Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Von Zügen und Tapeten

Hallo, Welt!

Gestern war ich mal wieder mit der Bahn unterwegs, immer wieder ein besonderes Erlebnis. Der IC von Rostock nach Frankfurt erreichte Hamburg mit einem defekten letzten Wagen. Ich schätze, 130 Plätze, von denen viele reserviert waren, fehlten. Am Gründonnerstag, einem der Hauptreisetage im Jahr.
Später dann am Abend dann wollte ich in die andere Richtung. Der Bahnsteig füllte sich, die Abfahrtszeit rückte näher, aber kein Zug kam. Es kam auch keine Ansage und keine Anzeige. Die Abfahrtszeit war längst verstrichen, als in der Ferne die Lichter des Zuges zu sehen waren. Eintreffen zehn Minuten nach Abfahrt – ist das schon ein Zeitparadoxon?
Während ich wartete, versuchte ich herauszufinden, welche Bedürfnisse in mir unerfüllt waren. Respekt sprang mich als erstes an. Als Kunde möchte ich respektvoll behandelt werden. Die Strategie dazu ist, dass man mich informiert, was los ist. Klarheit, Unabhängigkeit, Autonomie. Ich möchte gern selbst entscheiden, was ich mit der Wartezeit anfange. Das kann ich aber nicht, wenn ich keine Informationen habe. Und wieder einmal wurde mir deutlich, dass „mein Zug soll kommen“ kein Bedürfnis ist, auch wenn es sich im ersten Moment so „anfühlte“.
Die intensivste Lektion zu diesem Thema bekam ich 2008. Damals wurde mein Arbeitszimmer von Grund auf renoviert. Ich hatte mit maximal zehn Arbeitstagen gerechnet, aber nach drei Wochen waren die Fortschritte noch immer wenig erkennbar. Meine Verzweiflung stieg ins Unermessliche. Zum Glück war gerade an einem Wochenende ein GfK-Modul angesagt und ich begriff: Tapeten an den Wänden sind kein Bedürfnis! Als ich der Sache nachspürte, stellte ich fest, dass es mir in erster Linie gar nicht um die herumliegenden Werkzeuge, den Dreck oder das Durcheinander im Haus ging. Das war zwar lästig, aber letzten Ende nicht lebensgefährlich. Was mir fehlte, waren ganz andere Dinge. Klarheit (wie es weiter geht und wann die Arbeiten abgeschlossen sein würden), Unterstützung, Kooperation, vor allem aber Verbindung. Hallo, sprich mit mir! Und genau so war es gestern Abend bei der Bahn. 2008 habe ich einen ziemlich klaren Selbstausdruck gefunden. Noch heute erinnere ich mich an die Kraft, die mir zuteil wurde, als ich endlich „gesagt“ hatte, was mir fehlte. Ich hatte mich gezeigt, und ich war bereit, die Konsequenzen zu tragen, zum Beispiel Komplettabbruch der Arbeit. Die Folge war jedoch, dass es wieder zu Verbindung kam, zu Klarheit, Gemeinschaft. Vielleicht sollte ich mal mit Farbe und Pinsel über den Bahnhof ziehen und meinen Freunden aufschreiben, was meine Bedürfnisse sind. Interessanterweise ist das Bedürfnis eben nicht, dass der Zug pünktlich ist. Das steht auch gar nicht auf Marshalls Bedürfnisliste. Aber Sicherheit, Verbindung, Klarheit, Autonomie – das sind meine Bedürfnisse, für deren Erfüllung ich mich gern einsetze. Nur – wie? Vielleicht schreibe ich doch mal an Herrn Grube. Völlig gewaltfrei natürlich…

So long!

Ysabelle

Fett und faul

HORATIO
Er kommt ganz außer sich vor Einbildung.

MARCELLUS
Ihm nach! Wir dürfen ihm nicht so gehorchen.

HORATIO
Kommt, folgen wir! Welch Ende wird dies nehmen?

MARCELLUS
Etwas ist faul im Staate Dänemarks.

Hamlet, Drama von William Shakespeare, 1. Akt, 4. Szene.

 

 

Dieser Tage hatte ich Gelegenheit, länger mit einer Frau zu sprechen. Wir saßen bei einem Geschäftsessen nebeneinander und teilten auch das Frühstück am nächsten Morgen.
Ich war ziemlich durchgeschüttelt, denn sie ließ an sich selbst kein gutes Haar. Îch bin so fett geworden“, sagte sie. Die Beobachtung meinerseits dazu war, dass sie einen ziemlichen Hüftumfang hatte und wahrscheinlich Kleidergröße 48 oder 50 trägt. Ihr Gesicht war schmal, ebenso ihre Unterarme und ihre Hände. Wir sprachen ein bisschen über Gewicht und Selbstwahrnehmung. Dann kamen wir auf ein neues Thema, und sie erzählte, „ich bin so faul“. Die Beobachtung dazu war, dass sie nach einem langen Arbeitstag keine Energie mehr hatte, bei sich zu Hause längere Zeit Hausarbeiten zu verrichten. Wäsche und Putzen bleiben bis zum Wochenende liegen.

Die meisten von uns haben eine Richtschnur eingebaut, wie wir sein sollten, was wir tun müssen, damit wir ok sind, akzeptiert, geliebt werden. Wie-Worte, Adjektive beschreiben diesen erwünschten Zustand. Fleißig, pflegeleicht, atttraktiv, anständig, sparsam und sportlich. Abweichungen von diesem Bild werden mit Selbstabwertungen gestraft.

All diese Bewertungen lassen eines außer acht: Unsere Gefühle.
Ich glaube, unsere Gefühle sind älter als unsere Bewertungen. 157680 Stunden vergehen beim Menschen von der Geburt bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres. In dieser unfassbaren Zeit lernen wir täglich: Das ist richtig, das ist falsch. Wenn du das machst, hat Mami dich nicht mehr lieb und Papi schimpft mir dir. Und nur in Ausnahmefällen lernen wir: Wie geht es mir, wie geht es dir? Was brauche ich, und was brauchst du?
Das Denken in den Kategorien von Richtig oder Falsch trägt dazu bei, dass wir uns von unseren Gefühlen entfernen. Nach den Maßstäben unserer Eltern, der Gesellschaft, des Chefs oder der Partnerin zu leben heißt auch, von uns selbst und unserem inhärenten Wert entfremdet zu sein. Wir sind von Natur aus richtig, liebenswert, perfekte Wesen, egal was wir auf die Waage bringen, wie oft wir putzen oder zum Sport gehen.

Heute will ich auf die Wie-Worte in meinem Leben achten. Viele beinhalten eine Wertung. Ich bin bereit, sie in Gefühle und Bedürfnisse zu übersetzen und meine eigenen Maßstäbe zu finden.

In der Übungsgruppe

Hallo, Welt!

Ich habe ja bisher immer nur davon geredet, dass ich gern eine Übungsgruppe hätte. Doch gleichzeitig konnte ich nicht erkennen, wie ich die entsprechenden Ressourcen aktiviere, die Zeit, einen Raum, die Leute… Und das Weitergeben von GfK fand deshalb bisher fast immer 1:1 statt. Doch kürzlich fiel mir eine Übungsgruppe in den Schoß und gestern war ich das erste Mal da.
Was für ein außergewöhnlicher Abend! Drei Menschen, die Vorerfahrung haben, wollen GfK in ihr Leben bringen. Ich bin zutiefst berührt von ihrer Ernsthaftigkeit und gleichzeitig betroffen zu sehen, wie beschwerlich dieser Weg ist. Bin ich wirklich schon so weit gegangen? Ich erinnere mich genau an viele Situationen, in denen ich ebenso gedacht oder gehandelt habe wie meine neuen Gefährten. Die Begriffe Ichbezogenheit und Angriffsgedanken kommen mir dazu in den Sinn. Was ein anderer sagt oder tut hat eine, manchmal geheime Botschaft für mich. Und die ist oft genug: Mit dir stimmt etwas nicht! Was für ein Geschenk, mich allmählich davon befreien zu dürfen. Und wie schmerzhaft zu sehen, wie schwierig es ist, Beobachtung und Gefühl voneinander zu trennen! Was ist die Beobachtung? Was sind die Gefühle? Hm, das ist kein Gefühl, das ist eine Bewertung. Und was ist das Gefühl dazu?

Ich habe gestern Abend eine große Hilflosigkeit gespürt. Auf der einen Seite konnte ich erkennen, dass ich wirklich große Fortschritte gemacht habe. Auf der anderen Seite merke ich, dass ich in der Weitergabe von Wissen wirklich ganz am Anfang stehe. Wann ist es sinnvoll, den anderen zu unterbrechen? Wann sollte ich etwas sagen, wann die anderen erst kommentieren lassen? Wie kann ich respektvoll bei meinem Gegenüber sein und ihm dabei noch ein wenig praktische GfK vermitteln? Es war klar, dass ich nicht als übendes Mitglied in die Gruppe gehen würde. Ich war ja ausdrücklich gebeten worden, quasi für Input/Überblick zu sorgen, damit die anderen Teilnehmer entspannt üben können.

Seit zehn Jahren bilde ich Auszubildende aus. Gerade habe ich wieder eine junge Praktikantin, mit der ich täglich arbeite. Das fällt mir ziemlich leicht. Aber gestern Abend da zu sitzen, mit dem Kopf voller Wissen aber ohne innere Richtschnur, was ist hier gerade angemessen oder angebracht, das war schon eine besondere Erfahrung. Ich danke meiner Übungsgruppe, dass sie mir das vermittelt hat.

So long!

Ysabelle

Rundum schön…

Neulich legte mir ein Kollege eine Zeitungsmeldung auf den Tisch und meinte, „vielleicht kannst du damit was anfangen. Ich habe dem Thema ein wenig nachgespürt und schließlich beim Focus folgende, wie ich finde, spannende Geschichte gefunden.
Vielleicht habt Ihr Lust, mit mir darüber zu diskutieren.

Die wissenschaftliche Grundlage zu dem Thema gibt es hier.

Übrigens – ich wiege 72 Kilo.

So long…

Ysabelle

 

 

 

Übergewicht

Fremdbild beeinflusst das Selbstbild

Warum sich schlanke Frauen in ihrer Haut nicht wohl fühlen, Übergewichtige dagegen rundum zufrieden mit sich sind, liegt mit daran, welches Feedback sie von der Umwelt auf ihren Körper erhalten.
Eigentlich sprechen die Waage und der Spiegel die deutlichste Sprache. Dennoch ist es für Frauen weniger der eigene Blick auf den Körper, der das Selbstbild bestimmt, als vielmehr das Bild, das ihnen durch die Reaktion ihrer Umwelt widergespiegelt wird. Der größte Einfluss kommt dabei natürlich besonders nahestehenden Menschen zu.

Auf der anderen Seite sind Frauen aber sehr gut in der Lage, auf ihre innere Stimme zu hören, was ihrem Körper gut tut und was nicht. Das gelingt ihnen umso besser, je positiver die Signale sind, die sie von außen empfangen. In diesen Fällen richtet sich der Fokus zunehmend weg von der eigenen Optik hin zur Gesundheit des Körpers. In der Folge steigt ihre Wertschätzung für sich selbst an. Je höher die Wertschätzung, desto besser ist das Bewusstsein für das eigene Hunger- und Sättigungsgefühl. Frustessen oder Essen, ohne hungrig zu sein, werden seltener. Das zeigt eine Studie von Forschern der Ohio State University, die im „Journal of Counseling Psychology“ erschienen ist.

Die Hälfte aller Frauen mag ihren Körper
Andere Studien hatten gezeigt, dass 50 Prozent der Frauen ihren Körper in Ordnung finden. Die aktuelle Studie von Tracy Tylka und Kollegen sollte nun ergründen, wieso einige Frauen zu einer gelassenen Einstellung finden, während andere dauerhaft unzufrieden sind.

Dazu erstellte sie ein sogenanntes Akzeptanz-Modell anhand von Angaben von Frauen im College-Alter. Darin enthalten sind Faktoren, die beeinflussen, ob Frauen ihre Körper schätzen und dementsprechend vernünftig essen. Dieses Modell weitete Tracy Tylka für die Studie auf Frauen zwischen 18 und 65 aus. Die 801 Teilnehmerinnen ordnete sie drei Gruppen zu: junge Frauen zwischen 18 und 25, Frauen zwischen 26 und 39 und Frauen zwischen 40 und 65.

Positives Feedback für ein stärkeres Ego
Alle wurden dazu befragt, wie gut sie sich sozial angenommen fühlten, ob sie glaubten, ihnen nahestehende Menschen, die Gesellschaft oder die Medien akzeptierten ihren Körper, wie wichtig es ihnen war, dass ihr Körper gut funktioniert, wie sie ihren Körper selbst empfanden und ob sie intuitiv essen.

Insgesamt waren die Wege zur Wertschätzung des eigenen Körpers und zu intuitivem, gesundem Essverhalten für alle Altersgruppen gleich. Frauen, die sich sozial geborgen fühlten, gingen eher davon aus, dass andere ihren Körper akzeptierten – mit allen positiven Folgen wie einem gesünderen Essverhalten und einer ausgeglicheneren Einstellung zu sich selbst.

Ältere leiden eher unter Übergewicht
Teilnehmerinnen der älteren Gruppen litten stärker unter ihrem Übergewicht als jüngere. Für Frauen zwischen 26 und 39 lag der Fokus dagegen eher auf der Gesundheit des Körpers. „Wir haben überlegt, ob junge Erwachsene im fortpflanzungsfähigen Alter eher auf ihren Körper als ihre Figur achten, auch im Hinblick auf Nachwuchs. Danach nimmt diese Wertschätzung aber wieder ab“, sagt Tracy Tylka.

Der Body-Mass-Index beeinflusste das Essverhalten in den zwei älteren Frauengruppen – sie aßen seltener analog ihres Hungergefühls, sondern orientierten sich an Kalorientabellen. „Das könnten bedeuten, dass dickere Menschen sich durch andere unter Druck gesetzt fühlen, abzunehmen. Deshalb setzen sie sich auf Diät und hören nicht mehr auf ihre innere Stimme“, mutmaßt Tracy Tylka. „Möglicherweise beginnen diese Frauen mit der Zeit, ihrem Körper zu misstrauen, auch im Hinblick darauf, ob sie Hunger haben oder satt sind.“ Die jüngeren Frauen zeigten keinen Zusammenhang zwischen BMI und Essverhalten.

Sei so, wie du bist

Heute entspanne ich mich und bin in meinen Beziehungen so, wie ich bin. Ich tue das nicht in unangemessener oder herabsetzender Weise, sondern in einer Weise, die zum Ausdruck bringt, dass ich mich selbst annehme und mich als die Person schätze, die ich bin. Hilf mir, Gott, dass ich keine Angst mehr habe, ich selbst zu sein.

Melody Beattie, Kraft zum Loslassen vom 5. März

Am 17. Februar hatte ich dieses Thema angefangen. Ausgelöst wurde das Posting durch die Erzählung einer Freundin. Sie erinnerte sich an ein Geschehen aus Kindertagen, als jemand in einer bestimmten Situation zu ihr sagte „Und jetzt kommst du noch mal zur Tür herein und sagst es noch mal.“

Irgendwas kam dazwischen und so fand ich heute nur die Überschrift und diesen ersten Teil der Geschichte vor, verbunden mit dem Stichwort Augenhöhe, aber ich konnte die Originalgeschichte nicht abrufen. Das macht nichts, denn heute hatte ich selbst ein „Sei so wie du bist“-Erlebnis,

Heute habe ich eine Nachricht an jemanden geschrieben, den ich kaum kenne. In diesen Zeilen habe ich deutlich gesagt, wie es mir mit einer bestimmten Situation geht und was für mich wichtig ist.

Später habe ich die Nachricht kopiert und an eine Freundin geschickt mit der bangen Bitte um Mitteilung, ob ich zu forsch gewesen sei.
Das bestätigte sie mir gern. Ja, das war ein bisschen forsch.

In meinen freien Minuten habe ich seither gegrübelt, warum ich die Freundin um ein Urteil bitte und ihr selbst schon meines anserviere.
Und ich kam zu dem Ergebnis, dass ich Angst habe, nicht gut genug zu sein, dass mit mir, an mir etwas falsch ist. Ich soll, ich darf nicht so sein wie ich bin, weil andere mich dann vielleicht doof, forsch, kleinlich, albern oder sonstwas finden. Ich muss mich in meinem Verhalten danach ausrichten, bei anderen möglichst gut anzukommen.

Puh. 2007 habe ich mit GfK angefangen und ich betreibe es sehr ernsthaft. Und dann finde ich auf einmal diese alten Glaubenssätze, die mir so viel Schmerz verursachen. Und ich verstehe: Wenn ich mich selber auf diese Weise in Frage stelle, bewege ich mich nicht auf Augenhöhe mit meinem Gegenüber. Wenn ich mich nicht traue, mich so zu zeigen wie ich bin, mache ich mich klein und räume dem anderen Macht über mich ein. Macht über mich zu urteilen, mich richtig oder falsch zu finden. Wie will mich doch der GfK-Autor Kelly Bryson ermutigen? Sei nicht nett, sei echt!

Heute will ich mir ins Gedächtnis rufen: Mit mir ist nichts falsch. Ich darf genau so sein, wie ich bin. Wenn andere mein Verhalten schwer nehmen können, liegt das nicht in meiner Verantwortung. Ich bin verantwortlich mein mein Tun und mein Unterlassen, aber nicht für die Urteile anderer.

Neiiiiinnn…

Hallo, Welt!

Mein Sohn und meine Schwiegertochter haben mir heute einen Vorschlag gemacht. Die Idee hat für beide Seiten Vorzüge, für mich aber auch deutliche finanzielle Nachteile/Verluste. Und ich merke, wie schwer es für mich ist, nein zu sagen. Wenn es doch so viele gute Gründe für ein Ja gibt, vor allem für andere, wie kann ich dann nein sagen?

Heute Abend habe ich versucht, einen Vorstoß in Sachen Bedürfnisse zu machen. So ganz hat es noch nicht geklappt, vielleicht weil ich selbst so verstrickt bin. Ach, GfK ist so viel einfacher, wenn man nicht selbst betroffen ist.

Ich bleibe dran.

So long!

Ysabelle

Bei Pauli

Hallo, Welt!

Ich habe schon ein paar Jahre gesagt, ich würde gern mal ein Spiel vom FC St. Pauli sehen. Mich fasziniert das Selbstbild der Fans, die Haltung.

Vor ein paar Tagen bekam ich die SMS eines Kollegen, er habe eine Karte für das Spiel gegen Schalke übrig, ob ich Lust hätte mitzukommen?

Gestern war es also so weit. Gegengerade, Stehplatz. Von 19.30 bis 22.30 Uhr eingepfercht zwischen Fußball-Fans. Es war ein großes Erlebnis. Als ein Schalker Spieler nach wenigen Minuten verletzt vom Platz getragen werden musste, applaudierten die Paulianer. Ich war irritiert und fragte warum. „Als Respekterweisung für den verletzten Spieler.“ Donnerwetter! Als Schalke nach Ansicht eines Fans hinter mir arg bevorzugt wurde durch den Schiedsrichter, haute er mit seinem Bier um sich und kippte es einem Schalke-Fan in den Rücken. Später hat er sich zwei Mal entschuldigt, es sei mit ihm durchgegangen und er meine keineswegs den Schalke-Fan persönlich… Unglaublich.
Das Spiel wurde in der 88. Minute abgebrochen, weil von der Tribüne ein Bierbecher geworfen worden war und den Linienrichter getroffen hatte. Da stand es 0:2 für Schalke, und der Schiedsrichter hatte einem Paulianer eine rote Karte gegeben, wo gelb auch gereicht hätte. Die Pauli-Fans waren entsetzt, ärgerlich, frustriert und traurig.
Überall Menschenmassen. das Stadion ist direkt am Dom, 24000 Menschen wälzten sich vom Millerntor über das ohnehin schon volle Heiligengeistfeld. Mir liefen die Tränen, denn mein Kollege und sein Mann begleiteten mich so fürsorglich durch die Katakomben des Stadions, über Stufen und Kabel, durch Absperrungen und Menschenmassen bis zu einem Taxenstand an der Feldstrasse. Ich habe in diesen Minuten so viel Wertschätzung, Fürsorge, Schutz, gesehen werden erlebt, ich kann mich kaum an eine andere Lebenssituation erinnern, in der mir das so deutlich geworden ist. Es war so kostbar, am liebsten wäre ich tot umgefallen und hätte dieses schone Erleben für immer bei mir behalten. Jetzt, nur einen halben Tag später, verblassen diese tiefen Gefühle der Dankbarheit und des Glücks schon wieder. Und ich schreibe die Geschichte hier auf, damit sie nicht in Vergessenheit gerät.
Und ich merke mir, dass mir diese Art von Fürsorge ganz wichtig ist (ich bin ja stark sehbehindert), und ich möchte mich mehr mit Menschen umgeben, die in dieser Weise liebevoll mit mir umgehen. Diese Wahl habe ich.

So long!

Ysabelle

Neue Wege gehen

Hallo, Welt!

Vor ein paar Wochen habe ich einen banalen Fragebogen ausgefüllt und ohne Nachdenken angekreuzt, ich wolle Dinge anders machen.

Heute fragte mich jemand: Was willst du denn anders machen?

Ich war verblüfft und ratlos. Ja, wie will ich denn heute leben? Nach welchen Werten will ich mein Leben ausrichten?

Heute sind mir zwei Werte noch einmal sehr bewusst geworden. Ich weiß schon länger, das „Verlässlichkeit“ für mich ein wichtiges Thema ist. Das Bedürfnis dahinter ist Sicherheit. Ich möchte mein Leben planen können. Natürlich gibt es immer Dinge, die dazwischen funken können. Ich glaube, es war John Lennon, der gesagt hat, „Leben ist, was passiert, während du andere Pläne machst“. Aber wenn es Verabredungen gibt, möchte ich darauf vertrauen können, dass sie eingehalten werden.

Und jetzt habe ich festgestellt, dass mir auch Transparenz total wichtig ist in meinem Leben. Und ich merke, dass fehlende Transparenz wirklich ein dickes Thema in meinem Leben ist. Was passiert eigentlich gerade bei dir? Was geht in mir vor? Welche Auswirkungen hat das für dich, für mich, für unsere Beziehung? Über viele Jahre habe ich mit großer Unsicherheit gelebt und Strategien entwickelt, wie ich vermeintlich kontrollieren kann, was geschieht.

Das will ich heute nicht mehr. Ich wünsche mir Transparenz, Verbindung, Klarheit, Ehrlichkeit, Sicherheit und Unterstützung. Es macht mich traurig zu realisieren, dass solche „banalen“ Bedürfnisse bei mir so lange im Mangel waren.

So long!

Ysabelle

Grenzen

Hallo, Welt!

In meinem Bemühen beizutragen hatte ich mir an diesem Wochenende zwei dicke Brocken gegönnt.

Ein Freund hatte ein Anliegen bezüglich eines anderen Freundes.

Er hatte eine Mail bekommen, die nicht sein Bedürfnis nach Verbindung, Nähe und Unterstützung erfüllte. Er bat mich, ihm bei der Formulierung der Antwort zu helfen.

Es war für mich total klar, dass er in erster Linie Empathie brauchte.  Zum Glück hatten wir auch Gelegenheit, miteinander zu sprechen.

Zum Schluss habe ich dann einen Entwurf für eine Antwort zusammengezimmert, und inzwischen hat mein Freund auch schon eine Antwort, die in meinen Augen wieder eine Tür geöffnet hat.

Öhöm. Ich glaube, das liest sich ziemlich wirr.

Ja, und dann habe ich versucht, einem anderen Freund Empathie zu geben, der anscheinend ziemlich in Not ist. Per Mail.

Und da bin ich eindeutig an meine Grenzen gekommen. Obwohl es eine ziemlich genaue Schildung gab, was geschehen war (Beobachtung), bin ich mit meinen Vermutungen in Bezug auf Gefühle und Bedürfnisse total ins Schwimmen geraten. Es fühlte sich an, als würde ich Bauklötzchen aus Vermutungen aufeinandertürmen und bewege mich doch auf schwankendem Fundament. Das las sich dann so:

(Ausschnitt)

Hattest Du zu diesem Zeitpnkt Gefühle wie

ängstlich
angespannt
beklommen/besorgt
vielleicht dumpf
erschlagen
erschöpft
hilflos
irritiert
miserabel
nervös
scheu

???

(brauchtest Du Schutz, Sicherheit, Vertrauen und Gesehen werden?)

Es fiel Dir schwer, Dich zu konzentrieren.

Habe ich das richtig verstanden?

Als Du Deine Körperhaltung überprüftest, hattest Du die Sorge, Du könntest eingeschafen gewesen sein.

Fühltest Du an dieser Stelle Scham, Angst und Schreck?

(War es Dir wichtig, den anderen Teilnehmern und dem Seminarleiter Wertschätzung und Respekt zu signalisieren?)

Als nächstes stellte Z.  ihr Repräsentantenteam zusammen. Du wurdest nicht gebeten, daran teilzunehmen.

Löste dieses Vorgehen bei Dir folgende Gefühle aus???

einsam
traurig
erschöpft
hilflos
unglücklich


(war es Dir wichtig, mit beizutragen? Wolltest Du gern gesehen werden?)

Schließlich bist Du – mutmaßlich durch A’s Bemerkung und B.’s Frage als Unterstützung von Z. zum Einsatz gekommen.

Nachdem die Aufgabe beendet war, sagte B., es gebe eine Pause.

Diese Information löste bei Dir folgende Gefühle aus (??? ich rate!)
Irritation
Unbehagen
Einsamkeit
Hilflosigkeit

und fehlten Dir zu diesem Zeitpunkt
Verbindung
Verstehen
Klarheit
Struktur
Unterstützung

???

Als B. wieder in den Raum kam, wurde getanzt, und Du spürtest, wie sich Deine Einsamkeit ein wenig löste. An Deinem grundsätzlichen Unbehagen änderte sich aber nichts.

Habe ich das bis hier hin richtig verstanden???

Nach dem Tanzen gab es eine neue Aufgabe und Dir wurde A als Partner zugeteilt. Das war gerade der Mensch, mit dem Du die Aufgabe am wenigsten gern gemacht hättest.

B. sagte, „du sollst nicht so verschlossen sein“.

Als Du das hörtest, fühltest Du Dich da

klein,
elend,
deprimiert
furchtsam
traurig

???

und fehlten Dir Respekt, Gesehen werden, Schutz und Vertrauen?

Ich habe den Versuch schließlich abgebrochen. Das erschien mir einfach unsolide und mir fehlten Verbindung und Austausch. Insgesamt haben mich diese beiden Brocken rund fünf Stunden beschäftigt.

Und andere Sachen sind wieder liegen geblieben.

Ich bin frustriert, weil ich nicht alles geschafft habe, was mir wichtig war. Wann werden endlich die 30-Stunden-Tage geliefert?

Ach, ich vergaß… ich habe mir an beiden Wochenend-Tagen einen Mittagsschlaf gegönnt. Ich habe für mich gekocht und ich war heute Abend ein bisschen spazieren. Selbstfürsorge… Das ist etwas, das mir noch immer schwer fällt. Aber ich bin auf dem Weg.

So long!

Ysabelle

Brief aus Tokio

Hallo, Welt!
Beim Blättern in der heutigen TAZ fand ich den folgenden Artikel, der mich sehr berührt hat. Er stammt von einer Schriftstellerin, die in Tokio lebt. Ich habe ihn bei TAZ online gefunden und stelle ihn hier (heimlich) ein, mit der Bitte, kauft doch ab und zu mal ne TAZ, da stehen echt spannende Themen drin, die man woanders so nicht findet… Und ich erlaube mir, die Stelle zu fetten, die mich besonders angesprochen hat.

So long!

Ysabelle

Ich entscheide mich zu leben
BLEIBEN Massenweise besorgte E-Mails und Anrufe, ständiges Grübeln bis zum Schlechtwerden, aber endlich Vollmond in Tokio. Ein Brief

VON AKIRA KURODA

Es gibt im Leben entscheidende Momente. Man könnte auch sagen: Jeder Moment im Leben ergibt sich aus Entscheidungen. Gestern war ein seltsamer Tag, und ich musste mir über meine Entscheidungsprozesse klar werden; obwohl seit dem Erdbeben jeder Tag ziemlich merkwürdig ist, fühlt es sich fast so an, als habe unsere Wirklichkeit eine zusätzliche Ebene erhalten.

Letzte Nacht bin ich im Haus einer Freundin geblieben. Sie hatte sich in der Nacht zuvor bei einem Nachbeben das Bein gebrochen. Sie lebt in einem tollen Haus mit Wendeltreppe, und es ist ein ziemlich solides Betongebäude, aber im Moment leiden wir alle unter Informationsüberlastung und sind fürchterlich sensibel. Als dieses ziemlich heftige Nachbeben eintrat, war sie so panisch, dass sie ihre Wendeltreppe hinunterfiel; sie stieß sich ziemlich schlimm am ganzen Körper und hatte ungewöhnliche Schmerzen. Aber es war mitten in der Nacht, und deswegen wartete sie bis zum Morgen, um zum Arzt zu gehen. Ich hatte wenig Lust, alleine in meiner Wohnung zu bleiben, also ging ich zu ihr. Sie ist eine meiner engsten Freundinnen.

Auf dem Weg zu ihrem Haus entdeckte ich, dass ich die Dinge anders wahrnehme. Schauen Sie sich um: Sind Sie im Büro? In einem Café? Im Zug? Sind es Fremde? Wenn etwas passiert, sind das Ihre Mitspieler. Das ist Ihr Team. Völlig Fremde bekommen eine ganz neue Bedeutung.

Wie auch immer. Sie kennen die Nachrichten, es geht ja nicht mehr nur um das Erdbeben, sondern um Radioaktivität. Bisher kannte ich das Wort „Radioaktivität“ nur als Song von Kraftwerk, aber nun bekommt es einen anderen Klang. Ich bekomme mit, wie alles stündlich ernster und heftiger wird. Trotzdem weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich die Situation „voll“ verstehe.

Ich bekomme viele Anrufe und E-Mails von meinen Freunden. Sie sagen mir alle, ich soll mich sofort in Sicherheit bringen, viele meiner Freunde haben die Stadt verlassen und bekamen unglaubliche Mengen von Gerüchten weitergeleitet, die angeblich „die Wahrheit“ enthalten über das, was uns bevorsteht. Meine Eltern riefen an und bettelten, ich möge mit ihnen einen „sichereren“ Ort aufsuchen, also unser kleines Haus in den Nagano-Bergen. Ich merkte, dass meine Eltern die Situation so ruhig wie möglich meistern wollen, aber selbst sie sagten, dass sie darüber nachdenken, das Land zu verlassen. Mein Mobiltelefon empfing rastlos und tonnenweise sogenannte Wahrheiten, Drohungen und Propaganda, verrückte Massen von Worst-Case-Szenarien. Von all diesen Mails oder Tweets und dem Gespräch mit meinen Eltern wurde mir schwindlig, mir wurde schlecht, richtig körperlich schlecht. Ich dachte, ich müsste mich übergeben. Also betrachtete ich aufmerksam meinen Gemütszustand und merkte, dass ich sehr angespannt war. Völlig gestresst.

Wer sagt, was normal ist?

Es gab Entscheidungen zu treffen. Ich besaß zufällig ein Ticket nach Okinawa für das Wochenende; ich hatte vor dem Erdbeben geplant, dort Freunde zu besuchen. Und ich machte mir Sorgen um meine Eltern; es gab mit auch zu denken, dass viele Freunde in den Westen Japans reisen. Oder ich könnte in Tokio bleiben. Sollte ich eine Münze werfen? Nein. Ich wusste: Es ist Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Ich musste mich entscheiden, ohne es hinterher zu bereuen. Ich musste hundert Prozent sicher sein: nicht darüber, welcher Ort am „sichersten ist“ – denn unter den gegenwärtigen Umständen kann man das nicht beurteilen, das Erdbeben scheint sich nach Süden zu bewegen -, sondern darüber, was ich will, wohin es mich zieht. Ich musste mir selbst darüber klar werden, was mir am wichtigsten ist. Ich wusste: Normalerweise müsste ich bei meinen Eltern sein, oder? Aber wer sagt, was normal ist? Die anderen? Dann brauchen wir wohl gar nicht nachzudenken, bevor wir entscheiden?

Gleich nach dem Erdbeben entschied ich mich zu leben. Ich wählte das Leben. Sicher, ich liefere mich vollständig aus, aber das heißt nicht, dass es mir egal ist, ob ich lebe oder nicht. Es ist mir NICHT egal. Es war nicht „Ich will leben“, sondern: Ich ENTSCHEIDE mich zu leben. Auch wenn ich das nicht ganz allein entscheiden kann, sollte ich wenigstens eine Forderung an das Universum und das Schicksal stellen, oder? Mein ganzer Körper fordert Leben. Und ich fühle den Drang, mit Ihnen weiter darüber zu reden, was ich fühle und denke, denn ich will es teilen.

Es gibt einen schmalen Grat zwischen Optimismus und Realitätsverleugnung. Optimist zu sein, heißt, glaube ich, immer ruhig zu bleiben und abgeklärt urteilen zu können. Man kann sich so leicht etwas vormachen, indem man nicht nachdenkt oder die Situation ignoriert, und dann wird man Nihilist oder Romantiker. Aber Optimisten, so wie ich sie definiere, müssen an sich glauben, sich selbst lieben und vertrauen und ihre Verantwortung für sich selbst begreifen. Die Frage sollte lauten: Mit welcher Entscheidung bin ich am meisten zufrieden? Es gibt kein Richtig oder Falsch, keine „korrekte“ Antwort im Leben wie in einem Fernsehquiz. Aber es gibt eine Antwort, deine eigene Antwort.

Ich versuchte, nicht linear zu denken, mich von all den Informationen nicht ablenken zu lassen, sondern primitiver vorzugehen: meinen Instinkt zu nutzen. Und dann fand ich zum Glück meine eigene Antwort. Ich bleibe bis zum Wochenende in Tokio, dann fahre ich nach Nagano, wo meine Eltern sind.

Warum gehe ich nicht sofort? Ich werde es Ihnen sagen.

Dieses Wochenende ist Vollmond. Wegen Stromknappheit sind in Tokio jetzt die meisten bunten Neonlichter abgeschaltet. Zum ersten Mal in meinem Leben gibt es in Tokio annähernd richtige Dunkelheit. Ein Freund, der auch in Tokio bleiben will, möchte mit mir in der Vollmondnacht ausgehen. Wir werden unter dem Mondlicht spazieren gehen. Cool, nicht wahr?

Dieser Plan kann sich schnell wieder ändern, denn ich folge einfach meinem Instinkt. Ich erlaube mir, so flexibel zu sein wie möglich. Ich verspreche, nichts außer ehrlich zu sein. Vielleicht werde ich morgen in Nagano sein. Ich weiß es nicht.

Was auch immer geschieht: Ich werde Ihnen weiter schreiben. Oh, ich möchte Ihnen von interessanten Gesprächen berichten, die ich heute in meinem Lieblingscafé in Shinjuku führte. Vielleicht nächstes Mal. Ich muss Ihnen nochmals danken, denn Ihnen zu schreiben hilft mir, in diesen außergewöhnlich gewöhnlichen Tagen mein Gleichgewicht und meinen Verstand zu bewahren. Danke!

Aus dem Englischen von
Dominic Johnson

Optimisten, so wie ich sie definiere, müssen an sich glauben, ihre Verantwortung für sich selbst begreifen. Die Frage sollte lauten: Mit welcher Entscheidung bin ich am meisten zufrieden? Es gibt kein Richtig oder Falsch

Akira Kuroda

geboren 1977 im Großraum Tokio, ist eine japanische Schriftstellerin. Für ihren Roman „Made in Japan“ erhielt sie 2000 den Bungei-Debüt-Preis. Sie lebt in Tokio.

Kraut & Rüben (6)

Hallo, Welt!
Heute habe ich gemerkt, dass ich in manchen Situationen eine ganz niedrige Frustrationsschwelle habe. Ich versuchte einer Kollegin aus einer anderen Abteilung zu verdeutlichen, was ich von ihr wollte. Als ich auch bei der dritten Wiederholung nicht verstanden wurde, war ich kurz davor, wie das berühmte HB-Männchen in die Luft zu gehen. Ich brachte noch solche Sätze raus wie „ich bin gerade sehr frustriert, weil ich das jetzt drei Mal beschrieben habe und noch immer nicht verstanden bin. Was kann ich dazu beitragen, dass Sie verstehen, was ich von Ihnen brauche?“

Offensichtlich sprach ich von Äpfeln und sie dachte an Birnen. Letzten Endes habe ich die Bilder dessen, was ich von ihr wollte, auf den Kopierer gelegt und dann eine Kopie in ihre Abteilung getragen. Diese Strategie hat dann funktioniert. Junge, Junge, war ich wütend…

Ähnlich wütend war heute Mittag ein Kollege. Er hatte in einer Konferenz die Bemerkung eines Kollegen über die Einhaltung von Zeitplänen persönlich genommen und wütete anschließend über mangelnde Flexibilität und fehlendes Verständnis für die aktuelle Situation. Ich konnte ihm Empathie geben und habe es mit letzter Kraft geschafft, nicht ratzuschlagen, sondern ihm stattdessen Arbeit abzunehmen. Wir waren uns einig, dass klare Bitten in so einer Situation unglaublich hilfreich sind.

Der Fühler meiner Heizung ist kaputt. Jetzt denkt die Therme, es wäre Sommer und stellt das Heizen ein. 15 Grad hatte ich heute Morgen. Heute Abend ist es wieder kuschelig warm, weil zum einen der Monteur da war und den Fühler ausgetrickst hat (der neue kommt erst morgen…), und weil zum zweiten eine Freundin hier Sitzwache gehalten hat und und den Monteur reingelassen. Ich bin total dankbar dafür. Ach, ohne Freunde wäre das Leben doch freudlos!

Mehr gibt mein Gehirn im Moment nicht her. Komisch, wieso bin ich so erschöpft und kaum in der Lage, hier aktiv weiter zu machen? Die Arbeit schlaucht ziemlich im Moment. Und es gibt wenig, was mich aufbaut. Wahrscheinlich auch eine Nebenwirkung von Japan. Da will sich Leichtigkeit und Energie nicht so recht einstellen.

Aber: Ich bin dabei, meine persönliche AKW-freie Zone einzurichten. Am Wochenende wird zertifizierter Öko-Strom bestellt, der Antrag war gestern im Briefkasten.
Und ich werde den zweiten Kühlschrank stilllegen, der eh nur die Getränke kühlt. Das spart 160 Kilowattstunden im Jahr. Ich habe den Ausschalter vom Drucker gefunden (…) und ich habe die Abspielstation für den IPod am Bett stromlos gemacht. Ein Jahr wurde sie jetzt nicht benutzt, sie lief aber noch immer standby. Jetzt nicht mehr.

Zum Glück hat ein Freund bei mir ziemlich viele Schaltsteckdosen verlegt. Damit kann ich jetzt Fernseher und Satellitenempfangsanlage mit einem Knopfdruck stromlos schalten. Und ich tue es auch. Nachhaltigkeit ist hier das Stichwort. Ausgerechnet bei Facebook fand ich dazu heute folgende großartige Liste:

Die 5 Regeln der Permakultur im Umgang mit Konsumgütern:
1. refuse – vermeide
2. reduce – reduziere
3. reuse – verwende nochmals
4. repair – repariere
5. recycle – verwerte es wieder
und zwar in der Reihenfolge!!!

Das möchte ich gern stärker in mein Leben integrieren.

So long!

Ysabelle

Kernschmelze

Hallo, Welt!


TV-Kritik „Anne Will“
Ist der GAU notwendiges Übel?

Was treibt Wolfgang Herles an? Der einstige Politikjournalist, der auf dem Ticket der Union durch das Öffentlich-Rechtliche ritt, bis er wegen Kritik an Helmut Kohl in Talkshows und Kultursendungen verbannt wurde, vertrat die Sache der Atomkraft bei Anne Will derart dumm, dreist und unverschämt, dass tiefe persönliche Überzeugung nicht zur Begründung ausreicht. Das müsste man dann schon Verblendung nennen.

Herles sagte im Angesicht des Fast-, Noch-Nicht- oder Dann-Doch-Gaus im japanischen Reaktor Fukushima so schlaue Sachen wie „für den Autoverkehr gehen wir doch auch enorme Risiken ein“ oder „die deutschen Atomkraftwerke sind heute nicht gefährlicher als am Freitag“. Nur wegen „ein paar Gefahren bei Kernkraftwerken in Japan“ müsse man doch nicht über den deutschen Atomausstieg neu nachdenken, zumal der eh nichts nütze, wo doch China, Tschechien und Großbritannien munter weiter Meiler mauerten.

Sigrid Klausmann-Sittler, Dokumentarfilmerin, Atomkraftgegnerin und Ehefrau des prominenten Stuttgart-21-Ablehners Walter Sittler, musste sich von Herles anhören, ihre (allerdings nicht immer stringenten) Äußerungen seien „deutscher Idealismus“. Als der Aspekte-Moderator als Replik zu einer eher abgewogen atomkritischen Äußerung von Wolfgang Huber, ehemaliger Vorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wahlkampf und Parteipolitik argwöhnte, da konnte man fast meinen, dem Christenmenschen blitze die Mordlust aus dem Antlitz. Huber wurde laut. Für seine Verhältnisse.

Gestern Abend habe ich bei „Anne Will“ reingeschaut und mich sehr über die Aussagen von Wolfgang Herles geärgert. Er verglich die Anzahl der Opfer der Kernenergie mit der Anzahl der Verkehrstoten und meinte, bei den Leuten, die so vehement gegen Kernkraft-Nutzung seien, seien wohl die Brennstäbe im Gehirn nicht gekühlt oder die Steuerstäbe nicht runtergefahren…

Vor ein paar Wochen habe ich ja in einem GfK-Seminar über Wut und Ärger teilgenommen.
Eine der Aufgaben für die Teilnehmer war, ihre Wut wahrzunehmen und dafür ein Symbol zu finden.
Zuerst habe ich diese Aufgabe überhaupt nicht verstanden. Was für ein Symbol?

Die Beiträge der Teilnehmer waren für mich unglaublich bereichernd.
Sie erlebten ihre Wut als
– einen Blitz, der mich trifft
– eine Faust
– Erstarrung wie in der Ritterrüstung
– einen Elefanten mit schaukelndem Rüssel, wie Hospitalismus
– ich bin in einem eisernen Ring, wie der Eiserne Heinrich
– ein Krokodil
– einen Schnellkochtopf

und mir fiel ein Mensch ein, der schon vor langen Jahren zu mir sagte, wenn ich wütend werde, ist das, als ginge ein roter Vorhang runter und ich nehme nichts mehr wahr.
So kann es gehen mit Wut und Ärger.
Und bei all meinem Ärger über Wolfgang Herles und seinen Vergleich zwischen Kernkraft und Autounfällen hat er mir doch ein wundervolles Bild geschenkt.

Wenn Wut im Gehirn eine Kernschmelze auslösen kann, in der wir weder uns noch unser Gegenüber wahrnehmen,
dann ist die Gewaltfreie Kommunikation wie die Steuerstäbe in einem Reaktorgefäß, die verhindern, dass wir in die Luft gehen…

So long!

Ysabelle

Tsunami, Kernschmelze, Wortlosigkeit

Hallo, Welt!

Seit heute Morgen läuft bei mir nonstop der Fernseher. Mein Do-nothing-day ist gecancelt. Dafür ist die Bügelwäsche erledigt, das macht sich ja leicht vor dem Fernseher. Ich bin noch immer wie erschlagen von den Bildern und von diesem unbeschreiblichen Elend. Es gäbe ein paar GfK-Themen aus den vergangenen Tagen über die ich eigentlich schreiben wollte. Aber im Moment kann ich noch nicht zur Tagesordnung übergehen.

So long!

Ysabelle

Verantwortung den Gift-Zahn ziehen

Hallo Leute!

Ysabelle hat heute einen Artikel unter der Überschrift „Ich war’s“ gepostet, in dem es darum geht, Verantwortung zu übernehmen. Die Idee gefällt mir, doch an der Sichtweise der Kirchen gibt es einiges, was mich stört und was meiner Meinung nach besser auseinandergehalten wird. Ich hoffe, dass dieser Text von mir, den ich vor einigen Monaten angefangen und leider bisher nicht beendet habe, zur derzeitigen Diskussion über V. beitragen kann.

Arno Gruen, ein bekannter Psychoanalytiker, sagte einmal sinngemäß, dass Sprache nicht nur die Aufgabe hat, unsere Wahrnehmungen zu kommunizieren. Vielmehr wird durch unsere Sprache unser Denken geformt und auf diese Weise auch unsere Wahrnehmung. Wie ich die Welt sehe und über sie denke hängt also davon ab, welche Begriffe ich benutze, um sie zu beschreiben.

Zum Erlernen der GFK gehört für mich, meinen Wortschatz durch neue Formulierungen zu bereichern, alte auszumisten oder neu zu betrachten um mir ein stimmigeres Bild von den Vorgängen um mich herum zu malen. Eines dieser Wörter ist Verantwortung.

Ich bin für mich und meine Taten verantwortlich, nicht dafür, wie sie bei anderen Leuten ankommen. Andere Leute sind für ihre Taten verantwortlich, nicht für die Gefühle, die sie bei mir auslösen. Soweit alles noch GFK-Basiswissen, schnell gelernt, noch schneller dahingesagt.

Aber was genau bedeutet es für mich, Verantwortung zu übernehmen?

Besteht in der GFK ein Unterschied zu dem, was wir lebenslang gelernt haben?

Ich glaube Erich Fromm hat geschrieben, dass Verantwortung mit antworten zu tun hat. Ich kann zum Beispiel auf meine Umwelt antworten indem ich mich für ein bestimmtes Verhalten entscheide. Ich kann auf die Frage nach den Gründen meiner Handlung antworten. Insofern stehe ich zu mir und meinen Entscheidungen und übernehme dafür die Verantwortung.

Überwiegend scheint aber eine ganz andere Bedeutung hinter dem Wort zu stehen. In unserem gängigen Sprachgebrauch wird leider kaum zwischen Verantwortung, Pflicht und Schuld unterschieden.

Wikipedia schreibt zum Beispiel : „Der Begriff ist das Substantiv zu ‚verantworten’ von mittelhochdeutsch ‚verantwürten’ mit der ursprünglichen Bedeutung ‚sich als Angeklagter vor Gericht verteidigen’“.

In Sätzen wie „Übernimm endlich Verantwortung!“ oder „Der Schuldige wurde zur Verantwortung gezogen“ steckt also einiges mehr drin.

Oft geht es hinter den Worten in Wirklichkeit darum, zu gehorchen und seine Pflicht zu erfüllen, manchmal auch darum, den „Mut“ aufzubringen, eine Strafe für Ungehorsam, Fehlverhalten oder Regelbrüche zu akzeptieren. Womit in Wahrheit natürlich gemeint ist, sich wieder der Macht anderer zu beugen. Folgende Sätze aus der Fasten Mail machen das wie ich finde sehr deutlich: „Wer sich traut, „Mein Fehler“ zu sagen und um Entschuldigung zu bitten, ist stark. Auch wenn man zunächst Kritik auszuhalten hat – am Ende erntet man Respekt.“

Spürt mal bei euch selber nach, welche Nebenbotschaften für euch in solchen Sätze enthalten sind. Was bedeutet es für euch, wenn ihr sie lest?

Ist Verantwortung für euch eher angenehm oder unangenehm besetzt?

Wichtig ist mir hierbei nicht einfach sprachliche Genauigkeit um des klaren Ausdrucks willen. Es geht vielmehr darum, überhaupt  die nötigen Worte zu haben, um über wichtige Prozesse nachdenken zu können. Solange ein Wort wie Verantwortung mehrfach mit Bedeutungen aufgeladen ist (Schuld, Pflicht, Gehorsam, …) ist es schwer, nur über eine einzelne Sinnschattierung zu sprechen und nachzudenken. Die anderen Bereiche, insbesondere in unserem Gefühlsgedächtnis, werden von unserem Gehirn immer gleich mit aktiviert .

Nun sind Pflicht und Schuld sehr unangenehme Konzepte, weil sie u.A. die Bedürfnisse nach Selbstbestimmung und Unversehrtheit beeinträchtigen. Wenn unser alltäglicher Sprachgebrauch also diese Prozesse vermischt, so dass wir nicht mehr klar unterscheiden können, was genau gemeint ist, wird es verständlich, wieso viele diesen Stricken aus dem Weg gehen und lieber keine Verantwortung übernehmen wollen. Wer möchte schon gerne bestraft werden?

So gesehen ist es ein verführerischer Gedanke, jemand anderem die Verantwortung (Schuld) für mein Handeln zu übertragen, damit ich nicht bestraft werde. Die Logik ist bestechend, denn wie sollte ich für etwas belangt werden, was ich gar nicht frei entschieden habe, ja, nicht frei entscheiden konnte, weil ja jemand anders seine Finger mit ihm Spiel hatte. „Die Frau die du mir gabst, sie gab mir von der Frucht und so aß ich“, mit diesen Worten hat schon der biblische Adam versucht, der Strafe eines autoritären Gottes zu entgehen.

Weite Teile unseres Rechtssystems basieren darauf, die Verantwortung für das eigene Handeln abzugeben um nicht schuld zu sein, nicht bestraft zu werden.

In einem System, das ohne Strafe und Belohnung auskommt wäre es also wesentlich leichter, die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Mit dem System, das wir vor unserer Haustür vorfinden, haben wir leider nicht dieses Glück. Deswegen ist es meiner Meinung nach wichtig, Verantwortung von Schuld zu trennen.

„Ich habe dies und das gemacht und stehe dazu, ich hatte gute Gründe dafür und es war kein Fehler sondern in der Situation voll und ganz angebracht. Deswegen verdiene ich auch keine Bestrafung und brauche keine Vergebung oder Gnade von außen. Ich kann aus den Folgen meiner Handlung lernen und behalte die Macht über mein eigenes Leben.“

Wenn man sich erst einmal klar vor Augen führt, was es bedeutet, gibt es noch viele weitere gute Gründe dafür Verantwortung zu übernehmen. Und hoffentlich findet ihr in eurem Leben Strukturen vor, die es zulassen und unterstützen.

Und wenn es euch nicht gelingt zu sagen „Ich war’s“ könnte es spannend sein, zu schauen, was euch davon abhält.

Markus Castro

Ich war’s…

Hallo, Welt!

Gestern erreichte mich eine Mail, die mich sehr angesprochen hat, und die meiner Ansicht nach auch inhaltlich gut zur GfK passt. Dabei geht es um die aktuelle Fastenaktion
Sieben Wochen ohne. Denn nicht nur diese Aktion lädt dazu ein, Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen.
Wer die GfK von Herzen praktiziert, hört auf, das eigene Glück in die Hände anderer zu legen.

Lest selbst 😉

So long!

Ysabelle

Wie schwer es fallen kann, die Worte „Ich war’s!“ auszusprechen, konnte man in den letzten Tagen in den Medien verfolgen.
Ab nächster Woche kann jeder ausprobieren, wie es ist, ohne Ausflüchte zu leben:

Ich war´s!

„7 Wochen Ohne“, die Fastenaktion der evangelischen Kirche, ermuntert:
Schluss mit den faulen Ausreden

Rund zwei Millionen Menschen nehmen jedes Jahr an der Fastenaktion der evangelischen Kirche „7 Wochen Ohne“ teil. 2011 steht die Aktion, die vom 9. März bis zum 24. April läuft, unter dem Motto: Ich war´s! Sieben Wochen ohne Ausreden“. Der Auftaktgottesdienst findet in diesem Jahr am Sonntag, dem 13. März, in der Christuskirche, Hamburg-Eimsbüttel, statt und wird ab 9.30 Uhr live im ZDF übertragen. Die Predigt hält Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Das diesjährige Motto thematisiert allzu Vertrautes: Alle reden von Verantwortung, die jemand übernehmen soll. Gemeint sind meistens die anderen. Wenn einem selbst etwas misslingt, ist das Wetter schuld oder die Technik, oder es sind einfach die Verhältnisse. „7 Wochen Ohne“ will Mut machen, auf faule Ausreden zu verzichten. Wer sich traut, „Mein Fehler“ zu sagen und um Entschuldigung zu bitten, ist stark. Auch wenn man zunächst Kritik auszuhalten hat – am Ende erntet man Respekt. Und: Ehrlichkeit sorgt dafür, dass man glaubwürdig bleibt. Allerdings bedarf es für ein Klima der Ehrlichkeit auch einer veränderten Fehlerkultur. Wer eine Schwäche offenlegt, muss auf Gnade bauen können. Für Christen eigentlich selbstverständlich… „Gerade in der Fasten- und Passionszeit eignet sich diese Perspektive hervorragend, das eigene Tun und Lassen zu reflektieren und gegebenenfalls zu korrigieren“, meint Arnd Brummer, Chefredakteur des evangelischen Magazins chrismon und Geschäftsführer von „7 Wochen Ohne“.

Der Fastenkalender ist ein zentrales Element der Aktion. Er begleitet die Teilnehmer mit Texten aus Kirche, Kultur und Alltagsleben durch die Fastenzeit. Die Texte ermutigen zum ersten Schritt: dem Abschied von Ausreden. Die sieben Wochenthemen lauten in diesem Jahr: „Warum hast du das getan?“, „Gott, sei mir Sünder gnädig“, „Fürchte dich nicht“, „Herrliche Taten“, „Es ist nichts verborgen“, „Er war tot und ist wieder lebendig“ und „Noch heute im Paradies“. Traditionell greifen viele Kirchengemeinden das aktuelle Fastenthema von „7 Wochen Ohne“ auf und eröffnen so den Dialog in ihren Gemeinden.

Wie in den vergangenen Jahren wird „7 Wochen Ohne“ wieder von einem zentralen Projektbüro in Frankfurt koordiniert. Das Team bietet den Fastenden Begleitung an, beantwortet Fragen und betreut die Internetseite www.7-wochen-ohne.de . Neu daran ist eine interaktive Landkarte: Dort können Fastengruppen und Einzelpersonen veröffentlichen, wo sie fasten und was sie konkret tun. Interessierte können sich anregen lassen und Kontakt aufnehmen. Außerdem werden Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Aktion in Blogbeiträgen über ihre Erfahrungen während der Fastenzeit berichten.

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