitte fast schon mit drin: „Was hälst du davon, wenn wir uns heute abend treffen?“

Plötzlich stehen nämlich mehrere Möglichkeiten gleichberechtigt nebeneinander und es wird einfacher, das Gesamtbild im Blick zu behalten. „Aber“ entzweit, „und gleichzeitig“ vereint was zusammengehört. Und mit der Zeit wird aus einer einfachen Formel eine ganz neue Einstellung im Kopf.

Probiert es einmal aus, es lohnt sich!

Viele Grüße,

Markus

GfK und die sozialen Netzwerke

Hallo, Welt!

Große Freude über eine Mail, die mich dieser Tage aus den USA erreichte. Darin hieß es:
NEW – Marshall Rosenberg NVC Quotes
A Gathering of Tweetable and Facebookable NVC Wisdom

Check out our new collection of over 160 of Marshall Rosenberg’s quotes about Nonviolent Communication. We gathered these to make it easy to share NVC with your Twitter followers and your Facebook friends.

The first section of Tweetable quotes about NVC are all 140 characters or less and so can be used as-is on Twitter. The next section contains NVC quotes by Marshall Rosenberg that are over 140 characters, so these can be shared on Facebook and other social media and blog sites.

Please click the link below to take a look. Then share a fresh dose of inspiration and insight with your friends, family and other important people in your life.

Zusammenfassend: Unter dem angegebenen Link gibt es eine Vielzahl von Sprüchen und Gedanken rund um die GfK, die wir gern in sozialen Netzwerken streuen dürfen.

Das könnte ein Grund sein, mich tatsächlich auf Twitter anzumelden. Endlich hätte ich mal was zu sagen!
Im Moment reicht es mir aber noch, die Weisheiten von Marshall auf Facebook zu streuen.

Kostprobe gefällig?

Always listen to what people need rather than what they are thinking about us.

Falls jemand eine Übersetzung braucht, bitte kurz Piep sagen, ich helfe gern!

So long!
Ysabelle

Wie sag ich’s empathisch?

Hallo ihr Lieben!

Gestern Abend bin ich in unserer Übungsgruppe über eine interessante Frage gestolpert. Eine Teilnehmerin erzählte, sie hätte für einen Konflikt bereits Empathie bekommen, aber was sie mir davon erzählte klang für mich eher nach Sätzen, die  Zustimmung ausdrückten. Ein bisschen später benutzte ich einen Satz der auf den ersten Blick ähnlich klang, aber doch ganz anders ankam, und mir kam der Gedanke, worin sich die beiden Sätze eigentlich unterscheiden.

Satz 1: „Super, sorg für dich, mach weiter so!“

Satz 2: „Das, was du tust, ist das wundervollste und schönste was du überhaupt tun könntest!“

Zwei sehr ähnliche Aussagen, mit einer sehr unterschiedlichen Wirkung. Woran liegt das? Ist einer von beiden empathischer und wenn ja warum?

Zunächst einmal sind sowohl „Wundervoll“ als auch „Super“ Bewertungen, beide sind nicht als solche kenntlich gemacht („Ich finde, dass…“) und sagen auch nichts über Bedürfnisse aus. Als Lehrbuch-GFK würden sie also beide durchfallen. Aber damit ist nichts über ihre Wirkung gesagt, nur über den äußeren Anschein, die korrekte Wahl von Worten. Viel wichtiger sind die Haltung aus der die Worte kommen und die Haltung die sie transportieren. Denn ob eine Absicht wirklich ankommt ist nicht immer sicher, entscheidend für die Wirkung der Worte ist in jedem Fall die Bedeutung, die der Gehörte ihnen gibt.

Schulz Von Thun würde dazu sagen „der Empfänger macht die Botschaft“, was in unserem Fall bedeutet: Beide Sätze können empathisch gemeint sein, beide können empathisch beim Gegenüber ankommen. Ob die Person die sie hört sich entspannt und öffnet oder verkrampft und zusammenzieht hängt von ihrer Interpretation des Gehörten ab. Interpretiert sie die Worte als Empathie wird sie eher aufmachen, als wenn sie etwas anderes dahinter vermutet. Studien haben gezeigt, dass Therapiegespräche erfolgreich verlaufen, wenn sie vom Klienten als hilfreich empfunden werden.

Ist es also egal was ich sage weil am Ende doch wieder alles GFK sein kann?

Wenn mein Gegenüber selbst riesengroße Giraffenohren besitzt – Ja.

Ansonsten: Nein, ganz so egal ist es doch nicht.

Ich will mich immer wieder daran erinnern, dass ich verantwortlich bin für das was ich sage und meine Haltung dahinter. Ich bin nicht verantwortlich dafür, wie es beim anderen ankommt!

Für unser Beispiel heißt das, wenn ich mich empathisch mit jemandem verbinden möchte, dann versuche ich es für mein Gegenüber so einfach wie möglich zu machen, meine Worte als Empathie zu interpretieren. Und dann werde ich ganz bewusst Worte wählen, die eine empathische Haltung unterstreichen um die Verbindung zu erleichtern. Es ist also weniger die Frage, welcher Satz empathischer ist, viel wichtiger sind die Fragen:

Was ist jetzt grade meine Haltung?

Was ist meine Absicht in diesem Gespräch?

Sehr frei nach Kelly Bryson: „Empathy when you want, honesty when you don’t“, “Empathie wenn du es möchtest, ansonsten Ehrlichkeit”. Ehrlichkeit hat dabei für mich viel mit Authentizität zu tun. Darunter verstehe ich, mein Inneres (meine Haltung, Absichten und Einstellungen) und mein Äußeres (Verbale/Nonverbale Kommunikation) in Einklang zu bringen, ehrlich auszudrücken, was grade in mir lebendig ist. Wichtig ist dabei, dass ich mir bewusst bin, was in meinem Inneren so abgeht. Ungefähr 95% der Kommunikation läuft nonverbal ab, ich sage also durch meinen Gesichtsausdruck, meine Körperhaltung, meine ganze Ausstrahlung bereits ganz viel bevor ich überhaupt den Mund geöffnet habe. Meine Worte können das dann unterstreichen und bekräftigen, explizit ausdrücken und klar machen. Oder sie können im ungünstigsten Fall etwas ganz anderes erzählen und mein Gegenüber verwirren, weil er plötzlich auf jedem Stereo Kanal ein anderes Lied hört. Das kann zum Beispiel passieren, wenn ich glaube, dass ich empathisch reagieren sollte.

Wenn ich also grade total begeistert bin und jubeln möchte wegen dem, was meine Gesprächspartnerin erzählt, dann werde ich ihr wahrscheinlich zustimmen wollen und etwas wie den ersten Satz benutzen!

Wenn mein Inneres stattdessen grade von Annahme, Verständnis und Liebe erfüllt ist, dann möchte ich auch dafür die Worte wählen, die das möglichst genau transportieren, und ich würde wohl Satz 2 benutzen.

Deswegen möchte ich auf jeden Fall im Sinn behalten, dass die eine Haltung nicht „besser“ oder „schlechter“ ist als eine andere, ich bin nicht moralisch verpflichtet dazu, jemandem empathisch zuzuhören oder mich zu verbinden. Verbindung ist EIN Bedürfnis unter vielen.

ANVC Cartoon (c) Sven Hartenstein

 

Liebe Grüße,

 

Markus

Weltfrieden! Sofort!

Hallo, Welt!
Wieder gibt es ein paar Baustellen in meinem Leben, in dem gerade ganz viel los ist. Seit gestern frage ich mich, ob ich eigentlich als überzeugte GfK’lerin alle Konflikte annehmen muss? Oh, da liegt ein Konflikt auf der Straße, greif zu… Argh… schon wieder Hundescheiße…
Seitdem ich deutlich besser mit meinen Gefühlen verbunden bin, merke ich eher, stärker, tiefer, wann eine Situation für mich untragbar wird. Und dann? Ist meine Absicht Verbindung? Verdammt, muss meine Absicht immer Verbindung sein? Muss ich mich mit jedem verbinden wollen? Auch Leute, die mich angreifen, die meine Ideale nicht respektieren, die sagen, ich würde im Selbstmitleid baden… Leute, muss ich das mitmachen? Muss ich mich um Verbindung bemühen? Muss ich Verbindung mit allen Menschen auf dieser Welt haben, oder darf ich einfach mal sagen, STOP! Es reicht. SO NICHT mit MIR!

Wieso haben wir dazu eigentlich noch keine Trainingseinheit gemacht? Ich weiß, dass wir spirituell gesehen alle eins sind. Ja, möge der Weltfrieden kommen, sofort! Und möge ich einen Weg finden, mit mir im Frieden zu sein, auch wenn es in mir und um mich herum tost.

So long!

Ysabelle

Wenn zwei das gleiche tun…

Duo cum faciunt idem, non est idem!
Terenz

Hallo, Welt!

Auf einer seiner CD’s erzählt Marshall, wie er auf schmerzhafte Weise lernen musste, dass sein Gegenüber stets nur der Auslöser für Gefühle ist. Er arbeitete damals in einer Anstalt für schwer erziehbare Jugendliche. An zwei aufeinander folgenden Tagen bekam er in einem Handgemenge mit dem Ellenbogen einen über die Nase gezogen, doch seine eigene Reaktion war komplett verschieden. Einmal schäumte er vor Wut, das andere Mal war er geneigt, den Jungen, um dessen Ellenbogen es sich handelte, zu entschuldigen und zu verteidigen.

Im Nachspüren stellte er fest, dass er über jeden der beiden Jungen eine vorgefasste Meinung hatte. Er hielt den ersten für gemein und fies. Beim zweiten Jungen dagegen glaubte er, es sei eine tragische Gestalt. Und je nach Betrachtungsweise fiel auch nach dem Nasenstüber sein Urteil über den jeweiligen Jungen aus. Eine kraftvolle Demonstration dessen, dass unsere Gedanken unsere Gefühle beeinflussen.

Wenn zwei das gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe, besagt ein römisches Sprichwort. Auch ich knirsche gerade mit den Zähnen, weil zwei das gleiche tun und ich es in einem Fall schlecht ertragen kann.
Am Mittwoch plauschte ich nach der Übungsgruppe noch ein bisschen mit einigen Teilnehmern. Am Ende hörte ich den Satz: Danke, dass du mir das erzählst hast. Ich mache ja immer viel über das Gebet, und jetzt weiß ich, worum ich für dich beten kann.
Ich war sehr berührt und fühlte mich gesehen und von guten Wünschen begleitet. Der Satz war mir kostbar.

Am nächsten Tag entdeckte ich an anderer Stelle ebenfalls, dass für mich gebetet werden würde, aber es erfüllte mein Herz keineswegs mit Freude. Da stand dann an zwei verschiedenen Stellen:

Zitat
Ich wünschte das Ysabelle nicht immer in allen Beiträgen schreiben würde: (…) sondern das Gegenteil sagen und schreiben würde.
Aber es muss die Einsicht da sein, sie wird kommen.

Zitat
Ich habe nachgedacht ich werde lieber für Ysabelle beten, das bringt mehr als ihr zu schreiben, wen ich ihr schreibe wird sie wahrscheinlich aufgebracht sein.

Grundsätzlich tun hier zwei das gleiche: sie beten für mich. Aber einmal freue ich mich und bin berührt, das andere Mal hänge ich vor Wut unter der Decke.
Wenn ich dem nachspüre, was für mich den Unterschied macht, stelle ich fest: Mit der GfK-Freundin gab es Verbindung. Sie wollte zum Ausdruck bringen, dass sie jetzt mehr von mir verstanden hat und mich auf ihre Weise unterstützen möchte.

Die zweite Person hat keine Verbindung zu mir hergestellt, sondern ÜBER mich geurteilt. Dazu kommt, dass Person II im Moment noch der Ansicht ist, mir fehle es zur Zeit an Einsicht. Das erfüllt nicht meine Bedürfnisse nach Respekt, Wertschätzung, Verbindung und Anerkennung. Und unter diesem Aspekt tun vielleicht doch nicht beide das gleiche. Der eine hat sich mit mir verbunden, der andere hat über mich geurteilt.

Und ich?
Ich bin noch gefangen in meiner Wut und meinem Frust. Ich konnte formulieren, welche Bedürfnisse in mir unerfüllt sind. Aber eine Hand ausstrecken zum gemeinsamen Verstehen – das konnte ich noch nicht. Wie sagte Marshall: Die ersten 40 Jahre sind die schwersten.

Heute will ich mir bewusst machen, dass die Handlungen oder Unterlassungen anderer nur Auslöser meiner Gefühle sind. Mein Gegenüber ist nicht für meine Gefühle verantwortlich.

Alle meine Ichs: Von Gut-Achtern und Kindern

Hallo, Welt!

Unter dieser Überschrift sollte ein wohl durchdachtes theoretisches Werk mit vielen Quellen zum Thema „Inneres Team“, verschiedene Persönlichkeitsanteile und das Konzept des inneren Kindes stehen. OK, jetzt wird es statt dessen ein bisschen persönlicher.

Heute Nachmittag hatte ich eine Begegnung, die die Verbindung nicht in einer Weise stärkte, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich fuhr anschließend nach Hause und an einem Zebrastreifen entdeckte ich eine Gruppe von Leuten, deren Anblick in mir aus bestimmten Gründen tiefe Verzweiflung und Schmerz auslösten.

Ich parkte den Wagen, ging ins Haus und versuchte herauszufinden, welche Bedürfnisse bei mir beim Anblick dieser Menschen im Mangel waren:

Gesehen werden
Wertschätzung
Verbindung
Gemeinschaft
Vertrauen
Nähe
Leichtigkeit
Beteiligung

In meinem Kopf wurde ein Scan durchgeführt. Wen könntest du gerade mal anrufen, um über diesen Mangel zu sprechen und Einfühlung zu bekommen?
Die Skype-Empathie-Hotline fiel mir nicht ein.
Die Namen, die mir einfielen, wurden im Nu von der Liste gestrichen:
„Nein, das geht nicht. Die kannst du nicht vollquaken. Wahrscheinlich hat sie jetzt sowieso mit ihrem Sohn zu tun, der gerade mit einer operierten Nase aus dem Krankenhaus gekommen ist.“
Nächster Name:
„Nein! Es ist Samstagnachmittag, da haben die Leute andere Sorgen als sich dein Geheule anzuhören.“
Nächster Name:
„Die hat bestimmt ihren Freund zu Besuch, da passt das jetzt nicht..“

Ein Teil von mir produzierte noch ein paar weitere Vorschläge, aber der innere Entscheider hatte immer wieder gute Gründe, warum ich gerade diese oder jene Person nicht kontaktieren sollte.

Wenn ich die Gründe ansehe, höre ich „Stimmen“, die sicher stellen wollen, dass ich andere Menschen nicht „belästige“. Diese Stimmen meinen, es wäre eine Zumutung, meinen Kummer mit anderen Menschen zu teilen. Diese Stimmen möchten sicher stellen, dass ich die Beziehung zu anderen Menschen nicht belaste, indem ich sie in Anspruch nehme. Dahinter stecken so prickelnde Glaubenssätze wie „nimm dich nicht so wichtig“ oder „da wirst du ja wohl allein mit klarkommen!“.
In diesem Fall hatte ein innerer Entscheider dafür gesorgt, dass ich niemanden angerufen habe.

Durch Magie klingelte kurz darauf das Telefon. Ein wirklich vertrauter Freund wollte sein neues Handy testen. Er bekam 40 Minuten Schluchzen, Verzweiflung und Schmerz ab und sagte eigentlich nicht viel mehr als „schön, dass du da so klar bist“ oder „das hört sich wirklich schwierig an“.

Danach ging es mir so viel besser, dass ich noch einmal genau hinschauen möchte, warum ich vorher eben nicht selbst jemanden angerufen habe.

Wir alle haben in uns verschiedene Anteile, die für unser Handeln und Unterlassen zuständig sind. Ein Anteil trifft die Entscheidungen, und er hat gute Gründe dafür. In meinem oben beschriebenen Beispiel wollte der Entscheider mich vor Ablehnung und Beziehungsabbruch schützen. Dieser Anteil hat sehr früh gelernt, dass es gefährlich ist, sich anderen Leuten zuzumuten. Also versucht er, mich vor unangenehmen Folgen meines Handelns zu bewahren.

Nach dem Telefonat mit dem alten Freund meldete sich der innere Gutachter, also ein Persönlichkeitsanteil, der die Entscheidungen meines Entscheiders auf Richtigkeit überprüft. Seine Aufgabe ist es, gut auf mich zu achten. Andere nennen ihn auch den Inneren Erzieher oder den inneren Richter, aber mir gefällt Gut-Achter besser. Denn ein Richter agiert leider oft in einem System aus Richtig oder Falsch. Und das möchte ich gern hinter mir lassen.

Nun kommt es häufig vor, dass der Gutachter die Entscheidungen des Entscheiders nicht mit Freude begrüßt. In meinem konkreten Fall maulte er: „Das war doch ein Supergespräch mit dem Freund. Wieso hast du nicht gleich jemanden angerufen? Meine Güte, das solltest du doch inzwischen gelernt haben. Hast du nicht neulich erst was über Weihnachtsmann-Energie geschrieben? Man muss das auch anwenden, meine Liebe… so wird das nie was…“
Jetzt ist eine gute Gelegenheit, mich mit beiden zu verbinden.
Der eine möchte mich in der konkreten Situation vor Schaden bewahren und entscheidet sich dagegen, jemanden anzurufen.
Der andere überprüft diese Entscheidung und möchte mich ermutigen, gut für mich zu sorgen. Vor allem möchte er bewirken, dass ich beim nächsten Mal in so einer schwierigen und schmerzhaften Situation Hilfe bekomme und nicht allein davor stehe. Fazit: Beide meinen es gut mit mir. Beide wollen mein Bestes. Doch haben sie gelernt, gegeneinander zu arbeiten, statt eine gemeinsame Lösung zu finden. Der erste Schritt zu mehr Wohlbefinden ist also, beiden Seiten zuzuhören und ihnen Einfühlung zu geben:

Entscheider, du möchtest wirklich für meinen Schutz sorgen, indem die Beziehungen von Menschen, die mir wichtig sind, nicht durch Bitten belastet werden. Geht es dir darum? (… und anscheinend hast du noch immer den Glaubenssatz, dass Bitten eine Belastung sind. Daran arbeiten wir demnächst mal…).
Gut-Achter, du wünschst dir so sehr, dass ich die Hilfe bekomme, die ich in so einer traurigen Situation gebrauchen könnte, und du möchtest mich ermutigen, mich um die Erfüllung meiner Bedürfnisse zu kümmern. Ist es so?

Unter diesem Aspekt könnte dabei herauskommen, dass der Gutachter dem Entscheider hilft, aus meinen unzähligen Telefonbuchkontakten die zwei oder drei Menschen herauszufiltern, für die es gerade eine Freude wäre, mich zu unterstützen. Oder eben die Empathie-Hotline anzutickern. Vielleicht gibt es noch andere kreative Lösungen. Fest steht jedenfalls: Die beiden arbeiten besser zusammen als gegeneinander.
Und das innere Kind?
Ich habe einen ganzen Stall davon in allen Altersstufen. Eine Vierjährige, die immer artig sein will, eine Fünfjährige, die sich an ihrer Lebendigkeit freut und zu jedem Lied eine zweite Stimme erfinden kann, eine Achtjährige, die voller Schmerz die Hände vor der Brust verschränkt. Eines meiner inneren Kinder kann es nicht aushalten, wenn ein anderer Mensch leidet oder Kummer hat. Und eins meiner inneren Kinder ist überzeugt, dass es nur dann etwas haben darf, wenn alle anderen etwas bekommen haben. Es ist eine kostbare Aufgabe, all diesen Kleinen eine liebevolle und zuverlässige Kinderfrau zu sein. Druck, Häme, Schläge, Nicht-Sehen und Einsamkeit hatten sie in ihrem Leben genug.

So long!

Ysabelle

Giraffen-Treibstoff auftanken

Hallo Ihr Lieben!
Ysabelle hat gestern einen schönen Artikel über Giraffen Saft oder Treibstoff geschrieben.
Für mich ist Giraffen Treibstoff die Energie, die daraus wächst, das Leben zu bereichern. Ich habe dieses unglaublich wichtige Bedürfnis danach, zum Wohlergehen anderer Menschen beizutragen und einen bereichernden Beitrag zu leisten, und ich möchte auch wissen, ob es mir gelingt. Trägt das was ich tue dazu bei, dass das Leben schöner wird? Diese Rückmeldung brauche ich, um nicht leerzulaufen, sondern Energie aus dem zu schöpfen, was ich tue.

Die folgende Übung ist dafür gedacht, Giraffen Treibstoff aufzutanken. Sie kann in einer Übungsgruppe verwendet werden, oder auch alleine oder zu zweit ausprobiert. Die Idee dazu stammt von einer CD mit Marshall und wurde von mir erweitert. Zeitlich nimmt sie ungefähr zwei Stunden in Anspruch.

1. Überlege dir eine Situation, in der du das Leben von jemand anderem bereichern wolltest, in der du jemandem etwas geschenkt hast (auch sinnbildlich). Vielleicht hast du eine Reaktion darauf bekommen, vielleicht auch nicht.
Versuche im ersten Schritt aufzuschreiben, was genau du getan hast. Das kann etwas großes oder etwas kleines gewesen sein, ob es ein freundliches Lächeln war oder du der Person Geld geliehen hast, empathisch zugehört oder beim Umzug geholfen hast. Was war es, das du gemacht hast?

2. Mach dir als nächstes klar, welches Bedürfnis du dieser Person damit erfüllen wolltest. Was war deine Absicht, was war der Grund für deine Handlung?

3. Welches Gefühl wolltest du gerne bei dieser Person auslösen? Wie sollte sie sich idealerweise fühlen?

Zusatz: Wenn diese Person auf eine Art und Weise reagiert hat, die dein Leben nicht schöner gemacht hat, die für dich vielleicht schwer auszuhalten war.

4a. Wie hat sie genau reagiert? Versuch dabei nur aufzuschreiben, was wirklich zu beobachten und zu hören war. Vielleicht hast du auch überhaupt nichts davon mitbekommen, dann gehe direkt zu 4b.

4b. Wolfsschau/Kopfkino:
Was waren deine Gedanken dazu? Wie hast du die Reaktion interpretiert, was ging dir durch den Kopf? Was ging vielleicht der anderen Person durch den Kopf? Versuch dir unzensiert noch einmal alles klar zu machen, was du gedacht hast. Alles was du glaubst, was die Person gemacht oder gedacht hat, was aber nicht zu sehen oder zu hören war gehört hierhin.

4c. Spüre in dich hinein und bemerke, wie du dich damit fühlst, wenn dir diese Gedanken durch den Kopf gehen. Lass auch hier wieder alles ungefiltert zu und versuche gleichzeitig, die echten Gefühle zu erspüren. Wenn du dich noch fragen kannst „Wie fühle ich mich, wenn ich denke (z.b. dass ich … behandelt werde)“, dann kannst du meist noch tiefer graben.

4d. Mit welchen Bedürfnissen hängen diese Gefühle zusammen? Was ist zu kurz gekommen, wo in dir ist die wirkliche Wurzel dieser Gefühle?
4e. Versuche jetzt, dich mit diesen unerfüllten Bedürfnissen zu verbinden. Du kannst dir dafür zum Beispiel einen der folgenden Sätze sagen und nachspüren, ob du in dir eine Resonanz bemerken kannst.
„Ich habe ein Bedürfnis nach xyz“
„Ich brauche xyz“
„Mir ist xyz unglaublich wichtig“
„Mein Bedürfnis nach xyz ist nicht erfüllt“
Wie fühlst sich das jetzt an im Vergleich zu 4c.? Hat sich etwas verändert?

Ende Zusatz

5. Versuche jetzt, ein GFK-Danke aus Sicht dieser Person zu formulieren. Stell dir vor, sie würde auf dich zukommen und dir für deine Handlung danken, und genau die Gefühle und Bedürfnisse erwähnen, die du ansprechen wolltest. Wie würde dieses Dankeschön klingen? Was müsstest du vielleicht beobachten, um zu wissen, dass dein Geschenk angekommen ist? Was müsstest du von dieser Person hören, um vor Freude einen Luftsprung zu machen?

6. Jetzt stell dir vor, dieses Dankeschön genauso ausgesprochen zu bekommen. Du kannst es dir auch selber sagen oder eine andere Person bitten, die Rolle des Beschenkten einzunehmen. Versuch dabei, es wirklich völlig auf dich wirken zu lassen.

7. Spüre in dich hinein, wie fühlst du dich, wenn du dieses Dankeschön hörst? Ist es eher angenehm oder unangenehm? Was geht in dir vor wenn du das hörst oder siehst?

8. Mit welchem Bedürfnis hängt dieses Gefühl zusammen? Möchtest du es eher feiern oder betrauern?

9. Als nächstes, stell dir vor, du gehst zu dieser Person und sagst ihr das folgende:
Als ich neulich/damals/… dies und das getan/gesagt/gemacht/… habe, wollte ich damit dein Bedürfnis nach … erfüllen, und hätte am liebsten von dir gehört, dass du dich  so und so fühlst. Magst du mir sagen, was dich davon abgehalten hat, mir das zu sagen?

10. Was würde diese Person wohl antworten? Welches Bedürfnis ihrerseits hat verhindert, dass es dieser wunderbare Giraffen-Treibstoff bis zu dir geschafft hat?

11. Spüre jetzt wieder in dich hinein, und schau, wie du dich damit fühlst. Verbinde dich dabei mit den Bedürfnissen dieser Person. Mach dir an dieser Stelle bewußt, dass sie selbst für ihre Reaktion verantwortlich ist, dass ihre Bedürfnisse dahinterstecken und nicht deine Handlung. Verändert sich dadurch etwas bei dir?

Diese Übung lässt sich natürlich noch beliebig anpassen und erweitern. Ich hoffe, mit dieser Übung einen bereichernden Beitrag leisten zu können, und ich würde mich sehr darüber freuen, von euch eine Rückmeldung zu bekommen, wenn sie nützlich für euch war.

>>Wir sind verantwortlich für unsere Beweggründe und unsere Handlungen. Wir sind nicht verantwortlich dafür, wie andere auf uns reagieren.<<

Machts gut,

Markus

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prefsWindow.Show();

Von Socken, Geschenken und Giraffensaft

Hallo, Welt!
Das Thema Socken stricken hat mich schon vor 30 Jahren interessiert. Auf mein Bitten schenkte mir meine Schwiegermutter ein Buch mit Strickanleitungen, aber es sollte noch bis 2003 dauern, bis ich wirklich damit anfing.

Mein Partner fürchtete eine Geschenke-Orgie zu Weihnachten und bat mich darum, nur ein Geschenk zu machen, das noch dazu nicht teuer war als zehn Euro. Ich wusste, dass er leidenschaftlich gern selbstgestrickte Socken trug und und beschloss, dass jetzt die gute Gelegenheit wäre, es zu lernen.

Im Laufe der Jahre habe ich wohl ungefähr 70 Paar gestrickt. Dazwischen waren welche aus Alpaka und aus Seide, aus Schurwolle, Synthetik-Gemisch, für ein Baby und Dutzende in Schuhgröße 47.
In den vergangenen zwei Jahren habe ich auch jeweils für meine Trainer als Abschieds-Geschenk nach der Jahresgruppe Socken gestrickt. Beim Auspacken wurde ich bedankt und das war’s.
In der vergangenen Woche saß ich im Seminar und stellte an zwei aufeinanderfolgenden Tagen fest, dass die Trainer die von mir gestrickten Socken trugen. In mir fing es an zu rumoren. Gefühle wirbelten durcheinander. Und schließlich sagte ich in der großen Runde, wie sehr es mich berührt, „meine“ Socken an ihren Füßen zu sehen. Auf ganz tiefe Weise sei so mein Bedürfnis nach Wertschätzung und Verbindung erfüllt. Gleichzeitig empfände ich eine tiefe Scham über diese Gefühle, die durch den Anblick in mir ausgelöst worden waren. Marshall hätte doch gesagt, wir sollten so geben, wie ein Kind Enten füttert: Voller Freude über das Geben, aus freiem Herzen. Und dann müsse der Vorgang doch quasi mit dem Geben abgeschlossen sein. Ich füttere Enten, ich stricke Socken und verschenke sie. Punkt.

Gerhard sprach mich später noch einmal darauf an. Nach diesem Gespräch habe ich Folgendes verstanden. Aus freiem Herzen schenken, ohne eine Verpflichtung für den anderen, das ist eine Sache. Ich schenke aber, um zum Wohlbefinden des anderen einen Beitrag zu leisten. Um Freude zu bereiten. Und wenn ich dann sehe, dass der andere sich wirklich freut, dann darf das Auswirkungen auf mich haben. Ich darf mich mitfreuen. Ich darf feiern, dass mein Geschenk willkommen ist. „Wenn du das nicht tust, schneidest du dich vom Giraffensaft ab“.
Oh ja, Giraffensaft… Das ist das, was uns nährt. Was uns neue Kraft gibt. Ich darf mich an der Freude der anderen freuen. Oder wie in diesem Fall: Ich darf mich freuen, mein Bedürfnis nach Wertschätzung auf so überraschende Weise erfüllt zu sehen. Ich hatte ja nicht täglich die Socken kontrolliert. Zu sehen, dass ich zum Wohlergehen anderer einen Beitrag leisten konnte, hat mich so beflügelt und berührt.

Heute Morgen bin ich mit einem tiefen Schmerz in Verbindung gekommen. Im vorigen Jahr hatte ich als Weihnachtsgeschenk ein paar Socken in Größe 47 gestrickt und verschickt. Das Päckchen kam zurück mit dem Hinweis: Annahme verweigert. Seither liegt es in den Tiefen meines Kleiderschrankes und der Gedanke daran schmerzt auch nach zehn Monaten unvermindert. Mit Liebe gemacht, in Liebe gegeben. Ohne verbindende Worte retourniert. Inzwischen mache ich lange genug GfK, um mich mit den wunderbaren Bedürfnissen zu verbinden, die sich der Adressat damit erfüllt hat, als er das Paket nicht angenommen hat. Schutz, Autonomie, Authentizität, Klarheit und vielleicht noch das eine oder andere mehr. Aber genau so, wie mich vergangene Woche die Freude über die getragenen Socken überfiel, traf mich heute Morgen der rasende Schmerz über das Geschenk, das nicht willkommen war.

So long!

Ysabelle

GfK-Buch: Weil Worte wirken

Hallo, Welt!

Neue Bücher haben auf mich eine große Anziehungskraft. Deshalb musste ich dieses Buch auch sofort haben:

Judith Hanson Lasater & Ike Lasater
Weil Worte wirken…
Gewaltfreie Kommunikation praktisch anwenden

Der Verlag kündigt das Buch folgendermaßen an:

1. Auflage, 2011.05.11
112 Seiten, Kartoniert
Format: 17.0 x 24.0cm
ISBN: 3-87387-771-6
ISBN 13: 978-3-87387-771-9

12,90 EUR
Kennen Sie das Gefühl der Enttäuschung und Frustration, wenn Sie einem anderen gegenüber Ihre Wünsche nicht so ausdrücken können, wie Sie das eigentlich gerne möchten? Sagen Sie manchmal gar nicht erst, was Sie sich wünschen, weil Sie den anderen nicht belasten wollen? Tendieren auch Sie dazu, Ihre Wut und Schuldzuweisungen gegen sich selbst zu richten? Judith und Ike Lasater haben sich lange Zeit mit Yoga und Buddhismus beschäftigt und auch sie kennen solche Situationen. Obwohl sie mit dem Yoga-Prinzip des Satya (Wahrhaftigkeit) und der buddhistischen Regel der richtigen Sprache vertraut waren, haben sie erst durch ihre Beschäftigung mit Marshall Rosenbergs Gewaltfreier Kommunikation (GFK) gelernt, diese Prinzipien im alltäglichen Leben umzusetzen. In diesem Buch beschreiben Judith und Ike Lasater ihre Reise durch die Welt der GFK und machen deutlich, wie Sprache zu einer spirituellen Praxis werden kann, die auf mitfühlendem Geben und Nehmen basiert. Sie schildern ihre ganz persönlichen Erfahrungen, geprägt von Versuch und Irrtum, Erfolg und Misserfolg, Lachen und Herausforderungen – selbst beim Schreiben dieses Buches! Das Ergebnis ist eine verständliche Einführung in die GFK mit anschaulichen Beispielen und hilfreichen Übungen.

Inhalt

1. Satya und die Rechte Sprache

2. Gewaltfreie Kommunikation
Ein Leitfaden für GFK: Das Grundmodell
Übungen zur Anwendung Gewaltfreier Kommunikation

3. Vier Möglichkeiten der Kommunikation
Möglichkeit 1: Den Fokus auf stille Selbst-Empathie richten
Möglichkeit 2: Den Fokus auf den Selbst-Ausdruck richten
Möglichkeit 3: Den Fokus auf das Geben von Empathie richten
Möglichkeit 4: Den Fokus auf andere richten – Bitten
Übungen zur Anwendung Gewaltfreier Kommunikation

4. Zuhören – uns selbst und anderen
Der Enten-Index
Bitte und Danke
Übungen zur Anwendung Gewaltfreier Kommunikation

5. Weil Worte wirken …
Umgang mit Ärger
Heiliger oder gerechter Zorn und soziale Veränderung
Feindbilder
Die Freude am Unterbrechen
Wiederholte Geschichten
Übungen zur Anwendung Gewaltfreier Kommunikation

6. Unterhaltungen mit unseren Partnern
Weihnachtsmann spielen
Nicht locker lassen
Immer wieder für dasselbe kämpfen
Bewusstlos werden
Nie Kritik zuhören
Mythos Unabhängigkeit
Die Freude am Risiko
Übungen zur Anwendung Gewaltfreier Kommunikation

7. Gespräche mit unseren Kindern und Eltern
Macht über oder Macht mit
Gewaltsamkeit als Schutz
Selbstständigkeit Selbstständigkeit Selbstständigkeit
Was wir von unseren Eltern wollen
Warum Anerkennung wehtut
Übungen zur Anwendung Gewaltfreier Kommunikation

8. Sprache am Arbeitsplatz
Bitten bei der Arbeit
Bewertungen
Klatsch und Tratsch
Übungen zur Anwendung Gewaltfreier Kommunikation

9. Gespräche in der Welt
Feiern und Bedauern
GFK-Bewusstsein in die Welt bringen
Übungen zur Anwendung Gewaltfreier Kommunikation

Ich war davon ziemlich begeistert und habe daher sofort zugeschlagen. Schon recht bald merkte ich beim Lesen, dass meine Energie allmählich in den Keller ging. „Just another NVC-Book“… einfach noch ein weiteres GfK-Buch. Ich hatte geglaubt, es könne mir eine stärkere Verknüpfung der Bereiche Yoga und Gfk bieten. Ich kenne mehrere GfK-Trainer, die auch Yoga-Lehrer sind, und erhoffte mir hier Inspiration, warum ich als überzeugte Gfk’lerin nun auch noch mit Yoga anfangen sollte. Aber die Erläuterungen, die ich zu dieser Verbindung fand, waren mir nicht neu und ermutigend. Das meiste hatte ich im vorigen Jahr schon aus der Biographie von Mahatma Gandhi rausgezogen. Angesprochen wurde ich von dem Wort Pseudowahrnehmung für Aussagen wie „Hier im Zimmer ist es warm“, wenn es eigentlich darum ging auszudrücken: „Hier im Raum sind 27 Grad und MIR ist warm“. An anderer Stelle hatte ich mich dann hier schon einmal darüber ausgelassen, dass mich das Wort begeistert, aber dass ich mich letzten Endes doch lieber für Interpretationswahrnehmung entscheide, weil „pseudo“ wieder in die Welt von Richtig oder Falsch führt. Und gestern fand ich irgendwo den Hinweis, dass Marshall 2004 den Begriff Pseudowahrnehmung erläutert. Also ist auch das nicht wirklich etwas Neues.

Vielleicht bereichert das Buch das Leben von Menschen, die sich nicht alles chronisch einverleiben, wo GfK draufsteht. In die Reihe meiner Lieblingsbücher schafft es „Weil Worte wirken…“ nicht.

So long!

Ysabelle

Weihnachtsmann-Energie: Ho! Ho! Ho!

Hallo, Welt!

Vor ein paar Wochen gab es in Hamburg einen Vortrag, der mich sehr interessierte. Ich habe deshalb an einige Freunde die Info zu diesem Abend weitergemailt. Ein Freund antwortete mir:
Das Thema vom Vortrag spricht mich sehr an, gleichzeitig ist dafür
kein Geld mehr übrig. Hast du Lust mich einzuladen?

Ich schrieb zurück:
oh, ja! Sehr gern!

Wann treffen wir uns wo?

Wir haben dann einen wunderbaren und bereichernden Abend verbracht. Für mich war es so schön, jemanden bei mir zu haben, mit dem ich mich austauschen kann, lachen, Blicke wechseln, uns anrempeln und grinsen, wenn uns im Vortrag etwas vertraut vorkommt. Da war das Eintrittsgeld wirklich kein Problem.
Besonders gut gefallen hat mir die Art, wie mein Freund ausgedrückt hat, dass er gern kommen würde und wie ich zur Bereicherung seines Lebens beitragen kann. Da war nichts von einem ausgewrungenen Lappen, nichts Unterwürfiges und Schleimig-Kleines. Ich fand seine Aussage klar, kraftvoll und offen und es war mir so eine Freude, mein „Ja“ zurückzuschmettern.

Von Kirsten Kristensen hörte ich dieser Tage für solche sich klein-machenden Aussagen wie „ich würde ja, aber ich kann ja nichts, und vielleicht könntest du ja… “ den Ausdruck „Kick-my-ass-energy“ (tritt mich in den Hintern-Energie) und dachte, oh ja, wie passend! Dabei fielen mir all die Märchen ein, in denen der Arme unterwürfig an die Tür des Reichen klopft und hochmütig abgewiesen wird. Leute, es macht wenig Spaß, eine Bitte zu erfüllen, wenn sie kriecherisch von unten vorgetragen wird. Diese Energie hier meine ich:

Marshall Rosenberg schlägt daher vor, Bitten an andere mit einer Weihnachtsmann-Energie vorzutragen: Ho! Ho! Ho! Du kannst einen großartigen Beitrag zu meinem Wohlbefinden leisten!!! Und wie am konkreten Beispiel erläutert, kommt so richtig Freude auf, wenn ich darauf eingehen kann.

Gestern Abend rief mich unverhofft eine GfK-Freundin an, mit der ich noch nie telefoniert hatte. „Du könntest mir helfen, mit einer schwierigen Situation besser klarzukommen. Hast du dazu gerade Lust?“ Ist das nicht wunderbar?! Gibt es ein größeres Glück, als so miteinander in Verbindung zu sein? Für mich nicht!

So long!

Ysabelle

Erntezeit

Hallo, Welt!
Vor 15 Jahren hätte ich wahrscheinlich von mir selber behauptet, ich wäre konfliktfreudig. Denn als ich ein Kind war, wurde mir oft gesagt, ich wolle immer mit dem Kopf durch die Wand. Aufsässig und frech nannte man mich. Erst im Verlauf der letzten Jahre habe ich erkannt, dass ich keineswegs so offen und freudvoll in Auseinandsetzungen ging, wie ich von mir selber dachte. Im Gegenteil. Ich erlebte mich als harmoniesüchtig und indifferent, das Wort „nein“ gehörte nur in seltensten Fällen zu meinem Sprachschatz. Bloß den anderen nicht erzürnen…

An der GfK hat mich auch entzückt, dass sie mir eine Möglichkeit zu bieten schien, mich selbst auszudrücken, auch wenn es um kontroverse Sachverhalte/unterschiedliche Bedürfnisse ging. Und obwohl ich jetzt schon das sechste Jahr übe, finde ich es noch immer schwierig, offen zu bleiben und meine Bedürfnisse zu akzeptieren, mich dafür einzusetzen und den anderen trotzdem einfühlend wahrzunehmen und wertzuschätzen.

Seit fast vier Wochen doktere ich jetzt schon an einem Konflikt herum. Es gab zwei sehr lange Telefongespräche, ein paar kurze Abstimmungsmails, einige SMS und heute schließlich ein Treffen. Es mag total bekloppt klingen, aber ich fange an, den Konflikt zu genießen.

Gemeinsam versuchen wir, unser Problem mithilfe der GfK zu lösen. Zum x-ten Mal kehren wir zu Gefühlen und Bedürfnissen zurück. Gemeinsam übersetzen wir Wölfe, versuchen herauszufinden, was wirklich hinter einem Satz steckt der beispielsweise lautet: „wenn sich einer nur zurücklehnt und konsumiert, muss er sich nicht wundern, wenn ihm die Dinge aus der Hand gleiten.“ Wir kraulen die Wölfe und geben uns gegenseitig Einfühlung. Was für eine himmlische Art, Konflikte zu lösen! Dabei sind wir konkret noch keinen Schritt weiter, haben noch immer kein Konzept gefunden. Aber ich merke, wie gegenseitiger Respekt und Vertrauen wachsen.

In mir wächst auch immer stärker das Vertrauen in den Prozess. Bisher war es oft so, dass ich rein verstandesgemäß entschieden habe, mich auf diesen Prozess einzulassen. Diesmal erlebe ich es so, dass es mir einfach so natürlich, organisch, verbindend erscheint, mich auf diese Weise auseinanderzusetzen. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann so eine ernste Auseinandersetzung bei mir einmal nicht tiefe Ängste ausgelöst hat. Jetzt kann ich ernten, was durch die GfK gesät wurde. Ich kann mich und meine Bedürfnisse ausdrücken und kann hören und wertschätzen, was mein Gegenüber zu sagen hat. Wir sind keine Feinde, sondern zwei Menschen, die sich bemühen, gemeinsam neue Strategien zu entwickeln. Das erste Mal im Leben fange ich an, einen Konflikt zu wertzuschätzen als Form der Auseinandersetzung, in dem beide Seiten gehört werden, es keinen Sieger und keinen Unterlegenen gibt. Wie grandios ist das denn!?

So long!

Ysabelle

Hurra, die Karten sind da!

Hallo, Welt!

Heute ist meine Freude so groß, dass ich sie mit der ganzen Welt teilen möchte.

Bisher habe ich die GfK-Gefühls- und Bedürfniskarten selbst gemacht. Das war mit vielstündiger Arbeit verbunden. Ausdrucken, beschneiden, falzen, in Laminierfolie einfügen, laminieren, beschneiden, Ecken runden… Für eine Handvoll war schnell mal ein Sonntag verbraucht.

Vor ein paar Wochen habe ich dann beschlossen, dass ich es leichter haben darf. Ich lasse die Karten drucken und kaschieren, also mit einer wasserabweisenden Schicht überziehen. Just als ich diesen Entschluss gefasst habe, hörte ich von Gerhard Rothhaupt, dass er erwägt, gerade MEINE Karten zu seinem Unterrichtsmaterial zu geben. Wir haben einen Nachmittag hin- und hergemailt und die vorige Version noch mal überarbeitet. Heute nun sind die Exemplare aus der Druckerei gekommen und und liegen nun vor mir.

Hurra! Wie wunderbar! und wie elegant sie aussehen! Und das Beste für Euch:
Ihr könnt sie bei mir bestellen.

Da ich sie selber drucken lasse, kann ich sie nicht mehr umsonst abgeben. Aber wir werden uns schon über den Preis einigen. Ich denke, wer eine einzelne möchte, zahlt einen Euro plus Porto. Wer für eine GfK-Gruppe bestellt, zahlt ab 10 Stück 0,80 Euro und kein Porto. Wer mehr als 50 Stück abnehmen möchte (ist das vorstellbar? Noch nicht!), melde sich bitte bei mir, damit wir einen Preis aushandeln können, der für beide Seiten passt.
Nun werde ich doch ein Profi…

So long!

Ysabelle

Neue Beute: Pseudowahrnehmung!

Hallo, Welt!
Mir ist ein neues GfK-Buch ins Haus geflattert.
Judith Hanson Lasater
& Ike K. Lasater
Weil Worte wirken …
Gewaltfreie Kommunikation praktisch anwenden

Wenn ich es zu Ende gelesen habe. werde ich es im entsprechenden Faden genauer vorstellen.
Auf Seite 20 fand ich etwas, das mich sofort begeisterte: den Begriff Pseudowahrnehmung.

Judith schreibt:

Ob John zu spät war oder nicht, nenne ich eine Pseudowahrnehmung – ein als Wahrnehmung getarntes Urteil. Andere Pseudowahrnehmungen sind „du fährt zu schnell“, „es ist kalt hier“ oder „das war ein wirklich guter Film“. Ich nenne sie Pseudowahrnehmungen, weil diese Feststellungen zwar wie einfache Beobachtungen klingen, in Wirklichkeit aber keine sind. … Für uns sind Meinungen und Anschauungen Pseudowahrnehmungen wie zum Beispiel „in diesem Raum ist es nicht warm“. Es wird zwar als Wahrnehmung hingestellt, ist aber ein Urteil. Jemand anders könnte behaupten, „nein, dem ist nicht so. Mir ist kalt.“ Eine Beobachtung wäre (mit Blick auf das Thermometer): „Die Temperatur in diesem Raum ist 26,7° C.“ Über diese Feststellung wird man sich kaum streiten können.

Ich vermute, dass bei dem letzten Beispiel, „in diesem Raum ist es nicht warm“, versehentlich das „nicht“ reingepurzelt ist, denn so ist das Beispiel nicht so richtig sinnvoll. Der erste Sprecher müsste eigentlich behaupten, es sei warm, damit der andere dagegen halten könnte, ihm sei kalt. Aber egal, ich denke, das Prinzip ist verstanden.

In Bezug auf die Gefühle gibt es ja ebenfalls den Begriff Pseudogefühle. Ich benutze ihn nicht gern, spreche stattdessen lieber von Interpretationsgefühlen. Mein Freund Wiki bietet mir unter dem Stichwort „pseudo“ folgendes an:

Liste griechischer Wortstämme in deutschen Fremdwörtern
(Weitergeleitet von Pseudo)

Griechische Wortstämme sind im Deutschen überwiegend in Fachausdrücken zu finden, die entweder direkt dem Griechischen entstammen oder Neubildungen sind. Von einer begrenzten Anzahl dieser Wortstämme wurden und werden zahlreiche wissenschaftliche Begriffe und sonstige Fremdwörter in den indogermanischen Sprachen abgeleitet. Sie sind zum Verständnis alltäglicher und wissenschaftlicher Fremdwörter und ihrer Etymologie ebenso hilfreich wie zu systematischer, neuer Wortbildung.

In der unten stehenden Tabelle werden beispielhaft solche Ursprungswörter aufgelistet, die aus griechischen Wortstämmen gebildet sind…

pseud(o)
ψεύδειν, ψεύδεσθαι/ψεῦδος
falsch, unecht, vorgetäuscht
Pseudonym, Pseudepigraf, Pseudokrupp

und damit bin ich nicht wirklich glücklich, denn siehe da, schon sind wir wieder bei Richtig und Falsch.

Der Begriff „Pseudobeobachtung“ ist für mich knackig und griffig, aber dann eben doch wieder urteilend.
Mal sehen, ob ich mir das sperrige Wort Interpretationsbeobachtung aneignen kann.
Zu Interpretation bietet Wiki unter anderem an:
Interpretation (von lat.: interpretatio = „Auslegung“, „Übersetzung“, „Erklärung“) bedeutet im allgemeinen Sinne das Verstehen oder die Deutung der zugrunde gelegten Aussage.

Es ist ja nichts falsch damit, etwas auszulegen, zu interpretieren. Es geht eben nur darum, es voneinander zu unterscheiden und das auch deutlich zu machen: Was es ist und wie ich es wahrnehme. Es ist 27 Grad warm, aber MIR ist kalt.

In einer Diskussion wurde ich kürzlich damit konfrontiert, dass jemand dieses „Herumhacken auf einzelnen Worten“ als Korinthenkackerei beschrieb. Ist da was dran? Ich vermute, meinem Gegenüber fehlte Leichtigkeit, vielleicht Selbstvertrauen (kann ich das auseinanderhalten?), Beteiligung, Verstehen und Begeisterung.

Warum ist mir die Bedeutung von Worten so wichtig? Neulich gab mir ein Freund Einfühlung und er hatte in seinem Sprachgebrauch einige Worte, die ich als Interpretationsgefühle beschreiben würde. Mir war das teilweise so unangenehm, dass ich mich gar nicht auf die wunderbare Einfühlung einlassen konnte, sondern immer wieder damit kämpfte, nicht „so“ zu sein oder zu fühlen, wie es mir gerade angeboten wurde. Vielleicht habe ich schon zu viele Verletzungen durch Worte wahrgenommen oder erlebt, als dass ich bei diesem Thema entspannt sein kann. Weil Worte wirken… ich bin wirklich gespannt, wie es in dem Buch weiter geht!

So long!
Ysabelle

Wortschätzchen: ausbooten

Hallo, Welt!
Ist es nicht wunderbar, wie viele verschiedene Worte es gibt und wie fein nuanciert wir uns damit ausdrücken können? Nach wie vor gibt es Wortschätzchen, die mir besondere Freude machen, weil sie das Gehirn in Schwung bringen und uns einladen, über die genaue Bedeutung dessen, was gerade gesagt wird, nachzudenken.

Vor mir liegt das Maritime Wörterbuch von Jürgen Gebauer und Egon Krenz (1989). Meine Erwartung war, zum Stichwort ausbooten einen längeren Passus zu finden. Aber hier steht auf Seite 23 lediglich: ausbooten: etwas mit Booten an Land bringen.

Da ist das Bild in meinem Kopf zum Thema ausbooten doch wesentlich bunter. Ich sehe vor meinem inneren Auge die Börteboote, die in Helgoland die Tagesgäste von den Ausflugsdampfern abholen und an Land bringen. Und ich sehe Käpt’n Jack Sparrow, der von der Crew der Black Pearl auf einer einsamen Karibik-Insel abgesetzt wird.
Ausgebootet werden also Menschen und Waren. Sie kommen runter vom Schiff, werden an Land geschafft. Eigentlich eine nüchterne Beschreibung eines Vorgangs. Doch als ich Montag hörte, „ich fühle mich ausgebootet“, entstand in meinem Kopf kein Bild davon, wie jemand in einem lustigen Kahn an Land gerudert wurde. Mit allen Sinnen nahm ich wahr, dass die Botschaft eine andere war: Gegen meinen Willen bin ich nicht mehr Teil der Mannschaft.

Was könnten also die Gefühle sein, die in jemandem lebendig sind, der von sich selbst sagt: „Ich fühle mich ausgebootet!“?
ängstlich
ärgerlich
aufgeregt
bestürzt
betroffen
bitter
durcheinander
einsam
empört/entrüstet
frustriert (?)
hilflos
in Panik (?)
im Schmerz
perplex (wenn das Geschehen überraschend kommt)
traurig
sauer
schockiert
streitlustig
überwältigt
unter Druck
verstört
verzweifelt
widerwillig
wütend
zornig

Mir kommt es so vor, als ob die Gefühle in zwei Oberkategorien passen: Wut und Angst.

Und welche Bedürfnisse sind bei mir im Mangel, wenn ich sage, ich fühle mich ausgebootet?

Als erstes springt mich
Gemeinschaft an. Die Gemeinschaft ist an Bord, ich werde weggebracht, gegen meinen Willen. Ich möchte Teil der Gemeinschaft sein, aber andere entscheiden, dass ich das Schiff verlassen muss. Aber mir fallen auch noch ein paar andere wunderbare Bedürfnisse ein:
Sicherheit
Schutz
Autonomie
Selbstvertrauen
Integrität
Beteiligung
Zugehörigkeit
Vertrauen
Geborgenheit
Gesehen/gehört werden
Harmonie

Auch hier zeigen sich für mich zwei Schwerpunkte. Das eine ist der Aspekt, nicht mehr Teil der Gemeinschaft zu sein mit allen Facetten, der andere Aspekt rührt an Autonomie und Freiheit meiner Entscheidung.

Nicht zu vergessen: ausgebootet ist ein Interpretationsgefühl. Es stammt nicht aus dem Herzen, sondern aus dem Kopf. Manchmal braucht man ein bisschen Zeit, um sich mit den dahinter liegenden Gefühlen und Bedürfnissen zu verbinden.

So long!

Ysabelle

Im Schlammteich der Gefühle

Hallo, Welt!

Gestern Abend tagte wieder unsere Übungsgrupppe. Aber zu unserem üblichen Programm sind wir nicht gekommen. Bei der Einleitung zum Empathie-Duett (einer Zweier-Übung, in der sich die Beteiligten gegenseitig jeweils 15 Minuten zuhören und sich Empathie geben) entzündete sich eine Debatte zum Thema Interpretationsgefühle. Ein Teilnehmer sagte sinngemäß, „ich weiß doch, was ich fühle. Und wenn ich sage, ich fühle mich provoziert, dann ist das genau DAS Gefühl…“
Mir sackte das Herz in die Hose. Ich hatte große Angst. Zum einen fürchtete ich, der Teilnehmer würde jetzt wütend und frustriert die Gruppe verlassen. Zum zweiten hatte ich Sorge, „Intepretationsgefühle“ nicht „richtig“ erklären zu können. Zum Glück fiel mir ein, dass ich auch auf den Prozess vertrauen konnte. Also zurück zu Gefühlen und Bedürfnissen: Wenn Du sagst… möchtest Du dann … ausdrücken?

Im Verlauf unseres Austauschs seufzte der Teilnehmer: „Das ist ziemlich genau was ich fühle. Aber ich habe keine Wörter dafür. Ich habe einen Schlammteich mit Gefühlen…“

Allgemeines Gelächter und allgemeine Zustimmung. Diesen Teich kannten alle. Man fischt im Trüben, holt ein Gefühl raus, guckt es an, wirft es wieder weg… Passt nicht.

Wenn ich auf diese kleine Situation in der Gruppe schaue, werde ich richtig traurig. Gefühle – das ist doch eigentlich das erste, was wir wahrnehmen. Hunger, Durst, Unbehagen, Angst, Schmerz, Einsamkeit. Wenn wir sehen, wie sich jemand anderes den Kopf stößt, sagen wir Aua, weil die Spiegelneuronen in unserem Gehirn melden, da tut was weh. Zwar nicht mir, aber dem anderen. Und dann legt unsere Erziehung einen Filter darüber. Wir nehmen nicht mehr die Gefühle wahr, sondern unsere Bewertungen. „Wie ordne ich das Verhalten meines Gegenübers ein“ ersetzt „was fühle ich, wenn ich das sehe?“
Nein, ich möchte kein neues Richtig oder Falsch aufmachen. Es ist nicht falsch, das Verhalten meines Gegenübers einzuordnen, aber es ist ein großer Unterschied, je nachdem wie ich die Kategorien wähle. Wähle ich Kategorien von Richtig oder Falsch, von Täter und Opfer, oder wähle ich erfüllte und unerfüllte Bedürfnisse?

Zurück zum Schlammteich. Häufig sind wir eher in der Lage, die Gefühle beim anderen zu benennen als unsere eigenen. Vielleicht hat es damit zu tun, dass wir auf die Gefühle des anderen reagieren. Wenn ich mit dem Auto unterwegs bin und jemand rückwärts aus der Parklücke auf „meine“ Straße setzt, reagiere ich ja auch, indem ich das Lenkrad herumreiße. Ich bin also darauf gepolt, auf die erkannten Gefühle des anderen zu reagieren. Ich stimme mich ein. Die Verbindung zu unseren eigenen Gefühlen wird dabei für viele von uns Nebensache. Ein dumpfes Grummeln im Bauch, ein diffuses Unbehagen, eine zugeschnürte Kehle, ein Druck auf den Schultern…

Lasst uns die Hand ausstrecken und im Schlammteich unserer Gefühle fischen. Es macht nichts, wenn wir fünf Mal einen Buntbarsch rausholen und suchen doch eigentlich einen Karpfen. Der entscheidende Schritt ist, dass wir anfangen, unsere Gefühle ernst zu nehmen.

So long!

Ysabelle

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